Frauen bieten ein großes Potenzial zur Verringerung des Arbeitkräftemangels (©berufundfamilie, Marcel Coker) |
Beginnen wir mit aktuellen Zahlen zum Fachkräftedefizit
Laut der Studie „Fachkräftemangel 2015“[2] der Manpower Group verzeichnen 46 % der Unternehmen in Deutschland ein akutes Fachkräftedefizit. Von 2014 bis 2015 ist der Mangel an gut ausgebildeten, erfahrenen Beschäftigten damit um 6 % gestiegen. Rund 50 % der Arbeitgeber beklagen, dass sie aufgrund des Fachkräftemangels Aufträge ablehnen müssen. 40 % sehen eine geringere Wettbewerbs- und Innnovationsfähigkeit.Die Studie zeigt zudem: Besondere Engpässe herrschen bei Facharbeitern und Handwerkern. Aber auch Manager fehlen in Unternehmen. Mit Blick auf die zunehmende Digitalisierung ist zu erwarten, dass sich das Defizit bei IT-Fachkräften zukünftig noch vergrößern wird.
Bereiche, in denen am meisten Fachkräfte fehlen, sind (im Ranking):
- Facharbeiter / Handwerker
- Manager und Executives
- Techniker
- IT-Fachkräfte
- Ingenieure
- Finanz- und Rechnungswesen
- Vertriebsmitarbeiter
- Vertriebsleiter
- Fahrer
- Ärzte / Medizinische Berufe (kein Pflegepersonal)
Was kann Deutschland gegen den Fachkräftemangel tun?
Eine gezielte Zuwanderung von Fachkräften ist wertvoll, um dem Fachkräftedefizit entgegenzutreten. Aber auch eine veränderte Bildungsbeteiligung ist notwendig: Einerseits bedarf es eines höheren Anteils an Hochschulabsolventen, andererseits sind bestehende Bildungslücken durch gezielte Fortbildung zu schließen. Was kann noch helfen? Eine erhöhte Erwerbsbeteiligung ist wichtig, vor allem bei Frauen und bei älteren Erwerbstätigen. Lösungspotenzial können auch eine moderate Ausweitung der wöchentlichen Arbeitszeit von Teilzeitbeschäftigten und umfassende berufliche Weiterbildungsmaßnahmen bieten.
Familien- und lebensphasenbewusste Angebote für Frauen
Ein äußerst großes Potenzial zur Verringerung des Arbeitskräftemangels liegt bei den Frauen, die nach wie vor nach der Gründung einer Familie ihre Erwerbstätigkeit in der Regel längerfristig unterbrechen und nach dem Wiedereinstieg oftmals dauerhaft in niedrigem Teilzeit-Umfang arbeiten. Laut Statistischem Bundesamt sind weit mehr als die Hälfte der im Nebenjob geringfügig entlohnt Beschäftigten und fast zwei Drittel der ausschließlich geringfügig entlohnt Beschäftigten weiblich.[4] Durch eine höhere Erwerbsbeteiligung und eine Anhebung der Wochenarbeitszeit können Frauen den Arbeitskräftemangel deutlich reduzieren. Die Verbesserung der familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik bildet daher einen zentralen Handlungsansatz zur zukünftigen Sicherung der Fachkräftebasis. In den letzten Jahren haben familien- und lebensphasenbewusste Maßnahmen eine erhebliche Verbreitung bei den deutschen Arbeitgebern erfahren. Dennoch bleiben wesentliche Potenziale weiterhin ungenutzt: Mütter kehren zwar zunehmend häufiger und früher in den Beruf zurück, arbeiten aber selbst dann noch überwiegend in Teilzeit, wenn ihre Kinder älter sind und deutlich weniger Betreuung benötigen als kleinere Kinder. Die durchschnittliche Arbeitszeit von erwerbstätigen Müttern im Alter von 25 bis 49 Jahren lag 2013 bei rund 27 Stunden pro Woche. Gleichaltrige Frauen ohne im Haushalt lebendes Kind waren durchschnittlich rund 10 Stunden mehr beruflich aktiv als Frauen mit Kindern.[5] Die Erhöhung der Arbeitszeiten von Müttern insbesondere mit älteren Kindern ist also eine Aufgabe, der sich Arbeitgeber stellen müssen. Familien- und lebensphasenbewusste Maßnahmen bieten entsprechenden Anreiz für Frauen.
Betriebliche Anreize für ältere Beschäftigte
Ältere Beschäftigte sollten zudem verstärkt in den Blick genommen werden. Ihr Anteil an der Belegschaft nimmt aufgrund der demografischen Entwicklung und der Rentenregulierungen unweigerlich zu. Waren 2013 noch 31 % der Erwerbstätigen 55 Jahre und älter, werden es 2030 schon 38 % sein.[6] Fachkräfte in diesen Altersgruppen zu sichern, aber auch Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen im Alter von 50plus zu gewinnen, bietet Arbeitgebern eine Chance gegen den Fachkräftemangel. Mit einer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik lassen sich Rahmenbedingungen für eine längere Lebensarbeitszeit gestalten, die Gesundheit am Arbeitsplatz erhalten und fördern, Risiken vermeiden oder minimieren sowie die Qualifizierung und Weiterbildung im gesamten Lebenslauf ausbauen.
Familien- und lebensphasenbewusste Angebote geben Raum für Flexibilisierung – so auch für den Übergang von der Erwerbstätigkeit in den Ruhestand. Dafür muss das starre Modell – bis zum Renteneintrittsalter in Vollzeit arbeiten und dann von heute auf morgen aus dem Betrieb ausscheiden – aufgebrochen werden. Ältere Beschäftigte und deren Know-how kann durch Flexibilisierungsmaßnahmen länger an den Betrieb gebunden werden, z.B. indem die Zeitflexibilität erhöht und die Arbeit altersgerecht organisiert wird. Ein weiterer Schritt gegen den Fachkräftemangel.
[1] Siehe http://www.rp-online.de/politik/deutschland/interview-mit-bamf-praesident-weise-erst-30000-fluechtlinge-haben-einen-job-aid-1.6111184 (Link vom 13.07.2016)
[2] Siehe https://www.manpower.de/fileadmin/user_upload/2015_06_22_MPG_TalentShortageSurvey_Broschuere_Deutschland_8Seiten.pdf (Link vom 13.07.2016)
[3] Siehe http://www.bcg.de/media/PressReleaseDetails.aspx?id=tcm:89-189318 (Link vom 13.07.2016)
[4] Vgl. https://statistik.arbeitsagentur.de/Statischer-Content/Arbeitsmarktberichte/Personengruppen/generische-Publikationen/Frauen-Maenner-Arbeitsmarkt-2015-07.pdf (Link vom 13.07.2016)
[5] Siehe https://www.destatis.de/DE/PresseService/Presse/Pressemitteilungen/2015/05/PD15_171_122.html (Link vom 13.07.2016)
[6] Vgl. www.demografie-portal.de
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