Mittwoch, 28. August 2024

Vereinbarkeit in Zahlen: Rolle rückwärts?

Wortwolke aus Stichwörtern rund um die Arbeitswelt (berufundfamilie Service GmbH)

Die Zahl der wechselwilligen Beschäftigten ist erneut gestiegen. Die gesundheitliche Belastung von pflegenden Erwerbstätigen ist deutlich höher als bei Erwerbstätigen ohne Pflegeverantwortung und eine vielerwartete Massenrückkehr in die Büros bleibt bisher aus. Mehr Studien zu aktuellen Entwicklungen aus der Arbeitswelt in der August-Ausgabe von „Vereinbarkeit in Zahlen“.



Pflegende Beschäftigte sind gesundheitlich besonders belastet


Um einen genaueren Blick auf pflegende Beschäftigte und ihre Vereinbarkeitssituation zu bekommen, haben Forschende die Gruppe der pflegenden Beschäftigten mithilfe der Erwerbstätigenbefragung von 2018 analysiert. Die Sekundäranalyse offenbart, dass 28% der pflegenden Erwerbstätigen in Organisationen arbeiten, die zwischen 20 und 99 Beschäftigte haben, rund 31% sind im öffentlichen Dienst beschäftigt. Durchschnittlich arbeiten pflegende Erwerbstätige 36 Stunden wöchentlich. Der Unter den Personen, die neben ihrer Erwerbstätigkeit noch Angehörige, Nachbar*innen oder Freund*innen pflegen, liegt der Frauenanteil bei 62% und der Männeranteil bei 38%..

Die Gruppe der Beschäftigten mit Pflegeverantwortung lässt sich in sechs Vereinbarkeitstypen unterteilen, die sich aus der Kombination von Pflegeumfang (gering vs. hoch) und Arbeitszeit (gering, mittelhoch, hoch) ergeben. Die beiden größten Gruppen fallen in die einer mittelhohen Arbeitszeit (21-40 Stunden/Woche). Ein deutliches Geschlechterungleichgewicht zeigt sich in den Gruppen mit hoher Arbeitszeit, wo Männer* überwiegen. In allen anderen Gruppen sind Frauen* in der Mehrheit.

Die gesundheitliche Belastung von pflegenden Erwerbstätigen ist im Vergleich zu Erwerbstätigen ohne Pflegeverantwortung deutlich höher. Insbesondere diejenigen, die neben ihrer beruflichen Tätigkeit noch einen hohen Pflegebedarf im privaten Umfeld haben und lange Arbeitszeiten leisten, sind von gesundheitlichen Beschwerden betroffen. Diese Zusammenhänge spiegeln sich auch in den Krankheitstagezahlen wider. Überraschend ist jedoch, dass Beschäftigte mit hoher Arbeitszeit und geringem Pflegebedarf seltener krank sind. Die Analyse der Daten unterstreicht den komplexen Zusammenhang zwischen beruflicher Belastung und privatem Pflegeengagement.

Elling & Hetzel (2024) , Sekundäranalyse der Erwerbstätigenbefragung 2018, Juli 2024   
https://berufundpflege-nrw.de/beitraege/beruf-und-pflege-vereinbaren-wen-betrifft-es-ergebnisse-der-erwerbstaetigenbefragung/






22% der Beschäftigten arbeiten ausschließlich im Homeoffice


Eine Umfrage des Mannheimer Wirtschaftsinstituts ZEW unter 1.200 Organisationen aus dem verarbeitenden Gewerbe und der Informationswirtschaft liefert neue Erkenntnisse zu aktuelle vorherrschenden Homeoffice-Modellen und die zukünftige Entwicklung.
Die viel diskutierte vollständige Rückkehr in die deutschen Büros zeichnet sich dabei nicht ab.
So arbeiten Arbeitnehmende in 82% der Organisationen im Bereich Informationswirtschaft mindestens einmal in der Woche im Homeoffice. Dort wo die berufliche Tätigkeit mehr Präsenz erfordert, wie etwa im verarbeitende Gewerbe, liegt der Anteil immerhin bei 48%.

Damit bleibt der Anteil der Arbeitgeber, die Homeoffice mindestens 1-mal wöchentlich erlauben seit Corona auf gleich hohem Niveau. Zum Vergleich: Im Vorjahr gab es bei 80% der Arbeitgeber in der Informationswirtschaft die Möglichkeit mindestens einmal wöchentlich im Homeoffice zu arbeiten, im verarbeitenden Gewerbe lag der Anteil bei 45%.

Die Entwicklung der vergangenen Jahre unterstreicht die zunehmende Bedeutung mobilen Arbeitens: Während vor der Pandemie lediglich 48% der Arbeitgeber in der Informationswirtschaft und 24% der Organisationen des verarbeitenden Gewerbes Homeoffice-Regelungen anboten, hat sich diese Arbeitsform seither deutlich etabliert.

Während die Möglichkeit, von zu Hause aus zu arbeiten, deutlich zugenommen hat, ist eine vollständige Durchführung aller Arbeitsaufgaben im Homeoffice derzeit noch die Ausnahme. Lediglich 22% der Organisationen der Informationswirtschaft ermöglichen ihren Mitarbeitern aktuell eine fünftägige Homeoffice-Woche.Dies ist ein Anstieg um 10% verglichen mit dem Zeitraum vor der Pandemie (12%).
Die Studie belegt zudem, dass größere Unternehmen tendenziell umfangreichere Homeoffice-Möglichkeiten anbieten.
Die Daten zeigen, dass Homeoffice bleibt auch in Zukunft beliebt: Arbeitgeber planen, das Angebot an Homeoffice-Tagen eher auszuweiten als zu reduzieren. Als Grund wird häufig die positive Wirkung auf die Mitarbeitendenmotivation genannt. Bis 2026 wird mit einem weiteren Anstieg der Homeoffice-Quote auf 88% in der IT-Branche und 57% in der Industrie gerechnet.

ZEW, Unternehmen halten am Homeoffice fest, August 2024

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/unternehmen/homeoffice-studie-zew-100.html




4% der Organisationen planen komplette Bürorückkehr


Eine Umfrage des Münchener ifo-Instituts zeigt, dass das Homeoffice lediglich bei 4% der Arbeitgeber komplett abgeschafft werden soll. Das Gros der Unternehmen (nämlich 3 von 4) möchte die bisherigen Homeoffice-Regeln beibehalten, 12% planen strengere Regeln. Weitere 11% planen sogar eine weitere Flexibilisierung der Homeoffice-Vorgaben.
Die Möglichkeit von zu Hause aus zu arbeiten ist in der deutschen Wirtschaft weit verbreitet, 79% der Organisationen bieten grundsätzlich die Möglichkeit dazu. Während 93% der Großunternehmen Homeoffice anbieten, liegt der Anteil in kleinen und mittleren Betrieben bei 75%. Auch zwischen den Wirtschaftsbereichen bestehen deutliche Unterschiede: Dienstleister (82%) und Industrie (89%) sind offener für flexible Arbeitsortmodelle als Bau- und Handelsunternehmen (40%). Dennoch setzt sich branchenübergreifend eine Mehrheit für die Beibehaltung oder sogar Ausweitung von Homeoffice-Möglichkeiten ein.

ifo-Institut, ifo Konjunkturumfrage. August 2024                                    
https://www.handelsblatt.com/unternehmen/management/ifo-umfrage-nur-vier-prozent-der-unternehmen-wollen-homeoffice-abschaffen/100061428.html




Zahl der wechselwilligen Beschäftigten erneut gestiegen


Die Wechselwilligkeit von Beschäftigten in Deutschland hat sich erneut erhöht. Das geht aus der Umfrage „Randstad Employer Brand Research“ hervor. Für 39% der Beschäftigten ist ein Jobwechsel Thema, damit ist die Zahl im Vergleich zum Vorjahr um 8% gestiegen. 17% der deutschen Arbeitnehmenden haben bereits den Jobwechsel vollzogen und 22% planen ihn.

Gefragt nach den Wechselgründen, würden 40% wegen eines besseren Gehalts und 32% für mehr Work-Life-Balance wechseln. Weitere Gründe sind fehlende Karriereperspektiven (24%), Führungsdefizite (22%), schlechtes Verhältnis zur direkten Führungskraft (19%). Auch fehlende Gleichberechtigung (9%) und Wertekonflikte in Bezug auf Inklusion und Diversität (8%) wurden als Wechselgründe genannt.
Wo finden Beschäftigte potenzielle neue Stellen? 45% der Wechselwilligen nutzen zur Suche Jobportale, auf Platz 2 landen mit jeweils 31% Karrierewebsites, öffentliche Arbeitsverwaltungen, Google und Social Media, gefolgt von LinkedIn und persönlichen Empfehlungen (29%).

Randstad Employer Brand Research, August 2024
https://www.presseportal.de/pm/13588/5845668




Psychische Erkrankungen zweithäufigste Ursache für Berufsunfähigkeit


Aktuelle Versichertendaten der Debeka offenbaren, dass jede zweite neue Berufsunfähigkeit auf psychische Erkrankungen zurückzuführen ist. Damit stehen psychische Erkrankungen mit einem Anteil von 49,7% als Ursache für Berufsunfähigkeiten auf dem ersten Platz, gefolgt von Neubildungen wie z.B. Krebserkrankungen mit 13,1% und Erkrankungen des Bewegungsapparats (z.B. Rücken, Gelenke) mit 11,4%.
Der Anteil von psychischen Erkrankungen als Berufsunfähigkeitsgrund ist damit 2023 um 2,2 Prozentpunkte gegenüber dem Vorjahr gewachsen und hat einen neuen Höchststand erreicht.

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie auf die Berufsunfähigkeit zeigen sich auch im dritten Jahr in Folge: 65 neu eingetretene Leistungsfälle im Jahr 2023 gehen auf eine Covid-19-Erkrankung zurück, was einen Anteil von 5,2% darstellt. Im Vergleich zum Vorjahr hat sich die Zahl der Fälle mehr als verdoppelt.
Neubildungen, sowohl bösartige als auch gutartige Tumore, haben laut Debeka als Grund für Berufsunfähigkeit an Bedeutung verloren. Ihr Anteil ist von 15,3% im Jahr 2022 auf 13,1% im vergangenen Jahr gesunken.
Grundlage der Analyse waren die Daten von über 400.000 berufsunfähigkeitsversicherten Personen. Ausgewertet wurden die 1.259 neu eingetretenen Leistungsfälle im Jahr 2023.

Debeka, Psychische Erkrankungen prägen Ursachen für Berufsunfähigkeit, August 2024
https://www.debeka.de/ueberuns/pressemeldungen/2024/gruende_berufsunfaehigkeit.html





Überdurchschnittlicher Krankenstand bei Kita-Personal


Eine aktuelle Studie der Bertelsmann-Stiftung zeigt auf, dass Beschäftigte in der Kinderbetreuung überdurchschnittlich oft krank sind. 2023 entfielen auf das Personal im Durchschnitt 30 Fehltage. Bei allen anderen Berufsgruppen lag die Anzahl bei rund 20 Fehltagen.

Während Atemwegsinfekte die häufigsten Krankheitsgründe bei Kita-Beschäftigten sind, zeigen psychische Erkrankungen einen besorgniserregenden Aufwärtstrend und liegen auf Platz zwei.

Zwischen 2021 und 2023 sind die krankheitsbedingten Ausfälle von Kita-Mitarbeitenden um 26% gestiegen. Zusammen mit Urlaub und Fortbildungen fallen Kita-Beschäftigte durchschnittlich knapp 18% des Jahres aus, wobei in Ostdeutschland die Ausfallzeiten mit 23% höher liegen als im Westen mit 17%.

Bertelsmann-Stiftung, Krankenstand in Berufen der Kindertagesbetreuung und -erziehung, August 2024
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitsmarkt/kita-personal-krank-100.html




20 Mio. Beschäftigte pendeln zum Arbeitsplatz


Das Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR) hat ermittelt, dass die Zahl der Berufspendler*innen sich auf fast 20,5 Mio. erhöht hat.
Die Zahl der Berufspendler*innen ist um 140.000 gestiegen, während ihr Anteil an den Erwerbstätigen mit 60% stabil blieb. Die durchschnittliche Pendelstrecke von 17,2 Kilometern hat sich ebenfalls nicht verändert.
Die Anziehungskraft Münchens auf Arbeitskräfte aus dem Umland ist ungebrochen: 2023 pendelten rund 454.900 Menschen täglich in die bayerische Landeshauptstadt. Sie liegt damit auf Platz 1. Die Top 5 der deutschen Städte mit den meisten Pendler*innen bilden also München, Frankfurt, Hamburg, Berlin und Köln. In allen diesen Städten hat sich die Zahl der Pendler*innen erhöht.
Mehr als 7,1 Mio. Erwerbstätige pendeln täglich über 30 Kilometer. Ob sie dabei vollständig auf Präsenz in der Firma angewiesen sind, bleibt unklar.

Bundesinstitut für Bau-, Stadt- und Raumforschung (BBSR), Zahl der Pendlerinnen und Pendler gestiegen, August 2024 
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/mehr-pendler-102.html


 

 

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