Donnerstag, 12. September 2024

Verantwortungsvoll vereinbaren: Führung

Familien- und lebensphasenbewusste Führung im Zeitalter von Individualisierung und Digitalisierung
(Quelle: deathtothestockphoto.com)


In dieser fünften Folge unserer Blog-Reihe „Verantwortungsvoll vereinbaren“ steht das neue Bild der Führungskraft im Fokus. Schon lange nicht mehr „nur“ die*der fachkompetente Aufgabenverteiler*in und Manager*in transformieren sie zu „Moaches“ – also Coaches und Mentor*innen gleichzeitig –, die die Selbstorganisation ihrer Mitarbeitenden fördern und gleichzeitig deren individuelle Bedarfe berücksichtigen. Wir nennen die essenziellen Skills, die es braucht, um mit dieser neuen Aufgabe verantwortungsvoll umzugehen – auch im Sinne der Vereinbarkeit.

Die Führungskraft als Macher*in, die über Projektabläufe bestimmt und die Performance der Mitarbeitenden dirigiert – dieses strenge Bild von Vorgesetzten ist mittlerweile obsolet. Statt Boss-Attitüden sind Coaching-Fähigkeiten gefordert, denn Beschäftigte wollen mit ihren individuellen Bedarfen und Wünschen wahrgenommen werden und gleichzeitig eigenständiger agieren können. Das betrifft auch das Themenfeld Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben. Schließlich reichen starre Maßnahmen zur Förderung der Work-Life-Balance, die lediglich die Optionen „Ohne Abweichung übernehmen“ oder „Nicht in Anspruch nehmen“ bieten, nicht aus. Die moderne Ausrichtung als familien- und lebensphasenbewusster Arbeitgeber hat als Erfolgsfaktor, dass Angebote zur Vereinbarkeit ausgestaltbar sind – um sie an die Bedürfnisse der*des jeweiligen Mitarbeitenden, in Einklang mit der beruflichen Aufgabe und den Bedarfen des Teams auszurichten. Dazu braucht es einen Prozess und eine Person, die diesen moderiert: die Führungskraft.

Damit kommt Führungskräften eine andere Rolle zu als bislang. Und das Spektrum ihrer Verantwortung verschiebt sich. Am Beispiel der Begleitung und Förderung der Work-Life-Balance der Mitarbeitenden zeigt sich: Führungskräfte sind mitverantwortlich, ein positives Arbeitsklima zu formen, die Gesundheit sowie ggf. Ängste der Beschäftigten im Blick zu haben und darauf einzugehen. Und nicht zu vergessen: Parallel Projekterfolge generieren und mit Anforderungen wie digitale Fitness Umgang zu finden.

Kann Führung mit diesen umfassenden und komplexen Anforderungen Schritt halten? Ja, wenn sie tatsächlich neu gedacht wird. Dann können Führungskräfte sogar nicht nur ihre Schlüsselrolle für die Unternehmenskultur erfolgreich neu definieren, sondern auch mit mehr Freiräumen und gesunderhaltender – auch für sich – führen.

Nähern wir uns der neuen Denke an – und zwar über den folgenden Baukasten.

1. Coachingskills auf- bzw. ausbauen


Wie oben bereits erwähnt, ist die moderne Führungskraft ein*e Coach*in Coaching ist gekennzeichnet von einer Zusammenarbeit auf Augenhöhe, von intensivem Austausch und davon, Verantwortung zu teilen.

Führungskräfte sollten Verantwortung dort abgeben, wo die Entscheidung nicht zwingend von ihnen selbst abhängt. Das eröffnet Freiräume für die Führungskraft selbst – mehr Zeit für andere Aufgaben – und erweitert den Aktionsradius der Mitarbeitenden, die damit gleichzeitig Wertschätzung erfahren. Kurzum: Auf Mikromanagement ist zu verzichten.

Dazu müssen Führungskräfte den Mitarbeitenden alle notwendigen Informationen zur Verfügung stellen. Das Empowerment der Beschäftigten umfasst auch, dass ihre Vorschläge, Ideen weniger bürokratisch behandelt werden, dass auf sie schnell reagiert wird. Wenn es z.B. darum geht, die Arbeit untereinander vereinbarkeitsfördernd zu organisieren oder Arbeitszeiten zu flexibilisieren, dann können die Teammitglieder dies auch eigenverantwortlich tun. Soll heißen: im Miteinander aushandeln und die Führungskraft dabei an Bord nehmen. Die Führungskraft sollte klar machen, welche Rahmenbedingungen und ggf. Reglementierungen zu beachten sind.

2. Mentoringfähigkeiten stärken und anwenden


Im Grunde geht es darum, People Management in der Tiefe zu betreiben. Denn über das Coaching hinaus ist auch gefragt, Empathie den Mitarbeitenden entgegenzubringen. Gleichzeitig wollen Mitarbeitende aktiv in ihren Stärken gefördert und motiviert werden. Da wo Mitarbeitende Verantwortung erhalten, sollen sie also bestärkt werden, eigenständig Lösungswege zu erarbeiten und Engagement zu zeigen. Und wenn mal etwas nicht ganz rund laufen sollte, ist ein konstruktiver Umgang damit wichtig; Verständnis ist das Schlüsselwort, das Führungskräfte zeigen sollten und gleichzeitig gemeinsam mit den Mitarbeitenden Learnings erkennbar machen.

Im Laufe des Arbeitslebens haben Mitarbeitende und auch Führungskräfte selbst in die unterschiedlichsten privaten Herausforderungen. Ein offenes Ohr für die sich daraus ergebenden Belange und ein lösungsorientierter Umgang mit den Informationen und Wünschen der Mitarbeitenden ist zwar nicht immer einfach, aber zentral für das Miteinander. Schließlich fließen Privates und Berufliches zusammen, was nach konstruktivem Handling ruft.

3. Perfekt unperfekt sein


Verständnis sollte keine Einbahnstraße sein. Und lernen kann jede*r zu jeder Zeit im Arbeitsleben. Also dürfen auch Führungskräfte zeigen, dass sie in bestimmten Punkten ggf. keine Fachkenntnis oder keine Erfahrungswerte haben. Vielleicht ergeben sich daraus Möglichkeiten, gemeinsam mit dem Team neue Knowledges auszubauen.

Das Verständnis sollte von den Mitarbeitenden zudem für private bzw. persönliche Belange der Führungskraft genauso gelten. Dazu muss die Führungskraft eine gewisse Transparenz auf ihr Privatleben und ihre Persönlichkeit gewähren. Wie weit diese geht, ist nicht vorschreibbar. Das ist letztendlich eine Frage des Wohlgefühls. Klar sollte aber sein, dass Führungskräfte auch zeigen dürfen, dass bei ihnen nicht alles rund läuft, dass Belastungen mal mehr mal weder ausgeprägt vorhanden sind. Das macht nahbar.

Im Zusammenhang mit der Vereinbarkeit sollten Führungskräfte die Möglichkeit haben und diese auch nutzen, vereinbarkeitsfördernde Angebote des Arbeitgebers zu nutzen. Damit können sie gleichzeitig eine Vorbildfunktion wahrnehmen.

4. Digitale Fitness erlangen


Insbesondere da, wo Teams auf Distanz miteinander arbeiten, sind Kollaborationstools unumgänglich. Der Einsatz von KI-gestützten Tools kann Beschäftigte z.B. bei sich wiederholenden oder Rechercheaufgaben unterstützen und auf deren Produktivität einzahlen – und somit Raum für anderes schaffen, auch zur besseren Vereinbarkeit. Doch wenn Führungskräfte in der Anwendung dieser Hilfsmittel nicht fit sind, wird ein alltäglicher Umgang damit erschwert. Da alle Angehörigen von Organisationen immer mehr in der Lage sein müssen, digitale Tools zu nutzen, sollten Führungskräfte ein Verständnis für die digitale Welt aufbauen und Kenntnis von den Anwendungen besitzen. Idealerweise gehen sie voran und motivieren die Mitarbeitenden, die Tools einzusetzen – vorausgesetzt, sie können ihnen auch mitgeben, welche Regularien beim Einsatz gelten.


Die kommende Ausgabe der Blog-Reihe „Verantwortungsvoll vereinbaren“ wird dem Handlungsfeld „Personalentwicklung“ gewidmet sein. Die Veröffentlichung wird voraussichtlich im Oktober sein.



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