Freitag, 24. Februar 2023

Vereinbarkeit in Zahlen: Alles im Wandel – und dann?

Stichwörter rund um die Arbeitswelt (©berufundfamilie Service GmbH)


97 % der Beschäftigten wünschen sich Feierabend um 18 Uhr, 29 % der Beschäftigten nerven Quiet Quitter in der Zusammenarbeit und 75 % der Väter geben an, dass ihr Beruf das Vatersein beeinflusse. Mehr aktuelle Studien aus der Arbeitswelt in der Februar-Ausgabe Vereinbarkeit in Zahlen.



6 von 10 Vätern möchten mehr Zeit mit ihren Kindern verbringen


Die Vaterrolle ist weiter im Wandel. Dies belegt eine Studie der Technischen Universität Braunschweig und der Fachhochschule Kiel. So möchten viele Väter nicht mehr ausschließlich der Ernährer sein. So halten es gerade einmal 12 % für die wichtigste Aufgabe der Familie finanzielle Sicherheit zu bieten. Für nahezu 60 % der Väter ist es mittlerweile am wichtigsten, den Kindern Zuneigung zu zeigen. Besonders oft nannten Väter ihren eigenen Vater als Negativbeispiel, der zu bestimmend oder zu wenig präsent war. Die Väter wollen emotionaler handeln und insbesondere Väter von Söhnen möchten ein freundschaftliches Verhältnis zu diesen haben.

Doch die Studie offenbart auch, so sehr viele Väter sich eine aktivere Vaterschaft wünschen, in der Realität hakt es oftmals. Demnach hätten 60,4 % der befragten Väter gerne mehr Zeit mit ihren Kindern. Gerade einmal 1/3 ist mit der Zeit zufrieden, die sie mit ihren Kindern verbringen. 84,3 % der Väter arbeiten 40 Stunden oder mehr. ¾ der anderen Elternteile arbeiten dagegen gar nicht oder höchstens 30 Stunden wöchentlich. Es zeigt sich, der Beruf wirkt sich auf das Vatersein der Befragten aus. So sagen 75 % der Väter, dass ihr Beruf das Vatersein beeinflusse, für 79 % handelt es sich dabei um einen negativen Einfluss. Umgekehrt geben 69,9 % an, dass der Beruf ebenfalls negativ durch das Vatersein beeinflusst werde.

Für die Studie wurden die Ergebnisse von 2.200 Teilnehmenden einer bundesweiten Online-Umfrage aufgenommen und 55 qualitative Interviews geführt.

Technische Universität Braunschweig/ Fachhochschule Kiel, „VAPRO – You don’t need to be Superheroes“, Februar 2023
https://www.n-tv.de/wissen/Vaeter-sehen-sich-nicht-mehr-als-Ernaehrer-article23896675.html



Frauen kehren früher in den Beruf zurück – wenn der Mann auch Elternzeit nimmt


Eine Analyse des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) zeigt, dass die Rückkehr von Müttern an den Arbeitsplatz damit zusammenhängt, dass der Vater ebenfalls Elternzeit nimmt. ¾ der Frauen, dessen Partner mehr als 6 Monate Elternzeit nimmt, fangen spätestens nach 9 Monaten wieder an zu arbeiten. Nimmt der Vater 4 bis 6 Monate Elternzeit, geht die Mutter nach spätestens 10 Monaten wieder arbeiten. ¾ der Mütter, bei denen der Vater 2 bis 4 Monate Elternzeit nimmt, sind nach spätestens 13 Monaten wieder im Job. ¾ der Frauen, deren Partner maximal 2 Monate Elternzeit nehmen, sind nach 20 Monaten wieder berufstätig. Nimmt der Ehepartner dagegen keine Elternzeit, kehren ¾ der Frauen erst nach 24 Monaten wieder an den Arbeitsplatz zurück. Es ist jedoch auch zu beachten, dass ¼ der Mütter, deren Ehemänner nicht in Elternzeit gegangen sind, früher zurückgekehrt sind, als jene, deren Ehemänner 2 Monate nahmen.

Es zeigt sich, dass beim Großteil der verheirateten Paare der Vater keine Elternzeit nimmt. Tut er dies doch, dann maximal für 2 Monate. Die Studie konstatiert, dass seit der Elterngeldreform im Jahr 2007 die Erwerbsbeteiligung von Müttern und familienbedingten Auszeiten von Vätern gestiegen sind.
Die Studie stützt sich auf administrative Daten der Bundesagentur für Arbeit und den Erwerbsverläufen von verheirateten Paaren, deren erstes Kind zwischen 2007 und 2013 auf die Welt kam.

IAB, Elternzeiten von verheirateten Paaren: Mütter kehren meist schneller auf den Arbeitsmarkt zurück, wenn ihre Partner Elternzeit nehmen, Februar 2023
https://iab.de/presseinfo/elternzeit-von-vaetern-muetter-schneller-in-arbeit/



97 % der Beschäftigten wünschen sich Feierabend um spätestens 18 Uhr


Eine Studie des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, die überwältigende Mehrheit der Beschäftigten – nämlich 97 % würden gerne auf Arbeit am Abend verzichten und um spätestens 18 Uhr Feierabend machen. Lediglich 3 % der Befragten würden sich für eine Arbeitszeit am Abend entscheiden, wenn sie die Wahl hätten. Dies gilt auch für Eltern. Arbeit am Abend kann laut aktueller Studienlage zu Schlafproblemen, Stress und einer Verschärfung von Vereinbarkeitskonflikten führen.
Auf die Frage, wann die Beschäftigten gerne Schluss machen würden, antwortete das Gros je nach Arbeitsbeginn, dass sie zwischen 14 und 17 Uhr Feierabend machen würden, wenn die Wahlfreiheit bestünde. Frauen möchten im Schnitt eine Stunde früher in den Feierabend als Männer, ansonsten ähneln sich die Muster, sowohl bei Eltern als auch Kinderlosen.

Für die Studie wurden die Daten von über 2300 sozialversicherungspflichtig Vollzeitbeschäftigten analysiert. Sie hatten bereits im November 2022 an der Erwerbspersonenbefragung der Hans-Böckler-Stiftung teilgenommen

Yvonne Lott/WSI, Wann Eltern Feierabend machen wollen, Februar 2023
https://nachrichten.idw-online.de/2023/02/08/knapp-97-der-beschaeftigten-wollen-spaetestens-um-18-uhr-feierabend-machen-abendarbeit-schaedlich-fuer-vereinbarkeit?groupcolor=2




Viertage-Woche als Zukunftsmodell?


In einem Pilotprojekt haben über 60 Unternehmen unterschiedlicher Branchen die Viertage-Woche getestet. Insgesamt profitierten 2. 900 Beschäftigte von einer kürzeren Arbeitszeit bei gleichem Gehalt. Nach einem halben Jahr wurde nun Bilanz gezogen. Es zeigt sich, dass die Viertage-Woche sich für Unternehmen und Beschäftigte auszahlt. So äußerten die Beschäftigten, dass sie körperlich und physisch besser fühlten. 46 % waren weniger oft müde, 54 % sprachen von besserer Laune und 39 % von weniger Stress. 71 % gaben an, dass sie sich weniger von einem Burnout bedroht sahen.
Weitere 55 % nahmen sich als leistungsfähiger war. Über die Hälfte der Beschäftigten gab zudem an, dass ihnen die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben besser gelang. Männliche Befragte betreuten z.B. häufiger ihre Kinder selbst. Auch die Unternehmen selbst profitierten. So meldeten sich 65 % weniger krank. Die Kündigungen gingen um 57 % zurück und der Umsatz erhöhte sich durchschnittlich um 1,4 %. 92 % der Unternehmen wollen daher auch nach Ende des Pilotprojekts an der Viertage-Woche festhalten.
So ist es kaum überraschend, dass fast alle Unternehmen (92 %) die Viertagewoche nach Ende des Projekts fortführen wollen.

Day Week Global, UK 4 day week pilot results full report, Februar 2023 
https://www.rnd.de/beruf-und-bildung/rettet-die-4-tage-woche-unsere-arbeitswelt-IMYT7N6USFD4RKYBCZHJ7THYVA.html 




53 % der Beschäftigten wünschen sich eine kürzere Arbeitszeit


Die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin hat in ihrer repräsentativen Befragung unter rund 20.000 Beschäftigten herausgefunden, dass sich die Mehrheit der Beschäftigten eine Arbeitszeitverkürzung wünschen würde. So arbeiten die Befragten durchschnittlich 38,4 Stunden pro Woche. 53 % würden dabei gerne kürzertreten. Zudem arbeiten 82 % der Beschäftigten zwischen 7 und 19 Uhr. Darüber hinaus arbeiten 39 % der Befragten regelmäßig am Wochenende. 80 % der Beschäftigten geben zudem an, dass sie Ihre Arbeitszeit erfassen müssten, was mit einer höheren Zufriedenheit mit der Work-Life-Balance einhergehe. Rund ¼ der Beschäftigten gab allerdings auch an, dass von ihnen erwartet werde, auch außerhalb der Arbeitszeit erreichbar zu sein. 13 % äußerten, dass sie auch tatsächlich kontaktiert werden, hier insbesondere Führungskräfte. 16 % der Befragten klagten zudem über regelmäßig verkürzte Ruhezeiten von weniger als 11 Stunden.

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, Arbeitszeitreport Deutschland 2021, Januar 2023
https://www.betriebsratspraxis24.de/arbeitszeit/baua-mehrheit-der-beschaeftigten-fuer-arbeitszeitverkuerzung-und-gegen-fuenf-tage-woche-13873/


Höhere Anzahl an Rehas aufgrund psychischer Erkrankung


Aktuelle Zahlen der Rentenversicherung, zeigen, dass eine steigende Anzahl an Arbeitnehmenden wegen psychischen Erkrankungen eine Reha machen. Häufigste Gründe sind Depressionen und Angsterkrankungen. Während im Jahr 2002 der Anteil an bewilligten Rehas für psychische Erkrankungen bei 9,7 % lag, lag er 2022 bereits bei 18,8 % und ist damit deutlich gestiegen. Das Durchschnittsalter bei einer Reha wegen psychischer Erkrankungen sei bei 50,1 Jahren. 82 % der Versicherten, die eine Reha wegen psychischer Erkrankungen machten, konnten danach wieder ins Berufsleben zurückkehren. 18 % erhielten dagegen eine Erwerbsminderungsrente.
Der gestiegene Bedarf führte auch zu einem deutlichen Ausbau der Behandlungsplätze.

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitnehmer-reha-101.html



29 % der Beschäftigten genervt von Quiet Quitting


Wie wirkt sich das Phänomen Quiet Quitting auf die Zusammenarbeit aus? Dieser Frage ist die Jobplattform Monster gemeinsam mit YouGov Deutschland* nachgegangen. Zudem sollte in Erfahrung gebracht werden, wie es um die grundsätzliche Zufriedenheit der Beschäftigten mit dem eigenen Arbeitgeber steht. So geben 29 % der Beschäftigten an, dass sie genervt und gestresst davon sind , die Arbeit weniger engagierte Kolleg*innen auffangen müssen, um Fortschritte zu machen oder Projekte abzuschließen. Besonders unbeliebt ist diese Arbeitseinstellung bei der Altersgruppe der 18 – 24-Jährigen. Hier geben 39 % der Befragten an, sie seien genervt davon, in der Altersgruppe von 45- 54 sind es dagegen nur 29 %. 16 % aller Befragten ist die Gleichgültigkeit der Kolleg*innen zum Job egal, 7 % bewundern diese.

50 % der Beschäftigten versucht mit den betreffenden Teammitgliedern zu reden. Tendenziell tun dies eher weibliche (53 %) als männliche Beschäftigte (47 %). 12 % der Beschäftigten beschwerten sich bei ihrer Führungskraft. Das taten Männer (14 %) häufiger als Frauen (9 %). Bei den jüngeren Beschäftigten (18- 24) beschwerten sich lediglich 5 %, in der Altersgruppe der 45–54-Jährigen dagegen 12 %.
Trotz Quiet Quittern im Team sind 59 % der Befragten glücklich bei Ihrem Arbeitgeber. Jede*r Fünfte würde den Arbeitgeber sogar weiterempfehlen. Allerdings sind 10 % auch so unzufrieden, dass sie gänzlich von Ihrem Arbeitgeber abraten würden.
Die Daten stammen aus einer repräsentativen Onlinebefragung mit rund 2.000 Befragten von denen 1.021 berufstätig waren.

Yougov/Monster, Teamwork makes the dream work? Ein Drittel ist genervt von Quiet Quittern, Januar 2023
https://www.presseportal.de/pm/31973/5409381










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