Donnerstag, 16. September 2021

Berufstätige Eltern – und wie fürsorglich Arbeitgeber sein können

Beruf und Kinder – oft ein allzu heftiger Spagat (©berufundfamilie Service GmbH)

Heute ist Tag der berufstätigen Eltern! Grund genug sich anzuschauen, was familienbewusste Arbeitgeber anbieten, um berufstätige Eltern bei der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben zu unterstützen. Beispiele aus der Praxis finden Sie hier zum Nachlesen im Blog.

Kind krank, Kita fällt aus, Schulferien … Berufstätige Eltern stehen immer wieder vor der Herausforderung, Beruf, Familie und Privatleben unter einen Hut zu bringen. Während der Coronapandemie entstand daraus bei vielen sogar ein regelrechtes Vereinbarkeitsdilemma: Home-Office bei gleichzeitigem Homeschooling und ausfallende Kinderbetreuung belasteten zahlreichte Eltern extrem. Sie verlagerten ihre Arbeitszeit oftmals in die Abendstunden oder auf das Wochenende, da Kinderbetreuungszeiten mit der gewöhnlichen Arbeitszeit kollidierten. Ein Drittel aller berufstätigen Eltern mit Kindern unter 14 Jahren schoben ihre Arbeitszeit zumindest teilweise, bei Beschäftigten ohne Kinder lag dieser Anteil bei 16 %.[1]

Heute ist Tag der berufstätigen Eltern und den haben wir zum Anlass genommen, die Aufmerksamkeit auf das zu richten, was Arbeitgeber tun, um ihre mitarbeitenden Mütter* und Väter* bei der Vereinbarkeit von Beruf und Kind zu unterstützen und damit deutlich zu entlasten. Genauer gesagt beschreiben wir Auszüge aus dem Maßnahmenangebot von nach dem audit berufundfamilie bzw. audit familiengerechte hochschule zertifizierten Organisation.

Es darf gestaunt werden, was familienbewusste Arbeitgeber alles für berufstätige Eltern tun. Welche Maßnahmen es gibt, zeigen die Praxisbeispiele, die wir entlang der acht personalpolitischen Handlungsfelder im audit berufundfamilie beschreiben: Arbeitszeit, Arbeitsorganisation, Arbeitsort, Information und Kommunikation, Führung, Personalentwicklung, Entgeltbestandteile und geldwerte Leistungen sowie Service für Familien.

Es ist hierbei wichtig, zu betonen, dass Leistungsangebote nicht losgelöst voneinander zu schaffen sind, sondern dass es einer fortlaufenden Analyse der Bedarfe der Beschäftigten und der betriebsindividuellen Rahmenbedingungen bedarf. Nur so kann ein tatsächlich benötigtes und tragfähiges Maßnahmenportfolio – also Angebote, die idealerweise aufeinander abgestimmt sind – etabliert und stetig weiterentwickelt werden. Die hier genannten Praxisbeispiele stellen lediglich ein Ausschnitt aus dem Maßnahmenspektrum der jeweiligen Arbeitgeber dar.

Arbeitszeit 

 
Die Arbeitszeit ist ein wichtiger Faktor für berufstätige Eltern, da sie sich gerade bei Kindern in betreuungspflichtigen Alter nach Betreuungszeiten in externen Einrichtungen richten müssen. Sie benötigen hier also vor allem eins: Flexibilität. Zahlreiche zertifizierte Arbeitgeber bieten daher eine große Anzahl an individuellen, auch befristeten Teilzeitmodellen und Arbeitszeitflexibilisierung durch Gleitzeit oder Arbeitszeitkonten. Auch Ausbildungen in Teilzeit werden vielerorts angeboten. Erwähnenswert sind zudem Job-Sharing-Modelle, bei denen sich berufstätige Eltern eine Vollzeitstelle teilen.

In zertifizierten Betrieben mit Schichtarbeit können Beschäftigte mit Kleinkindern vorübergehend von der Teilnahme am Nachtdienst befreit werden oder der Arbeitszeitbeginn wird versetzt und an Öffnungszeiten von Betreuungseinrichtungen angepasst. Einige Arbeitgeber bieten sogar spezielle Familien- oder Mütterschichten an. Diese umfassen dann z.B. feste Arbeitszeiten von Montag bis Freitag. Einige Arbeitgeber gewähren zusätzliche Wochen an Mutterschutz und eine Anzahl an Kinderkranktagen über den gesetzlichen Anspruch heraus. Besonders hervorzuheben ist eine Organisation, die auch bei der Erkrankung der*des Partners*Partnerin eine fünftägige, bezahlte Freistellung gewährt, wenn ansonsten die Kinderbetreuung von Kindern bis zum zwölften Lebensjahr nicht gewährleistet werden kann. 

Andere Arbeitgeber offerieren auch verlängerte Elternzeiten über das gesetzliche Maß hinaus und/ oder ein volles Rückkehrrecht auf eine Vollzeitstelle. Einige Organisationen setzen auf Teilzeitmöglichkeiten während der Elternzeit, um Karriereunterbrechungen zu vermeiden. Auch Rückkehrgarantien auf denselben Arbeitsplatz, erleichtern Eltern den Wiedereinstieg.


Arbeitsorganisation

Im personalpolitischen Handlungsfeld Arbeitsorganisation geht es um organisatorische Regelungen und Instrumente wie z.B. Dienstvereinbarungen, Teambuildingmaßnahmen oder auch das betriebliche Gesundheitsmanagement.
Bei einigen Arbeitgebern ist es im Rahmen eines Mottotages möglich, dass Beschäftigte ihre Kinder mit zur Arbeit bringen. So können die Kinder sehen, was Mama* und Papa* auf der Arbeit machen.

Berufstätige Eltern profitieren bei zertifizierten Arbeitgebern häufig zudem von Kontakthalteprogrammen, wenn sie in Elternzeit sind. Bei solchen Programmen erhalten die Mitarbeitenden u.a. relevante Informationen zu Veränderungen oder auch Fortbildungen und Einladungen zu Betriebsfesten. Darüber hinaus sind Planungsgespräche und Rückkehrgespräche feste Bestandteile. Viele Organisationen arbeiten mit Checklisten, in denen die Bedarfe von Mitarbeitenden erfasst werden. So wird z.B. der Wunsch nach Informationen und Arbeitsmöglichkeiten während der Elternzeit abgefragt.

Eine innovative Maßnahme von Organisationen ist die Einführung von Patenmodellen im Rahmen der Elternzeit. So werden bei der Planung einer Elternzeit Pat*innen aus dem beruflichen Umfeld ernannt, um die Verbindung zwischen der Organisation und den Elternzeitler*innen zu halten. Der*die Pat*in informiert dann über Veränderungen in der Abteilung oder am Arbeitsplatz. Die Patenschaft beruht dabei auf Freiwilligkeit und Wünsche der Elternzeitler*innen werden berücksichtigt. Sollte kein* e Pat*in gefunden werden, übernimmt die*der Vorgesetzte diese Rolle.
Besonders erwähnenswert sind auch spezielle Mitarbeitendenveranstaltungen für Frauen*, die über die Auswirkungen von Familienpause, Teilzeitarbeit auf die eigene Alterssicherung informieren und Handlungsoptionen zeigen.


Arbeitsort

Für berufstätigte Eltern spielt der Arbeitsort eine herausragende Rolle, auch hier sind sie auf flexible Lösungen ihres Arbeitgebers angewiesen, um etwaige Betreuungsengpässe überbrücken zu können. Viele zertifizierte Arbeitgeber setzen hier auf flexible Angebote wie beispielsweise im Bereich Home-Office und bieten ihren Beschäftigten mit Kindern auch kurzfristig die Möglichkeit, ins Home-Office zu gehen oder generell alternierende Telearbeit zu nutzen. Neben dem vielfach bekannten Eltern-Kind-Arbeitszimmer im Betrieb sind eigens kreierte „Schüler*innen-Ecken“ auf der Arbeitsstätte, in denen schulpflichtige Kinder dann Hausaufgaben machen können, wenn ihre Eltern noch arbeiten müssen und die Betreuung fehlt, eine Lösung.


Information und Kommunikation

Es nützt nichts, wenn es noch so viele kreative und sinnvolle familienbewusste Angebote vom Arbeitgeber gibt, diese aber die Eltern nicht erreichen. Unerlässlich sind daher die systematische Information und Kommunikation – sowohl zu den Maßnahmen selbst als auch zu den Ansprechpersonen, so dass die Eltern auch gleich wissen, an wen sie sich mit ihren Vereinbarkeitsanliegen wenden können.

Viele nach dem audit berufundfamilie zertifizierte Organisationen schaffen hier für eigens Familienportale im Intranet, auf denen alle Informationen niederschwellig und gebündelt zur Verfügung gestellt werden. Hierbei ist sichergestellt, dass die Beschäftigten auch von Zuhause auf diese Informationen zugreifen können. Hier können die mitarbeitenden Eltern z.B. nachlesen, wie sie einen Kinderbetreuungszuschuss beantragen können oder es werden Best-Practice-Beispiele zu Vereinbarkeitsthemen kommuniziert. In diesem Zusammenhang ist z.B. eine Interviewreihe denkbar, bei der Beschäftigte ihre Erfahrungen teilen und darstellen, welchen Anteil der Arbeitgeber an diesen Lösungen hat.

Auch ganze Leitfäden zur Begleitung von familienbedingt freigestellten Mitarbeitenden werden veröffentlicht, um so den Wiedereinstieg zu erleichtern. Newsletter sind weiterhin ebenfalls eine gute Möglichkeit, Beschäftigte regelmäßig über Vereinbarkeitsangebote zu informieren.
Einige Arbeitgeber installieren zudem bewusst feste Ansprechpersonen zu relevanten Themen für berufstätige Eltern und so einen direkten Draht zu schaffen. Hierzu zählt auch die Einrichtung von Familienservicebüros.

Auch die interaktive Kommunikation kommt bei den Arbeitgebern nicht zu kurz: So bieten sie Mitarbeitenden- und Familienfeste an oder Zukunftstage für Mädchen* und Jungen*. Einige Betriebe veranstalten Elternzeitfrühstücke.


Führung

Für die Durchdringung einer Organisation mit dem Thema Vereinbarkeit ist es unabdingbar, dass Führungskräfte miteinbezogen und sensibilisiert werden – und im besten Fall Angebote selbst nutzen. Um Letzteres fördern zu können, bieten viele Organisationen ihren Eltern die Möglichkeit zum Top-Sharing an, also dem Führen in Teilzeit durch Besetzung der Führungsposition mit zwei Beschäftigten. So wird das auch Signal gesendet, dass Kind und Karriere durchaus möglich sind.

Wie Führungskräfte für Vereinbarkeitsthemen sensibilisiert und als Fürsprechende gewonnen werden? In der Regel sensibilisieren Arbeitgeber in speziellen Führungskräfteseminaren zum Themenfeld Vereinbarkeit. Viele Organisationen setzen auf Führungsleitlinien zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben. Darin enthalten sind z.B. bestimmte Grundsätze wie „Führungskraft als Vorbild“, „Unterstützung von Elternzeit“ oder „Familiengerechte Arbeitszeitgestaltung“.


Personalentwicklung

Viele Eltern befürchten, dass ihre Kinder für sie zur Karrierefalle werden, da sie davon ausgehen, dass sie mit ihnen nicht mehr so flexibel agieren können. Ziehen sich Eltern dann bzgl. ihrer beruflichen Entwicklung zurück, sehen Arbeitgeber oftmals auch keinen Anlass mehr in diese zu investieren. Doch es geht auch anders, wie Maßnahmen auditierter Organisationen im Handlungsfeld Personalentwicklung zeigen. Allen voran fördern sie die Entwicklung durch Weiterbildungen während der Elternzeit. Wichtig ist, diese den berufstätigen Eltern aktiv anzubieten und auch das Angebot in die Breite zu kommunizieren. Das kann für Mitarbeitende in der Familiengründungsphase ein wichtiges Signal bedeuten.


Entgeltbestandteile und geldwerte Leistungen

Besonders vielfältige Maßnahmen haben zertifizierte Organisationen im Handlungsfeld Entgeltbestandteile und geldwerte Leistungen für berufstätige Eltern geschaffen. Zu nennen sind hier etwa die Zahlungen von Kinderzulagen, Kinderbetreuungszuschüsse – auch für kurzfristige Notfallbetreuungen, Zuschüsse bei der Geburt oder ein eigenfinanziertes Elterngeld in einer bestimmten Höhe seitens des Arbeitgebers bis zum 36sten Lebensmonat. Es gibt auch Kinder-Willkommensgelder, die bei Geburt ausgezahlt werden. Hinzu kommen zudem oftmals noch Ferienbetreuungszuschüsse. 

Viele Organisationen machen ihren Mitarbeitenden zudem persönliche Geschenke zur Geburt mit Windelgutscheinen oder Willkommenspaketen für werdende Eltern. Diese enthalten u.a. ein persönliches Anschreiben, Informationen zu Vereinbarkeitsmaßnahmen des Arbeitgebers, Informationen des Gesetzgebers zu dem Thema und kleinen Geschenke wie Babysöckchen oder ein Babybody. Einige Organisationen bieten es ihren Beschäftigten an, dass die*der Partner*in und Kinder ebenfalls kostenlos in der betriebseigenen Kantine essen können.


Services für Familien

Berufstätige Eltern können hier bei engagierten Arbeitgebern auf ein umfassendes Maßnahmenangebot hoffen. So bieten viele Arbeitgeber ihren Beschäftigten, auch in Kooperation mit Städten oder anderen Unternehmen Belegplätze in Krippen oder Kitas. Einige Arbeitgeber gehen sogar weiter und betreiben eigene Kindertageseinrichtungen, die sich auch an den üblichen Arbeitszeiten ihrer Beschäftigten orientieren, um so auch Randzeitenbetreuung oder Brückentagsbetreuung zu gewährleisten. Besonders viele Arbeitgeber setzten hier auf externe Dienstleister mit Betreuungs- bzw. Notfallbetreuungsangeboten und übernehmen hierfür die Kosten. Einige Arbeitgeber bieten zudem die Vermittlung von haushaltsnahen Dienstleistungen über externe Dienstleister an, um berufstätige Eltern bei der Hausarbeit zu entlasten. Kreative Lösungen bei Betreuungsnotfällen sind zudem Eltern-Kind-Büros (siehe auch Arbeitsort) oder mobile Spielkoffer, die Beschäftigte nutzen können, wenn sie ihr Kind im Betreuungsnotfall mit zur Arbeit nehmen müssen.
Einige Organisationen machen auch eigene Ferienbetreuungsangebote wie Sommercamps oder Ausflüge etc., an denen Mitarbeitendenkinder kostenlos teilnehmen können und in denen sie dann einige Wochen in den Ferien betreut sind. Besonders erwähnenswert ist auch ein Ferienprogramm für Beschäftigtenkinder, das von den Auszubildenen des Arbeitgebersmit organisiert und durchgeführt wird. Zertifizierte Hochschulen bieten darüber hinaus auch Kinder-Campus-Tage in den Schulferien an, die ergänzt sind mit einem mehrtägigen Kinderferienprogramm.

Besonders innovativ ist auch die Durchführung einer Kinderweihnachtsfeier, bei der die Beschäftigtenkinder altersgerechte Geschenke erhalten. Die Kinder können dabei gemeinsam den Nachmittag mit ihren Eltern bei einem jährlich wechselnden Weihnachtsprogramm verbringen.

Einige Arbeitgeber bieten darüber hinaus auch spezielle Beratungen in den unterschiedlichsten Not- und Krisensituationen wie z.B. psychische Belastungen oder Erziehung und Schule an. So gibt es auch die Möglichkeit einer 24-Stunden-Beratungshotline, die rund um die Uhr zu allen Lebenslagen berät. Die Kosten hierfür trägt der Arbeitgeber.

Augenmerk auf Angebote für berufstätige Eltern – Win-Win für alle

Diese vorangegangene Auswahl an Praxisbeispielen zur Unterstützung von berufstätigten Eltern zeigt: Beruf und Familie, in diesem Fall Kinder, lassen sich in Einklang bringen und müssen kein Karriereaus sein. Doch dazu reichen nicht ein paar einzelne familienfreundliche Lösungen. Um nachhaltige Effekte erreichen zu können, sollten sich Arbeitgeber systematisch mit einer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik aufstellen und unter den betrieblichen Rahmenbedingungen passgenaue Lösungen schaffen. Berufstätige Eltern müssen dabei das Gefühl bekommen, dass sie nicht wieder mit dem Kinderthema nerven, sondern der Arbeitgeber hierfür durchaus Verständnis hat. So kann das Potenzial, das viele berufstätige Eltern haben, sich wieder besser entfalten und sie können motiviert in den Job starten. Eine klassische Win-Win- Situation für alle Beteiligten.



[1] Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit (IAB), Corona-Zusatzbefragung des Linked Personnel Panel (LPP), Juli 2021
https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/corona-pandemie-draengte-muetter-zur-arbeit-am-wochenende-17445700.html

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