Donnerstag, 26. Juni 2025

Vereinbarkeit in Zahlen: Bestandsaufnahme

Wortwolke aus Stichwörtern zur Arbeitswelt (berufundfamilie Service GmbH)

Immer mehr Beschäftigte arbeiten „endlos“, Rassismus ist weiterhin die häufigste Diskriminierungsform hierzulande und jede 200. Familie in Deutschland ist eine Regenbogenfamilie. Mehr aktuelle Studien gibt es in unsere Juni-Ausgabe der Blogreihe „Vereinbarkeit in Zahlen“.



Rassismus weiterhin häufigster Diskriminierungsform in Deutschland


Bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes gehen immer mehr Anfragen von Personen ein, die sich diskriminiert fühlen. Im Jahr 2024 waren es über 11.000, wie der Jahresbericht der Unabhängigen Bundesbeauftragten für Antidiskriminierung. Ferda Ataman. offenlegt.

Im Vergleich zu 2023 sind 6% mehr Fälle gemeldet worden und zu 2019 hat sich die Anzahl sogar fast verdreifacht. Der Bericht konstatiert daher, dass Diskriminierung ein immer größer werdendes Problem in Deutschland sei. Mit rund 43% war Rassismus der Diskriminierungsgrund, der am häufigsten vorkam, gefolgt von Benachteiligung wegen Behinderung (27%) und des Geschlechts (24%), hier waren besonders Frauen* betroffen.

Die meisten Anfragen bestanden aus Diskriminierungserfahrungen, die im Arbeitsleben gemacht wurden. Jede dritte Erfahrung wurde bei der Arbeitssuche, im Bewerbungsgespräch oder am Arbeitsplatz gemacht. 22% der Personen berichteten über Diskriminierung in Alltagssituationen wie z.B. bei der Wohnungssuche, dem Einkauf oder im Restaurant. In knapp ¼ aller Fälle wurde zudem Diskriminierung durch staatliche Stellen berichtet. Hierbei ging es um Fälle, die bei Ämtern, Behörden, in der Justiz, bei der Polizei oder an staatlichen Schulen und Universitäten passierten. Diese Fälle sind allerdings nicht vom AGG gedeckt. Frauen* würden besonders häufig am Arbeitsplatz oder bei der Jobsuche diskriminiert. So würden etwa junge Frauen bereits im Bewerbungsverfahren wegen möglicher Schwangerschaft aussortiert, auch die Zahl der gemeldeten Fälle wegen sexueller Belästigung stagniert auf einem hohen Niveau. Hier lag die Zahl bei 348 gemeldeten Fällen – ein neuer Höchststand.

Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, Jahresbericht: Zahl der Ratsuchenden zu Diskriminierung steigt deutlich, Juni 2025
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/diskriminierung-bericht-100.html




Jede*r vierte Zugewanderte denkt darüber nach, Deutschland wieder zu verlassen


Eine aktuelle Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung zeigt, dass 26% der Zugewanderten in Erwägung ziehen, Deutschland wieder zu verlassen. Insbesondere gut ausgebildete Fachkräfte aus den Bereichen IT, Finanzen und Versicherungen spielen mit diesem Gedanken. 3% verfügen bereits über konkrete Auswanderungspläne. Die Befragten nannten als Hauptgründe für die Abwanderungsgedanken politische Unzufriedenheit, persönliche Gründe, steuerliche Belastungen und Bürokratie. Besonders Migrant*innen aus Europa möchten zurück in ihre Herkunftsländer. 57%, oder 5,7 Mio. Personen, möchten dagegen dauerhaft in Deutschland bleiben.

Laut der Studie spielen für Menschen, die in ihr Herkunftsland zurückkehren möchten, soziale Faktoren die entscheidende Rolle. Die am häufigsten genannten Gründe sind persönliche Bindungen zu Partner*innen, Familienangehörigen und Freund*innen. Für die Studie wurden von Dezember 2024 bis April 2025 etwa 50.000 Migrant*innen online befragt.

IAB-FORSCHUNGSBERICHT, Deutschland als Zwischenstation? Rückkehr- und Weiterwanderungsabsichten von Eingewanderten im Lichte neuer Daten des International Mobility Panel of Migrants in Germany (IMPa), Juni 2025
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitsmarkt/iab-eingewanderte-auswanderung-100.html





Jede*r Achte in Deutschland zählt sich zur LGBTQ+-Community


Anlässlich des Pride Month hat das Markforschungsunternehmen Ipsos in 26 Ländern die Einstellungen der Menschen zur LGBTQ+-Community untersucht. Dabei zeigt sich, dass sich die Situation weltweit für queere Menschen eher verschlechtert hat, die Akzeptanz in Deutschland aber auf einem hohen Niveau bleibt. So gaben ¾ der deutschen Befragten an, dass Lesben, Schwule und Bisexuelle (78%) und Transpersonen (75%) vor Diskriminierung geschützt werden sollten. Im Vergleich zum Vorjahr lag damit die Zustimmung zu dieser Aussage um 5% höher. 74% der Befragten sind der Meinung, dass gleichgeschlechtliche Paare bei der Adoption von Kindern die gleichen Rechte haben müssten wie heterosexuelle Paare. 19% waren dagegen. Darüber hinaus sprechen sich 71% dafür aus, dass Homosexuelle legal heiraten dürfen, während lediglich 10% jegliche Form der rechtlichen Anerkennung ablehnen.

Blickt man auf konkrete Gesetzte, die Diskriminierung wegen der sexuellen Orientierung oder der geschlechtlichen Identität verbieten soll, unterstützt dies noch jede*r zweite Deutsche. 18% sind dagegen. 52% befürworten zudem eine dritte Wahlmöglichkeit bei Ausweisdokumenten, die sich weder weiblich noch männlich fühlen.

Weltweit unterstützen weniger als die Hälfte der Befragten (47 %) offen zu ihrer Sexualität oder Geschlechtsidentität stehende LGBTQIA+ Personen. Das entspricht einem Rückgang von 8 Prozentpunkten im Vergleich zu 2021. Besonders gravierend ist die Entwicklung in den USA: Hier ist der Wert um 13 Prozentpunkte gesunken und liegt nur noch bei 43%.

Aufgrund der aufgekommenen Debatte um DIE (Diversity, Equity & Inclusion)-Maßnahmen bei Unternehmen untersuchte die Studie erstmals, wie die Befragten Arbeitgeber sehen, die Initiativen für queere Beschäftigte ins Leben rufen. Hierzulande befürworten dies 38% und 19% sprechen sich dagegen aus. 43% haben eine neutrale Haltung zu solchen Programmen.

In den USA ist die Meinungslandschaft dagegen stärker polarisiert: 35% unterstützt Programme für queere Mitarbeitende, 34 % zeigt eine neutrale Haltung und 31% äußert sich eindeutig ablehnend.
In Deutschland identifizieren sich rund 12% als lesbisch, schwul, bisexuell, trans, nicht-binär, pansexuell oder asexuell. Der Anteil ist seit 2024 gleichgeblieben. Deutschland liegt dabei über dem weltweiten Schnitt von 9%.

In der Befragung zeigen sich zudem gravierende Altersunterschiede. Jüngere Befragte sind mit Hinblick auf die eigene sexuelle Orientierung und geschlechtliche Identität wesentlich vielfältiger als lebensältere Befragte. So gaben weltweit nur 5% der sog. Boomer an, der LGBTQIA+ Community anzugehören, während es bei der Gen Z 14% waren.

Für die Online-Umfrage wurden insgesamt rund 19.000 Personen in 26 Ländern befragt. In Deutschland lag das Alter der Teilnehmenden zwischen 16 und 74 Jahren, wobei die Stichprobe etwa 1.000 Personen umfasste.

Ipsos, Ipsos LGBT+ Pride Report 2025, Juni 2025
https://www.ipsos.com/de-de/lgbtq-umfrage-pride-month-2025



Jede 200. Familie in Deutschland ist eine Regenbogenfamilie


Das Statistische Bundesamt hat Zahlen vorgelegt zu Kindern, die bei gleichgeschlechtlichen Elternpaaren aufwachsen. Demnach sind es 50.000 Kinder, die in einem Haushalt mit einem gleichgeschlechtlichen Paar leben. Somit ist jede 200. Familie eine Regenbogenfamilie. Regenbogenfamilien sind Familien, in denen ein gleichgeschlechtliches Paar zusammen  mit minderjährigen Kindern zusammenlebt. In 70% der Regenbogenfamilien bestand das Elternpaar aus 2 Frauen* und in 30% aus Männerpaaren. 15% aller rund 208.000 gleichgeschlechtlichen Paare lebten mit Kindern unter 18 zusammen.

https://www.welt.de/vermischtes/article256202508/regenbogenfamilien-50-000-kinder-wachsen-mit-gleichgeschlechtlichen-eltern-auf.html




Immer mehr Beschäftigte mit endloser Arbeitszeit


Der aktuelle Microsoft Work Trend Index Special Report offenbart die Tendenz zu einer endlosen Arbeitszeit. 40% aller Mitarbeitenden greifen bereits vor 6 Uhr morgens auf ihre E-Mails zu. Auch die Anzahl der Meetings, die nach 20 Uhr stattfinden, ist im Jahresvergleich um 16% gestiegen. Die Daten stammen aus Billionen von Produktivitätssignalen aus Microsoft 365 von 31.000 Wissensarbeiter*innen in 31 Märkten. Durch die Daten zeigt sich, dass der klassische 9-to-5-Arbeitstag zu einem durchgängigen digitalen Kommunikationszyklus geworden ist. Durchschnittlich erreichen die Mitarbeitenden 117 E-Mails und 153 Teams-Nachrichten an einem Tag. Die meisten Meetings (23%) finden dienstags statt. Neben den üblichen Hochleistungsphasen vormittags und nachmittags gibt es mittlerweile eine dritte Leistungsspitze am späten Abend. 29% aller aktiven Beschäftigten greifen gegen 22 Uhr erneut aufs Postfach zu. Auch am Wochenende nimmt die Arbeit zu: 20% der Mitarbeitenden, die wochenends arbeiten, rufen ihre E-Mails bereits vor Mittag ab.

Die Zahlen zeigen auch, dass Beschäftigte durchschnittlich alle 2 Minuten durch Meetings, E-Mails oder Chat-Benachrichtigungen unterbrochen werden. 57% aller Meetings sind zudem spontan und ohne Kalendereintrag.48% aller Beschäftigten und 52% der Führungskräfte bewerten ihre Arbeit als chaotisch und fragmentiert.

Microsoft Work Trend Index, Breaking down the infinite workday, Juni 2025
https://news.microsoft.com/source/emea/2025/06/neue-microsoft-studie-zeigt-anstieg-der-endlosen-arbeitszeit-40-der-mitarbeitenden-rufen-e-mails-vor-6-uhr-morgens-ab-meetings-am-abend-steigen-um-16-prozent/?lang=at




38% aller Alleinerziehenden können sich keine Woche Urlaub leisten


Urlaub zu machen, wird für einige Deutsche immer schwieriger. Das Statistische Bundesamt veröffentlichte Zahlen, nach denen 21% der Befragten sich keinen Woche Urlaub leisten kann. Das entspricht 17,4 Mio. Personen. Damit liegt Deutschland unter dem EU-weiten-Schnitt, der bei 27% liegt. Besonders betroffen sind dabei Alleinerziehende und ihre Kinder – 2024 gaben 38% der Alleinerziehenden an, sich keine einwöchige Urlaubsreise leisten zu können. Auch der Anteil der Alleinlebenden lag mit 29% überdurchschnittlich hoch.

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/verbraucher/urlaub-einkommen-krankheit-100.html




71,9% der deutschen Beschäftigten leiden unter Leisure Sickness


Das Phänomen der Erkrankung im Urlaub – die sog. Leisure Sickness („Freizeitkrankheit“) – und damit verbundene Erschöpfung und Krankheitssymptome kennen 71.9 % aller Arbeitnehmenden hierzulande. Das offenbart eine repräsentative Studie der IU Internationale Hochschule. Die meistgenannten Symptome sind dabei Müdigkeit, Erschöpfung, Schlafprobleme, Reizbarkeit, Kopfschmerzen oder Erkältungssymptome. 38,4% der Beschäftigten klagte zudem darüber, nach der Arbeit schlecht abschalten zu können.
Obwohl 95,5 % der Befragten Erholung und Freizeit als wichtig und sinnvoll erachten, können sich 4 von 10 Arbeitnehmenden im Privatleben nicht ausreichend erholen, um beruflichen Anforderungen gerecht zu werden. Insbesondere jüngeren Befragten fehlt es an Strategien zur Stressbewältigung. Hier sehen 63,3% der Beschäftigten Unternehmen in der Pflicht, Unterstützung anzubieten.


IU-Studie 2025, Leisure Sickness: Erschöpft statt erholt, Juni 2025
https://www.iu.de/forschung/studien/leisure-sickness/

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