Vereinbarkeit weiterdenken: Freunde und Privatleben mit einschließen (©deathtothestockphoto) |
Was ist Ihnen im Leben besonders wichtig? Für die Familie da zu sein? Gute
Freunde zu haben? In einer glücklichen Partnerschaft zu leben? Kinder groß zu ziehen?
Oder beruflich erfolgreich zu sein? Die Jakobs-Studie zeigt: Einer Mehrheit
der Deutschen sind gute Freunde, zu denen sie eine enge Beziehung pflegen,
wichtiger als für die Familie da zu sein. (Jakobs-Studie 2014)
Auf den ersten Blick mag dieses Ergebnis überraschen. Die Statistik
erklärt, weshalb die meisten Deutschen der Freundschaft einen solch hohen
Stellenwert beimessen: 7,7 Mio. Ehepaare hatten im Jahr 2015 ein oder mehrere
Kinder. Knapp 9,8 Mio. Ehepaare waren hingegen kinderlos. (Statistisches
Bundesamt 2015) Hinzu kommt, dass viele beste Freundschaften gute Chancen
haben, so manche Ehe zu überdauern. Denn laut der Jakobs-Studie sind sich zwei
Drittel der Bevölkerung sicher, Freunde zu haben, mit denen die Freundschaft
ein Leben lang halten wird. (Jakobs-Studie 2014)
Freunde werden bei Vereinbarkeit meist nicht mitgedacht
Freunde sind in unserem Leben also ein wichtiger Bestandteil. Eine gute
Freundschaft macht uns nachweislich glücklich und Freunde stehen für uns ein. „Ein enger Freund ist jemand, auf den ich mich
verlassen kann.“ Dieser Meinung sind 87%. (Statista.de 2017)
Viele Arbeitgeber möchten ihren Beschäftigten die Möglichkeit bieten,
berufliche und private Belange unter einen Hut zu bringen. 2015 zeigt eine Studie der
berufundfamilie jedoch: Werden Beschäftigte gefragt, für wen die familien-
und lebensphasenbewusste Angebote im Unternehmen gelten, werden Kolleginnen und
Kollegen ohne Kinderbetreuungs- und Pflegeaufgabe oftmals ausgeschlossen. Nur
knapp 2/5 der Beschäftigten meinen, die Vereinbarkeit gilt für alle
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Unternehmen. (Studie „Vereinbarkeit 2020“ 2015)
Privatleben als dritte Dimension der Vereinbarkeit
Die logische Konsequenz lautet: Arbeitgeber müssen Vereinbarkeit weiterdenken. Denn sprechen sie ausschließlich kinderlose verheiratete Beschäftigte, die zudem keinen Angehörigen pflegen, mit Maßnahmen zu Vereinbarkeit an, geht die familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik an weiten Teilen der Belegschaft vorbei.
Vereinbarkeit ist zwar ein Thema für Mütter, Väter und Pflegende – aber
nicht ausschließlich! Oliver Schmitz, Geschäftsführer der berufundfamilieService GmbH, warnt: „Arbeitgeber, die Beschäftigte ohne klassische Familienaufgaben
von ihren Vereinbarkeitslösungen ausschließen, können eine Neiddebatte provozieren. Da kommt dann schnell die Frage auf: Warum kommt man der Mutter
entgegen, wenn das Kind krank ist, und mir nicht, wenn ein enger Freund
dringend Hilfe benötigt?“ Wollen Arbeitgeber die Lebensrealität all ihrer
Beschäftigten im Blick behalten und eine Neiddebatte unter Kolleginnen und
Kollegen vermeiden, ist es wichtig, die familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik auf die Belange der Vereinbarkeit von Beruf, Familie UND des
Privatlebens auszurichten.
Ein weiter Familienbegriff ermöglicht Vereinbarkeit von Beruf und Freundschaft
Arbeitgeber, die sich der Auditierung zum audit berufundfamilie bzw.
audit familiengerechte hochschule stellen, definieren zu Beginn des Prozesses,
was sie als Unternehmen, Behörde, Wissenschaftseinrichtung oder Hochschule
unter dem Begriff „Familie“ verstehen. Der definierte Familienbegriff ist die
Grundlage für personalpolitische Maßnahmen, die ihren Beschäftigten die Vereinbarkeit von Beruf,
Familie und Privatleben erleichtern soll. Je nach Historie und Kultur der
Organisation variieren die Definitionen zwischen einem engen, eher engen, eher
weiten und weiten Familienbegriff. Diese fünf Beispiele zeigen, zwischen
welchen Familienbegriffen Arbeitgeber variieren:
1 - Enger Familienbegriff
Familie ist auf die Ehe gegründet und auf die Erziehung von Kindern
ausgerichtet.
2 - Eher enger Familienbegriff
Familie ist der Kreis von Verwandten und Partnern, mit dem man
langfristig verbunden ist. Dies gilt für Kinder, Ehe- und Lebenspartner, für
Eltern, Schwiegereltern, Großeltern und Enkel.
3 - Eher weiter Familienbegriff
Familie ist ein soziales Netzwerk. Dazu gehören Eltern und ihre Kinder,
allein erziehende Mütter und Väter, Patchwork- und Pflegefamilien,
nichteheliche und gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften und pflegebedürftige
Angehörige.
4 - Weiter Familienbegriff
Familie ist dort, wo Menschen nachhaltig Verantwortung füreinander
übernehmen. Dies umfasst neben Familienangehörigen und Partnern auch Singles,
Paare ohne Kinder und Freunde. Auch die Verantwortung für die eigene Person und
eine gelingende Balance von Beruf und Privatleben gehört dazu.
Immer mehr Arbeitgeber entscheiden sich für einen eher weiten bzw.
weiten Familienbegriff als Grundlage ihrer familien- und lebensphasenbewussten
Personalpolitik. Ein guter Schritt, um die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und
eben auch Freundschaft zu ermöglichen.
Sie sind gefragt: Fänden Sie es
in Ordnung, wenn ihr Kollege seine Arbeitszeit reduziert, um einen Freund zu
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