Gastbeitrag
Prof. Dr. Dr. Helmut Schneider,
Steinbeis-Hochschule Berlin – School of Management and Innovation (SMI), Berlin
Prof. Dr. Dr. Helmut Schneider,
Steinbeis-Hochschule Berlin – School of Management and Innovation (SMI), Berlin
Um ein attraktiverer Arbeitgeber zu werden und Fachkräfte langfristig an sich zu binden, bieten immer mehr Unternehmen ihren Beschäftigten Möglichkeiten für eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie.
Das Problem bei den meisten Maßnahmen, die die Vereinbarkeit fördern sollen: Bislang ließ sich kaum messen, wie erfolgreich sie tatsächlich sind. Vor diesem Hintergrund hat das Forschungszentrum Familienbewusste Personalpolitik an der Steinbeis-Hochschule Berlin, gefördert vom Bundesministerium für Familie, Frauen, Senioren und Jugend sowie der Bertelsmann Stiftung, den VB_kompass entwickelt. Der Kompass ist ein einfaches und kostenloses Instrument zum Vereinbarkeitscontrolling.
Vereinbarkeitscontrolling
Wer Controlling im Sinne von Steuerung betreiben will, muss grundsätzlich belastbare Wirkungszusammenhänge zwischen den eigenen Entscheidungen (Input) und den angestrebten Ergebnissen (Output) herstellen. Hierzu sind sowohl der Input als auch der Output im Zeitverlauf zu messen und miteinander in Beziehung zu setzen.
Wie Input und Output zusammenhängen, kann dann unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden:
- Effektivität: Wirkt der Input überhaupt auf die relevanten Outputvariablen? Vereinfacht gesagt: „Tue ich das Richtige?“
- Effizienz: Wie wirtschaftlich sind die Handlungen? Dabei müssen die Kosten des Inputs kleiner sein als die Erträge des Outputs. Vereinfacht gesagt: „Mache ich es richtig?“ Der VB_kompass folgt dieser Logik und generiert auf Basis von 11 monatlichen Input-Daten zwei Kennzahlen: eine zur Effektivität des Vereinbarkeitsmanagements und eine zu seiner Effizienz.
Das Erklärvideo zum VB_kompass
– abrufbar hier (Quelle: www.vereinbarkeitscontrolling.de, Steinbeis-Hochschule Berlin GmbH (SHB)) |
Eingaben zum Input: Aktivitäten für eine bessere Vereinbarkeit
Um das breite Spektrum möglicher Maßnahmen und ihre unterschiedliche Skalierung messen zu können, sind diese zu verdichten. Der VB_kompass folgt dabei den acht Handlungsfeldern des audit berufundfamilie. Die Eingabe erfolgt dabei auf einer Skala von 0 bis 100: „0“ bedeutet, dass ein Unternehmen in einem Handlungsfeld gar nicht aktiv ist, „100“ ist einzugeben, wenn das Unternehmen in einem Handlungsfeld alle denkbaren Maßnahmen anbietet.
Die Daten für die acht Handlungsfelder erfasst der Nutzer nur einmal im Monat. Zur besseren Orientierung zeigt der VB_kompass dabei jeweils die Werte des Vormonats an. Der Mittelwert aus den Eingaben aller acht Handlungsfelder drückt das gesamte Aktivitätsniveau eines Unternehmens aus und bildet folglich den Input des Modells.
Auf der Inputseite sind außerdem die Kosten der durchgeführten Maßnahmen für eine bessere Vereinbarkeit zu erfassen. Hierzu zählen zum einen die direkten Kosten aller Maßnahmen (z. B. Druckkosten einer Informationsbroschüre) sowie zum anderen die vereinbarkeitsbezogenen Personalkosten. Um diese zu ermitteln, sind die im jeweiligen Monat für das Thema Vereinbarkeit aufgewendeten Arbeitsstunden zu erfassen.
Eingaben zum Output: Maß der Vereinbarkeit
Um die Effektivität der Aktivitäten messen zu können, wird auf einer Skala von 0 bis 100 ein Maß für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie erfasst. „0“ bedeutet dabei, dass die Beschäftigten Beruf und Familie überhaupt nicht miteinander vereinbaren können. „100“ steht hingegen dafür, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter keine Schwierigkeiten damit haben, Beruf und Familie miteinander zu vereinbaren.
Ergebnisse: r und R
Auf der Grundlage der Input- und Output-Eingaben weist der VB_kompass zwei Kennzahlen aus:
r: Diese Zahl drückt die Effektivität des Vereinbarkeitsmanagements aus.
R: Diese Zahl zeigt die Effizienz der Maßnahmen.
r: Wie effektiv sind Ihre Maßnahmen?
Der sogenannte Korrelationskoeffizient r zeigt den Zusammenhang zwischen dem Aktivitätsniveau des Vereinbarkeitsmanagements und dem Ausmaß der Vereinbarkeit. Bei der Berechnung berücksichtigt der VB_kompass dabei jeweils alle Monate des gewählten Berichtszeitraums. Außerdem sieht der Nutzer, wie der Indikator sich im Zeitverlauf entwickelt hat: Steigt r, ist das ein Indiz dafür, dass die Wirksamkeit zugenommen hat. Sinkt der Indikator dagegen, deutet das darauf hin, dass die Wirksamkeit abnimmt, also irgendetwas „schief läuft“. In diesem Fall gilt es, mögliche Ursachen der Entwicklung zu analysieren und die Vereinbarkeitsmaßnahmen gegebenenfalls anzupassen.
R: Wie effizient sind Ihre Maßnahmen?
Die Vereinbarkeitsrendite R zeigt, wie effizient das Vereinbarkeitsmanagement ist. Um R zu ermitteln, stellt der VB_kompass die eingegebenen Kosten Ihrer Vereinbarkeitsaktivitäten seinen Erträgen gegenüber. Dabei resultieren die Erträge aus Rückgängen bei Krankenstand und Fluktuationsrate sowie Zuwächsen bei der Produktivität der Beschäftigten, die nachweislich durch eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie positiv beeinflusst werden.
Um Veränderungen bei Krankenstand und Produktivität in Eurobeträge umzurechnen, geht der VB_kompass von der Bruttowertschöpfung eines Mitarbeiters pro Tag aus. Dabei werden auf Grundlage von Daten des Statistischen Bundesamtes branchenspezifische Unterschiede berücksichtigt. Die Transformation einer verminderten Fluktuationsrate in Euro basiert auf einer Reihe empirischer Studien zu den Kosten einer Stellenneubesetzung, in die zum Beispiel Kosten der Mitarbeitersuche, des Einarbeitens eines neuen Mitarbeiters sowie Kosten einer Stellenvakanz einfließen.
Alle Ergebnisse werden als Microsoft-Excel-Dokument zum Download zur Verfügung gestellt. Dieses Dokument beinhaltet aussagekräftige Tabellen und Grafiken, die direkt beispielsweise in Berichte und Präsentationen übernommen werden können. Zusätzlich bietet der VB_kompass eine „Tagebuchfunktion“, mit der Personalmanager die jeweils aktuellen Maßnahmen protokollieren können, um im Nachhinein eventuelle Veränderungen in Wirksamkeit oder Wirtschaftlichkeit besser analysieren zu können.
Link zum Tool: www.vereinbarkeitscontrolling.de
Prof. Dr. Dr. Helmut Schneider ist Inhaber des SVI-Stiftungslehrstuhls für Marketing und Dialogmarketing an der School of Management and Innovation, Steinbeis-Hochschule Berlin. In seiner Forschungsarbeit widmet er sich dem Dialogmarketing und Fragestellungen mit gesellschaftlicher Relevanz. Dazu zählen die Kommunikation im öffentlichen Sektor und das freiwillige Engagement genauso wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Professor Schneider untersuchte im Auftrag der berufundfamilie u. a. die betriebswirtschaftlichen Effekte einer strategisch angelegten familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik.
Helmut Schneider ist zudem Mitglied des Kuratoriums der berufundfamilie Service GmbH und wacht als dessen Zertifizierungsbeauftragter über die Erteilung des Zertifikats zum audit berufundfamilie und audit familiengerechte hochschule.
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