Freitag, 28. Mai 2021

Vereinbarkeit in Zahlen: Corona und die Folgen

Stichwörter zur Arbeitswelt (©berufundfamilie Service GmbH)

Über 80 % der Arbeitnehmenden sind mit der Umstellung auf digitale Formate in ihrem Unternehmen zufrieden. 39 % der Arbeitgeber haben Angebote zur Förderung der psychischen Gesundheit geschaffen. Wesentliche Faktoren für die Resilienz in Organisationen sind Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und technisches Know-How. Mehr zu Studien aus der Arbeitswelt hier in unserer Blogreihe „Vereinbarkeit in Zahlen“.


Hybrides Arbeiten und Home-Office etablieren sich weiter

 
Die die dritte Befragungswelle einer Studie des Personaldienstleisters Avantgarde Experts im März 2021 zeigt: 53% der Beschäftigten in Deutschland wünschen sich eine Rückkehr zur Normalität vor Corona. In einer repräsentativen Verlaufsstudie wurden in Deutschland lebende Arbeitnehmende zwischen 18 und 69 Jahren befragt, die während der Pandemie die Möglichkeit hatten, im Home-Office zu arbeiten. Die Befragung verlief über Online-Panels im April und Oktober 2020 sowie im März 2021. Bei der Befragung im März gab es 1008 Teilnehmende.

Als größte Herausforderung für Unternehmen sehen 32 % der Befragten das wirtschaftliche Fortbestehen ihrer Unternehmen in der Corona-Krise. 46 % gehen zudem davon aus, dass sich die Coronapandemie eher stark bis sehr stark beruflich auswirken wird.

Die Studie macht auch deutlich: Home-Office und hybrides Arbeiten sind mittlerweile etabliert. 61 % glauben, dass die Arbeit von zu Hause auch nach der Corona-Krise regelmäßig sein wird. 55 % geben an, dass hybrides Arbeiten – als ein Wechsel aus Home-Office und Präsenzarbeit im Büro – auch nach Corona bleiben wird.
Über 80 % der Arbeitnehmenden sind mit der Umstellung auf digitale Formate in ihrem Unternehmen zufrieden. Dieser Wert stieg im Vergleich zur vorherigen Befragung um 12 %.
In Sachen Weiterbildung gewinnen digitale Angebote ebenfalls an Bedeutung für Befragte. Demnach nutzte jeder zweite Beschäftigte die Möglichkeit, sich um Home-Office fortzubilden (z.B. durch Webinare). Seit Beginn der Pandemie stieg der Anteil derjenigen, die solche Angebote nutzen auf 24 %.

Avantgarde Experts, Corona-Studie 2021: Homeoffice - heimlicher Star oder stiller Verlierer, März 2021
https://www.avantgarde-experts.de/de/magazin/studie2021/ 
https://www.haufe.de/personal/hr-management/studie-erwartungen-an-arbeitswelt-nach-der-coronapandemie_80_543398.html


10-Mal so viele Beschäftigte im Home-Office wie vor 3 Jahren


Für die Studie „Flexible Work and Rewards“ wurden Unternehmen mit rund 2,6 Millionen Beschäftigten befragt, allein in Deutschland waren es 572000. Die Studie zeigt: Viele Führungskräfte tun sich schwer mit Führung auf Distanz. Dabei wird dies immer wichtiger: Mittlerweile sind im Vergleich zu vor 3 Jahren 10-Mal so viele Beschäftigte im Home-Office tätig. Führungskräfte hadern mit den digitalen Tools und der fehlenden Nähe zu ihren Beschäftigten. Was hier helfen könnte, wären Regelungen zu Formen der digitalen Zusammenarbeit. 40 % der befragten Unternehmen haben keine Regeln, 80 % wollen diese aber zeitnah etablieren und festlegen, welche Beschäftigtengruppen wann und wie oft im Home-Office arbeiten dürfen.

Weniger Arbeitnehmende vor Ort bedeutet zudem Einsparpotenzial in Bezug auf Büroflächen, Kantinen- und Fahrkostenzuschüsse. Immer mehr Unternehmen sollten daher auch auf Benefits setzen, die flexibles Arbeiten fördern. 9 von 10 Unternehmen sehen bei der Flexibilisierung der Benefits bisher noch keinen weiteren Handlungsbedarf.

Willis Towers Watson, Flexible Work and Rewards Survey 2021, März 2021
https://www.willistowerswatson.com/de-DE/Insights/2021/02/der-weg-in-die-digitale-arbeitswelt


Corona schafft neue Möglichkeiten


Laut Gehaltsübersicht 2021 von Robert Half bieten 60 % der Führungskräfte ihren Beschäftigten seit der Coronapandemie neue Zusatzleistungen. So ermöglichen 46 % der Befragten ihren Mitarbeitenden die Kernarbeitszeit auf 4 Tage zu reduzieren oder wollen dies künftig ermöglichen. 40 % geben Zuschüsse bei Home-Office-Ausstattungen. Weitere 39 % haben Angebote zur Förderung der psychischen Gesundheit geschaffen. 30 % der Unternehmen ermöglichen Ihren Beschäftigten bereits eine Kinderbetreuung, die nicht an den Arbeitsplatz gebunden ist.
 
Robert Half, Gehaltsübersicht 2021, Oktober 2020
https://www.roberthalf.de/gehalt   



„Rebell*innen“ im Unternehmen sind eine Bereicherung


Eine Umfrage für den aktuellen Hernstein Management Report, in der ca. 1600 Führungskräfte befragt wurden, befasst sich mit der Rolle von Beschäftigten, die gegen den Strom schwimmen. Eine zentrale Erkenntnis: Solche „Rebell*innen“ haben einen positiven Einfluss auf ihre Unternehmen. 57 % der Führungskräfte sagten, dass diese andersdenkenden Beschäftigten Arbeitsergebnisse positiv beeinflussen. 49 % der Befragten gaben an, dass jene Mitarbeitenden besonders wertvoll für die Erreichung von Unternehmenszielen sind. Hierbei begrüßen die Führungskräfte die innovativen Denkanstöße und die ehrliche Kritik durch jene Beschäftigte. Die Auswirkungen dieser Mitarbeitenden im Team werden unterschiedlich gesehen. 46 % der Führungskräfte sehen positive Effekte, 44 % eher negative. 
Jede dritte Führungskraft beschreibt die Zusammenarbeit dabei als herausfordernd. Dennoch würden 65 % der Befragten jene Mitarbeitende bei einem Unternehmensaustritt vermissen. Dieser Anteil steigt prozentual mit der Höhe der Hierarchieebene der Befragten. Die höchste Managementebene findet solche Verluste weitaus schlimmer als Führungskräfte auf niedrigen Ebenen.

Hernstein & Triple M Matzka Meinungs­forschung, Hernstein Management Report 2020, Januar 2021 

Anziehungskraft mittelständischer Arbeitgeber sinkt


Laut Corona HR Monitor des Trendence Institutes sinkt die Arbeitgeberattraktivität mittelständischer Unternehmen. Für den Monitor werden monatlich durchschnittlich 2000 Menschen befragt. Insbesondere bei Studierenden sank sie deutlich. Lediglich ¼ von ihnen möchte sich bei Mittelständlern bewerben. Dies ist ein Rückgang um 19 % im Vergleich zum Vorjahr. 27 % der jobsuchenden Akademiker*innen fänden einen Job im Mittelstand für interessant, 7 % weniger als im Vorjahr. Bei nicht akademischen Fachkräften sank der Anteil um 6 %. Dagegen würde sich jede*r fünfte Schüler*in im Mittelstand bewerben.

Insgesamt wird aber deutlich: die Mehrheit der Beschäftigten bevorzugt Stellen in Konzernen. Hierbei sind Jobsicherheit und die höhere Resilienz in Krisenzeiten von enormer Bedeutung. Die Jobsicherheit hat mittlerweile das Gehalt als Hauptgrund bei der Arbeitgeberwahl abgelöst. Corona und seine Folgen spielen hierbei eine wichtige Rolle: 39 % der Berufserfahrenen, 34 % der Studierenden und 30 % der Fachkräfte äußerten, dass sich ihre Präferenzen zum Arbeitgeber während der Pandemie geändert haben.

Trendence Institut GmbH, Trendence HR Monitor, März 2021
https://www.pressebox.de/pressemitteilung/trendence-institut-gmbh/Mittelstand-verliert-bei-Bewerbern-an-Zugkraft/boxid/1047197



Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und technisches Know-How als entscheidende Eigenschaften


Eine Befragung des Beratungsunternehmens Deloitte unter 2260 Führungskräften – darunter 126 aus Deutschland offenbart, dass nur 22 % der deutschen Führungskräfte glauben, dass ihr Unternehmen im Fall einer weiteren Krise schnell reagieren und solche disruptiven Ereignisse angemessen meistern könnte. 53 % glauben, dass Ereignisse wie die Coronapandemie zukünftig wahrscheinlicher werden. Organisationale Eigenschaften wie Flexibilität, Anpassungsfähigkeit und technisches Know-How waren laut den Befragten besonders wichtig und werden es auch in zukünftigen Krisensituationen sein.

Deloitte, Deloitte Resilience Report 2021, Februar 2021
https://www2.deloitte.com/de/de/pages/energy-and-resources/articles/resilience-report-2021.html




Corona als Flexibilisierungstreiber 

 

Das Fraunhofer-Institut befragte im Februar 2021 gemeinsam mit dem DGFP 328 Unternehmens- bzw. Personalverantwortliche rund um das Thema Arbeitszeitflexibilisierung in Corona-Zeiten. 1/3 der befragten Unternehmen hat derzeit keinen Arbeitszeitrahmen mehr, es gelten dennoch die gesetzlichen Regelungen. ¼ verzichtet auf eine Kernarbeitszeit. Jedes zehnte Unternehmen hat zudem den festen Arbeitszeitrahmen und/oder Kernarbeitszeiten während Corona ausgesetzt, um mehr zeitliche Flexibilität zu schaffen. Bei 30 % der Unternehmen, die ihren Arbeitszeitrahmen, während der Coronapandemie anpassten, lag das Ende der Arbeitszeit bei 21 Uhr oder später.

Hinzu kommt, dass 12, 7 % der Unternehmen ihren Beschäftigten während der Pandemie die Möglichkeit zur Samstagsarbeit einräumten. Dies birgt die Gefahr einer dauerhaften Erhöhung der Arbeitszeit. Ein Problem beim mobilen Arbeiten bleibt laut Studie die mobile Arbeitszeiterfassung. Mehr als jedes siebte Unternehmen hat keinen offiziellen Prozess dazu.

Home-Office und mobile Arbeit helfen jedoch insbesondere Beschäftigten in Produktions- bzw. Schichtbetrieben nicht. Hier setzten betroffene Unternehmen auf versetzte Pausenzeiten und Schichtübergänge. 68 % nutzen versetzte Pausenzeiten, 55, 9 % versetzte Schichtübergaben und 54, 2 % setzten weniger Beschäftigte gleichzeitig in einer Schicht ein. Auch hier kam es durch Corona also zu einer Arbeitszeitflexibilisierung.

Fraunhofer-Institut & DGFP, Arbeiten in der Corona-Pandemie, Potenziale zeitlicher Flexibilität in Büro- und Schichtarbeit, April 2021
https://www.dgfp.de/fileadmin/user_upload/DGFP_e.V/Medien/Publikationen/2021/2021_Arbeiten_in_der_Corona-Pandemie_Arbeitszeitflexibilitaet.pdf



Home-Office beeinflusst Produktivität der Beschäftigten negativ


Eine Studie der Ökonomen Michael Gibbs, Friederike Mengel und Christoph Siemroth zeigt: Die Produktivität von Beschäftigten im Home-Office sinkt. Hierzu untersuchten sie bei über 10000 Beschäftigten eines der weltweit größten IT-Dienstleistern in mit Sitz in Asien, wie sich eine halbjährige Home-Office-Phase zu Corona-Zeiten auf die Produktivität auswirkte. Hierzu wurden größtenteils Wissensarbeitende mit guter Ausbildung, die neue Software entwickelten, viel kollaborieren mussten und anspruchsvolle Kundenkontakte hatten.

Es zeigt sich: Die Beschäftigten arbeiteten durchschnittlich 30 % länger ohne mehr Aufgaben zu haben. Die Produktivität sank um durchschnittlich 20 %. Die Gründe hierfür waren, dass die Beschäftigten mehr Zeit in virtuellen Meetings verbrachten und somit weniger am Stück arbeiten konnten. Home-Office bringt also Zeitgewinn beim Einsparen von Arbeitswegen, aber der Aufwand für Kommunikation und Abstimmung erhöht sich. Dieser Aufwand fällt allerdings geringer bei jenen Mitarbeitenden aus, die schon länger im Unternehmen sind. Dies hat damit zu tun, dass sie Prozesse und Strukturen im Unternehmen besonders gut kennen. Dir Produktivität sank zudem am meisten bei jenen Mitarbeitenden, die gleichzeitig noch die Kinderbetreuung zuhause übernahmen.

Michael Gibbs, Friederike Mengel, Christoph Siemroth, Work from Home & Productivity: Evidence from Personnel & Analytics Data on it Professionals, Mai 2021
https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3846680
https://www-gq--magazin-de.cdn.ampproject.org/c/s/www.gq-magazin.de/lifestyle/artikel/homeoffice-studie-beweist-wir-arbeiten-zuhause-laenger-und-schaffen-weniger-5-tipps-fuer-groessere-produktivitat?amp

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