Donnerstag, 28. Juli 2022

Vereinbarkeit in Zahlen: Arbeitswandel voraus

Stichwörter aus der Studienwelt zum Thema Vereinbarkeit (©berufundfamilie Service GmbH)
Die selbstgeschätzte Burnout-Rate ist auf einem Allzeithoch. 76 % der Wissenschaftler*innen berichten von mangelnder Unterstützung ihrer Hochschule bei der Kinderbetreuung und 80 % der Arbeitgeber nutzen Angebote zur Vereinbarkeit für ihre Recruiting-Kommunikation.


Nur 21 % der Beschäftigten erhalten Schulungen zum gesunden Arbeiten im Home-Office


Welche Auswirkungen auf die Gesundheit haben mobile und hybride Arbeitsmodelle? Wie begegnen Arbeitgeber diesen? Eine Umfrage aus der Konstanzer Home-Office Studie unter 448 Beschäftigten liefert Antworten. Die Ergebnisse zeigen, dass noch viel zu tun ist, rund um die gesundheitlichen Risiken im Home-Office wie etwa Rückenprobleme oder Entgrenzung. So äußerten gerade einmal 21 % der Befragten, dass sie von ihrem Arbeitgeber Schulungen zum gesunden Arbeiten im Home-Office bekommen haben. Weniger als 1/3 gab zudem an, dass der Arbeitgeber einen ergonomischen Schreibtisch (10 %) oder einen ergonomischen Schreibtischstuhl (19 %) zur Verfügung stellt. Headsets und Bildschirme stellen dagegen über die Hälfte der Organisationen.

Regelmäßige Pausen halten 58 % der Beschäftigten auch beim mobilen Arbeiten ein. Lediglich 36 % wechseln regelmäßig zwischen Sitzen und Stehen, was sich mit dem Umfrageergebnis zur Bereitstellung ergonomischer Schreibtische deckt. Dabei hilft dieser regelmäßige Wechsel bei der Gesundheit am Arbeitsplatz. Mobiles Arbeiten ermöglicht auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit. Das kann dazu führen, dass man außerhalb der regulären Arbeitszeiten (etwa abends oder am Wochenende) arbeitet. 40 % der Beschäftigten berichteten tatsächlich von Mehrarbeit am Abend und am Wochenende, 40% taten dies nicht. Flexible Arbeitszeiten können zu einer besseren Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben beitragen, aber auch zu mehr Stress und Entgrenzung und damit mit negativen gesundheitlichen Folgen verbunden sein.Die Studie liefert auch Antworten darauf, ob Home-Office dazu führt, dass mehr trotz Erkrankung gearbeitet wird. Über 70 % gaben zu, dass sie in den vergangenen 12 Monaten mindestens einmal trotz Krankheit gearbeitet haben.

Konstanzer Homeoffice-Studie, April 2022
https://www.haufe.de/personal/hr-management/mobiles-arbeiten-auswirkungen-auf-die-gesundheit_80_569956.html




Selbstgeschätzte Burnout-Rate auf Allzeithoch

 
Der STADA Health Report 2022, eine repräsentative Umfrage mit ca. 30.000 Teilnehmenden in 15 Europäischen Ländern, darunter 2.000 aus Deutschland, zeigt unerfreuliche Entwicklungen bei psychischer Gesundheit, Stress und allgemeinem Wohlbefinden. Die psychische Gesundheit der Menschen verschlechtert sich immer weiter, gerade die Pandemie scheint hier aber in besonderem Maße negativen Einfluss zu haben. So lag die selbstgeschätzte Burnout-Rate, also die Anzahl der Befragten, die bereits ausgebrannt waren oder glauben kurz davor zu sein bei 59 % und damit auf einem historischen Höchststand. In Deutschland hat jeder* jede Zweite mit Burn-Out Sorgen oder Symptome.

29 % der deutschen Befragten sagen zudem, dass ihre mentale Gesundheit sich seit Beginn der Pandemie verschlechtert hat. Besonders betroffen sind Frauen* und hier vor allem jüngere Frauen* unter 35. Ein negativer Einflussfaktor für die mentale Gesundheit kann der Stress sein, den die Menschen durch die gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen wie Inflation, Krieg und Pandemie erfahren. 27 % der Deutschen sagen, dass ihr Stresslevel seit der Pandemie höher sei – damit liegen sie unter dem europäischen Durchschnitt von 37 %. Stress und psychische Sorgen bedingen ein niedrigeres Wohlbefinden: So sind 30 % der Deutschen seit Pandemie-Beginn unglücklicher- unter den Frauen* äußert das sogar jede Dritte.

Stada Health Report 2022, Juli 2022
https://www.stada.de/news/stada-health-report-2022



Nahezu jede*r vierte Beschäftigte arbeitet sehr häufig im Home-Office


Ein Sonderauswertung des "DGB-Index Gute Arbeit" unter 6.407 Beschäftigten zeigt, dass Beschäftigte, die im Home-Office oder mobil arbeiten mehr Einfluss auf die Gestaltung ihrer Arbeitszeit haben. Gleichzeitig ist eine größere Entgrenzung der Arbeit bei ihnen festzustellen. 23 % der Beschäftigten arbeiten sehr häufig im Home-Office, 8 % teilweise, 10 % selten und 59 % überhaupt nicht. Zudem zeigt sich, je flexibler die Gestaltung der eigenen Arbeitszeit möglich ist, desto weniger findet eine Entgrenzung statt. Arbeiten im New Normal zu entgrenzten Zeiten geht einher mit mehr Arbeitsbelastung. Wenn Arbeit unter Zeitdruck erledigt werden müsse, erhöht sich der Anteil der Beschäftigten, die abends arbeiten, unbezahlte Mehrarbeit leisten oder ständig erreichbar sind.

34 % der Arbeitnehmenden, die mobil oder im Home-Office arbeiten, gaben an, dass sie in sehr hohem Maße Einfluss auf ihre Arbeitszeit haben. Unter jenen, die vor Ort arbeiteten, lag der Anteil bei 21 %. 23 % der mobil Arbeitenden äußerten, dass sie keinen Einfluss hätten. Bei jenen, die vor Ort arbeiten, sagten dies 42 %. Etwa 1/3 der Befragten, die mobil oder im Home-Office arbeiten, gaben an, dass von ihnen sehr häufig oder häufig erwartet werde auch außerhalb der normalen Arbeitszeiten erreichbar zu sein. Dieser Anteil ist nahezu doppelt so hoch wie in der Vergleichsgruppe.

Im „Alten Normal“ arbeiten 3 % sehr häufig noch abends, bei den mobil Arbeitenden sind 12 % sehr häufig am Abend tätig. Unbezahlte Überstunden leisten 13 % derjenigen, die vor Ort tätig sind. Mit 28 % liegt der Anteil bei den mobil Arbeiten deutlich höher. Das hat auch Auswirkung auf die Erholungspausen. So gaben 46 % der Beschäftigten im „New Normal“ sehr häufig oder oft an, dass sie verkürzte Erholungspausen haben, bei den vor Ort Arbeitenden waren es 29 %.

DGB-Index Gute Arbeit 2021, Sonderauswertung, Mai 2022
https://www.heise.de/news/Home-Office-schafft-mehr-Einfluss-auf-die-Arbeitszeit-aber-auch-Entgrenzung-7161629.html



Vereinbarkeit von Beruf und Familie in der Wissenschaft bleibt herausfordernd


Eine Umfrage des Beirats des wissenschaftlichen Nachwuchses der Gesellschaft für Informatik e.V. unter 378 Nachwuchskräften an deutschen Instituten offenbart die konkreten Herausforderungen im Arbeitsalltag wissenschaftlicher Nachwuchskräfte. Besonders die Beschäftigungsverhältnisse machen den Teilnehmenden zu schaffen. So stufen 42 % der wissenschaftlichen Befragten aus dem MINT-Bereich ihr Beschäftigungsverhältnis als prekär ein. Bei den wissenschaftlichen Mitarbeitenden aus anderen Bereichen sind es sogar 64 %. Als häufigste Herausforderung wird die Mehrfachbelastung genannt. So finden es 69 % schwierig, Forschung, Lehre und andere Aufgaben gleichzeitig zu stemmen. 66 % machen durch diesen hohen Arbeitsaufwand regelmäßig Überstunden. Besonders herausfordernd ist zudem die Vereinbarkeit von Beruf und Familie.

Dies wurde in der Coronapandemie offenkundig: Hier waren 76 % der Wissenschaftler*innen überhaupt nicht zufrieden mit der Unterstützung ihrer Hochschule bei der Kinderbetreuung. Das seltenste Problem der wissenschaftlichen Nachwuchskräfte waren Konflikte mit Betreuenden, dennoch berichtet jede*r Vierte von dieser Herausforderung. Verbesserungsvorschläge hatten die Befragten ebenfalls, so würden sich 97 % eine unbefristete Position nach der Promotion wünschen. In einer Freitext-Abfrage wurde zudem die Abschaffung von Lehrstühlen vorgeschlagen und stattdessen die Einrichtung von Departmentstrukturen zu forcieren, die eine flachere und flexiblere Hochschulorganisation ermöglichen.

Gesellschaft für Informatik e.V. , Umfrage unter akademischen Nachwuchs in Deutschland, Juni 2022
https://www.verbaende.com/news/pressemitteilung/umfrage-so-geht-es-dem-akademischen-nachwuchs-in-deutschland-148564/




55 % der Beschäftigten würden Home-Office Tage für festen Büro- Arbeitsplatz opfern


Nach zwei Jahren im Home-Office wünschen sich zahlreiche Beschäftigte einen festen Arbeitsplatz bei der Rückkehr ins Büro und sind dafür auch bereit, weniger Tage aus dem Home-Office zu arbeiten. Dies zeigt eine Umfrage unter 5.000 Personen aus 11 Ländern von Steelcase. Die Befragten konnten sich dabei zwischen zwei Arbeitsmodellen entscheiden: Entweder einen festzugeordneten Arbeitsbereich und zwei oder weniger Tage im Home-Office pro Woche oder drei und mehr Tage im Home-Office, aber ohne festen Arbeitsplatz vor Ort.

55 % der Befragten entschieden sich für weniger Tage im Home-Office und einem festen Arbeitsplatz im Büro. Unter den deutschen Beschäftigten liegt der Anteil bei 53 %. Dies könnte damit zusammenhängen, dass 70 % der Befragten im Home-Office feste Arbeitsplätze haben, die sie auch im Büro haben möchten.

managerSeminare 293, August 2022
https://www.managerseminare.de/ms_Artikel/Arbeitsplatzgestaltung-Eigener-Arbeitsbereich-wichtiger-als-Homeoffice,282791



Unternehmen investieren viel in HR


Unternehmen investieren aktuell viel in HR-Themen. Das zeigt der HR-Reports 2022 von Instituts für Beschäftigung und Employability (IBE) und der Personalberatung Hays. An der Umfrage haben 978 betriebliche Entscheidungsträger*innen aus der DACH-Region teilgenommen, 67 % stammten aus Deutschland. Die meisten Befragten waren mit 36 % Führungskräfte aus Fachabteilungen, 29 % waren Beschäftigte ohne Führungsverantwortung, 17 % Vertreter*innen von Unternehmensleitungen und 17 % Führungskräfte aus dem Bereich HR. 41 % der Befragten nannten als Antwort auf die Frage in welchen Bereich oder Themen gerade am meisten investiert wird, die Personalentwicklung, dicht gefolgt von 40% die, die Personalgewinnung nannten. Das meiste Geld der Organisationen fließt momentan in die Digitalisierung mit 57 %, darauf folgt mit 51 % die Prozessoptimierung. Die Gründe für Investitionen sind insbesondere die Steigerung der Effizienz (41 %) und Effektivität (38 %), Nachhaltigkeit (29 %) und soziale Verantwortung (26 %).

Instituts für Beschäftigung und Employability & Hays, HR-Report 2022

Vereinbarkeit als wichtiger Faktor bei der Recruiting-Kommunikation


Die Arbeitswelt ist im Wandel und das zeigen auch die Karriereseiten der Organisationen. Hier finden sich häufiger Angaben zu Remote-Work und Home-Office, Arbeitsweise und Miteinander, Corporate Purpose, Diversity und Werten als noch vor einem Jahr. Das offenbart eine Untersuchung der Karrierewebseiten der 50 größten deutschen Konzerne und deren Präsenz in den Sozialen Medien von NetFederation. Die Coronapandemie, Krieg und Klimawandel führen zu einem Fokus auf Themen wie Digitalisierung, Diversity und das Miteinander. Das zeigt sich auch in der Recruiting-Kommunikation. Auf den jeweiligen Karriereseiten machten 76 % der Arbeitgeber Angaben zur Möglichkeit von Remote Work oder Home-Office. Im Jahr 2021 waren es noch 66 %.

Informationen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie finden sich bei 80 % der Arbeitgeber, dies ist eine Steigerung von 16 % im Vergleich zum Vorjahr. Das Thema Diversity findet sich auf 98 % der Seiten (2021: 94 %), ebenfalls 94 % der Karrierewebseiten enthielten Informationen zur Arbeitsweise und dem Miteinander. Besonders hoch war die Informationssteigerung beim Thema Digitalisierung, waren hierzu 2021 noch bei 52 % der Seiten Informationen vorhanden, sind es jetzt 82 %. Besonders wichtig in der Ansprache von Bewerber*innen ist auch der Corporate Purpose. So finden interessierte Bewerber*innen bei 92 % der untersuchten Arbeitgeber Angaben dazu, davor fand der Purpose sich nur bei 30 %. Um insbesondere Bewerber* innen aus den Generationen Y und Z anzusprechen, sind rund ein ¼ der Organisationen auf TikTok und Youtube präsent.

NetFederation, HR Benchmark, Juli 2022
https://www.personalwirtschaft.de/uncategorized/moderne-karrierewebseiten-was-sind-aktuelle-trends-140267/

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