Auch
wenn man manchmal vom sinnvollen Vereinbarkeitspfad abkommt – ein Learning ist
es allemal (©pixabay.com) |
Aus Fehlern lernen, das können Arbeitgeber auch in der familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik. Zum Jahresbeginn 2022 geben wir hier im Blog ein paar Beispiele von Famous Failures der betrieblichen Vereinbarkeitspolitik – und damit den Anstoß, was sich – nicht nur im neuen Jahr – besser machen bzw. worauf sich achten lässt.
Gehen wir es zunächst per Definition an: „Lernen aus Fehlern ist als ein Spezialfall des erfahrungsbasierten Lernens anzusehen. … Es wird unter der Annahme wissenschaftlich untersucht, dass durch die Beschäftigung mit dem Falschen das Wissen des Richtigen und die Fähigkeiten zum richtigen Handeln verbessert werden, also der Wiederholung von Fehlern vorgebeugt werden kann.“ (Vgl. Wikipedia)
Auch in der Gestaltung einer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik können und werden Fehler gemacht. Wir wollen einige davon beispielhaft benennen und Arbeitgebern zugänglich machen. Ein etwas anderer Zugang zur Praxis der Vereinbarkeitspolitik also, der hoffentlich trotzdem eingängig und lehrreich ist. Angemerkt sei hier, dass die meisten der genannten Beispiele nicht aus der Praxis nach dem audit berufundfamilie bzw. audit familiengerechter hochschule stammen. Denn schließlich haben unserer Auditor*innen ein Auge darauf, dass offensichtliche Fehler gar nicht erst gemacht werden. ;-)
Lehrreiche Vereinbarkeitsfehler
Ewig festhalten
Szenario: Da es unter den Beschäftigten einen hohen Anteil an jungen Eltern gab, wurde vor zehn Jahren ein Eltern-Kind-Büro eingerichtet. Mittlerweile sind die Kinder dem klassischen „Aufpassalter“ entwachsen und die Notfalllösung „Eltern-Kind-Zimmer“ wird kaum noch genutzt.
Der Raum muss allerdings gepflegt werden. Schließlich soll auch die Ausstattung auf dem neusten Stand sein und das Angebot den gängigen Hygienekonzepten entsprechen.
Learning: Verabschieden Sie sich von familienbewussten Angeboten, wenn sie nicht mehr sinnvoll zum Einsatz kommen. Eruieren Sie besser fortlaufend, inwieweit Lösungen den aktuellen Bedarfen entsprechen. Im Falle des Eltern-Kind-Büros lässt sich mit Sicherheit eine neue Nutzung finden, z.B. als Kreativ- oder Ruheraum für Beschäftigte.
Vorbei planen
Szenario: Ein junger, engagierter Unternehmenschef will seinen Mitarbeitenden mit Kindern bei der Nachmittagsbetreuung unter die Arme greifen. So bietet er an, den Nachwuchs von der Schule abholen und in die Firma bringen zu lassen, wo die Kinder dann ihre Hausaufgaben machen und sich bis zum Dienstende der Eltern aufhalten könnten.
Nicht bedacht hat er allerdings, dass die Beschäftigten bereits private Arrangements diesbezüglich getroffen haben. Infolgedessen wird seine Idee nicht wirklich wertgeschätzt. Ein Frusterlebnis für den Chef.
Learning: Auch wenn Vereinbarkeitsideen noch so gut gemeint sind – es lohnt sich, diese mit den Beschäftigten frühzeitig zu spiegeln. Was brauchen sie momentan wirklich? Also früh ins Gespräch mit den Mitarbeitenden gehen. Dann lassen sich passgenaue Lösungen gemeinsam finden, die dann auch gerne genutzt und wertgeschätzt werden.
Kategorisch ablehnen
Szenario: Ein Unternehmen veranstaltet einen Workshop, in dem ermittelt werden soll, welche Vereinbarkeitsunterstützung die Mitarbeitenden brauchen. Ziel ist es, daraus konkrete Schritte abzuleiten. Jedoch gibt es eine Vorgabe von der Unternehmensleitung: Es kommt keinerlei Kinderbetreuung in Frage.
Im Workshop kristallisiert sich allerdings ein – wenn auch überschaubarer – Bedarf an Betreuung für Kinder im Vorschulalter heraus. Nach demografieorientierten Berechnungen (keine Umfrage) kann eine tatsächliche Inanspruchnahme für vier Plätze als sicher angenommen werden. Auf diesen Bedarf hin wird nun doch in den hausinternen Räumen eine „Tagespflege“ in Abstimmung mit den zuständigen Ämtern eingerichtet. Und für die gibt es mit dem Tag des Betreuungsstarts genau diese vier Anmeldungen. Schließlich kommen immer mehr Anmeldungen und damit auch Kinder hinzu. Ein weiterer Ausbau ist zudem nicht ausgeschlossen.
Learning: Es ist nie ratsam, Dinge komplett im Vorhinein abzulehnen, wenn man die Bedarfe nicht genauestens eruiert hat. Auch hier zeigt sich: Immer abfragen, wo der Schuh bei den Beschäftigten in Sachen Vereinbarkeit tatsächlich drückt. Und: Lösungen lassen sich manchmal leichter finden, als vorab angenommen wird. Wahrscheinlich ist, dass die Unternehmensleitung unter der Unterstützung der Kinderbetreuung zunächst eine eigene Kita verstanden hat – mit Personalaufwand und entsprechenden Kosten für Mitarbeitende und Einrichtung sowie Pflege. Wie die letztendlich gefundene Maßnahme aber belegt, geht es auch weniger anspruchsvoll – und dabei genauso effektiv.
(Zu früh) aufgeben
Szenario: Eine Organisation widmet sich rund drei Jahre lang der systematischen Gestaltung ihrer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik. Dazu nimmt sie externe Hilfe für ihre Organisationsentwicklung in Anspruch. Doch dann verlässt sie den strategischen Pfad und versucht, eigenständig – ohne externe Begleitung – Lösungen in Einzelmaßnahmen zu finden.
Nach einiger Zeit zeigt sich ein Flickenteppich aus verschiedenen Maßnahmen. Diese treffen zum einen nicht immer die aktuellen Bedarfe der Mitarbeitenden. Zum anderen wird auch nur ein Ausschnitt der Beschäftigten mit den Maßnahmen angesprochen. Hinzukommt, dass die Lösungen konzeptionell nicht ineinandergreifen.
Learning: Eine nachhaltige Vereinbarkeitspolitik braucht ein Investment – und das ist nicht rein monetär gemeint. Es bedarf nämlich vor allem eines langen Atems, wenn es um den strategischen Auf- und Ausbau geht. Es ist absolut von Vorteil, sich langfristig einem systematischen Prozess zu widmen, der auch von außen – also durch externe Beratung – gespiegelt wird. Das fängt bei der fortlaufenden Bedarfsanalyse an, geht über die Maßnahmenevaluierung und deren Check in den Handlungsfeldern (Arbeitszeit, Arbeitsorganisation, Arbeitsort, Information und Kommunikation, Führung, Personalentwicklung, finanzielle Zusatzleistungen und Serviceleistungen), bis hin zur Begutachtung. Letztere hat nicht nur eine Kontrollfunktion hinsichtlich der betriebenen Vereinbarkeitspolitik, sie ist auch ein wichtiger Baustein für das Employer Branding.
Also: Nicht zu früh die Luft ausgehen lassen! Sondern dran bleiben an der strategischen, prozessualen Vorgehensweise, mit der eine passgenaue, bedarfsgerechte Gesamtschau und -entwicklung der familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik gewährleistet. Denn sie ist äußerst wichtig, um sich Wettbewerbsvorteile auf dem Arbeitsmarkt zu erarbeiten und zu erhalten.
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