Mittwoch, 22. Februar 2023

Forschungsstudie filtert heraus: Informations- und Kommunikationsbedarf sowie Wünsche der Mitarbeitenden an Führung sind nicht ausreichend erfüllt

Organisationen haben mit den Erwartungen der Beschäftigten bzgl. Information und Kommunikation sowie Führung zu kämpfen
(Quelle: Josh Calabrese on Unsplash)

Heute geht es wieder um unsere Forschungsstudie „Faire Arbeitswelt“, die wir gemeinsam mit der iba - Internationale Berufsakademie (Nürnberg) durchführten. Vor zwei Wochen stellten wir die Ergebnisse vor, die zeigten, worauf Beschäftigte in Fairnessfragen besonderen Wert legen. Heute schauen wir nach, ob sie ihre Wünsche – laut Studienresultate – erfüllt sehen.

Wie wir in unserem ersten Blogartikel zur Tiefenauswertung der Forschungsstudie „Faire Arbeitswelt“ berichteten sind es vor allem Aspekte, die die Information und Kommunikation sowie das Führungsverhalten in Organisationen betreffen, die Beschäftigten für das Empfinden, fair behandelt zu werden, besonders wichtig sind.

Inwieweit sehen die Mitarbeitenden die Fairnessaspekte in ihrer Organisation berücksichtigt bzw. als erfüllt an?

Während 91% der 1.134 befragten Beschäftigten eine verständliche und verständnisvolle Organisationskommunikation wichtig finden, sehen dies lediglich rund 40% in ihrer Organisation als tatsächlich gegeben an. Und nur gut 44% der Beschäftigten finden, dass sie transparente, vollständige und regelmäßige Informationen zu Organisationsentwicklungen erhalten. Dabei ist dies doppelt so vielen, nämlich 88%, wichtig. Männer legen etwas weniger Wert auf transparente, vollständige und regelmäßige Informationen zur Organisationsentwicklung als weibliche Beschäftigte. Bei der Frage nach der Umsetzung in der Organisation unterscheiden sich Männer und Frauen hingegen kaum voneinander: Beide sehen die Kommunikation zu Organisationsentwicklungen mäßig erfüllt. Der Mittelwert liegt bei Frauen bei 3,30 und bei Männern bei 3,29.

Der Informations- und Kommunikationsbedarf der Mitarbeitenden ist insgesamt also nicht ausreichend gedeckt – etwas, was sicherlich durch das Arbeiten auf Distanz in den vergangenen Coronajahren verstärkt wurde, wie Studienleiterin Prof. Dr. Brigitte Waffenschmidt, iba, erläutert: „Der Kommunikations- und Informationsbedarf scheint sich insbesondere durch die Coronapandemie verändert zu haben. Der Informationsfluss hat sich durch die zunehmende Flexibilisierung der Arbeitsmodelle gewandelt und die Geschwindigkeit des Austausches von Informationen nimmt zu. Hier benötigt es sicherlich Lösungsansätze, um diesen veränderten Informations- und Kommunikationsprozessen gerecht zu werden.“

Transparenz und Kommunikationsstärke von Führung gewünscht


Werfen wir noch einen Blick auf das Handlungsfeld Führung, das für das individuelle Fairness-Empfinden der Beschäftigten ebenfalls bedeutsam ist. Auch hier gibt es einen Dämpfer. Die Studienergebnisse weisen z.B. darauf hin, dass Führung auf Distanz in weiten Teilen von den Arbeitnehmenden als nicht gelungen wahrgenommen wird. Rund 81% der Beschäftigten finden es wichtig, dass Vorgesetzte fit für die Führung auf Distanz sind. Aber nur für ca. 38% erfüllen ihre Führungskräfte diese Erwartung. Auch hier können Information und Kommunikation der Schlüssel sein.

Eine gerechte Bewertung ihrer Arbeit, die 93% der Beschäftigten wichtig ist, ist nur in den Augen von 55% gegeben. Frauen ist es übrigens wesentlich wichtiger, dass die Arbeit gerecht bewertet wird, als Männern. Frauen sehen diesen Punkt in ihrer jeweiligen Organisation als geringfügig höher erfüllt an als Männer (Mittelwert bei Frauen 3,58, bei Männern 3,49).

Erwartungen bzgl. Arbeitszeit und -ort sind weitestgehend erfüllt


In der Top 15 der Diskrepanzen zwischen Bedeutsamkeit und wahrgenommener Umsetzung der insgesamt 33 abgefragten Fairnessaspekte sind 13, die den Handlungsfeldern Information und Kommunikation sowie Führung zuzuordnen sind. Bei stark kulturell prägenden Fairnessaspekten liegen demnach Wunsch und wahrgenommene Wirklichkeit vielfach auseinander. Hingegen sind bei Aspekten, die die Arbeitszeit und den Arbeitsort betreffen, die Erwartungen annähernd erfüllt. Hier zeigen sich die geringsten Diskrepanzen zwischen Bedeutsamkeit und von den Beschäftigten wahrgenommene Umsetzung in der Organisation. Interessant dürfte aber sein, dass bei Beschäftigten der Wunsch nach einer modernen Arbeitsumgebung, die technisch auf dem neusten Stand ist, sehr ausgeprägt ist. Gleichzeitig verliert scheinbar das Shared-Desk-Modell an Bedeutung. Einen höheren Stellenwert hat das Angebot eines festen Arbeitsplatzes auf der Arbeitsstätte.

Infomaterialien kostenfrei abrufbar


Mehr erfahren: Der Ergebnisbericht und die dazugehörige Präsentation sind kostenfrei zum Download abrufbar. Einfach hier anfordern.



Zur Forschungsstudie

Die Forschungsstudie „Faire Arbeitswelt“ ist ein Kooperationsprojekt der iba – Internationale Berufsakademie (Nürnberg) (unter Leitung von Prof. Dr. Brigitte Waffenschmidt) und der berufundfamilie Service GmbH. Für die Studie wurden die vier Fairnessdimensionen – informationale Fairness, interpersonale Fairness, prozedurale Fairness und distributive Fairness – mit fünf personalpolitischen Handlungsfeldern verknüpft: Arbeitszeit, Arbeitsorganisation, Arbeitsort, Information und Kommunikation sowie Führung. Diese Handlungsfelder zählen zu den acht Bereichen, entlang derer im audit berufundfamilie – dem strategischen Managementinstrument zur Gestaltung einer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik – individuelle Ziele und passgenaue Maßnahmen der Organisationen zur besseren Work-Life-Balance entwickelt werden. Aus dem Zusammenspiel der Fairnessdimensionen und der fünf ausgewählten Handlungsfelder wurde ein Fragebogen abgeleitet, mit dessen Hilfe erfasst werden sollte, welchen Fairnessdimensionen besondere Bedeutungen zukommen, in welchen Handlungsfeldern eine Fairnessdebatte gehäuft auftritt, welchen Teilbereichen innerhalb der Handlungsfelder besondere Bedeutungen zukommen und wo Erwartungshaltungen und tatsächliche Gegebenheiten innerhalb der Organisationen besonders weit auseinander liegen. Die Befragung erfolgte online zwischen dem 24.05. und 08.06.2022 und richtete sich an Beschäftigte von Institutionen und Unternehmen, die nach dem audit berufundfamilie zertifiziert sind. Die Daten von 1.134 Beschäftigten flossen in die Auswertung ein. Der Anteil der weiblichen Teilnehmenden lag bei 64%, der der männlichen Befragten bei 35%. Das Durchschnittsalter betrug 48 Jahre. 30% der Teilnehmenden waren in Führungspositionen tätig. 77% der Befragten arbeiten in einer Institution, 22% in einem Unternehmen. 72% gingen einer Vollzeittätigkeit nach.

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