Mittwoch, 30. Juli 2025

Vereinbarkeit in Zahlen: Harte Realität

Wortwolke mit Stichwörtern aus der Arbeitswelt (berufundfamilie Service GmbH)

4,4 Mio. Beschäftigte haben 2024 Überstunden gemacht, hätten Sie das gewusst? Oder dass Frauen im Schnitt doppelt so lang im Haushalt arbeiten wie Männer? All diese Zahlen, Daten und Fakten finden sich in der Juli-Ausgabe unserer Blogreihe „Vereinbarkeit in Zahlen“.




Verdreifachung der Benefits in Stellenanzeigen seit 2019


Eine Analyse der Bertelsmann-Stiftung von rund 34 Mio. Stellenausschreibungen zeigt, dass sich die Zahl der ausgeschriebenen Benefits seit 2019 verdreifacht hat. Dabei sind sog. „harte Benefits“ wie Sonderzahlungen besonders beliebt, während „weiche Benefits“ wie flache Hierarchien oder ein positives Arbeitsklima weiter hinten stehen. Somit stehen entgeltähnliche Leistungen (z.B. Sonderzahlungen, Mitarbeitendenrabatte und betriebliche Altersvorsorge) an der Spitze: in 67% der Stellenanzeigen werden sie angeboten. Flexible Arbeitsmodelle haben an Bedeutung gewonnen: Sie werden in 37% zum Anwerben genutzt, dabei gehören Gleitzeit, Home-Office und Vertrauensarbeitszeit immer öfter zum Standard bei Arbeitgebern.

Doch längst nicht alle Erwerbstätigen profitieren von den Benefits, die Auswertung belegt, dass ausgebildete Expert*innen mit Hochschulstudium durchschnittlich mit 11 Benefits pro Anzeige rechnen können, Fachkräfte mit 10 und Helfer*innen mit 8 Benefits. In jeder zweiten Ausschreibung wird mit Fort- und Weiterbildungsangeboten geworben.2019 war dies in gut ein Viertel der Ausschreibungen so. Auch hier haben Spezialist*innen und Fachkräfte einen Vorteil – für sie gibt es in 55% der Stellenanzeigen Weiterbildungsmöglichkeiten. Bei den Ausschreibungen für Helfer*innen war dies nur in 1/3 der Anzeigen der Fall. Erst mit weitem Abstand folgen dann Angebote zur Familienfreundlichkeit und Gesundheitsangebote. Auch hier zeigt sich, dass Spitzenkräfte mehr von solchen Benefits profitieren als Helfer*innen. Besonders dort, wo die körperliche Arbeit gefragt sei, fehlen gesundheitsfördernde Benefits.

Bertelsmann Stiftung, Was Unternehmen heute versprechen, Juli 2025 
https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2025/juli/kampf-um-die-fachkraefte-mit-welchen-extras-unternehmen-bewerberinnen-locken



Frauen arbeiten doppelt so lang im Haushalt



Hausarbeit in Deutschland bleibt weiterhin ungleich verteilt. So wenden Frauen im erwerbsfähigen Alter wöchentlich rund 13 Stunden dafür auf – Männer dagegen nur halb so viel. Das zeigen Zahlen des familiendemografischen Panels FReDA, die das Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB) jüngst vorstellte. Dieses Ungleichgewicht belastet heterosexuelle Beziehungen und kann der Grund für eine Trennung sein. Das zeigen auch die Zahlen deutlich: Etwa jede fünfte Frau, in der die Hausarbeit ungleich verteilt ist, denkt darüber nach sich zu trennen, bei Partnerschaften mit gleicher Aufteilung ist es jede Siebte.
Der Großteil der 2023 rund 17.700 befragten heterosexuellen Deutschen zwischen 20 und 52 befürworten eine gleiche Aufteilung der Hausarbeit, aber nur ca. 44% schaffen diese Aufteilung im realen Leben.
Die Aufteilung der Hausarbeit unterscheidet sich bei Paaren nicht nur im zeitlichen Umfang, sondern auch in den spezifischen Aufgaben. Männer sind beispielsweise in rund 80% der Haushalte hauptsächlich für Reparaturen verantwortlich. Frauen sind hingegen oft für Routinearbeiten wie das Wäschewaschen zuständig. Bei Paaren mit Kindern verstärken sich diese geschlechtsspezifischen Unterschiede.
Eine gleichere Aufteilung der Hausarbeit ist häufiger bei Personen zu finden, die sich als nicht religiös identifizieren oder geschlechtergleiche Rollen unterstützen.

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB), Geteilt, gerecht, zufrieden? Aufteilung von Hausarbeit in Beziehungen, Juli 2025
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/hausarbeit-partnerschaft-trennung-100.html



Gen Z von Generationenkonflikte im Arbeitsalltag belastet


Der aktuelle DAK-Gesundheitsreport 2025 legt diesmal den Fokus auf die gesundheitliche Situation der jungen Beschäftigten, die zur Gen Z (1995- 2010) gehören. Dafür wird auf die Zufriedenheit, Erwartungen und den Krankenstand der Gen Z geschaut. Die Gen Z besteht aus 8,3 Mio. Erwerbstätigen und wird für Arbeitgeber immer wichtiger, für den Gesundheitsreport wurden insgesamt 7.000 Beschäftigte gefragt und 2,4 Mio.Versicherungsdaten der DAK ausgewertet. Ein Thema, was die Gen Z im Arbeitsalltag belastet, sind Generationenkonflikte. So berichten 28% der Gen Z von Spannungen zwischen verschiedenen Altersgruppen, 25% fühlen sich dadurch stark oder sehr stark belastet, 56% weniger stark und 19% belasten diese Spannungen überhaupt nicht. Blickt man auf den Durchschnitt aller Beschäftigten sind Generationenkonflikte für 23% ein Thema.

Bei 18% aller Beschäftigten wirken sich diese Konflikte sogar sehr stark oder stark auf die tägliche Arbeit aus. Besonders im Gesundheitswesen und im Erziehungsbereich werden diese Konflikte deutlich, hier berichten 30% von Generationenkonflikten, in der Datenverarbeitungsbranche sind es nur 12%. Generationskonflikte sind besonders Thema in älteren Teams. Hier sind mit 44% am häufigsten jüngere Beschäftigte betroffen, die Generationenkonflikte häufig oder sehr häufig erleben.

Ältere Beschäftigte (ab 50 Jahren) in jüngeren Teams sind mit 28% überdurchschnittlich oft von Generationenkonflikten betroffen, im Vergleich zu ihren jüngeren Teammitgliedern.

Es zeigt sich auch: Beschäftigte, die im Arbeitsalltag nicht von Generationenkonflikte betroffen sind, sind zufriedener mit ihrer Arbeit. Nahezu 1/3 von ihnen sagt, sie seien vollkommen zufrieden, bei jenen mit Konflikten ist es nur 1/5.

Aktuell sind 26% der unter 30-Jährigen hoch zufrieden mit ihrer Arbeit. Bei einer früheren Befragung lag der Anteil der damals jungen Beschäftigten, die zufrieden waren bei 43%. Die jungen Befragten bewerten das Arbeitsklima, Entwicklungsmöglichkeiten und den Gesundheitsschutz als besonders kritisch.

Der Krankenstand der unter 30-Jährigen lag 2024 mit 4,7% weit aus niedriger als der der anderen DAK-Versicherten (13%). Junge Beschäftigte waren zwar häufiger krank, aber durchschnittlich kürzer krankgeschrieben.

65% der Gen Z hat in den vergangenen 12 Monaten mindestens einmal krank gearbeitet, bei allen Beschäftigten waren es 62%. Als wichtigster Grund wurde die Rücksichtnahme für Kolleg*innen im Arbeitsteam genannt, für 36% spielte die Sorge vor Nachteilen bei zu häufiger Krankmeldung eine Rolle. Über dem Durchschnitt liegen bei der Gen Z auch Krankmeldungen wegen psychischer Erkrankungen. 26% beklagen depressive Symptome in den letzten 14 Tagen wie z.B. Niedergeschlagenheit oder Interessenlosigkeit. Besonders Corona hat die Gen Z beeinflusst. 54% der Befragten in dieser Altersgruppe gibt an, deutlich vorsichtiger mit Infekten umzugehen als vor der Pandemie.
Blickt man nochmal auf die Arbeitswelt der Gen Z, ist der Gen Z ein gutes Verhältnis zu Kolleg*innen besonders wichtig, gefolgt von einer attraktiven Bezahlung und Angeboten zur Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben.

DAK-Gesundheitsreport 2025, Juli 2025
https://www.dak.de/dak/unternehmen/reporte-forschung/gesundheitsreport-2025_142376




Jede fünfte Person in Deutschland lebt allein


Laut Statistischem Bundesamt leben hierzulande rund 17 Mio. Menschen alleine – 17% mehr als vor 20 Jahren. Damit ist jede*r Fünfte in Deutschland alleinlebend. Gründe für das Alleinleben gibt es einige: der demografische Wandel mit immer mehr älteren Menschen, die dann auch durch Verlust der*des Partners schließlich alleine lebten oder die berufliche Mobilität. Durch den Megatrend der Individualisierung ist das Alleinleben zudem akzeptierter, z.B. auch das Paare in getrennten Wohnungen lebten.
Die Daten zeigen, dass Personen, die alleine leben, einem überdurchschnittlich hohen Armutsrisiko ausgesetzt sind. Laut der Erhebung zu Einkommen und Lebensbedingungen 2024 waren etwa 29% der Einpersonenhaushalte armutsgefährdet, was nahezu dem doppelten Wert des Bevölkerungsdurchschnitts von 15,5% entspricht.

Die höhere Armutsgefährdung von Alleinlebenden lässt sich möglicherweise damit erklären, dass diese Personen bei unvorhergesehenen Ereignissen wie einer Berufsunfähigkeit keinerlei Unterstützung haben. Zudem spiele Altersarmut eine Rolle, da viele ältere Menschen alleinlebend seien. Tatsächlich wohnen laut Statistik 34% der über 65-Jährigen allein, und unter den mindestens 85-Jährigen sind es sogar 56%. Der Anteil der Alleinlebenden ist allerdings auch bei jungen Menschen zwischen 25 und 34 überdurchschnittlich hoch (28%). Den Daten zufolge leben Frauen (21%) etwas häufiger allein als Männer (20%).

Statistisches Bundesamt, 17 Millionen Menschen in Deutschland leben allein, Juli 2025
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/alleinlebende-100.html



4,4 Mio. Beschäftigte machten hierzulande Überstunden


Überstunden sind für viele Beschäftigte in Deutschland alltäglich: Im Jahr 2024 arbeiteten knapp 4,4 Mio. Arbeitnehmende (11% der insgesamt 39,1 Mio.) durchschnittlich mehr als vertraglich vereinbart, wie Zahlen des Statistischen Bundesamts belegen.
Der Anteil der Beschäftigten, die Überstunden machten, sank damit leicht auf 11% im Jahr 2024; im Vorjahr waren es noch 12% gewesen. Dabei leisteten Männer (13%) weiterhin etwas häufiger Mehrarbeit als Frauen (10%).

Der Umfang der Mehrarbeit hielt sich für die meisten Beschäftigten in Grenzen: 45% leisteten durchschnittlich weniger als 5 Überstunden pro Woche, und bei 73% waren es unter zehn Stunden. Allerdings machten 15% der Mitarbeitenden mindestens 15 Stunden Mehrarbeit pro Woche.

Von allen Beschäftigten, die 2024 Überstunden machten, arbeitete fast jede*r Fünfte (19%) unbezahlt. 16% der Arbeitnehmenden wurde die Mehrarbeit vergütet, während die Mehrheit von 71% die Überstunden auf einem Arbeitszeitkonto sammelte. Gelegentlich kamen auch Mischformen dieser Regelungen vor.

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitsmarkt/ueberstunden-gesunken-100.html




Mehrheit der Beschäftigten möchte an Achtstundentag festhalten


Eine Beschäftigtenbefragung im Rahmen des DGB-Index Gute Arbeit macht deutlich, dass deutsche Beschäftigte eine Ausweitung der Höchstarbeitszeit mehrheitlich ablehnen. So wünschen sich 72% der Arbeitnehmenden einen Arbeitstag mit maximal 8 Stunden, 98% - und damit fast alle Befragten – möchten unter 10 Stunden am Tag arbeiten. Für die allermeisten Beschäftigten ist zudem ein Feierabend nach 18 Uhr keine Option mehr; ganze 95% der Befragten legen Wert darauf, bis zu diesem Zeitpunkt ihre Arbeit beendet zu haben.

Die große Mehrheit der Beschäftigten hält die Möglichkeit, den Arbeitstag zu splitten und abends weiterzuarbeiten, für unrealistisch und unattraktiv. Lediglich 17% der berufstätigen Eltern greifen auf solche Modelle zurück, doch selbst von ihnen würden nahezu alle (97%) ihren Feierabend am liebsten spätestens um 19 Uhr haben. 43% der Beschäftigten arbeiten heute bereits häufiger als 8 Stunden pro Tag. Die Mehrheit, nämlich 59%, wünscht sich jedoch, ihren Arbeitstag auf maximal 8 Stunden zu begrenzen. Für den DGB-Index Gute Arbeit wurden zwischen Januar und Mai 2025 insgesamt 4.018 Beschäftigte befragt.

DGB-Index Gute Arbeit, Grenzen des Arbeitstages, Was wollen Beschäftigte?, Juli 2025
https://www.dgb.de/presse/pressemitteilungen/pressemitteilung/breite-mehrheit-der-beschaeftigten-fuer-achtstundentag-und-klare-grenzen-fuer-arbeitszeiten/

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