Freitag, 26. April 2024

Vereinbarkeit in Zahlen: Standortbestimmung

Wortwolke mit Stichwörtern aus der Arbeitswelt (©berufundfamilie Service GmbH)

Eine Elternschaft führt zu mehr Ungleichheit zwischen Frauen* und Männern*, 33% der Beschäftigten haben bereits Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt und für 56% der Arbeitnehmenden verringern schlechte Führungskräfte die Zufriedenheit im Job. Neue Studien aus der Arbeitswelt finden Sie in der aktuellen Ausgabe unserer Blogreihe „Vereinbarkeit in Zahlen“.




Ungleichheit zwischen Mann* und Frau* durch Elternschaft verstärkt


Laut einer Studie des Münchner ifo-Instituts ist die Einkommenskluft zwischen Müttern* und Vätern* in Deutschland größer als in anderen westlichen Ländern. So verdienen unter den 30-Jährigen Mütter* durchschnittlich 70 bis 80% weniger als Väter. Bei gleichaltrigen Kinderlosen ist dieser Unterscheid weitaus weniger ausgeprägt und liegt unter 5%. Für die Männer* wirkt sich eine Vaterschaft dagegen nicht negativ aus, sie sind häufiger erwerbstätig und erhalten mehr Gehalt als kinderlose Männer*. Gründe hierfür seien u.a. steuerliche Fehlanreize wie  z.B. das Ehegattensplitting. Das würde dafür sorgen, dass Frauen* vermehrt in Teilzeit zurückkehren. Laut Studie liegt bei Müttern*, die um die 30 Jahre sind, ist die Wahrscheinlichkeit für Teilzeitarbeit im Vergleich zu Frauen* ohne Kinder viermal so hoch. Obwohl die Ungleichheit bei der Beschäftigungsquote zwischen Frauen* und Männern* seit Jahren sinkt, bleibt der Einfluss von Elternschaft auf das Einkommen bestehen.

Ifo-Institut/EconPol Europe, Elternschaft verstärkt Ungleichheit zwischen Frauen und Männern in Deutschland, April 2024
https://www.faz.net/aktuell/finanzen/ifo-institut-elternschaft-verstaerkt-ungleichheit-zwischen-frauen-und-maennern-19630053.html



ElterngeldPlus immer stärker nachgefragt


Aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen, dass immer mehr Eltern ElterngeldPlus beziehen. So planten im vergangenen Jahr rund 600.000 Berechtigte die Nutzung des ElterngeldPlus. Das seien 40,9% der Mütter* und 17,7% der Väter*. Seit der Einführung im Jahr 2016 ist das eine Verdopplung. 2016 entschieden sich noch 20,1% der Mütter* und 8,2% der Väter* für diese Leistung. Das reguläre Elterngeld liegt in der Regel bei 67% des monatlichen Nettos (mind. 300€, max. 1800€). Beim EltengeldPlus halbieren sich diese Summen, es kann dafür aber auch doppelt so lang bezogen worden. Blickt man auf die genommene Elternzeit, nehmen Väter* konstant 3,7 Monate, während die Elternzeit bei Müttern* kontinuierlich steigt, zuletzt von 14,3 Monaten auf 14,8 Monate. Insgesamt bezogen 2023 1,8 Mio. Frauen* und Männer* Elterngeld. Dabei stagnierte der Väteranteil auf 26%.

Statistisches Bundesamt, Elterngeld und Elternzeit, März 2024
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/aenderungen-elterngeld-ab-april-100.html




Kipppunkt in der Pflege droht noch in diesem Jahrzehnt


Der aktuelle DAK-Pflegereport offenbart die prekäre Situation in der beruflichen Pflege. Denn mit den sog. Babyboomern, die bald in Rente gehen, wird sich die Personalnot in der Pflege zuspitzen. So drohen neben des Personalmangels auch Finanzierungslücken in der Pflegeversicherung. Die bundesweite Arbeitsmarktreserve an ausgebildeten Pflegekräften sinkt bis 2030 auf 0,5%. Für 2025 werden demnach über 9.500 Renteneintritte erwartet, demgegenüber stehen rund 36.000 Berufseinsteiger*innen zur Verfügung – das entspricht einer Arbeitsmarktreserve von 2%.

Im Jahr 2027 wird sich die ohnehin knappe Personaldecke um die Hälfte auf 1% reduzieren: Anstelle einer Reserve von rund 26.000 Pflegekräften stehen dann nur noch rund 11.700 zur Verfügung. Bis 2030 wird sich diese Reserve erneut um die Hälfte auf 5.619 Kräfte reduzieren, was einem Anteil von 0,5% entspricht. Somit gebe es keinen Puffer gegen die berufsdemographischen Veränderungen und das trotz guter Ausbildungszahlen.

2023 waren über 1,1 Mio. Menschen in der beruflichen Pflege tätig, in den nächsten 10 Jahren erreichen rund 250.000 (21,9%) das Renteneintrittsalter. Damit müssten im jeden Bundesland 20% des Personals ersetzt werden. Den Zahlen zufolge wird in einigen Bundesländern bereits in diesem Jahrzehnt der Kipppunkt erreicht, an dem deutlich mehr Pflegekräfte in Rente gehen, als Berufseinsteiger*innen nachkommen. Darüber hinaus sei das Pflegepersonal überdurchschnittlich großen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt. Das sorgt u.a. für über 50 Fehltage in der Altenpflege bei Beschäftigten ab 58. Bei anderen Berufsgruppen im selben Alter sind es dagegen 30 Fehltage.

Diese Zahlen zeigen, dass neue Formen gegenseitiger Unterstützung nötig sein werden, um die Pflege sicherstellen zu können. Hierfür ist aber durchaus Bereitschaft vorhanden: So sind z.B. 50% der über 40-Jährigen dazu bereit, Nachbar*innen, Freund*innen oder Bekannte bei Pflegebedürftigkeit regelmäßig unter die Arme zu greifen. Außerdem bedarf es zukünftig mehr flächendeckenden Angeboten von Betreuungs- und hauswirtschaftlichen Unterstützungsformen zur Stärkung pflegender Angehöriger.

DAK, Pflegereport, April 2024
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/pflegekipppunkt-100.html


56 % der Befragten glauben, dass schlechte Vorgesetzte das Glück im Job verringern


Wie glücklich sind die deutschen Beschäftigten? Aufschluss darüber gibt der Work-Happiness- Report von Awork und Appinio, für den rund 1.000 Arbeitnehmende mit und ohne Führungsverantwortung im Alter von 18 bis 65 befragt wurden.

Wie glücklich die Beschäftigten mit ihrem Job sind, wurde durch eine Skala von 1 bis 10 ermittelt. Der Wert lag dabei bei 6,9 und hat sich im Vergleich zum Vorjahr um 0,2 Punkte erhöht. Komplett glücklich mit dem Wert 10 waren 9% der Befragten. Besonders unzufrieden mit einem Wert von 0 bis 3, waren 7% der Teilnehmenden.

Auch die Vier-Tage-Woche kann zur Zufriedenheit im Job beitragen. Jene Befragten, die bereits in diesem Arbeitszeitmodell arbeiteten, erreichten einen durchschnittlich höheren Zufriedenheitswert von 7,6. Auch hybride Arbeitsmodelle beeinflussen das Glücklich sein im Job positiv: 8 von 10 hybrid Arbeitenden zählten dabei zu den glücklichen Beschäftigten.

Die Studie zeigt auch, welche Faktoren zu Unzufriedenheit bei den Beschäftigten führt. Für 56% der Befragten verringern schlechte Führungskräfte das Glück im Job, gefolgt von einer schlechten Teamkultur (48%) und fehlender Kommunikation (41%). In einigen Branchen sind die beschäftigten zufriedener: So liegt die Techbranche vorne, was mit den flexiblen Gestaltungsmöglichkeiten der Beschäftigten zusammenhängt.

Appinio/Awork, Work-Happiness-Report, April 2024
https://www.merkur.de/leben/karriere/work-happiness-report-studie-arbeitnehmer-gluecklich-zufrieden-homeoffice-vier-tages-woche-zr-93013794.html



33% der Beschäftigten bereits von Diskriminierung am Arbeitsplatz betroffen


Die europaweite Umfrage des Beratungsunternehmens EY liefert neue Erkenntnisse zu Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion am Arbeitsplatz. Für die Umfrage wurden europaweit rund 1.800 Beschäftigte befragt, 200 davon in Deutschland. 33% der Beschäftigten ohne Führungsverantwortung gab demnach an, dass sie bereits Diskriminierung am Arbeitsplatz erlebt haben. Rund 30% sind nach eigenen Angaben bereits am Arbeitsplatz gemobbt worden. Von Diskriminierung betroffen waren 31% der männlichen Befragten, bei den weiblichen Befragten 36%. Opfer von Mobbing wurden demnach 29% der Männer* und 34% der Frauen*. Ein großes Problem dabei: Lediglich 49% der Arbeitnehmenden meldeten diese Vorgänge. Bei Frauen* trauten sich nur 46% solche Erfahrungen bei Vorgesetzten oder entsprechenden Stellen zu melden, bei Männern* waren es 54%. Sowohl Unternehmenskultur als auch Führungsstil haben einen Einfluss auf Diskriminierungs- und Mobbingerfahrungen von Beschäftigten.

Beschäftigte, die ihr Unternehmen und die Führungskräfte als divers und inklusiv einschätzten, machten seltener Diskriminierungserfahrungen (29%) als Beschäftigte, die ihre eigenen Arbeitgeber und dessen Führungskräfte als weniger oder gar nicht divers und inklusiv bewerteten (36%).

Die Studie zeigt zudem eine Wahrnehmungskluft zwischen Führungskräften und nicht-leitenden Beschäftigten bei den Themen Vielfalt, Gleichberechtigung und Inklusion. So sind 63% der Führungskräfte der Ansicht, dass in ihrer Organisation eine Kultur des Vertrauens und der Transparenz vorliegt, bei den Beschäftigten ohne Führungsverantwortung teilen nur 44% diese Ansicht. Auch in Bezug auf den Grad der Geschlechtervielfalt und die Sorge um das Wohlbefinden der Beschäftigten klafft eine Lücke. Des Weiteren meinen nur 36% der Befragten ohne Führungsverantwortung, dass ihr Feedback zu Veränderungen am Arbeitsplatz von Management auch ausreichend umgesetzt wird. Wenn das nicht passiert, hat dies deutliche Auswirkungen auf die Motivation. 27% derjenigen Befragten, die bereits Diskriminierung erfahren haben, suchen aktuell eine neue Stelle. Bei Unbetroffenen sind es lediglich 4%.
In Bezug auf Diversity, Equity und Inclusion geben lediglich 33% der Unternehmen an, dass sie ihre Personalverantwortlichen schulen. Größtes Hindernis seien dabei die Kosten.

EY European DEI Index, April 2024
https://www.ey.com/de_de/news/2024/04/ey-european-diversity-equity-inclusion-index



55 Milliarden Arbeitsstunden in Deutschland geleistet


Trotz der wirtschaftlichen Flaute wird in Deutschland laut einer Studie so viel gearbeitet wie nie zuvor. Im vergangenen Jahr haben abhängig Beschäftigte insgesamt rund 55 Milliarden Stunden gearbeitet, wie eine Untersuchung des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) zeigt. Dies stellt den höchsten Wert seit der Wiedervereinigung dar. Im Jahr 1991 waren es noch 52 Milliarden Stunden, während es im Tiefpunkt 2005 nur 47 Milliarden Stunden waren. Gleichzeitig sinkt die durchschnittliche Wochenarbeitszeit der Beschäftigten kontinuierlich. Die Daten stammen aus dem Sozio-oekonomischen Panel (SOEP) und der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnungen (VGR).

Die hohe Teilzeitquote bei Frauen* führe zudem dazu, dass ein Teil des Arbeitsmarktpotenzials ungenutzt bleibe. Dadurch liegt die durchschnittliche Arbeitszeit aller Beschäftigten bei 34,7 Wochenstunden. Die Erwerbsbeteiligung von Frauen* in Deutschland ist zwischen 1991 und 2022 um 16 Prozentpunkte auf 73% gestiegen, was den gesellschaftlichen Wandel vom Alleinverdiener- zum Zweiverdienerhaushalt zeigt. Dennoch investieren Frauen* immer noch deutlich mehr Zeit in Kinderbetreuung und Hausarbeit als Männer*. In Bezug auf die Erwerbsarbeit zeigt sich das umgekehrte Bild: Frauen* arbeiten durchschnittlich etwa 33 Stunden, während Männer* 40 Stunden arbeiten. Obwohl die durchschnittliche Wochenarbeitszeit von Männern* laut DIW seit 2011 leicht rückläufig ist, holen sie bei der Sorge- und Hausarbeit nur langsam auf.

DIW-Studie zur Entwicklung der Arbeitszeiten seit Wiedervereinigung, April 2024

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitsmarkt/arbeitszeit-beschaeftigte-arbeitsstunden-100.html



Mangelnde Kommunikation zwischen den Generationen führen zu Missverständnissen am Arbeitsplatz


Eine LinkedIn-Umfrage liefert Erkenntnisse zu Hürden in der Zusammenarbeit zwischen den Generationen. An der Befragung nahmen 2.000 Beschäftigte teil. Die eine Hälfte der Befragten gehörte der Gen Z an und war im Alter von 18 bis 26 und die andere Hälfte zwischen 26 und 80 Jahre alt. Abgefragt wurden unter anderem Sichtweisen auf die jeweils anderen Generationen sowie Wünsche zur Verbesserung. Dabei zeigt sich, dass viele Generationen-Missverständnisse im Arbeitskontext auf fehlende Kommunikation zurückzuführen sind. Jede*r zehnte Befragte aus der Gen Z hat nach eigenen Angaben seit mehr als einem Jahr kein direktes Gespräch mit eine*m Kolleg*in geführt, der 50 oder älter ist. Grund dafür könnte die Unsicherheit sein, wie sie mit diesen Kolleg*innen sprechen könne. So gaben 39% an, dass sie Angst hätten, sich vor anderen Generationen zu blamieren. ¼ meidet zudem Gespräche, weil ihnen der Zugang fehlt. Mehr als die Hälfte der Gen Z-Befragten gab zu dem an, dass sie sich von den anderen Generationen missverstanden fühlen. 25% fühlten sich unwohl dabei, ältere Beschäftigte nach Hilfe zu fragen.

Spannend ist, dass alle Generationen, die Meinung vertraten, dass sie voneinander lernen können. 36% der GenZ meinen, dass die älteren Kolleg*innen über mehr Wissen verfügen als sie. Bei den älteren Generationen teilten 33% diese Ansicht.

65% der Gen Z ist der Meinung, dass eine verbesserte Kommunikation die Produktivität, die persönliche Weiterentwicklung und die Teamstimmung positiv beeinflussen kann. Über die Hälfte der jungen Beschäftigten wünscht sich zudem eine verstärkte Förderung der generationsübergreifenden Zusammenarbeit durch Organisationen. Insbesondere für die jungen Kolleg*innen, die während der Pandemie ihre ersten Arbeitserfahrungen gesammelt haben, sollten Programme angeboten werden, die sie bei der Entwicklung von Soft Skills wie Kommunikation, Führung und Empathie unterstützen. Diese Ansicht wird auch von den Befragten geteilt: Die Hälfte aller Teilnehmenden ist der Überzeugung, dass solche Maßnahmen der jungen Generation zugutekommen können.


LinkedIn Umfrage, Arbeitnehmer der Gen Z trauen sich nicht, mit älteren Kollegen zu sprechen – was Arbeitgeber jetzt tun können, April 2024
https://www.businessinsider.de/karriere/gen-z-traut-sich-nicht-mit-aelteren-kollegen-zu-sprechen-firmen-tun-koennen/



Frauenanteil in IT und Forschung erhöht sich


Frauen* bleiben in der IT, Forschung und Entwicklung unterrepräsentiert und Männer* in den Körperpflegeberufen und im Verkauf von Lebensmitteln. Doch es zeichnen sich Veränderungen ab. So erhöhte sich der Frauenanteil in der technischen Forschung und Entwicklung im vergangenen Jahr auf 18%: Das ist eine Steigerung von 7% binnen 10 Jahren. Auch in der Forst- und Jagdwirtschaft sowie in der Landschaftspflege sind Frauen* häufiger berufstätig als noch vor 10 Jahren. Auch im Bereich Informatik ist der Frauenanteil gestiegen, so waren 2023 rund 64.000 Frauen* in diesem Bereich tätig. Das entspricht einem Anteil von knapp 18%, 2013 waren es noch 14%. Bei der Polizei, im Kriminaldienst sowie dem Gerichts- und Justizvollzug liegt der Anteil mittlerweile bei 28% oder 97.000 Frauen*, 2013 waren es noch knapp 20 %.Auch bei den Männern* sind die Anteile in Pflege- und Verkaufsberufen gestiegen.

In der Altenpflege waren 103.000 Männer* beschäftigt, ihr Anteil stieg von etwa 13 % im Jahr 2013 auf 17%. Im Verkauf von Lebensmitteln arbeiteten 72.000 Männer*, was zuletzt 23% ihrer Berufsgruppe ausmachte, im Vergleich zu 14 % vor zehn Jahren. Im Bereich der Gesundheits- und Krankenpflege, Geburtshilfe sowie des Rettungsdienstes erhöhte sich der Männeranteil innerhalb von zehn Jahren von 19% auf knapp 23%.

Statistisches Bundesamt, Frauenanteil in der technischen Forschung und Entwicklung binnen zehn Jahren von 11 % auf 18 % gestiegen, April 2024
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/Zahl-der-Woche/2024/PD24_17_p002.html

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