Donnerstag, 14. März 2019

Für Ausgeschlafene: Pausen, die betriebswirtschaftlich Sinn machen

Weltschlaftag: Richtig ruhen – für mehr Vitalität und Produktivität (© deathtothestockphoto.com)

Bis zu 57 Milliarden Euro kostet es die deutsche Wirtschaft jährlich, wenn Beschäftigte um den Schlaf gebracht werden. Ja, richtig gelesen! Umgerechnet bis zu 200.000 Fehltage kommen aufgrund mangelnder Ruhephasen von Arbeitnehmer*innen pro Jahr zusammen.[1] Mit Blick auf dem morgigen Weltschlaftag (15.03.2019) beleuchten wir im heutigen Blog den Stellenwert von Schlaf – und sind uns jetzt schon darüber klar: Ruhe und Schlaf sind Antriebsfaktoren für Mitarbeiter*innen und Unternehmen. Ein Thema für das betriebliche Gesundheitsmanagement (BGM) also.

„Morgens immer müde“, mit diesem Ohrwurm der Band Laing hielt sich 2011 so mancher freiwillig wach. Aber Schlafmangel trifft viele leider unerwünscht. Neben einer Erkrankung sind wohl beruflicher, aber auch privater Stress die hartnäckigsten Feinde einer erholsamen Nachtruhe. Und wo sich Schlafmangel einschleicht, sind Erschöpfung und eine erhöhte Reizbarkeit nicht weit. Das führt dann wiederum zu mehr Stress. Außerdem gehen mit Schlafmangel oft Rückenschmerzen und Muskelverspannung einher. [2]

Umgekehrt ist ein beständiger Wechsel zwischen Wachphasen und gutem Schlaf wichtig für unseren Bio-Rhythmus. Ausreichender und erholsamer Schlaf wirken sich positiv auf Konzentrations- und Leistungsfähigkeit aus – ganz essenziell also für das mentale System und letztendlich die Psyche. Aber mehr noch: Die Stabilität des Immunsystems ist ebenfalls von Ruhephasen abhängig. Mediziner raten, für einen guten Schlaf nach Möglichkeit innerhalb eines festen Zeitfensters zu Bett zu gehen – idealerweise jeden Tag zu einer bestimmten Uhrzeit. Und kurz vorher den Konsum von Koffein, Nikotin und Alkohol am besten vermeiden und nicht am Computer oder Handy arbeiten, sofern dieses bläuliches Licht ausstrahlt, das anregend wirkt.[3]

Das Bewusstsein für den Stellenwert eines gesunden Schlafes zu schärfen ist Ziel des Weltschlaftags (15.03.2019). Was ist aber mit Pausen? Schließlich weiß fast jeder aus eigener Erfahrung, dass Durchschlafen und Durcharbeiten nicht lange miteinander harmonieren.


Nicht nur der Schlaf ist heilig


Auch kleine, regelmäßig über den Tag verteilte Pausen tragen maßgeblich zu unserer Vitalität bei. Denn dank ihr können Energiereserven optimal wieder aufgetankt und somit auch das Risiko von Fehlern aufgrund der einsetzenden Ermüdung verringert werden.[4] Doch wie gelingt die Pause? Wenn es geht, von jeglichen arbeitsbezogenen Themen fernhalten. Empfehlenswert ist, für einen Moment den Arbeitsort zu verlassen, wenn möglich nach draußen zu gehen. Aber auch ein Gespräch mit Kolleg*innen – bitte nicht über die Arbeit – hilft, ein Stück weit abzuschalten.

Interessant: Oft kann durch häufigere kurze Pausen mehr Leistung als durch eine lange Pause erbracht werden.[5] Optimaler Weise sollten die kleinen Pausen zu genau den Zeiten erfolgen, wann auch immer sich der eigene Körper nach einer Erholung sehnt. Jeder von uns kennt das täglich auftretende Mittagstief, jedoch gibt es noch ein Vormittags- und ein Nachmittagstief und ganz nebenbei fällt der Körper alle vier Stunden in einen Ermüdungszustand, während wir die alle 90 Minuten auftretende Müdigkeitsphase nicht so intensiv wahrnehmen.[6] Da sind massig Pausen gefragt. Zugegebenermaßen werden diese nicht immer möglich sein, wenn Deadlines von Aufgaben anstehen oder ein Meeting mit Kund*innen oder auch Kolleg*innen ansteht bzw. läuft. Ein paar Verhaltensregeln sind also sicherlich zu beachten, bei aller Individualität.

Das unternehmerische Schlaf-Einmaleins


„Schlaf und Ruhepausen“ – Aspekte des betrieblichen Gesundheitsmanagements? Das sollten sie durchaus sein, denn welcher Arbeitgeber möchte nicht – im doppelten Sinne des Wortes – ausgeschlafene Beschäftigte? Schon aufklärende Vorträge über den richtigen Umgang mit Ruhepausen oder Anleitungen zum optimalen gesunden Schlaf können sehr hilfreich für die Mitarbeiter*innen sein.

Die Berliner Wasserbetriebe A.ö.R. sind noch einige Schritte weiter gegangen, um ihre Beschäftigten zu unterstützen. Der Schichtdienst ist bei dem seit 2015 nach den audit berufundfamilie zertifizierten Arbeitgeber die dominierende Arbeitsform, denn die Haushalte benötigen 24 Stunden am Tag Wasser. Lange Zeit wurde ein rückwärts rollierendes Schichtmodell gefahren, bei dem die Beschäftigten sieben Spät-, sieben Nacht- und sieben Frühschichten arbeiteten und danach sieben Tage frei hatten. Wie arbeitsmedizinische Untersuchungen zeigen, ist jedoch ein vorwärtsrollierendes System für das Wohlbefinden und die Gesundheit der Mitarbeiter*innen besser. Dabei wird von der Früh-, über die Spät- zur Nachtschicht gewechselt, kurz rolliert (kurze Blöcke von zwei bis drei Tagen je Schicht) und jeden Monat freie Wochenenden für jeden Beschäftigten ermöglicht. Schließlich haben die Beschäftigten damit auch die Chance, mehr Zeit mit ihren Familien bzw. für ihr Privatleben zu nutzen. Ein entsprechendes vorwärtsrollierendes System führte die Berliner Wasserbetriebe 2011 ein und ließ dies 2012 evaluieren. Das Ergebnis: Den meisten Beschäftigten ging es mit dem neuen System besser oder gleich gut wie vorher. Allerdings gab es auch Mitarbeiter*innen, denen es schlechter ging. Dieser Befund war für die Berliner Wasserbetriebe Anlass genug, an weiteren Stellschrauben zu drehen: Sie führten 2013 „Gesundheitsschichten“ durch. Prof. Dr. med. Ingo Fietze vom Schlafmedizinischen Zentrum der Charité und Thea Herold von der Schlafakademie Berlin brachten im Rahmen der damit verbundenen Kommunikationskampagne den Beschäftigten näher, wie sie selbst für besseren Schlaf sorgen und an wen man sich bei anhaltenden Problemen wenden können. Die Experten standen auch für erste Kontakte direkt vor Ort zur Verfügung. Was den gesamten Prozess so besonders macht: Er lief partizipativ ab. Die Betroffenen konnten ihre Anliegen zu einer möglichen Einteilung der Schichten einbringen, es wurden Schichtvarianten diskutiert und schließlich demokratisch über die Vorschläge abgestimmt.


Lesen Sie auch den Blogbeitrag zum Thema Schichtarbeit oder hören Sie sich den dazugehörigen Podcast an.




[1] https://www.welt.de/wirtschaft/article159850888/Wie-Ihre-Muedigkeit-der-Wirtschaft-schadet.html, [Stand 21.02.2019]

[2] https://www.zeit.de/wissen/gesundheit/2017-11/schlaf-schlafmangel-arbeit-schichtarbeit-studie, [Stand 21.02.2019]

[3] https://www.welt.de/wirtschaft/article159850888/Wie-Ihre-Muedigkeit-der-Wirtschaft-schadet.html, [Stand 21.02.2019]

[4,5,6] Elke Pohl, Karrierefaktor guter Schlaf. Wie Sie sich zu Höchstleistungen schlummern. Mit einem Geleitwort von Prof. Ingo Fietze und Thea Herold. Wiesbaden 2015, Seite 35, https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2F978-3-658-08440-0.pdf, 2-24 [Stand 21.02.2019]






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