„Den Feierabend einläuten, wann man möchte“, dazu ruft der heutige amerikanische „National Leave the Office Early Day“ auf. Ja, den gibt es – und zwar seit 2005! Der „Mach-früher-Feierabend-Tag“ geht auf die US-Amerikanerin Laura Stack zurück, die als so genannte Produktivitätstrainerin tätig ist. Ihr Appell: Zumindest heute die Arbeitsaufgaben so effizient strukturieren, dass ein früherer Feierabend möglich ist.
Tatsächlich ist diese Form der Eigenregie eher die Ausnahme. Starre Arbeitszeitmodelle haben nach wie vor die Macht. Die Gründe sind klar:
Hierzulande herrscht die 40-Stunden-Woche vor, und das zumeist gepaart mit Rahmen- und Kernzeiten. Wer kennt das nicht?: Von 10 bis 16 Uhr müssen alle Beschäftigten erreichbar sein, egal in welchem Arbeitsbereich, egal in welcher Abteilung. Und da liegt es nahe, die 40 Stunden gleichmäßig auf die Woche zu verteilen – für alle einfach zu handhaben und für Vorgesetzte und Kollegen sowie Kunden einfach zu merken.
Früher Feierabend machen: Eine weitere Flexibilisierung der Arbeitszeit macht's möglich (© berufundfamilie Service GmbH) |
Wann ist Arbeit erfolgreich?
Am Ende – und hier ist nicht etwa „am Ende des Tages“ gemeint – ist die gesamte Arbeitsleistung für den erfolgreichen Abschluss einer Aufgabe entscheidend. Denn eigentlich geht es doch darum, dass eine Aufgabe innerhalb einer bestimmten Zeit erledigt wird, dass bis zu einem festgelegten Termin ein gewünschtes Ergebnis erarbeitet bzw. erzielt wird.
Was spricht gegen starre Arbeitszeiten?
Und eben dieses Ziel stellt gerade bei den vielen Bürotätigkeiten starre Arbeitszeiten in Frage: Was ist, wenn ein Beschäftigter bereits einige Zeit vor der Deadline Aufgaben gänzlich oder zu großen Teilen erledigt hat? Wenn er also in der Zeit gut liegt? Oder aber wenn er auf externen Input angewiesen ist, diesen aber erst zu einem bestimmten Zeitpunkt erhalten wird und dann die Arbeit an dem Projekt fortführen kann? Warum kann er nicht früher in den Feierabend oder auch später ins Büro kommen und zu gegebener Zeit aktiv werden? Provozieren starre Arbeitszeiten nicht möglicherweise ein unstetes Arbeitspensum, wenn an manchen Tagen ein Arbeitsleerlauf herrscht, an anderen hingegen eine Aufholjagd? Das ist weder mitarbeiter- noch bedarfsorientiert. Eine Flexibilisierung der Arbeitszeit ist da zielführender. Allerdings setzt das voraus, dass Beschäftigten zugetraut wird, selbstverantwortlich zu arbeiten und sich damit auch die eigene Zeit sinnstiftend einteilen zu können.
Inwieweit ist Flexibilität gewünscht?
Selbständiges Arbeiten – und dazu gehört auch eine große Portion Selbstverantwortung – ist genau das, was sich Beschäftigte wünschen. Das zeigt u.a. unsere Studie „Vereinbarkeit 2020“.[1] Die Möglichkeit, selbständig arbeiten zu können, ist für 78 % der Beschäftigten wichtig. Die Möglichkeit, die tägliche Arbeitszeit nach der persönlichen Situation gestalten zu können, schätzen 56 % der Beschäftigten sehr. Selbstverantwortliches Arbeiten hat schließlich einen besonderen Mehrwert: Es nutzt in großem Maße der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben. Beschäftigte mit familiären oder anderen drängenden privaten Aufgaben, erhalten mehr Spielraum für deren Erledigung.
Geht Flexibilisierung immer?
Die Flexibilisierung hat allerdings ihre Grenzen. Anders ausgedrückt: Mit Flexibilität muss flexibel umgegangen werden. Denn in den unterschiedlichen Abteilungen gibt es tendenziell unterschiedliche Bedarfe und limitierende Rahmenbedingungen – abhängig vom Projekt, den externen Ansprechpartnern usw. Zunächst ist daher in dem jeweiligen Arbeitsbereich zu erheben, welche Flexibilisierungsmöglichkeiten überhaupt tragbar sind. Das setzt eine genaue Analyse der Arbeitsanforderungen, eine klare Definition der Arbeitsziele und auch die stete Kommunikation zwischen Vorgesetzten und Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern voraus.
Übrigens: Auch der „National Leave the Office Early Day“ zeigt eine gewisse Flexibilität. Fällt der 2. Juni auf ein Wochenende, verschiebt sich der Aktionstag auf den vorangehenden Freitag oder den folgenden Montag.
[1] „Vereinbarkeit 2020 – eine Studie zu familien- und lebensphasenbewusster Personalpolitik im Zeitalter der Individualisierung“, berufundfamilie Service GmbH in Zusammenarbeit mit dem IBE, Fachhochschule Ludwigshafen, 2015, siehe www.vereinbarkeit2020.berufundfamilie.de
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