KI sinnvoll einsetzen, ohne dass sie zur Belastung wird (Quelle: Solen Feyissa on Unsplash) |
Nutzt Ihre Organisation KI bereits – auch mit dem Ziel, die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben zu verbessern? In unserem heutigen Blog sprechen wir über den bewussten Umgang mit KI-Tools und wie dieser über ihren Nutzen für oder ihre Torpedierung der Work-Life-Balance entscheidet.
Künstliche Intelligenz (KI) – Fluch oder Segen? Das fragen sich Menschen im Privatleben genauso wie im Job. Die empirische Untersuchung „KI-transformierte Arbeitswelt aus Sicht der GenZ“[1], die die iba – Internationale Berufsakademie (Nürnberg) in Kooperation mit uns und unterstützt von Dr. Roland Deinzer, Bundesagentur für Arbeit, im vergangenen Jahr durchführte, ergab: Die jungen Beschäftigten betrachten KI-Tools grundsätzlich als nützliche Werkzeuge im Arbeitsalltag. Ihrer Erfahrung nach fehlt allerdings noch eine systematische Implementierung. Und: Die GenZ sieht die Gefahr von Work-Life-Blending durch KI gesteigert. Die Befürchtungen, dass sich durch Artificial Intelligence (AI) die Grenzen zwischen Berufs- und Privatleben zunehmend vermischen könnten, sind groß. KI jederzeit und an jedem Ort – über mobile Endgeräte – zum Einsatz kommen zu lassen, ist eine Chance, kann aber auch Druck auslösen: „Man kann ja noch mal eben …“
Ein Argument, dass für den Einsatz von KI häufig genannt wird, ist, zeitliche Freiräume zu schaffen. Diese mit anderen/ weiteren Aufgaben zu füllen, liegt nahe. Doch das bedeutet letztendlich eine Zunahme der Arbeitsverdichtung. Die Folgen sind antizipierbar: Der Stress nimmt zu, die Entgrenzungsmöglichkeiten schwinden, die Gesundheit leidet – und auch die Vereinbarkeit von Job und Privatem.
Dabei versprechen wir uns von KI doch, dass sie die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben verbessern hilft. Laut der Studie von Coursera (2024) berichtet jede*r zweite Mitarbeitende (47%) von einer Verbesserung der Work-Life-Balance dank Generativer KI.[2] Doch dieser positive Effekt ist an Bedingungen geknüpft.
Wie aus dem Nutzen von KI-Tools ein Nutzen für die Vereinbarkeit wird und sich ein Ausufern des Work-Life-Blendings dabei vermeiden lässt, beleuchten wir im Folgenden.
Eine Voraussetzung lautet: Der Einsatz von KI muss in der jeweiligen Organisation systematisch erfolgen. Dazu gehört u.a., dass genau eruiert wird, in welchen Tätigkeitsbereichen welche KI-Tools Sinn machen und benötigt werden. Und die Anwender*innen müssen KI-Fitness erhalten. Ein gewisses „Learning-by-Doing“ ist okay, aber es sollte grundlegende Weiterbildungsangebote innerhalb des Betriebs geben. Weitere Handlungsempfehlungen zum Einstieg und fortlaufenden Arbeit mit KI haben wir in unserem 10-Punkte-Plan „Strategische KI-Integration im Arbeitsumfeld“ aufgeführt, den wir gemeinsam mit der iba – Internationale Berufsakademie (Nürnberg) erstellten.
Je nachdem welche KI-Tools in welchem Umfang genutzt werden, sind die Effekte auf Arbeitszeit und Arbeitsorganisation unterschiedlich. Mit Tools, die der erleichterten Er- bzw. Bearbeitung von Routineaufgaben dienen, wie z.B. ChatGPT, lässt sich Zeit gewinnen. Auch die sogenannten virtuellen Assistenten bringen zeitliche Vorteile. Sie übernehmen gleich direkt administrative Aufgaben, wie z.B. die Termin- und Meeting-Planung. Es gibt auch KI-gestützte Instrumente, die für die Gestaltung personalisierter Zeitpläne einsetzbar sind. Sie helfen bei der Analyse von Arbeitsabläufen bzw. -prozessen sowie individueller Arbeitsmuster und Vorlieben – also auch, wann die*der Mitarbeitende i.d.R. am produktivsten ist. Darauf aufbauend können sie aufdecken, wann sich das Arbeitsverhalten als ineffizient erweist und verbessert werden kann, und dazu beitragen, das passende Maß an aktiven und Pausen-Phasen zu finden.
Entscheidend für den sinnvollen Einsatz der künstlichen Intelligenz ist auch die Festlegung und transparente interne Kommunikation zur Zielsetzung der Nutzung. Organisationen, die diese formulieren, werden sich schnell darüber klar werden müssen, wie die per KI gewonnene Effizienzsteigerung und Zeiteinsparung in bestimmten Bereichen genutzt werden soll: Soll sie auf andere Aufgaben verwendet werden – etwa auf kreative oder konzeptionelle, strategische? Sind die zeitlichen Freiräume vollständig für andere Tätigkeiten zu verwenden oder sollen sie auch genutzt werden, um der weiteren Arbeitsverdichtung entgegenzuwirken?
Nur in Letzterem besteht die Möglichkeit, den Nutzen von KI im Sinne der Gesundheit und Vereinbarkeitsfragen der Mitarbeitenden zu vervielfältigen.
Ganz wichtig: Es bedarf einer Klärung, wie der Umgang mit KI-Tools in die Arbeitsabläufe einzubinden ist – passend zu den jeweiligen Arbeitszeitkonzepten. Als Kontrollelemente können z.B. Arbeitszeitkonten herangezogen werden. Damit wird die Flexibilisierung der Arbeitszeit weiterhin unterstützt, aber einer ständigen Mehrarbeit ein Riegel vorgeschoben.
KI fördert die ständige Erreichbarkeit. Doch genau diese führt zum Verschwimmen der Trennlinien zwischen Beruflichen und Privatem. Hier ist also Obacht zu geben – sowohl von Seiten der Arbeitgeber als auch aus der Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeitenden selbst heraus. Idealerweise werden Regeln für die Erreichbarkeit definiert, die von allen Betriebsangehörigen befolgt werden.
Deutlich wird: Im Umgang mit KI ist ganz besonders auf die mentale Gesundheit zu achten. Der Einsatz soll entlasten und nicht zusätzlich belasten. Es gibt durchaus KI-gestützte Tools, die speziell für das Tracking des Wohlbefindens und der physischen sowie mentalen Gesundheit entwickelt wurden. Diese im beruflichen Umfeld einzusetzen, wäre ein zweiter Schritt. Ganz vorne sollte der bewusste Umgang mit der Künstlichen Intelligenz stehen.
Ergo: Die gewünschten Möglichkeiten zur Verbesserung der Work-Life-Balance können nur auf Basis einer systematischen Einführung und Nutzung von KI-Tools gewonnen werden. Führungskräfte und Beschäftigte sind bei der Implementation und auch in der Anfangsphase des Tool-Einsatzes sowie bei möglichen Änderungen der Instrumente eng zu begleiten. Dabei ist insbesondere auf Belastungsfragen zu achten. Unbedingt anzuraten ist daher der fortlaufende Austausch in und mit der Belegschaft zu Machbarem und Grenzen.
[1] iba - Internationale Berufsakademie (Nürnberg) in Kooperation mit
berufundfamilie Service GmbH, KI-transformierte Arbeitswelt aus Sicht der GenZ,
2024; https://www.berufundfamilie.de/images/dokumente/Summary_EmpirUntersuchung_GenZundKI_Nov2024.pdf
[2] Vgl. http://www.compliancemagazin.de/markt/studien/48-prozent-produktiver-durch-ki-coursera230924.html
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