Bruno Wenn,
Sprecher der Geschäftsführung der DEG –
Deutsche
Investitions- und Entwicklungsgesellschaft (© DEG)
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Abschaffung der Kernarbeitszeit, Flexibilisierung von Arbeitszeit und –ort, deutlich mehr Frauen in Führungspositionen – mit solchen Maßnahmen hat die DEG - Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft in den vergangenen Jahren die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben gestärkt. Bruno Wenn, Sprecher der Geschäftsführung der DEG, hat diese Entwicklung maßgeblich vorangetrieben. Ende Juni 2018 wird er in den Ruhestand gehen. Kein Grund für die DEG, das Thema Vereinbarkeit von der Agenda zu streichen.
Welchen Stellenwert hat Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben für Sie?
Ich bin beruflich viel unterwegs, auch deshalb ist mir zum Ausgleich Zeit für die Familie oder für private Aktivitäten wichtig. Nur wer den Kopf auch mal freimacht, kann sich mit Freude und Engagement den anstehenden Aufgaben und Herausforderungen widmen. Um dauerhaft leistungsfähig und kreativ zu sein, braucht es Anregungen und Impulse von außen, aber eben auch Ruhephasen.
Warum haben Sie sich dazu entschlossen, mit dem audit berufundfamilie eine Personalpolitik zu entwickeln, die familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik ist?
Die DEG hat sich 2012 für die Teilnahme am audit berufundfamilie entschieden, weil sie sich auch langfristig als familienfreundliches Unternehmen aufstellen wollte. Das passt gut zu unserem Geschäftsmodell, da wir auch bei unseren Finanzierungen nicht auf kurzfristigen Erfolg setzen, sondern dazu beitragen wollen, dass sich die Lebens- und Arbeitsbedingungen für Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern dauerhaft verbessern.
Am audit berufundfamilie überzeugt mich vor allem, dass es ein strategisches und sehr nachhaltiges Managementinstrument ist. Im Audit-Prozess identifizieren Auditor und Unternehmen gemeinsam Handlungsfelder für eine familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik. Die Ziele werden systematisch erfasst und ihre Umsetzung über einen Zeitraum von drei Jahren geprüft. Der Auditor gibt regelmäßig Rückmeldung darüber, in welchen Feldern bereits ein gutes Niveau erreicht ist und wo es Verbesserungspotential gibt. So können wir gezielt konkrete Aufgabenstellungen angehen und diese vorantreiben. Es geht darum, nicht still zu stehen, sich zu verbessern, und auch bereits eingeführte Maßnahmen auf ihren aktuellen Nutzen zu überprüfen. Wir profitieren auch vom Netzwerk und dem breiten Veranstaltungsangebot durch berufundfamilie.
Mit dem Audit-Verfahren wollen wir die Motivation und Zufriedenheit unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern erhöhen und auch öffentlich deutlicher aufzeigen, für welche Werte die DEG steht. Wir nutzen das Logo auf unserer Homepage, bei unseren Stellenausschreibungen und berichten in Testimonials, wie wir die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben in der DEG leben. Ich treffe mich mit allen neueingestellten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der DEG persönlich. Sie geben mir sehr viele positive Rückmeldungen zu unserem Internetauftritt und berichten, dass die Aspekte Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sowie Work-Life-Balance bei der Entscheidung für uns als Arbeitgeber eine große Rolle gespielt haben. Dies alles bestärkt uns darin, dass lebensphasenorientierte Personalpolitik auch in Zukunft einen hohen Stellenwert haben wird.
Seit sechs Jahren ist die Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft mbH nun auditiert. Was hat sich seither bewegt?
2012 gab es in der DEG bereits einige familienfreundliche Ansätze, wie ein Eltern-Kind-Büro, einige Telearbeitsplätze oder das Gleichstellungs-Konzept. Wie viele andere Unternehmen auch, haben wir uns zu Beginn unserer Arbeit tatsächlich stärker auf Unterstützungsleistungen für Familien fokussiert, weil es hier aus unserer Sicht den größten Handlungsbedarf gab. Mittlerweile sind wir viel breiter aufgestellt und entwickeln uns ständig weiter. Die Nutzung von Telearbeitsplätzen beispielsweise hat sich seit dem audit versechsfacht. Arbeitszeit und Arbeitsort sind deutlich flexibler gestaltet als früher und kommen der gesamten Belegschaft zu Gute. So gibt es keine Kernarbeitszeiten mehr und die Mehrheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nutzt Laptops und Diensthandys. Die Digitalisierung stellt uns alle aber auch vor neue Herausforderungen und wirft Fragen auf: Wie gehen wir mit der ständigen Erreichbarkeit um? Welche Erwartungen sind mit den technischen Möglichkeiten verbunden? Hier versuchen wir eine Balance zu finden zwischen der Eigenständigkeit und gewünschten Selbstverantwortung unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf der einen Seite und dem Angebot eines Orientierungsrahmens auf der anderen Seite, ohne ein starres Regelwerk zu etablieren. Wichtig war auch die Einführung eines externen Beratungsangebots für Menschen in persönlich besonders herausfordernden Lebenssituationen und die Unterstützung beim Thema Pflege von Angehörigen – dies sind nur einige Beispiele.
Besonders stolz bin ich darauf, dass sich die Themen Gleichstellung, Vereinbarkeit und Diversität an vielen Stellen im Unternehmen wiederfinden. Sei es in der Geschäftsstrategie, im Führungsleitbild, im Mitarbeiterjahresgespräch oder in Betriebsvereinbarungen. Das Thema hat die DEG durchdrungen und wird mitgedacht. Wir freuen uns über die gerade erteilte Verlängerung des Zertifikats um weitere drei Jahre.
Auf welche Meilensteine bzw. Highlights blicken Sie zurück?
Die Bankenwelt ist immer noch sehr männlich dominiert. Mir war und ist deshalb die Umsetzung einer gleichberechtigten Besetzung und Bezahlung von Männern und Frauen innerhalb der DEG – auf allen Ebenen – immer ein Anliegen. Dabei geht es nicht um Quoten, sondern vor allem um Potenziale, die in der Vergangenheit oft nicht hinreichend genutzt und gefördert wurden. Ich glaube fest daran, dass die Diversität von Management und Teams ein zentraler Schlüssel für ein erfolgreiches Unternehmen ist und die Unternehmenskultur stärkt und bereichert. Hier haben wir bereits Einiges erreicht: Etwas mehr als 50 Prozent der Belegschaft sind weiblich – eine gute Ausgangsposition. In den letzten Jahren konnten wir den Anteil an Abteilungsleiterinnen auf über 30 Prozent ausbauen und wollen in Zukunft hier noch mehr erreichen. Nach meinem Ausscheiden werden zwei von drei Mitgliedern der Geschäftsführung Frauen sein. Und im Aufsichtsrat der DEG liegt der Frauenanteil bei 33 Prozent.
Die Entwicklung von Talenten und Potenzialen müssen wir auch für die Zukunft sichern und vorantreiben. Dies geschieht beispielsweise durch die Beteiligung an einem Cross-Mentoring Programm „Mit Frauen in Führung“, dessen Schirmherrschaft die DEG 2018 übernommen hat. Oder einem Programm, dass es Nachwuchskräften, die noch nicht sicher sind, ob sie eine Führungsposition anstreben, ermöglicht, eine erfahrene Führungskraft in ihrem Alltag zu begleiten und sich Feedback und Rat einzuholen.
Welche Rolle wird die Weiterentwicklung einer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik nach Ihrem Ausscheiden als Geschäftsführer in der DEG spielen? Wie gestalten Sie die Übergabe?
Die DEG wird ihre familien- und lebensphasenorientierte Personalpolitik auch nach meinem Ausscheiden weiter fortsetzen. Ich selbst war bisher an jedem audit persönlich beteiligt. Die Entwicklung über einen Zeitraum von sechs Jahren zu begleiten und die Fortschritte zu antizipieren, hat Spaß gemacht. Christiane Laibach, ab 1. Juli Sprecherin der DEG-Geschäftsführung, war in den Prozess des aktuellen audits bereits eingebunden. So konnte sie direkt auf die Gestaltung der zukünftigen Zielvereinbarung Einfluss nehmen und eigene Impulse für die Zukunft einbringen - der „Staffelstab“ ist also übergeben.
Welche weiteren Ziele hat sich die DEG als familienbewusster Arbeitgeber für die kommenden Jahre gesetzt?
Wir werden uns in den kommenden Jahren noch intensiver auf unterschiedliche Lebensphasen einstellen müssen. Insbesondere das Thema Führung muss aus meiner Sicht noch flexibler und an die jeweilige Lebensphase angepasst gestaltet werden. Dies möglich zu machen und zu leben – gerade in einer zunehmend verdichteten Arbeitswelt und in globalen Märkten - wird herausfordernd sein. Dazu braucht es, neben dem Willen zur Umsetzung, neue Formen der Zusammenarbeit und eine Unternehmenskultur, die bereit ist, unterschiedliche Lebensentwürfe zu akzeptieren und mitzutragen.
Darüber hinaus möchten wir durch gezielte Rekrutierung noch mehr Menschen mit vielfältigen Biographien und aus unterschiedlichen Herkunftsländern beschäftigen. Auch das Thema Inklusion möchten wir weiter voranbringen.
Um nah an den Bedürfnissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu planen und zu erfahren, was die DEGler in puncto Vereinbarkeit von Beruf und Familie bewegt, werden wir Workshops zu verschiedenen Aspekten von „Vereinbarkeit“ durchführen. Dies ist nicht nur für die Zufriedenheit der Belegschaft wichtig, sondern auch, um die DEG weiterhin als Arbeitgeber attraktiv zu halten.
Über Bruno Wenn
Bruno Wenn ist seit 2009 Sprecher der Geschäftsführung der DEG – Deutsche Investitions- und Entwicklungsgesellschaft in Köln. Der Volkswirt war zuvor viele Jahre bei der KfW in Frankfurt am Main in leitenden Positionen tätig.
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