Home-Office: In Coronazeiten hat sich die Nutzung des heimischen Büros verdoppelt (©pixabay.com) |
Etwa jeder vierte Arbeitgeber ermöglichte vor der Coronapandemie die Arbeit im Home-Office. Momentan soll fast in jedem zweiten Betrieb Heimarbeit eine Option sein. Wir bemühen in unserem heutigen Blog Zahlen, die wir im vergangenen Jahr für unsere Publikationsreihe „Auf den Punkt gebracht“ zum Thema Heimarbeit zusammentrugen, sowie neue Fakten zu Home-Office – und fragen uns, wie diese nach Corona aussehen werden.
Home-Office vor der Coronapandemie: Verhalten hoffnungsvolles Angebot und seine Nutzung
Laut einer Studie, die im vergangenen Juni gemeinsam von IAB und ZEW[1] lanciert wurde, machten im Jahr 2017 26 % aller Betriebe in Deutschland eine Tätigkeit im Home-Office möglich. Der Anteil der Beschäftigten, die gelegentlich Heimarbeit ausübten, war zwischen 2013 und 2017 lediglich von 19 auf 22 % gestiegen.
63 % der Home-Office-Nutzer*innen arbeiteten 2017 ausschließlich stundenweise von zu Hause. 16 % mischten stundenweises und ganztägiges Home-Office. Komplette Home-Office-Tage waren somit vergleichsweise selten.
Etwa Zweidrittel der Beschäftigten, die 2017 nicht von zu Hause arbeiten, lehnten diese Möglichkeit auch grundsätzlich ab. Allerdings berichtete jede*r neunte Beschäftigte von einem unerfüllten Home-Office-Wunsch, obwohl die Tätigkeit nach eigener Einschätzung dafür geeignet gewesen sei.
Der IAB-/ZEW-Studie zufolge nannten Arbeitgeber vielfältige Argumente für das Home-Office: Für 62 % förderte Home-Office die Flexibilität für Beschäftigte. Für 55 % sprach, dass Beschäftigte damit besser Beruf und Familie vereinbaren könnten und 45 % waren davon überzeugt, dass Home-Office die Produktivität steigert.
Die IAB-/ZEW-Studie stellt auch konkrete Vorteile vor, die die Beschäftigten im Home-Office sahen. Für 55 % der Mitarbeitenden ergab sich dank Home-Office eine Ersparnis der Fahrtzeit zwischen Wohnung und Arbeit. 52 % meinten, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie verbessern zu können.
Ergänzende Informationen hält der AOK-FehlzeitenReport 2019 parat[2]: 67,3 % der Beschäftigten im Home-Office meinten demnach, zu Hause mehr Arbeit bewältigen zu können. 73 ,3 % beobachteten, konzentrierter arbeiten zu können als am betrieblichen Arbeitsplatz.
Grenzenloses Home-Office? – Die Gefahren
Allerdings sahen Beschäftigte laut IAB-/ ZEW-Studie auch Nachteile durch die Nutzung des Home-Offices. So beklagten 40 % der Beschäftigten ein Verschwimmen der Grenze zwischen Arbeit und Freizeit. 19 % glaubten, dass bei regelmäßigem Home-Office-Arbeiten der Kontakt zu ihren Kolleg*innen leidet. 4 % hatten das Gefühl, dass ihre Vorgesetzten ihnen beim Arbeiten im Home-Office „Minderleistung“ unterstellten. Dennoch wären Beschäftigte mit unerfülltem Home-Office-Wunsch unzufriedener gewesen als diejenigen, die zumindest gelegentlich während der Arbeitszeit von zu Hause arbeiteten.
Der AOK-FehlzeitenReport 2019 verriet zudem: Beschäftigte im Home-Office kamen auf 7,7 Fehltage im Jahr. Bei Erwerbstätigen, die ausschließlich im Betrieb arbeiteten, waren es 11,9 Tage. Und es gab eine Warnung: Wären die Arbeitsbedingungen im Home-Office nicht gesundheitsförderlich gestaltet, ergäbe sich hier eine stärkere Gefahr psychischer Belastungen als bei Nicht-Home-Office-Nutzer*innen – etwa durch verschwimmende Grenzen zwischen Job und Privatleben, wenn Erholungsphasen nicht genommen werden, wenn Arbeit auf den Abend oder das Wochenende geschoben oder Anrufe bzw. E-Mails außerhalb der Arbeitszeit bearbeitet würden.
Schauen wir nun, wie sich laut WSI-Untersuchung von 2019 die Home-Office-Zeit bei Frauen* und Männern* auf die Betreuungszeit ihrer Kinder auswirkte[3]: Im heimischen Büro tätige Mütter* betreuten im Vergleich zu Müttern*, die nicht von Zuhause arbeiteten, ihre Kinder drei Stunden mehr pro Woche. Und: Die Home-Office-Mütter* kamen wöchentlich auf eine Überstunde im Job mehr. Anders bei Vätern*: Väter*, die das Home-Office nutzten, leisteten pro Woche zwei Überstunden mehr als Väter* ohne Home-Office-Tätigkeit. Das Home-Office führte nicht dazu, dass sie mehr Zeit mit den Kindern verbrachten.
Ein Vergleich des ZEW vom Mai 2019 kam auf andere Auswirkungen bzgl. der Mehrarbeit bei Müttern* und Vätern*. [4] Gleichzeitig weist er auf interessante wirtschaftliche Effekte hin: Bei Beschäftigten ohne Kinder stieg mit Home-Office die Überstundenzahl, bei Beschäftigten mit Kindern stieg die vertragliche Arbeitszeit. Erwerbstätige ohne Kinder, die Home-Office nutzten, leisteten demnach durchschnittlich eine Überstunde pro Woche mehr, ohne für diese extra vergütet zu werden. Aber: Ihre Zufriedenheit im Beruf nahm zu.
Auch bei Müttern* und Vätern* stieg mit der Nutzung des Home-Offices die Arbeitszeit. Diese wurde aber eher vertraglich geregelt und vergütet: Die gestiegene Arbeitszeit von durchschnittlich 3,5 Stunden wöchentlich ging für Mütter* einher mit einem um 16 % höheren Verdienst. Bei Vätern* lag der Gehaltszuwachs bei etwa 2 % angesichts 0,4 Stunden mehr Arbeitszeit pro Woche.
Home-Office während der Coronapandemie: Rasante Zunahme der Nutzung
Mit der Coronapandemie hat Home-Office eine neue Selbstverständlichkeit bekommen: Bei knapp der Hälfte der Arbeitgeber ist laut YouGov-Umfrage vom März 2020 Home-Office an der Tagesordnung[5]: 45 % der Entscheider*innen geben als Effekt des Coronavirus an, dass Beschäftigte im Home-Office tätig sind und ebenso viele, dass Hygienemaßnahmen intensiviert wurden, z.B. die Bereitstellung von Desinfektionsmitteln.
Im Rahmen eines Civey-Surveys von Anfang April 2020 gaben 50,2 % der Beschäftigten an, dass das Arbeiten im Home-Office als Maßnahme wegen der Coronapandemie ergriffen wurde.[6]
Und das wird laut einer von Glassdoor initiierten Umfrage von Mitarbeitenden auch unterstützt[7]: Die Ergebnisse von Ende März zeigen, dass es von 78 % der Beschäftigten Support dafür gäbe, wenn ihr Arbeitgeber die Vorgabe mache, wegen der Coronapandemie im Home-Office zu arbeiten. Nur für 4 % ist eine solche Vorgabe nicht okay. 14 % meinen zudem, dass ihr Job nicht für die Arbeit von zu Hause geeignet sei.
Hinter der durchschnittlich positiven Reaktion steckt, dass eine Reihe von Vorteilen bezüglich der Heimarbeit gesehen werden: 53 % der Beschäftigten bezeichnen es in der Glassdoor-Umfrage als positiv, dass Kosten für den täglichen Arbeitsweg wegfallen. 49 % empfinden es als vorteilhaft, in der eigenen Geschwindigkeit arbeiten zu können. 48 % gehen von einer besseren Work-Life-Balance aus und 46 % benennen direkt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie als Vorteil des Home-Offices.
In der Glassdoor-Umfrage meint allerdings nur jede*r sechste Beschäftigte (17 %), im Home-Office produktiver zu arbeiten. 43 % sind der Auffassung, dass sich ihre Produktivität in einem längeren Zeitraum mit der im Büro des Arbeitgebers vergleichen ließe. Allerdings glaubt ein Viertel der Mitarbeitenden (25 %), im Home-Office weniger produktiv zu sein. Bei der Generation Z sind es sogar 30 % und bei den Millenials 29 %, für die sich im Home-Office eine geringere Produktivität ergibt als am betrieblichen Arbeitsplatz.
Dazu passt, dass laut Civey-Umfrage von Anfang März 2020 möchte nahezu ein Viertel (24,6 %) der Beschäftigten trotz Coronapandemie nicht von zu Hause arbeiten.[8]
Und dafür gibt es durchaus einige Gründe. Ein Ergebnis einer aktuellen Stepstone-Umfrage zeigt[9]: Etwas weniger als jede*r fünfte Beschäftigte hat im Home-Office Schwierigkeiten, sich selbst zu motivieren. 30 % der Beschäftigten befürchten nämlich, durch Familie und Kinderbetreuung zu viel Ablenkung zu erfahren. 32 % meinen, sich von der Hausarbeit und 25 % sich durch Kochen und die Nutzung der sozialen Medien ablenken zu lassen. Zudem sehen 35 % der Beschäftigten durch langfristige ununterbrochene Home-Office-Arbeit eine gute Zusammenarbeit mit den Kolleg*innen gefährdet.
Dabei scheint es laut der März-Umfrage von Civey ganz rund mit der Technik zu laufen: So ist die Nutzung von digitalen Collaboration-Tools bei 60 % der Beschäftigten schon effizient. Schließlich meinen 74 % der Beschäftigten, dass die Hard- und Software, die vom Arbeitgeber für das Home-Office zur Verfügung gestellt wird, geeignet ist.
Interessant ist auch: Laut Stepstone-Umfrage: Trotz Möglichkeit, während der Coronapandemie von zu Hause aus zu arbeiten, ist jede*r zehnte Beschäftigte an den Wochentagen im Büro. Wie wird sich diese Zahl mit Abflachen der Coronakrise verändern?
In der Glassdoor-Umfrage stimmen 61 % der Beschäftigten voll oder teilweise zu, dass Home-Office-Regelungen durch die aktuelle Ausnahmesituation auch langfristig in ihrem Unternehmen ausgeweitet werden. Ein Viertel (26 %) geht hingegen davon aus, dass es keine Veränderungen zu dem der Pre-Corona-Zeit geben werde.
Was wird nach der Pandemie tatsächlich bleiben? Wir bleiben für Sie dran.
[1] IAB & ZEW, Mobile Arbeitsformen aus Sicht von Betrieben und Beschäftigten, Juni 2019; https://www.iab.de/de/informationsservice/presse/presseinformationen/kb1119.aspx, http://doku.iab.de/kurzber/2019/kb1119.pdf
[2] AOK-Bundesverband/ Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Fehlzeiten-Report 2019, September 2019; https://www.aok-bv.de/imperia/md/aokbv/presse/pressemitteilungen/archiv/fzr2019_pressemitteilung.pdf,
https://www.aok-bv.de/imperia/md/aokbv/presse/pressemitteilungen/archiv/fzr2019_schroederstatement_.pdf, https://www.aok-bv.de/imperia/md/aokbv/presse/pressemitteilungen/archiv/fzr2019_schro%CC%88der_pra%CC%88sentation.pdf
[3] WSI (Böckler), Weniger Arbeit, mehr Freizeit (Flex. Arbeitsarrangements), März 2019; https://www.boeckler.de/pdf/p_wsi_report_47_2019.pdf, https://www.boeckler.de/14_118715.htm
[4] ZEW, Working from Home: Heterogeneous Effects on Hours Worked and Wages, Mai 2019; https://www.zew.de/de/presse/pressearchiv/homeoffice-foerdert-karrieren-von-muettern, http://ftp.zew.de/pub/zew-docs/dp/dp19015.pdf
[5] YouGov, Unternehmensentscheider zur Zukunft ihrer Firmen und Sorgen um ihrer Mitarbeitenden in Zeiten der Corona-Krise, März 2020;
https://yougov.de/news/2020/04/01/etwa-jeder-funfte-deutsche-unternehmensentscheider/
[6] Civey, Umfrage vom 09.04. - 16.04.2020
[7] Glassdoor & Censuswide; Große Zustimmung für Arbeit im Homeoffice, März 2020; https://www.glassdoor.de/blog/grosse-zustimmung-fuer-die-arbeit-im-home-office/
[8] Civey, Umfrage vom 05. & 08.03.2020
[9] Stepstone; https://www.stepstone.de/ueber-stepstone/press/die-arbeitswelt-der-corona-krise/
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