Vereinbarkeitspolitik bei SWN – ganz nah an den Bedarfen der Beschäftigten (©SWN) |
Das audit berufundfamilie feiert in diesem Jahr sein 25-jähriges Jubiläum. Aus diesem Grund läuft unsere aktuelle Chane-Maker-Interview-Reihe. Diesmal dabei: die SWN Stadtwerke Neumünster Beteilungen GmbH, die das strategische Managementinstrument audit seit 10 Jahren für die Gestaltung ihrer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik nutzt. Also auch ein Jubiläum, vor dessen Hintergrund es sich doppelt lohnt, gemeinsam mit Erna Husser, Sachbereichsleiterin Personalentwicklung und Ausbildung, darauf zu blicken, welche passgenauen Vereinbarkeitsangebote bei SWN (weiter-) entwickelt wurden und wie die Reise der Transformation im Rahmen des audit berufundfamilie begleitet wurde.
Die SWN Stadtwerke Neumünster Beteiligungen GmbH ist seit 2013 nach dem audit berufundfamilie zertifiziert. Welche Veränderungen haben seitdem auf Ihre Organisation eingewirkt?
Die Arbeitswelt bei SWN hat sich insgesamt stark verändert. Die größte Herausforderung für uns war und ist mit Sicherheit der demographische Wandel und der daraus resultierende Personal- und Fachkräftemangel. Es wird zunehmend schwieriger, vakante Stellen zu besetzen. Daher haben wir im Recruiting die Bildsprache und das Wording angepasst, um z.B. Frauen, Auszubildende oder auch Führungskräfte gezielt anzusprechen.
Gerade die letzten Jahre haben uns aufgezeigt, welche Auswirkungen z.B. eine Pandemie auf ein Unternehmen hat. Dabei hat es uns sehr geholfen, dass das Thema Beruf und Familie bereits zu einem selbstverständlichen Bestandteil der Unternehmenskultur bei SWN geworden ist. Langfristig geplante Maßnahmen zur Digitalisierung konnten sehr schnell umgesetzt werden. Verschiedene Arbeitszeitsysteme bieten den Mitarbeitenden höchstmögliche Flexibilität und eine gute Vereinbarkeit von Beruf und Familie, was die Mitarbeitendenzufriedenheit erhöht hat.
Wie hat das audit berufundfamilie als strategisches Managementinstrument Ihre Organisation dabei unterstützt, mit diesen Veränderungen Umgang zu finden?
Das audit berufundfamilie hat uns einen strategischen Rahmen gegeben, um entlang der acht Handlungsfelder die Vereinbarkeitsthemen strukturiert umzusetzen und den Anforderungen der Mitarbeitenden nach einer Verbesserung der Work-Life-Balance zu entsprechen. Das zahlt natürlich auch auf das Betriebsklima ein und hat Einfluss auf unsere Unternehmenskultur.
Wir merken auch in Vorstellungsgesprächen, dass die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine immer größere Rolle spielt. Es wird aktiv nach Benefits wie z.B. mobiles Arbeiten, flexible Arbeitszeit, Gesundheitsangebote, Fahrradleasing, Sportangebote, Kindernotfallbetreuung oder ergonomische Arbeitsplätze gefragt und wir sind froh, dass wir alles – und noch einiges – mehr bereits anbieten.
Wie haben sich in den zehn audit-Jahren die Vereinbarkeitsbedarfe und -wünsche der Beschäftigten verändert?
Die Entwicklung der Vereinbarkeitsbedarfe und -wünsche war in den 10 Jahren ein ständiger Prozess. Home-Office, Flexible Arbeitszeit und -ortwahl waren im Jahr 2013 nur für wenige Mitarbeitende möglich. So ist es heute für alle, bei denen es die Tätigkeit zulässt, eine Selbstverständlichkeit. Familienbedingte Abwesenheiten werden inzwischen bei der Planung von Meetings oder Seminaren berücksichtigt. Es gibt Workshops für Mitarbeitende in unterschiedlichen Lebensphasen. Das Format „Zukunftswerkstatt“ arbeitet in Projekten bereichs- und hierarchieübergreifend zusammen. Vertrauen statt Kontrolle und Teamgefühl statt Hierarchie beschreibt zusammenfassend die Veränderung bei SWN.
Inwieweit half das audit berufundfamilie dabei, diesem Wandel zu entsprechen?
Durch die Zertifizierungskette arbeiten wir ständig an der Entwicklung und Veränderung im Unternehmen. Entlang der Bedarfe der Mitarbeitenden werden individuelle Lösungen zur besseren Vereinbarkeit geschaffen bzw. bereits vorhandene adaptiert und umgesetzt. Das audit hilft uns dabei, Verbindlichkeit und Struktur ins Unternehmen zu bringen, selbst über Geschäftsführerwechsel hinweg.
In welchen personalpolitischen Handlungsfeldern hat das audit bislang die größten/ deutlichsten Veränderungen bewirkt?
In allen acht Handlungsfeldern gab es deutliche Veränderungen. Aus Sicht der Mitarbeitenden würde ich die Handlungsfelder Arbeitszeit und Arbeitsort benennen, da diese Veränderungen am stärksten von den Mitarbeitenden wahrgenommen werden.
Betrachten wir eines Ihrer vereinbarkeitsunterstützenden Angebote im Handlungsfeld Arbeitszeit – und zwar das Modell „Leichte Vollzeit“? Was ist das Besondere daran?
Das Modell „Leichte Vollzeit“ ist fest bei SWN etabliert. Es bietet den Mitarbeitenden die Möglichkeit befristet ihre Arbeitszeit schnell und unbürokratisch bis zu 6 Stunden zu reduzieren. Das führt zu großer Entlastung, wenn sich die persönliche Situation z.B. durch Pflege verändert und zügig reagiert werden muss. Zudem haben wir festgestellt, dass es keinen Einbruch bei der Produktivität gibt, sogar eher eine Steigerung.
Im Rahmen des audit berufundfamilie beschäftigen Sie sich auch mit Gesundheitsfragen Ihrer Mitarbeitenden. Wie hat sich das Portfolio an Angeboten zur Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung Ihrer Beschäftigten in den letzten Jahren entwickelt?
Die Angebote zur Gesunderhaltung und Gesundheitsförderung werden von den Mitarbeitenden inzwischen eingefordert, was von SWN auch ausdrücklich gewünscht wird. Eigens dafür wurde ein Ideenboard entwickelt, über das Vorschläge eingereicht und von den Mitarbeitenden bewertet werden können. Dadurch eröffnen sich Mitgestaltungsmöglichkeiten und die Akzeptanz ist da. Diverse Kooperationen mit Krankenkassen erweitern das Portfolio mit attraktiven Angeboten, wie z.B. das Hautscreening oder den Herz-Coach.
Im Steuerungskreis Gesundheit ist das Thema Beruf und Familie fest etabliert. Im regelmäßigen Turnus findet ein Austausch statt und es werden Schwerpunkte gesetzt.
Im Jahr 2021 haben Sie den Gesundheitspreis Ausbildung von der Techniker Krankenkasse und AUBI-Plus erhalten. Lassen Sie uns bitte mehr über den Aufbau des Gesundheitsprogramm für Auszubildende wissen.
Das Programm „Gesunder Start“ findet in Kooperation mit einer Krankenkasse statt. Unsere Auszubildenden erhalten jährlich gesundheitsfördernde Seminare zu verschiedenen Bausteinen, welche sich über die ganze Ausbildung verteilen. Im ersten Lehrjahr werden die Azubis zum Thema Ernährung geschult, im zweiten Lehrjahr zum Thema Bewegung und im dritten Lehrjahr befassen sie sich mit dem Thema Stress. Ergänzt wird es durch ein weiteres Programm „Gesunde Ausbildung“. Es findet im Rahmen der „Welcome Days“ der neuen Auszubildenden statt, welche dazu dienen, den Auszubildenden verschiedene Methoden und Techniken im Arbeitsalltag näher zu bringen, wie beispielsweise das Präsentieren und das Lösen von Konflikten. Hierzu wir auch unsere externe Sozialberatung eingeladen. Zudem gibt es ein Bonusprogramm; die Azubis können für unterschiedliche Aktivitäten Punkte sammeln und je nach Höhe in eine Prämie umwandeln.
Was waren die Beweggründe dafür, ein so „zielgruppenspezifische Angebot“ zu etablieren?
Das Programm wurde speziell für die junge Zielgruppe entwickelt, um alle Mitarbeitenden in den entsprechenden Lebensphasen anzusprechen und zu erreichen. Durch die übrigen Präventionsmaßnahmen erreicht man nicht unbedingt die Zielgruppe der Jüngeren, da in dem Alter oft das Thema Prävention noch keine große Rolle spielt.
Aus gesunden Auszubildenden werden gesunde Mitarbeitende 😊!
Wie wird das Angebot von den Azubis aufgenommen? Haben Sie das Gefühl, damit einen Bedarf der jüngeren Generationen gut zu treffen?
Das ist tatsächlich unterschiedlich. Einigen Azubis ist während der Ausbildung die Wertschätzung ihnen gegenüber durch diese Programme gar nicht so bewusst. Das kommt erst später. Von einem Großteil der Azubis erhalten wir jedoch positives Feedback zu den Angeboten.
Sie planen “social workplace learning”? Was hat es damit auf sich?
Wir möchten das Lernen in den Arbeitsalltag der Mitarbeitenden integrieren und dadurch den aktiven Austausch mit Kolleg*innen und Führungskräften fördern. In unserem Lernformat „Mein Wissen – unser Wissen“ geben Mitarbeitende ihr Wissen weiter. So profitieren wir von den vielseitigen Kompetenzen unserer Mitarbeitenden und nutzen sie als Multiplikatoren. Das Führungskräfteprogramm „Lead and Learn“ baut ebenfalls auf dem social workplace learning-Prinzip auf. Zwischen den Inputphasen gibt es Anwendungsphasen im eigenen Berufsfeld.
Was haben Sie im Rahmen des audit berufundfamilie noch vor?
Neben der fortlaufenden Umsetzung der geplanten Maßnahmen entlang der acht Handlungsfelder, werden wir an vier weiteren Themen intensiv arbeiten:-Durch Diversität und Vielfalt soll die Zukunftsfähigkeit von SWN gesichert und die Agilität und Anpassungsfähigkeit der Teams gestärkt werden. Ein weiterer Vorteil, der sich daraus ergibt, ist, dass diverse Teams neue Zielgruppen erschließen und die Arbeitgeberattraktivität erhöht wird. Ein weiterer Fokus wird auf die Kommunikation zu den definierten Lebensphasen und Angeboten gelegt. Darüber hinaus soll die Führungsrolle der Teamleitungen gestärkt werden, auch bei der Wahrnehmung von Verantwortung für Vereinbarkeits- und Diversitätsthemen. Außerdem haben wir uns vorgenommen, die Selbstlernkompetenzen der Mitarbeitenden durch entsprechende Angebote mit speziellem lebensphasenbewussten Fokus zu steigern.
Zum Schluss noch Ihre Einschätzung: Das audit berufundfamilie ist ein wirkungsvolles Steuerungstool für Transformationen, weil …
es einen transparenten und strukturierten Rahmen schafft, der uns durch die Reise der Transformation begleitet und unterstützt. Er gibt uns Leitplanken, lässt aber dennoch Freiraum für Innovationen. Vielen Dank!
Wenn Sie mehr über die Angebote bei SWN erfahren möchten, schauen Sie in das Kurzporträt zur Zertifizierung, in dem einige Maßnahmen genannt sind.
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