Wortwolkte mit Stichwörtern aus der Arbeitswelt (berufundfamilie Service gmbH) |
33% der Rentner*innen arbeiten aus finanziellen Gründen weiter, 13,6% der Unter-3-Jährigen in Deutschland haben keinen Betreuungsplatz und die emotionale Bindung von Beschäftigten an ihren Arbeitgeber sorgt für weniger Fehltage. Mehr neues Studienmaterial aus der Arbeitswelt in der Oktober-Ausgabe unserer Blog-Serie „Vereinbarkeit in Zahlen“.
Weiterarbeit nach der Rente häufig aus finanziellen Gründen
Nur weil das Rentenalter erreicht ist, gehen längst nicht alle Personen in Rente. Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen, dass viele Menschen in Deutschland auch nach ihrem eigentlichen Renteneintritt weiterarbeiten. So arbeiteten im Jahr 2023 in der Altersgruppe der 65 bis 74-Jährigen rund 13%. Dabei sind Männer* mit 16% häufiger erwerbstätig als Frauen*, von denen jede Zehnte noch arbeiten geht. Auch beim Bildungsniveau zeigen sich Unterschiede: Während fast jede*r Fünfte (18%) mit höherem Bildungsabschluss noch berufstätig war, lag dieser Anteil bei Rentner*innen mit niedrigerem oder mittlerem Bildungsabschluss lediglich bei 11 beziehungsweise 12%
Die überwiegende Mehrheit der berufstätigen Rentner*innen war dabei in Teilzeit beschäftigt. 40% hatten eine wöchentliche Arbeitszeit von unter 10 Stunden, 25% arbeiteten zwischen 10 und 20 Stunden, und weitere 12% zwischen 20 und 30 Stunden pro Woche.
Die erwerbstätigen Rentner*innen setzten sich zusammen aus weniger als 1/3 Selbstständigen sowie einer größeren Gruppe von abhängig Beschäftigten, die sich wiederum in sozialversicherungspflichtige und geringfügig entlohnte Beschäftigte unterteilte.
Neben finanziellen Gründen (33%) gaben viele Rentner*innen Freude an der Arbeit (knapp 1/3), finanzielle Vorteile (1/10), die*den berufstätigen Partner*in oder soziale Kontakte als Grund für ihre Erwerbstätigkeit an.
Statistisches Bundesamt, 13 % der Rentnerinnen und Rentner im Alter von 65 bis 74 Jahren sind erwerbstätig, Oktober 2024
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitsmarkt/rentner-arbeit-alter-100.html
Bindung von Beschäftigten an Organisation sorgt für weniger Krankschreibungen
Der aktuelle AOK-Fehlzeitenreport 2024 unterstreicht die Bedeutung der emotionalen Bindung am Arbeitsplatz für die Fehlzeitenentwicklung. So zeigt die repräsentative Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) unter 2.501 Beschäftigten im Alter von 18 bis 66, dass sich emotional stärker gebundene Beschäftigte weniger oft krankschrieben oder sogar mit einer Erkrankung ihrer Arbeit weiter nach gingen. Fördernd seien hierbei auch betriebliche Gesundheitsangebote, die die Gesundheitskompetenz der Einzelnen in einer Organisation stärken. Eine hohe Gesundheitskompetenz der Beschäftigten sei nicht nur für das individuelle Wohlbefinden von Vorteil, sondern wirke sich auch positiv auf die gesamte Organisation aus, indem sie Fehlzeiten reduziere und die Produktivität steigere.
Darüber hinaus zeigt die Analyse der AOK-Daten einen besorgniserregenden Anstieg der Krankschreibungen im Jahr 2024. Der Höchstwert (225 Krankschreibungen je 100 erwerbstätige Versicherte) des Vorjahres wurde bereits im August übertroffen, was auf eine anhaltende Entwicklung hinweist. Besonders hoch ist dabei der Anteil von psychischen Erkrankungen: Seit 2014 ist ein kontinuierlicher Anstieg der Krankheitstage aufgrund psychischer Erkrankungen zu beobachten. Die Zahl hat sich um 47% erhöht.
AOK/ WIdO, AOK-Fehlzeitenreport 2024, Oktober 2024
https://www.aok.de/fk/aktuelles/fehlzeiten-report-2024-bindung-von-beschaeftigten-durch-gesundheitskompetenz/
Nutzung von Pflegezeit und Familienpflegezeit ist ausbaufähig
Der Großteil der Pflegebedürftigen in Deutschland wird zuhause gepflegt und das oft von Personen, die selbst noch erwerbstätig sind. So zeigen Analysen auf Basis des Deutschen Alterssurveys, dass 23,1 % der 43- bis 65-Jährigen in Deutschland regelmäßig eine oder mehrere Personen aufgrund von Gesundheitsproblemen unterstützt oder gepflegt hat. Das sind rund 5,5 Mio. Menschen. Die Übernahme von Pflege und Unterstützung belastet nicht nur emotional, sondern führt langfristig auch zu finanziellen Einbußen durch reduzierte Erwerbstätigkeit und damit zu einer schlechteren Altersvorsorge.
Gerade hier wäre es also entscheidend, dass politische Maßnahmen wie etwa die Pflegezeit oder Familienpflegezeit von den Pflegenden in Anspruch genommen würden. Jedoch nutzen nur 4% die politischen Maßnahmen (z.B. die Pflegezeit). Während Unkenntnis (21,8%), fehlender Anspruch (16,4%) und bürokratischer Aufwand (9,7%) als Gründe für die Nichtinanspruchnahme genannt wurden, überraschte vor allem der hohe Anteil von 61,6% der Befragten, die die Angebote, laut eigener Angabe, nicht benötigten.
Hierbei vermuten die Studienautor*innen, dass viele Pflegende neben den gesetzlichen Möglichkeiten der Pflege- und Familienpflegezeit individuelle Vereinbarungen mit ihrem Arbeitgeber nutzen. Ein Grund dafür könnte sein, dass die finanziellen Vorteile der gesetzlichen Regelungen, insbesondere das zinsgünstige Darlehen, als zu gering eingeschätzt werden.
Deutsches Zentrum für Altersfragen, Deutscher Alterssurvey 2023, Oktober 2024
https://www.dza.de/detailansicht/situation-pflegender-angehoeriger-doppelbelastung-ohne-entlastung
Nahezu die Hälfte der Jugendlichen wünscht sich traditionelle Aufteilung der Erwerbsarbeit
Die aktuelle Shell-Jugendstudie gibt Einblicke in das Seelenleben der deutschen Jugend im Alter von 12 bis 25. Befragt wurden dazu rund 2.500 Jugendliche. Die letzte vorangegangene Veröffentlichung stammt aus dem Jahr 2019. Es zeigt sich, dass durch die momentanen Krisen neue Sorgen bei der Jugend entstanden sind. Die jungen Menschen zeigen sich besorgt um eine Vielzahl von Themen: An erster Stelle steht die Angst vor einem Krieg in Europa (81%), gefolgt von wirtschaftlichen Sorgen (67%) und einer zunehmenden Polarisierung der Gesellschaft (64%). Auch die langfristigen Herausforderungen von Umweltverschmutzung (64%) und Klimawandel (63%) beschäftigen sie weiterhin.
Die Ergebnisse zeigen zudem ein komplexes Bild: Einerseits vertrauen 75% der Jugendlichen auf die Demokratie, andererseits nehmen autoritäre Einstellungen zu. Während Institutionen wie das Bundesverfassungsgericht und die Polizei ebenfalls hohes Vertrauen genießen, wird politischen Parteien weit aus weniger Vertrauen entgegengebracht.
Es zeigt sich zudem, dass die Coronapandemie Spuren hinterlassen hat: Während 55% der Jugendlichen angeben, die Pandemie überwunden zu haben, sind die Auswirkungen bei jungen Frauen* besonders deutlich: 27% fühlen sich häufig einsam, bei jungen Männern* sind es 21%.
Blickt man auf die Themen partnerschaftliche Aufteilung der Erwerbs- und Sorgearbeit und Rollenverteilung ergibt sich folgendes Bild: Sowohl junge Männer* (42%) als auch Frauen* (41%) können sich eine Teilzeitbeschäftigung für Väter* vorstellen, wenn diese Kinder haben. Allerdings spricht sich knapp de Hälfte der Befragten nach wie vor für eine eher traditionelle Aufteilung der Erwerbsarbeit mit dem Mann als Haupt- oder Alleinversorger aus.
Eine erfreuliche Entwicklung: 56% der jungen Menschen blicken optimistisch in die Zukunft der deutschen Gesellschaft – so viele wie lange nicht. Eine überwältigende Mehrheit (76%) meint, dass Deutschland alle Möglichkeiten bietet, die eigenen Lebensziele zu verwirklichen. Zudem glauben die Befragten auch an die Kraft der Gemeinschaft (71%), um eine bessere Zukunft zu schaffen. Die Meinungen zur persönlichen Zukunft sind geteilt: 52% sind zuversichtlich, während ein wachsender Anteil eher unsicher ist.
Shell, 19. Shell-Jugendstudie, Oktober 2024
https://www.bmfsfj.de/bmfsfj/aktuelles/alle-meldungen/19-shell-jugendstudie-veroeffentlicht--246246
Gesteigertes Wohlbefinden bei sinkender Arbeitszeit
Im Rahmen einer deutschlandweiten Studie der Universität Münster führten 45 Organisationen in einem Pilotprojekt die 4-Tage-Woche bei sich ein. Eines der Kernergebnisse ist dabei, dass die 4-Tage-Woche einen positiven Effekt auf die Lebenszufriedenheit hat, vor allem dank der gewonnenen Freizeit.
Die Einführung der 4-Tage-Woche scheint den zuvor geäußerten Wunsch der Beschäftigten nach mehr Freizeit für die Familie teilweise erfüllt zu haben, da dieser von 64% auf 50% sank.
Die Tatsache, dass die finanziellen Ergebnisse trotz reduzierter Arbeitszeit gehalten werden konnten, lässt laut den Autor*innen auf eine mögliche Produktivitätssteigerung schließen.
Um die Produktivität trotz kürzerer Arbeitszeiten aufrechtzuerhalten, wurden Maßnahmen wie die Optimierung von Prozessen (über 60%), die Reduzierung von Meetings (über 50%) und die Einführung neuer digitaler Werkzeuge (25%) ergriffen.Im Vergleich zu vorher gaben die Beschäftigten eine deutliche Verbesserung ihrer mentalen und körperlichen Gesundheit an.
Die Anzahl der monatlichen Krankentage ist leicht zurückgegangen, jedoch so geringfügig, dass dieser Unterschied im Vergleich zum Vorjahr statistisch nicht relevant ist.
70% der Organisationen gaben an, dass sie die 4-Tage-Woche auch nach der sechsmonatigen Pilotphase fortsetzen möchten, entweder durch Verlängerung der Testphase oder durch eine vollständige Implementierung.
Universität Münster, Mehr Zufriedenheit mit weniger Arbeit, Oktober 2024
https://www.uni-muenster.de/news/view.php?cmdid=14337
13,6% der unter 3-Jährigen in Deutschland ohne Betreuungsplatz
Eine Analyse des Instituts der Deutschen Wirtschaft offenbart den erheblichen Betreuungsplatzmangel in Deutschland. So fehlen insgesamt rund 306.000 Kitaplätze für unter 3-Jährige. Damit sind 13,6% der Kinder in diesem Alter ohne Betreuungsplatz. Die Lücke sei zum Vergleich im Vorjahr um 38.200 Plätze zurückgegangen.
Die Studie zeigt erneut ein deutliches Ungleichgewicht zwischen Ost- und Westdeutschland auf: Während im Westen knapp 278.000 Betreuungsplätze für unter 3-Jährige fehlen, sind es im Osten nur rund 28.200.
IW, 306.000 Betreuungsplätze für unter Dreijährige fehlen, Oktober 2024
https://www.tagesschau.de/inland/kitaplaetze-mangel-analyse-100.html
38% der Beschäftigten würden für Home-Office-Option auf Gehalt verzichten
Eine Studie des Softwareunternehmens Capterra liefert interessante Ergebnisse in Bezug auf Möglichkeiten remote zu arbeiten. So sind 38% der deutschen Beschäftigten bereit, auf einen Teil ihres Gehalts zu verzichten, um remote arbeiten zu können. Dies übersteigt den internationalen Durchschnitt von 36%. Die deutsche Belegschaft zeigt eine klare Präferenz für flexible Arbeitsmodelle. 45% der Befragten geben an, am liebsten vollständig remote zu arbeiten, während 45% eine Mischung aus Büroarbeit und Homeoffice bevorzugen. Lediglich 10% der Befragten können sich ein ausschließlich bürobasiertes Arbeitsmodell vorstellen.
Faktoren wie Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben, Zeitersparnis, Stressreduktion sowie Fahrt- und Verpflegungskosten am Arbeitsort werden als entscheidend dafür angesehen, dass die Beschäftigten die Rückkehr zur ausschließlichen Präsenzarbeit ablehnen.
So wären 62% der Befragten dazu bereit, bei zu hohen Fahrtkosten ihren Job zu wechseln. Im internationalen Durchschnitt sagten dies 59%.
Um Beschäftigte, wieder vermehrt ins Büro zu locken, bedarf es laut der Studie deutlicher Anreize. 76% der Arbeitnehmenden geben an, dass sie lieber vom Büro aus arbeiten würden, wenn ihnen dort kostenlose oder vergünstigte Mahlzeiten angeboten würden.
Für 69% wäre die Möglichkeit, flexible Arbeitszeiten zu wählen, ein Anreiz, häufiger ins Büro zu kommen, da dies die eigene Work-Life-Balance verbessern würde.
Capterra, Die Rückkehr ins Büro birgt höhere Mitarbeiterausgaben: Was halten Angestellte weltweit davon?, Juni 2024
https://www.capterra.com.de/blog/6436/studie-rueckkehr-ins-buero-und-mitarbeiterausgaben
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