Mittwoch, 20. Juli 2022

Investitionsplan Vereinbarkeit: Strategische familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik zahlt sich für Sparkassen aus

Wir haben Sparkassen zur Rolle der familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik befragt (Quelle: pixabay.com)

Konsolidierung und demografisch beförderter Fachkräftemangel entwickeln sich für Sparkassen in einer sich schnell wandelnden Arbeitswelt zu besonderen Gefahren. Wie eine familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik Sparkassen darin unterstützt, sich dem Wandel erfolgreich zu stellen, haben wir mit einer Umfrage unter unseren nach dem audit berufundfamilie zertifizierten Sparkassen eruiert.

Der Fachkräftemangel ist über alle Branchen hinweg zu spüren. Besonders Sparkassen stehen nach Jahren der Konsolidierung vor Herausforderungen. Die Babyboomer-Generation wird nach und nach in Rente gehen und Generation Y und Z werden nicht alle Löcher stopfen können. Der Umgang mit dem New Normal und der steigenden Digitalisierung fordert ebenfalls neue Skills der Beschäftigten, schafft aber auch mehr Flexibilität im Hinblick auf Arbeitszeit und Arbeitsort, die es zu managen gilt. Stichwörter hier sind hybrides Arbeiten und Remote Work. Diese Entwicklung wird von dem Megatrend der Individualisierung zusätzlich gestützt. Hierdurch ist der Wunsch der Beschäftigten nach passgenaue Vereinbarkeitslösungen stärker denn je.
Welche Rolle spielt die familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik in dieser neuen Arbeitswelt mit rasanten Veränderungen bei Sparkassen? Unter dieser Leitfrage führten wir eine Befragung unter Sparkassen durch, die aktuell das Zertifikat zum audit berufundfamilie tragen.

14 Sparkassen nahmen an der vom 30.05.2022 bis 30.06.2022 durchgeführten Online-Befragung teil, die unter dem Dach des berufundfamilie-Scouts steht und den Titel „Investitionsplan Vereinbarkeit – Die neue Arbeitgeberattraktivität von Sparkassen“ trägt. Sie umfasste 13 inhaltliche Fragen. Im Folgenden gibt es unsere Fragen und jeweils eine Zusammenfassung der wichtigsten Ergebnisse:


Hat Ihre Organisation Probleme, Stellen zu besetzen?

Alle befragten Sparkassen haben in einem gewissen Umfang, Probleme Stellen zu besetzen. So geben 78,6 % an, teilweise Probleme zu haben, Stellen zu besetzen, 14,3 % berichten von geringfügigen Problemen und 7,1 % äußern, dass sie große Probleme bei der Stellenbesetzung haben.

 

Rechnen Sie damit, dass sich die Probleme bei der Stellenbesetzung in den kommenden fünf Jahren verschärfen werden, sofern sich die Rahmenbedingungen und Anreize nicht verändern? (optional)


Der negative Trend mit Problemen bei der Stellenbesetzung wird sich aus der Sicht der Befragten sogar verschärfen. 85,7 % der Sparkassen rechnen damit, dass sich die Probleme bei der Stellensetzung in den kommenden fünf Jahren verstärken werden – bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen und Anreizen.

Was sind derzeit die (ggf. weiteren) größten personalpolitischen Herausforderungen Ihrer Organisation? (Mehrfachnennung möglich)


Als Antwort auf die Frage, was die derzeit größten personalpolitischen Herausforderungen neben der Stellenbesetzung sind, nennen sieben von zehn (71,4 %) der Sparkassen die Digitalisierung und die entsprechende Befähigung der Belegschaft. Für 57,1 % ist es das Generationenmanagement, das wirkt sich auch auf den Wissenstransfer aus, den 35,7 % als größte personalpolitische Herausforderung wahrnehmen. Mit der Digitalisierung verändern sich auch die Arbeitsstrukturen und die Art zu Arbeiten. Folgerichtig nennen 50 % der teilnehmenden Sparkassen das Arbeiten in agilen Strukturen als personalpolitische Herausforderung. Dazu passt, dass für 42, 9 % das Führen hybrider Teams und 21,4 % das Führen auf Distanz herausfordernd ist. Darüber hinaus sagen ebenfalls 21,4 % der befragten Sparkassen, dass für sie die betriebliche Gesundheitsförderung eine personalpolitische Aufgabe darstellt.


Welche der folgenden Faktoren ist für Ihre Organisation bei der Werbung von Fachkräften besonders wichtig? (Mehrfachnennung möglich)


Auf die Frage, welche Faktoren für das Recruiting von Fachkräften besonders wichtig sind, zeigt sich deutlich, welchen Stellenwert Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben haben. So geben 85,7 % der Sparkassen an, dass Vereinbarkeitsangebote besonders wichtig für die Werbung von Fachkräften sind. Angebote zur Vereinbarkeit sind somit der Recruiting-Faktor Nr. 1. 78,6 % nennen die berufliche Weiterentwicklung und die Möglichkeit zur Karriere als bedeutenden Recruiting-Faktor. Auf Platz 3 folgt das Gehalt, was 57,1 % der Teilnehmenden als Anreiz für neue Fachkräfte sehen. 50 % nennen zudem Weiterbildungsangebote und 28,6 % einen attraktiven Standort als wichtige Recruiting-Faktoren.

Auch auf die Recruiting-Faktoren Weiterbildungsangebote und Weiterentwicklungs- bzw. Karrieremöglichkeiten zahlt eine strategische angelegte familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik ein. Sie sind Bestandteile des Handlungsfelds Personalentwicklung innerhalb der betrieblichen Vereinbarkeitspolitik. Insbesondere bei Vertreter*innen der Generation Z und Y schlagen Vereinbarkeitsangebote mittlerweile Gehalt und Standort als Kriterien der Arbeitgeberattraktivität.


 

 

Wie häufig sprechen Bewerber*innen die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben in Bewerbungsgesprächen an?

Dass die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben als bedeutender Recruiting-Faktor zu sehen ist, zeigt sich auch daran, dass Bewerber*innen diese explizit ansprechen. 35,7 % der Sparkassen berichten, dass Bewerber*innen die Vereinbarkeit häufig im Gespräch thematisieren, rund die Hälfte der Sparkassen gibt an, dies sei teilweise Thema und lediglich 14,3 % äußern, dass das kaum Thema bei Bewerbungsgesprächen sei.

Wie wichtig sind Maßnahmen zur Vereinbarkeit für die Bindung von Mitarbeitenden?

Neben dem Rekrutieren neuer Fachkräfte ist die Personalbindung besonders wichtig und auch hier zahlt sich Vereinbarkeit aus. Dies spiegelt sich in den Antworten darauf wider, wie wichtig Maßnahmen zur Vereinbarkeit für die Bindung von Mitarbeitenden ist. Hier sagen alle befragten Sparkassen, dass Maßnahmen zur Vereinbarkeit sehr wichtig oder wichtig sind, um Fachkräfte zu halten.

Wie hat sich die Nachfrage nach Vereinbarkeitslösungen durch Ihre Beschäftigten in den vergangenen fünf Jahren entwickelt?

 

Die Wichtigkeit von Vereinbarkeitslösungen zeigt sich auch durch die Nachfrage von Beschäftigten. So ist die Nachfrage nach Vereinbarkeitslösungen in den letzten 5 Jahren bei 85,7 % gestiegen. Bei 14,3 % ist die Nachfrage gleichgeblieben und keine der Sparkassen gibt an, dass die Nachfrage gesunken sei.

 

 

Ihre Einschätzung bitte: Wie wird sich die Nachfrage nach Vereinbarkeitslösungen durch die Beschäftigten in den kommenden fünf Jahren entwickeln?


Dass sich die Investition in Vereinbarkeitslösungen auch zukünftig lohnt, zeigt die Einschätzung der teilnehmenden Sparkassen zur Entwicklung der Nachfrage nach Vereinbarkeitslösungen in den kommenden fünf Jahren. Hier erwarten 85,7 %, dass die Nachfrage steigen wird, 14,3 % gehen davon aus, dass sie in etwa gleich hoch sein wird. Keine der befragten Sparkassen erwartet, dass die Nachfrage sinken wird.


Stichwort „Mobiles Arbeiten“. Welche Aussage trifft am ehesten auf Ihre Organisation zu? (Mehrfachnennung möglich)


Die Coronapandemie hat dem mobilen Arbeiten einen absoluten Schub gegeben, doch wie geht es hier bei den Sparkassen weiter? Die Flexibilisierung des Arbeitsortes unterstützt Vereinbarkeitslösungen, das haben auch die meisten Sparkassen erkannt. Bei knapp sechs von zehn der befragten Sparkassen wird mobiles Arbeiten in bestimmten Abteilungen umgesetzt. Bei 35,7 % kann sogar jederzeit mobil gearbeitet werden. Lediglich 7,1 % der Sparkassen bieten mobiles Arbeiten im Einzelfall an. Grundsätzlich gibt es aber bei allen befragten Sparkassen die Möglichkeit des mobilen Arbeitens. Mehr als jede dritte Sparkasse (35,7 %) ist derzeit mit dem Auf- bzw. Ausbau des mobilen Arbeitens beschäftigt.

Ergreifen Sie Maßnahmen im Sinne des Generationen- und/ oder Nachfolgemanagements (z.B. hinsichtlich „Arbeit und Alter“, Young Professionals, generationenübergreifende Teams, Mentoring-Modelle)?


Generationen- und Nachfolgemanagement werden auch für Sparkassen immer wichtiger. So ergreifen 85,7 % der Sparkassen Maßnahmen im Bereich Generationen- und Nachfolgemanagement, die in die betriebliche Vereinbarkeitspolitik integriert sind oder durch sie gestützt werden.

Dies ist eine beispielhafte Auswahl an genannten Maßnahmen:

• Lebensphasenorientierte Personalentwicklung und -betreuung

• Angebot von Seminaren zu Generationenmanagement

• Mentoring-Modelle

• Wissenstransfer durch Wissenslandkarten

• Talentmanagement/ Potenzialprogramme

• Traineeprogramme

• Strukturierte Nachfolgeplanung

• Altersteilzeit

• Karrierepfade/ Frauen in Karriere

• Frühzeitige Einarbeitungsphasen

• Erweiterter Blick auf Diversity

Haben Sie spezielle Angebote zur Förderung weiblicher Mitarbeitender?


Die öffentliche Diskussion um mehr Gleichstellung der Geschlechter ist längst auch bei den Sparkassen angekommen, logisch nur dass sich Sparkassen auch im Rahmen ihrer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik hier vermehrt engagieren. So haben 64, 3 % spezielle Angebote zur Förderung von weiblichen Beschäftigten. Dazu zählen etwa

• Starke Einbindung der*des Gleichstellungsbeauftragten in die Personalarbeit

• Spezielle Arbeitskreise für Frauen, Frauennetzwerke, Förderprogramm Frauen in Führung

• Mentoring-Programme

aber auch

• Seminare – Themen u.a. Stärkung des Selbstbewusstseins, Frauen in Führung

• Assessment Center-Beobachter*innenteam bei weiblicher Teilnehmender auch weiblich besetzt

Hinzu kommen zudem noch:

• Arbeitszeitumfang für weibliche Führungskräfte/ Mütter bei mind. 70 %

• Voll variable Arbeitszeit

• Führung in Teilzeit

• Job-Sharing

• Auf Wunsch Reservierung des Arbeitsplatzes für 15 Monate nach Beginn des Mutterschutzes

• Zuschuss Kindergarten/ -betreuung pro Kind und Monat 100 EUR


Die Spotlight-Befragung unterstreicht: Im Kampf um Fachkräfte und dem Umgang mit dem rasanten Wandel der Arbeitswelt trägt eine strategisch angelegte Vereinbarkeitspolitik nicht nur zur Fachkräftesicherung bei, sondern ist bereits heute Recruiting-Faktor Nr. 1 und dieser Trend wird sich durch die individuellen Wünsche nach Vereinbarkeitslösungen eher noch verstärken. Vereinbarkeit ist für die Sparkassen also ein Investment mit hoher Rendite.


Die Präsentation zur Umfrage ist hier abrufbar.
Der Ergebnisbericht ist hier zu finden.

 

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