Veränderung – ein Stichwort, das die Personalentwicklung heute besonders intensiv prägt (Quelle: deathtothestockphoto.com) |
Manchmal ist es einfach so: Man hat mehr Fragen als Antworten. So geht es uns in dieser, sechsten Folge der Blog-Reihe „Verantwortungsvoll vereinbaren“. Denn die nimmt sich das Handlungsfeld Personalentwicklung vor, in welchem Organisationen angesichts der deutlichen Zunahme des Mangels and Mitarbeitenden dringender denn je nach Lösungen suchen. Und vor den Lösungen stehen eben einige Fragen. Wir picken eine Handvoll dieser Fragen raus – und fokussieren dabei auf das Retention Management, also letztendlich auf die Bindung von Mitarbeitenden.
Laut der klassischen Definition umfasst Personalentwicklung (PE) sämtliche Maßnahmen zur Förderung, Qualifizierung und Weiterbildung von Beschäftigten, inklusive Führungs- und Führungsnachwuchskräften. In dem Begriff „Personalentwicklung“ steckt Entwicklung – also ein Ausbau, ein Fortschritt. Und die kann unterstützt werden mit Job Enlargement (Ausweitung des Verantwortungsbereichs in quantitativer und qualitativer Hinsicht) und Job Enrichment (Anreicherung der Arbeitsinhalte durch höherwertige Tätigkeiten) genauso wie mit Job Rotation (systematischer Arbeitsplatzwechsel zur Vertiefung von Interessen und Kenntnissen). Diese Maßnahmen kommen dem Retention Management zugute. Doch was haben sie mit der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben zu tun? Und welche Aspekte der Personalentwicklung greifen ebenfalls mit der Work-Life-Balance ineinander?
Den Verantwortungsbereich erweitern? Eine gute Sache, wenn sie denn auch zum Privatleben passt. Verantwortung kann einen Push darstellen, zur Motivation beitragen. Sie kann aber auch eine Belastung sein, wenn sie auch das Gefühl generiert, nicht ersetzbar zu sein, nicht ausfallen zu dürfen. Mitarbeitende, die sich in den Lebensphasen befinden, in denen ihre Ressourcen im Privaten stark gefordert sind, müssen sehr stark abwägen, inwieweit sich dies mit umfassender beruflicher Verantwortung vereinbaren lässt. Man könnte jetzt denken, dass genau das die Situation von jungen Müttern beschreibt, die wegen Kinderbetreuung keine Führungsrolle anstreben. Doch eben hier muss anders gedacht werden. Die Erweiterung der Verantwortung kann viele Gesichter haben. Sie kann, muss aber nicht mit einem Karrieresprung verbunden sein. Auch im bisherigen Aufgabenbereich und mit gleichen Arbeitszeitdepot können Verantwortlichkeiten vergrößert werden, etwa wenn es um die eigenständige Steuerung von Projekten geht, die zuvor bei einer Führungskraft lag. Geht die erhöhte Verantwortung mit einer nächsten Stufe auf der Karriereleiter einher, ist zu hinterfragen, welche Erwartungen bzgl. Haltung und aktives Engagement damit verbunden sind. Letztendlich wäre die Option zwar nicht gegeben, wenn die*der Beschäftigte nicht das Rüstzeug mitbringt, die Anforderungen zu erfüllen. Gibt es allerdings Befürchtungen, dass etwa die Flexibilität hinsichtlich Arbeitsort oder Arbeitsort mit der Verantwortungssteigerung gehemmt wird, muss offen darüber gesprochen werden und bei möglichen Anzeichen in die Richtung gegengesteuert werden. Übrigens: Mehr Verantwortung bedeutet nicht automatisch mehr bzw. länger arbeiten. Man denke z.B. daran, dass die Modelle Führung in Teilzeit und Tandem-Führungsteams erfolgreich erprobt sind und vermehrt umgesetzt werden.
Work-Life-Learning-Balance
Um mehr Verantwortung übernehmen zu können, braucht es manchmal eine zusätzliche Qualifikation. Für wen lässt sich diese wann erlangen? Vorsicht geboten ist bei exklusiven Angeboten für Vollzeitler*innen. Auch in Teilzeit tätige Mitarbeitende haben reichlich Potenzial, das genutzt werden will. Qualifizierungsmaßnahmen auf die übliche Tätigkeit zeitlich draufzusetzen, trifft auf Gegenargumente: Die Konzentration kann nicht bei 100 Prozent sein, was den Erfolg der Input-Maßnahme in Frage stellt. Zudem können Schulungen vor oder nach der gewöhnlichen Arbeitszeit mit den privaten Verpflichtungen kollidieren. So sollte das Investment in die Mitarbeitenden durchaus so weit gehen, dass sie die während der Arbeitszeit wahrnehmen können. Entsprechend müssen für den Zeitraum die Tätigkeiten so gestaltet sein, dass sie sich gut meistern lassen. Grundsätzlich ergibt sich die Frage: Wie lassen sich Fort- und Weiterbildung bzw. Qualifikation und Vereinbarkeit (noch) besser aneinanderkoppeln?
Es gibt absolut auch die Situation, dass sich Beschäftigte Fähigkeiten oder Erfahrungen außerhalb der Organisation aneignen, die allerdings eine Bereicherung für ihren eigenen Job oder den der Kolleg*innen darstellen können. Ein Beispiel ist, dass ein Mitarbeitender sich eine Auszeit genommen hat, um sich mit einer Idee selbständig zu machen. Nach einiger Zeit ist er anteilig wieder in das Unternehmen zurückgekommen und bringt nun seine Kenntnisse über das Management von Innovationen und Markteinführung in seinen Hauptberuf ein. Frage also: Wie sind Erfahrungen außerhalb des Jobs zu integrieren und ggf. zu fördern?
Vielfach diskutiert wird, inwieweit Eltern Managementkompetenzen durch die Koordination von Kind, Haushalt, privaten Interessen und Job entwickeln. In jedem Fall sind dem gelingenden Handling von Familie mit Kind(ern) und beruflichen Herausforderungen Anerkennung zu zollen. Ob und inwieweit Mitarbeitende ihre Managementfähigkeiten außerberuflich stärken, ist gleichzeitig individuell unterschiedlich. Genau das sollte im Blick behalten und Ambitionen von Beschäftigten, diese Skills zu professionalisieren, gefördert werden – ob sie Kinder haben oder nicht, ob sie in Vollzeit tätig sind oder in Teilzeit.
Work-Life-Change-Balance
Was aber, wenn Mitarbeitende etwa aufgrund von Eltern- oder von Pflegezeit oder wegen eines Sabbaticals für eine gewisse Zeit nicht aktiv im Job sind? Frage also: Sind die Job- und Vereinbarkeits-Weichen für Rückkehrer*innen gestellt? Vor dem Wiedereinstieg steht der (vorübergehende) Ausstieg. Und Ausstieg muss dabei nicht vollumfänglich sein. Vorher ist zu besprechen, wie von der*dem Beschäftigten Kontakt zum Job gehalten werden will und kann. Ist es möglich, im Rahmen eines Kontakthalteprogramms über Projektschritte oder andere Entwicklungen, die den eigenen Aufgabenbereich oder die Organisation betreffen, informiert zu werden? Wird die*der Mitarbeitende an Betriebsveranstaltungen teilnehmen? Möchte die*der Beschäftigte eventuell sogar eine Weiterbildungsmaßnahme während der Abwesenheit wahrnehmen? Und wenn es dann so weit ist und die Rückkehr ansteht: Ist geklärt, in welchem Umfang die Tätigkeit aufgenommen wird und mit welchen Aufgaben die*der Wiederkehrer*in betraut sein wird? Wie sieht das Re-Boarding konkret aus?
Personalentwicklung bedeutet für die Organisation wie für die*den einzelnen Beschäftigten auch Veränderung. Die interne Mobilität ist als Veränderungsmomentum in letzter Zeit in den Fokus gerückt. Dabei gibt es verschiedene Formen der internen Mobilität, in der sich die bereits oben genannten Maßnahmen Job Enlargement und Enrichment wiederfinden können. Horizontale Mobilität beschreibt den Wechsel einer*eines Beschäftigten zu einer anderen Abteilung bei Beibehaltung der Funktion. Vertikale Mobilität ist vorhanden, wenn die*der Mitarbeitende in ihrer*seiner Abteilung befördert wird. Die Quermobilität ist sozusagen eine Verbindung von horizontaler und vertikaler Mobilität, wobei die*der Beschäftigte mit einem Abteilungswechsel mehr Verantwortung gewinnt, i.d.R. auch eine höhere Position. Und auch die geografische Mobilität ist eine Form der internen Mobilität. Hier erfolgt der Wechsel z.B. zu einem anderen Standort oder einer Tochtergesellschaft. Welche Variante der internen Mobilität für welche*n Beschäftigten passt, ist von ihren*seinen Skills genauso abhängig wie von deren*dessen Vereinbarkeitsbedarfen und -wünschen. Die Frage ist grundsätzlich: Wie wird mit den richtigen Vereinbarkeitsangeboten interne Mobilität (noch) erfolgreich(er)?
Fragen über Fragen. Wenn Sie Antworten haben, immer gerne her damit!
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