Dienstag, 13. Mai 2025

Abrechnungszentrum Emmendingen sorgt für frischen Wind durch und für Auszubildende

Luftaufnahme der Gebäude des Abrechnungszentrums Emmendingen (Quelle: Abrechnungszentrum Emmendingen)

Auszubildene gewinnen und binden – eine personalpolitische Aufgabe, die das Abrechnungszentrum Emmendingen mit viel Elan erfolgreich angeht. Joachim Müller-Hürst, Personalleiter des Abrechnungszentrums Emmendingen, erläutert, welche – auch vereinbarkeitsfördernden – Angebote damit verbunden sind und welche Rolle der Aspekt Mitgestaltung dabei spielt.

Das rund 30.000 Einwohner*innen zählende Emmendingen – im Südwesten Baden-Württembergs, etwa 20 Kilometer nördlich von Freiburg gelegen – ist Sitz des Abrechnungszentrums Emmendingen. Als Komplettanbieter und Experte für das gesamte Abrechnungs- und Datenmanagement bedient das Abrechnungszentrum Emmendingen rund 70 gesetzliche Kranken- und Pflegekassen im GKV-System sowie weitere Beteiligte im Gesundheitswesen.

Über 600 Personen unterschiedlichen Alters sind bei dem Eigenbetrieb des BKK Landesverbandes Süd tätig. Das Abrechnungszentrum Emmendingen selbst gibt es bereits seit über 80 Jahren. Die Qualifizierung von Nachwuchskräften ist eine Herzensangelegenheit des Abrechnungszentrums Emmendingen. Das Engagement ist von Erfolg gekrönt, denn die Übernahmequote von Auszubildenden liegt bei nahezu 100%. Die Herausforderung, ausreichend junge Talente für sich zu gewinnen und zu binden, wächst allerdings zunehmend – aufgrund der demografischen Entwicklung sowie wegen sich verändernder Ansprüche des Nachwuchses. Dem Wettbewerb um Azubis und deren Verbleib in der Organisation stellt sich das Abrechnungszentrum Emmendingen mit einer frischen Ausgestaltung der Ausbildung. Wie diese aussieht und welche Rolle darin Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben spielen, erläutert im Interview Personalleiter Joachim Müller-Hürst.


Ausbildung hat beim Abrechnungszentrum Emmendingen Tradition. Wie viele Auszubildende haben Sie im Schnitt?

Wir haben pro Jahr zwischen 12 bis 15 Auszubildende im kaufmännischen und im IT-Bereich.



Wie hat sich Ihr Ausbildungskonzept im Laufe der Jahre verändert?

Wir haben in den letzten 15 Jahren sowohl Auszubildende nach der IHK-Ordnung als auch DHBW-Studenten der Dualen Hochschule Lörrach erfolgreich bei uns ausgebildet. Seit dem Ausbildungsjahr 2024 haben wir einen Generationswechsel bei den Ausbilderinnen und Ausbildern. Die meisten der bisherigen Ausbildenden gehen nun nach und nach in Rente und so wurde der Staffelstab an die jüngeren Kolleginnen und Kollegen abgegeben. Dieser Wechsel hat gut funktioniert. Die Jüngeren sind hoch motiviert und sehr engagiert und haben zum Ausbildungsbeginn des letzten Jahres einen Plan für eine „Welcome-Woche“ ausgearbeitet, der sowohl bei den neuen Auszubildenden als auch im Abrechnungszentrum Emmendingen sehr gut angekommen ist.



Seit 2017 nutzt das Abrechnungszentrum Emmendingen das audit berufundfamilie zur Gestaltung seiner familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik. Im vergangenen Jahr sicherten Sie sich das dritte Zertifikat zum audit. Im Rahmen des audit haben Sie einen Familienbegriff erarbeitet, der die inhaltliche Ausrichtung aller Ziele und Maßnahmen für die Auditierungsphasen und die Maßnahmenentwicklung vorgibt. Wie lautet dieser?

Dieser Familienbegriff drückt die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben auf unterschiedlichen Ebenen aus. Familie spiegelt beim Abrechnungszentrum Emmendingen die Lebenswirklichkeit unserer Mitarbeitenden wider. Familie ist für uns da, wo unsere Mitarbeitenden Verantwortung übernehmen und sich zugehörig fühlen.



Mit Ihrem Familienbegriff wenden Sie sich also ganz bewusst auch an Angehörige Ihrer Organisation, die (noch) keine Kinder oder familiäre Aufgaben im engeren Sinne haben?

Ja, unser Familienbegriff erfasst auch Mitarbeitende, die keine Kinder haben, dafür aber vielleicht wertvolle Pflegeleistungen an Familienangehörigen oder ihnen nahestehenden Personen vollbringen. Und auch Mitarbeitende, die anderweitige Verantwortung in ihrem sozialen Umfeld übernehmen (z. B. Verein, Ehrenamt), sind von diesem Begriff erfasst.



Apropos „lebensphasenbewusste Personalpolitik“: Die Ausbildung ist eine entscheidende Lebensphase. Welche Hilfestellungen und Impulse liefert Ihnen das audit im Umgang mit Auszubildenden?

Die Berufsausbildung und der ständige Kontakt mit jungen Auszubildenden zeigt uns immer wieder, wie wichtig die Zusammenarbeit mit und zwischen den Generationen ist und dass wir voneinander lernen können, wenn wir es nur wollen. Die Auszubildenden wissen was „hipp“

ist und sind meist sehr IT-affin. Zudem ist die Berufsausbildung für uns eine wirkungsvolle Maßnahme für die Sicherung und Entwicklung von Nachwuchskräften.



Ein symbolträchtiges Bild, das mit den
passenden Worten begleitet wird –
Das Abrechnungszentrum Emmendingen setzt
darauf, junge Talente zu fördern und zu binden
(Quelle: Abrechnungszentrum Emmendingen)
Sie übertragen den Azubis verantwortungsvolle Tätigkeiten – um sie zu motivieren und ihnen die Möglichkeit zu bieten, sich und auch die Organisation weiterzuentwickeln. Welche Aufgaben sind das?


Unsere betrieblichen Ausbildungspläne sehen für jeden Ausbildungsberuf vor, dass die Auszubildenden nahezu jeden Bereich des Abrechnungszentrums Emmendingen kennenlernen und deren Kenntnisse sowie Fertigkeiten vermittelt bekommen. Wir beziehen die Auszubildenden von Anfang an in den operativen Arbeitsalltag und in Projekte mit ein. So haben wir im Jahr 2024 mit den Auszubildenden einen Workshop zum „Ausbildungsmarketing 2024+“ sowie zur „Vision 2030“ initiiert und durchgeführt und die Ergebnisse durch die Auszubildenden präsentieren lassen. Und mittlerweile übernehmen sie gemeinsam mit den Ausbildenden selbständig die Organisation des jährlichen Boys & Girls Day bei uns.



Die Auszubildenden unterstützen beim Social Media-Auftritt des Abrechnungszentrums Emmendingen. Wie kam es dazu?

In einem der Workshops erarbeiteten die Auszubildenden Maßnahmen zur Optimierung der Ausbildung für die kommenden Jahre. Im Ergebnis wollten sie sich auch im Bereich Social Media mehr engagieren, u. a. indem sie in kurzen Clips aus ihren Abteilungen oder den Besuchen in anderen Bereichen berichten. Zudem sind in einem neuen Film von Azubis und für zukünftige Azubis ganz frische Szenen zu unserem neuen Azubislogan „Ausbildung trifft Abenteuer“ entstanden.



Wie groß ist der Wunsch der Azubis nach Home-Office bzw. Remote Work?

Der Wunsch ist vorhanden und wird bisweilen auch geäußert. Wir Ausbilderinnen und Ausbilder sind nach wie vor der Auffassung, dass die Berufsausbildung vor Ort im Abrechnungszentrum Emmendingen stattfinden soll und nur in Ausnahmefällen im Home-Office. Hierbei muss auch bedacht werden, dass jeder Auszubildende im Durchschnitt 1,5 bis zwei Tage in der Berufsschule ist. Wenn dann noch ein oder zwei Tage Home-Office dazukommen, dann wird die Einhaltung des betrieblichen Ausbildungsplans in Frage gestellt.



Gibt es Regeln für die Azubis bzgl. der Nutzung der Home-Office-/ Remote Work-Möglichkeiten?

In unserer Dienstvereinbarung Home-Office sind unsere Auszubildenden für den Zeitraum der Berufsausbildung und zur Einhaltung des betrieblichen Ausbildungsplans von Home-Office grundsätzlich ausgenommen. Nach der Berufsausbildung und Übernahme steht auch ihnen gemäß Dienstvereinbarung Home-Office zu.



„Ausbildung trifft Abenteuer“ – ein Motto, das beim
Abrechnungszentrum Emmendingen voll zutrifft
und Azubis nachhaltig motiviert
(Quelle: Abrechnungszentrum Emmendingen)
Zeitsouveränität ist für die Generation Z ein immer wichtigeres Werte- und auch Entscheidungsmerkmal bei der Arbeitgeberwahl? Wie gehen sie damit um?

Zeitsouveränität kann in der Work-Life-Balance-Betrachtung mehrere Dimensionen haben. Arbeitszeitreduzierung bzw. Ausbildung in Teilzeit ist in den letzten Jahren auch bei uns ein Thema geworden, dem wir nachgekommen sind. Aber schließlich hat der Gesetzgeber mit dem Berufsbildungsgesetz vor ein paar Jahren die Voraussetzungen hierfür geschaffen – die Umsetzung liegt somit bei den Unternehmen. Aber wir sehen auch, dass eine Verkürzung der Wochenarbeitszeit oder Arbeitszeitflexibilität einen hohen Stellenwert haben.



Wie hoch ist die Nachfrage nach Teilzeit bei den Azubis?

Die Nachfrage ist hier gering. In den letzten drei Jahren gab es ein bis zwei Nachfragen, die dann auch zur Umsetzung gekommen sind.



Wie sieht es mit Regelungen zur Erfüllung des Bedürfnisses nach kürzeren Auszeiten aus?

Auch hier verzeichnen wir bei Mitarbeitenden, die wir der Generation Z zurechnen, die letzten Jahre eine moderate Nachfrage mit ca. ein bis zwei Mitarbeitenden für eine Auszeit von sechs Monaten.



Der Generation Z ist ein feedbackorientierter Führungsstil wichtig. Wie gehen Sie mit diesem Bedarf um, um junge Mitarbeitende zu führen und zu binden?

Die Generation Z möchte keine „unnahbaren“ Chefs, sondern Vorgesetzte, von denen sie wertschätzend behandelt werden und mit denen sie auf Augenhöhe kommunizieren können. Dazu gehört auch regelmäßiges und häufigeres Feedback, um welches nicht ständig nachgefragt werden muss. Diese Thematik haben wir im zurückliegenden Jahr in Workshops aufgegriffen und mit unseren Führungskräften diskutiert. Erfahrungsgemäß tun sich mit diesem Wandel jüngere Führungskräfte leichter als ältere Führungskräfte, doch letztendlich bleibt das eine Herausforderung an jede einzelne Führungskraft.



Für die Gewinnung und Bindung der jüngeren Generationen haben Sie die Weiterbildungsmöglichkeiten und Karrieremodelle auch nochmals in den Blick genommen. Was hat das ergeben?

Fort- und Weiterbildung wird bei uns bedarfsorientiert gelebt mit dem Anspruch: erst fordern, dann fördern. Denn als Arbeitgeber und Vorgesetzte möchten wir Interesse, Leistung, Performance und Teamintegration sehen, um eine gute Basis für Weiterbildung und Personalentwicklung zu haben.



Welchen Stellenwert hat das Thema Gesundheit bei den lebensjüngeren Mitarbeitenden? Spiegelt sich das Interesse im Engagement der Gesundheitszirkel in Ihrem Haus?

Wir haben in den letzten Jahren unser betriebliches Gesundheitsmanagement ausgebaut. Dabei sehen wir, dass gerade bei jüngeren Mitarbeitenden das Interesse mehr auf Angeboten wie z. B. JobRad liegt. Wichtig war uns auch, dass wir unseren Arbeitskreis Gesundheit, das Steuerungsgremium in unserem betrieblichen Gesundheitsmanagement, mit zwei jüngeren Kolleginnen bzw. Kollegen erweitert haben, damit auch die thematischen Interessen der jüngeren Mitarbeitenden Berücksichtigung finden.



Sie arbeiten auch verstärkt daran, Generationen zusammenzuführen – als Teil des Generationenmanagements. Ziel ist es dabei u. a. die Erfahrungskompetenz altershalber ausscheidender Mitarbeitender zu sichern. Welche Wege gehen Sie dafür? 

Wir haben einen Prozess, der Nachfolgeplanung heißt. Hier werden Schlüsselpositionen identifiziert und feststehende Austrittstermine von Fach- und Führungskräften in den Blick genommen, um frühzeitig einen Wissenstransfer sicherzustellen. Dabei wird ein Dialog zwischen Führungskräften und potenziellen Kandidatinnen und Kandidaten eröffnet und bei Bedarf Entwicklungspläne erstellt und Qualifizierungsmaßnahmen eingeleitet.



Welche weiteren vereinbarkeitsfördernden Maßnahmen das Abrechnungszentrum Emmendingen seinen Beschäftigten bietet, zeigt im Ausschnitt das Kurzporträt zu jüngsten Zertifizierung nach dem audit berufundfamilie (15.03.2025). Hier geht es zum Kurzporträt.

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