Mittwoch, 29. September 2021

Vereinbarkeit in Zahlen: New Normal für alle?

Stichwörter zum Thema Arbeitswelt (©berufundfamilie Service GmbH)

In Sachen Diversität gibt es noch viel Arbeit in deutschen Unternehmen. Viele Führungskräfte sehen sich gewappnet für die hybride Arbeitswelt und die Digitalisierung spaltet die Arbeitswelt. All das und viel mehr Neues aus der Studienwelt, finden Sie hier in unserer neuen Ausgabe „Vereinbarkeit in Zahlen.“


Diversitäts-Nachholbedarf in deutschen Unternehmen


Lediglich bei 26% der deutschen Unternehmen zählen Personen, die für den Themenbereich Diversität verantwortlich sind, zum Vorstand. Vielfalt ist daher bei vielen nicht Chefsache. Dies geht aus dem „German Diversity Monitor 2021“ von Beyond Gender Agenda in Zusammenarbeit mit der Otto-von-Guericke-Universität Magdeburg hervor. Für den Monitor wurden 160 börsennotierte Unternehmen, darunter auch die Dax-40-Unternehmen nach sechs Diversitätsdimensionen unter die Lupe genommen. Dies Basis des Monitors besteht dabei einmal aus den Geschäftsberichten 2020 und einer anonymen Umfrage zur Wahrnehmung von Diversität und einem inklusiven Arbeitsumfeld. Die untersuchten Diversitätsdimensionen sind Gender, Generation, Ethnicity, Disability, LGBTQ+ und Social Mobility. 88% der Unternehmen sehen in Diversität einen wirtschaftlichen Mehrwert. Messkriterien, die diese Wahrnehmung unterstützen, sind allerdings nur bei 26% der Unternehmen etabliert. 50% der Unternehmen gaben zudem an, dass sie nicht wüssten, ob Mitglieder der Unternehmensführung den Diversitätsdimensionen LGBTQ+, Disability oder Social Mobility zugehörig sind.

Hinsichtlich der Relevanz der Diversitätsdimensionen liegt die Geschlechterdiversität mit Abstand vorne. Ebenfalls für äußert relevant werden die Dimensionen Generation und Ethnicity gehalten. Dies zeigt sich jedoch nicht in der Zusammensetzung der Vorstände. Auf den hinteren Plätzen der Relevanzskala landen die Diversitätsdimensionen Disability, LGBTQ+ und Social Mobility. Besonders die geringe Relevanz von LGBTQ+ ist überraschend, da sie besonderes in Marketing und Kommunikation von Unternehmen äußerst präsent ist. Ein wesentlicher Faktor für die geringe Relevanz von Disability ist, dass die gesetzlich vorgegebene Einstellungsquote für Menschen mit Behinderungen durch Ausgleichzahlungen umgangen werden kann. Obwohl die Unternehmen Geschlechterdiversität als besonders relevant deklarieren, finden sich wenige Frauen* auf der Vorstandsebene der Befragten. Mehr als die Hälfte der untersuchten Unternehmen im DAX 40, MDAX und SDAX haben überhaupt keine Frau als Mitglied. Der Frauenanteil lag Ende 2020 lediglich bei 11%.

In letzter Zeit war die Diversitätsdimension LGBTQ+ besonders im öffentlichen Fokus. Dies spiegelt sich auch bei der Erhebung wider: 40% der Unternehmen bewerten die Relevanz von LGBTQ+ als hoch. Dies ist ein Anstieg um 7% im Vergleich zum Vorjahr. Hier offenbart sich allerdings eine Diskrepanz: 40% der Unternehmen bewerten die Relevanz von LGBTQ+ zwar als äußerst hoch, dennoch haben unter 20% spezifische Maßnahmen zur Förderung.
Besonders ernüchternd ist die Relevanz im Hinblick auf Menschen mit Behinderungen. Für über 30% haben sie eine geringe Bedeutung.

Beyond Gender Agenda, German Diversity Monitor 2021, September 2021
https://beyondgenderagenda.com/germandiversitymonitor/#info2



Lockdown als Zerreißprobe für Vereinbarkeit von Beruf und Familie

Die Familien-Studie der pronova BKK, für die 1.000 Menschen mit mindestens einem Kind im Haushalt befragt wurden, lässt tief blicken. 53% aller berufstätigen Mütter* und Väter*c waren durch die Mehrfachbelastung aus Homeschooling, Kinderbetreuung und Arbeit überfordert. 4 von 10 Befragten gaben außerdem an, dass ihre Arbeit unter dem erhöhten Betreuungsaufwand für die Kinder gelitten habe. Insbesondere jüngere Eltern hatten mit der Situation zu kämpfen. In der Altersgruppe der unter 35-Jährigen fühlten sich 58% mit Kinderbetreuung und Job überfordert. 51% von ihnen äußerte, dass ihr Beruf unter Situation gelitten habe.
Insbesondere das Homeschooling forderte die Eltern extrem. Hier waren insbesondere jene Befragten überfordert, die jüngere Schulkinder hatten und daher viel Erklärungsbedarf beim Unterrichtsstoff bestand. 2/3 der Eltern mit Kindern im Alter von 6-13 war die Belastung durch das Homeschooling zu viel. Bei Befragten mit kleineren Kindern oder Jugendlichen ab 14, waren es noch knapp die Hälfe der Befragten, die sich im Lockdown manchmal überfordert fühlte. 

Jede zweite Familie griff auf Unterstützung bei der Betreuung zurück – privat oder in Betreuungseinrichtungen. So nutzten 72% der Eltern unter 35 Betreuungsangebote, um weiter arbeiten zu können. Lediglich 38% der Mütter* und Väter* nahmen zwecks Betreuung Kind krank-Tage während der Schul- und Kita-Schließungen.

61% der berufstätigen Eltern erhielten Verständnis von der Führungskraft für ihre Situation im Lockdown. Über die Hälfte nutzte zudem Angebote des Arbeitgebers wie z.B. Home-Office, um Beruf und Kinderbetreuung besser zu vereinbaren. 1/3 der befragten Eltern profitierten sogar von speziellen Angeboten ihrer Arbeitgeber. Bei 27% gab es lediglich die gesetzlich vorgeschriebene Möglichkeit zum Home-Office. Besonders auffallend hier: Insbesondere Eltern mit akademischem Abschluss waren Nutznießer*innen von flexiblen Arbeitszeiten oder Home-Office. Von Ihnen konnten 76% spezielle Angebote für Eltern in Anspruch nehmen.

pronova BKK, Familien in der Krise, Juli 2021
https://www.presseportal.de/pm/119123/5008397



Loyalität zum Arbeitgeber hoch im Kurs


Laut der Studie des Randstad Employer Brand Research 2021 haben viele deutsche Arbeitnehmende großes Vertrauen in ihren Arbeitgeber in Zeiten von Corona. Lediglich 12% sehen ihren Arbeitgeber aufgrund des Krisenmanagements in einem schlechteren Licht als vor der Pandemie. 59% der Befragten geben sogar an, dass die Loyalität durch die Unterstützung des Arbeitgebers im Home-Office gestiegen sei. Von einem guten Krisenmanagement des Arbeitgebers profitierten vor allem die Beschäftigten. So konnten 53% der Befragten trotz Corona und den damit verbundenen Regeln ohne Einschränkungen arbeiten.

Im Branchenvergleich offenbaren sich Unterschiede bei der Beschäftigtenloyalität. Wenig überraschend: Die Loyalität zum Arbeitgeber ist im Gesundheitswesen bei 21% der Beschäftigten aufgrund des Corona-Krisenmanagements gesunken. Bei 62% wuchs die Loyalität allerdings aufgrund der Reglungen zur Remote Work. Besonders hoch ist dieser Zuspruch in der Logistik, hier liegt er bei 76%. Nur 9% haben hier ein schlechteres Bild von ihrem Arbeitgeber. Im Handel bewerten 15% ihren Arbeitgeber aufgrund des allgemeinen Krisenmanagements negativer. Bezogen auf die Möglichkeiten zur Remote Work sehen 52% ihren Arbeitgeber allerdings positiver.

Die Studie wird weltweit in 34 Ländern durchgeführt. Allein in Deutschland wurden 3.900 Beschäftigte und Arbeitsuchende im Alter zwischen 18 und 65 online befragt. Im Fokus der Befragung stehen der Bekanntheitsgrad, die Attraktivität der Unternehmen und Kriterien, die für die Befragten einen attraktiven Arbeitgeber ausmachen.

Randstad Deutschland, Randstad Employer Brand Research, September 2021
https://www.presseportal.de/pm/13588/5025718



Führungskräfte fühlen sich bereit fürs New Normal

Die Coronapandemie stellte insbesondere Führungskräfte vor neue Herausforderungen in Sachen Kommunikation und Arbeitsorganisation im Team. Erweiterte Möglichkeiten in Sachen Digitalisierung, Home-Office und hybriden Arbeiten hatten erhebliche Einflüsse auf die Arbeitswelt. Wie hat sich also der Arbeitsalltag für Führungskräfte durch die Pandemie verändert? Diese Frage steht im Zentrum einer Studie von Talentsoft gemeinsam mit dem Marktforschungsinstitut Appinio, für die 105 Führungskräfte und 400 Beschäftigte befragt wurden. Die virtuelle Arbeit und das Führen auf Distanz benötigt neue Strukturen. 91,4% der Führungskräfte gaben an, dass sie ihre Teams bei der Anpassung an diese neuen Gegebenheiten unterstütz haben.

Lediglich 8,6% äußerten dies nicht getan zu haben. 72,4 % fühlten sich ausreichend durch ihre Führungskraft und ihrem eigenen Management genug unterstützt. 27,6% hätten sich dagegen mehr Unterstützung gewünscht. Um den veränderten Bedingungen im New Normal zu begegnen, bedarf es Kompetenzen für das Führen auf Distanz. 50% der Führungskräfte nahmen daher bereits an fachspezifischen Weiterbildungen teil. 29% absolvierten Schulungen im Bereich Zeitmanagement, ein wichtiger Aspekt im Home-Office. 38,1% und 37,1% der befragten Führungskräfte haben noch Weiterbildungsbedarf in den Themenbereichen Kommunikation und Digitalisierung. Lediglich 25% von ihnen haben Interesse an Weiterbildungen zu den Themen Soft Skills und Selbstorganisation.

Der Anteil der Führungskräfte, die ausschließlich im Home-Office arbeiteten, stieg enorm von 10% auf 21%. Bei jenen Führungskräften, die bereits vor der Pandemie hybrid arbeiteten, gab es keine Veränderungen durch die Coronapandemie. In Bezug auf die Frage nach einer besseren Work-Life-Balance sind die Befragten gespalten. Für 51.5% hat sich mit dne Veränderungen die Work-Life-Balance verbessert, 48,5% der Befragten spürten keine Unterschiede.

Talentsoft & Appinio, Befragung von Führungskräften und Arbeitnehmende zu Kommunikation und Unterstützung während der Pandemie, September 2021
https://www.presseportal.de/pm/82108/5020206


Home-Office und Co. befeuern Gräben zwischen Beschäftigten

Corona veränderte die Arbeitswelt rapide. Doch wie wirkt sich das auf die unterschiedlichen Beschäftigten in Deutschland aus? Eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstitut YouGov im Auftrag des Versicherers HDI offenbart: Mitarbeitende driften durch die veränderten Arbeitsbedingungen auseinander. Es wurden insgesamt 3.700 Erwerbstätige befragt. 36% äußerten, dass sie durch Corona eine positivere Einstellung zu ihrem Arbeitgeber bekommen haben. Dieser Optimismus spiegelt sich insbesondere bei IT-Experten, Führungskräften und Menschen mit einem Nettoeinkommen von mehr als 5.000 Euro wider. Bei 15% der Befragten verschlechterte sich allerdings die Einstellung zum Arbeitgeber durch die Coronapandemie. Beide Einstellungswerte legten im Vergleich zu 2020 jeweils um 3% zu, sodass sich die Spaltung der Arbeitswelt zu vertiefen droht.

Laut den Machern der Studie ist die Digitalisierung der Treiber dieser Spaltung. Während die einen Beschäftigten durch sie flexibler arbeiten und Arbeitswege einsparen können, ist für die einen Home-Office keine Option und ihr Job wird auch in absehbarer Zeit nicht digitalisierbar sein. Dies wirkt sich auch auf die Bereitschaft zum Jobwechsel aus. So geben 27% der Befragten an, dass die Bereitschaft zum Jobwechsel steige, im vergangenen Jahr sagten dies lediglich 18%.

Jeder fünfte Befragte arbeitet an einem beruflichen Aufstieg im kommenden Jahr und fast jeder Dritte rechnet mit einem steigenden Gehalt. Hier wird die Spaltung abermals sichtbar: Die eine Beschäftigtengruppe sucht nach noch mehr und die andere Gruppe braucht einem Jobwechsel, da die aktuelle Situation nicht mehr tragfähig sei.


YouGov & HDI, Bevölkerungsrepräsentative YouGov-Umfrage im Auftrag von HDI unter 3.716 erwerbstätigen Bundesbürgern im Juni und Juli 2021, September 2021
https://www.wiwo.de/erfolg/homeoffice/corona-folgen-die-pandemie-spaltet-die-arbeitswelt/27571284.html




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