Freitag, 29. Januar 2021

Podcast (Folge 11): „Es ist ein Marathon und kein Sprint“ – Strategische Vereinbarkeitspolitik in der Stadtverwaltung Einbeck


Wie wichtig ist die strategische Gestaltung von Vereinbarkeitsangeboten für die Arbeitgeberattraktivität einer Kommunalverwaltung? Wie sorgt sie für die Durchdringung der Organisation mit dem Thema Vereinbarkeit? Diesen und anderen Fragen zur nachhaltigen Etablierung einer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik stellte sich die Stadtverwaltung Einbeck in unserem Podcast „HR-Expert*innen im Vereinbarkeits-Talk“. Ein paar Stichwörter aus dem Podcast haben wir in diesen Blog aufgenommen. 

Als Bürger*innen erwarten wir, dass Kommunalverwaltungen immer funktionieren und sie mit ihren Services für uns da sind – auch oder gerade in Krisenzeiten wie der Coronapandemie. Dabei haben Verwaltungen von Bezirken, Gemeinden, Kreisen und Städten offenkundig mit Personalmangel zu kämpfen. Zu ihrem Leidwesen halten sie viele für langweilig, bürokratisch und starr, was Tätigkeitsfelder, Arbeitsumfeld und Karrierechancen angeht. Dass dies nicht so ist und auch nicht sein muss, zeigte das Gespräch mit Simone Engelhardt, Gleichstellungsbeauftragte, und Dr. Florian Schröder, Fachbereichsleiter Interner Service und Finanzen der Stadtverwaltung Einbeck sowie Allgemeiner Vertreter der Bürgermeisterin. Denn: Die Stadtverwaltung Einbeck setzt auf eine moderne Organisationsentwicklung – auch mit Hilfe einer systematischen Vereinbarkeitspolitik.

Im Süden Niedersachsens liegt die Stadt Einbeck – mit ihrer ca. 370 Beschäftigten zählenden Stadtverwaltung. Während die Außenstellen besonders personalintensiv sind, sind im Verwaltungsbereich, also dem Rathaus, ungefähr 100 Mitarbeitende tätig. Das Portfolio der Stadtverwaltung ist umfangreich – von der Kita bis zum Friedhof, von der Baugenehmigung bis zur Stadtbücherei.

Der Altersdurchschnitt der Beschäftigten liegt bei knapp unter 50 Jahren. In den kommenden Jahren werden 2/3 der Beschäftigten in den Ruhestand gehen. Da ist der Ruf nach Nachwuchs laut. Aber derzeit, so schildern es Simone Engelhardt und Dr. Florian Schröder, scheint die Stadtverwaltung Einbeck ein attraktiver Arbeitgeber zu sein. Sie kann ihre Stellen noch mit guten Bewerber*innen besetzen. Aber langfristig bahnen sich Schwierigkeiten an, denn die Zahl an Bewerbungen geht insgesamt zurück. Da stellt sich schon die Frage, was die Einbecker Stadtverwaltung tun kann, um Personal auch in weiterer Zukunft zu werben. Nicht in allen Bereichen hat sie die Nachwuchsentwicklung direkt in der Hand, denn nicht für alle Tätigkeitsfelder werden Personalverwaltungsfachangestellte benötigt, die sie selbst ausbildet und damit den Bedarf decken kann. So gibt es zahlreiche Bereiche, in denen sich die Verwaltung im Kampf um Beschäftigte gegen die freie Wirtschaft behaupten muss.

Doch es gibt Chancen – und dazu zählt für die Stadtverwaltung Einbeck die strategische Gestaltung ihrer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik. Das gilt vor allem auch mit Blick auf den Nachwuchs: Junge Bewerber*innen fragen Vereinbarkeitsangebote häufig aktiv nach. Die privaten mit den dienstlichen Aufgaben vereinbaren – das rückt immer mehr in den Vordergrund, weniger die finanzielle Vergütung. Hinzukommt, dass eine Tätigkeit im kommunalen Kontext von Sinnhaftigkeit geprägt ist, was für die jüngeren Generationen ebenfalls zunehmend wichtig ist.

Glaubwürdiges Engagement und externer Blick auf die Vereinbarkeit


©Stadt Einbeck

Den hohen Stellenwert von Vereinbarkeit deutlich zu machen, das war einer von mehreren Gründen für die Stadtverwaltung Einbeck, 2018 erstmals das audit berufundfamilie zu durchlaufen und mit dem anerkannten Siegel letztendlich nach außen sichtbar zu machen. Und: Mit dem audit wurden bereits vorhandene Vereinbarkeitsangebote strukturiert und in eine bewusste interne Wahrnehmung überführt. Simone Engelhardt betont zudem, dass für die Mitarbeitenden die Kontrolle von außen wichtig ist: Der Arbeitgeber muss über die Gestaltung seiner familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik Rechenschaft ablegen. Letztendlich ist dies eine Frage der Glaubwürdigkeit. Spannend am audit wird zudem erlebt, dass Vereinbarkeitsaufgaben nicht von extern auferlegt werden, sondern die Organisation sich diese selbst erarbeitet und sich daran abarbeiten kann.

Die Stadtverwaltung Einbeck fing im audit berufundfamilie allerdings nicht bei Null an. Es gab schon zuvor eine Reihe von Angeboten, etwa im Handlungsfeld Arbeitszeit. Allerdings wurde es als besonders herausfordernd wahrgenommen, diese Angebote an die Mitarbeitenden heranzutragen, sie davon zu überzeugen „das ist was für euch“. Vor diesem Hintergrund legte die Stadtverwaltung Einbeck in ihrer ersten Auditierung die Schwerpunkte in den Handlungsfeldern Führung und Kommunikation. Von Anfang an nahm sie dabei nicht nur die Führungskräfte, die als Flaschenhals einer gelingenden Vereinbarkeitspolitik gelten, sondern auch stets die Beschäftigten mit, z.B. in Form von Beschäftigten Umfragen zu Erwartungen und Bedarfen in Sachen Vereinbarkeit. Ein wesentlicher Schritt war die Dienstvereinbarung zur Kommunikation, bei der alle Mitarbeitendengruppen miteinbezogen wurden. Darin eingeflossen ist das Leitbild für die Verwaltung, an dem von Führungskräften bis Auszubildenden alle beteiligt wurden. Angeboten wurde zudem ein Fortbildungstag für alle Beschäftigten, an dem sie unter vielen verschiedenen Vereinbarkeitsthemen wählen konnten.

Der Weg zur Nachhaltigkeit: Geduld und Spucke bzw. stringente Kommunikation


Diese intensive Beteiligung der Beschäftigten erweist sich als eine wichtige Säule der Vereinbarkeitspolitik der Einbecker Stadtverwaltung. Schließlich geht es um Akzeptanz und Tragfähigkeit einer Sache, die die Beschäftigten unmittelbar betrifft: IHRE VEREINBARKEIT. Wenngleich momentan noch festzustellen ist, dass viele Beschäftigte abwarten, wie sich das Angebotsportfolio entwickelt: „Was wird tatsächlich umgesetzt und inwieweit merken wir das?“ Aber es gibt auch die erwartungsfrohen und jetzt schon sehr zustimmenden Stimmen, die das Engagement ihres Arbeitgebers für einen strukturierten Auf- und Ausbau der Vereinbarkeitspolitik sehr begrüßen und unterstützen.

Quick Wins sind bei einer systematischen Gestaltung der familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik durchaus drin, aber wie Simone Engelhardt feststellt, „dass mit dem audit ist eher ein Marathon und kein Sprint“. Doch genau darin liegt auch das Asset: Die Stadtverwaltung muss und will dran bleiben an ihrer Vereinbarkeitspolitik und das gelingt durch den vorgegebenen Prozess, in dem sie neue Ziele stecken muss, evaluieren muss, was sie erreicht hat und darauf aufbauen kann. Dieser Prozess muss auch erst den Beschäftigten bewusst gemacht werden. Dazu bedarf es einer intensiven Kommunikationsstrategie und die braucht wiederum Zeit – damit die Inhalte, wie es Dr. Florian Schröder beschreibt, „nicht nur in den Köpfen, sondern auch in den Herzen“ ankommen. Insofern wird das Thema Kommunikation zur Vereinbarkeit und die Einbindung der Führungskräfte – gerade mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung – der Stadtverwaltung Einbeck im besten Sinne erhalten bleiben.

Ende 2021 steht die zweite Zertifizierung zum audit berufundfamilie für die Stadtverwaltung Einbeck an. Sie ist auf dem besten Wege dahin und bleibt dran – ganz im Sinne einer nachhaltig wirkenden familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik.


Hier geht es zur Tonspur - also zum Podcast.

Sie möchten noch ein wenig mehr über das Vereinbarkeitsspektrum der Stadtverwaltung Einbeck erfahren? Hier geht es zum Kurzporträt.


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