Dienstag, 16. Juli 2019

Blinder Passagier? – Wenn die Arbeit mit in den Urlaub fährt

“Ich bin dann mal weg – und nehme Arbeit mit…“ (©deathtothestockphoto.com)

Hat der Job etwas im Urlaub zu suchen? Für den einen undenkbar, für den anderen ganz normal… Wir stupsen in diesem Blog die Suche nach dem blinden Passagier „Arbeit im Urlaub“ an und bitten Sie: Fragen Sie sich selbst, wie viel Arbeit und welche Sie während des Urlaubs tolerieren können und sie nicht belastet.


Was ist Urlaub? So mancher meint schlichtweg, wegfahren und nicht arbeiten müssen. Laut Duden handelt es sich um eine „dienst-, arbeitsfreie Zeit, die jemand zum Zwecke der Erholung erhält“. Das Gabler Wirtschaftslexikon definiert Urlaub als „bezahlte Freizeit, die der Wiederherstellung und Erhaltung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers dienen soll. Während des Urlaubs darf der Arbeitnehmer deshalb keine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit leisten“.

Widerspricht es dem Urlaubszweck, wenn man seine beruflichen E-Mails ab und an checkt? Laut INNOFACT-Umfrage im Auftrag von SAP Concur (2018) haben nämlich 60 % der Beschäftigten schon einmal im Urlaub gearbeitet; etwa jeder Zweite antwortete dabei auf E-Mails.

Man fragt sich, was der Grund dafür ist: Das Aufgabenvolumen, das ohne fortlaufende Bearbeitung nicht handelbar ist? Der eigene Antrieb, ständig auf dem Laufenden zu sein? Oder gar das über allem schwingende Damokles-Schwert der ständigen Erreichbarkeit, die durch Smartphone und Tablet bestärkt wird? Die Digitalisierung macht's möglich. Bei manchen mag es sogar eine Mischung aus all dem sein.

Die Ergebnisse einer Untersuchung der Initiative Gesundheit und Arbeit (IGA) warnen vor dem fortlaufenden „Auf-Abruf-Stehen“ für den Job: In einer Umfrage gab etwa jeder Fünfte an, dadurch in den Schlaf- und Erholungszeiten beeinträchtigt zu sein. Nicht auszuschließen sind bei Dauer-Alert schließlich stressbedingte Gesundheitsbeschwerden wie Bluthochdruck. Auch Effekte auf die Psyche wie Ängstlichkeit, Burnout oder ernsthafte Krankheiten wie Depression können daraus resultieren.

Die Beziehungsprobe


Hinzu kommt: Arbeit im Urlaub belastet nicht nur die eigenen Gesundheit, sondern auch die Beziehung zu den Mitreisenden. Das Umfeld ist sozusagen „not amused“ über den blinden Passagier. So hat eine YouGov-Befragung gezeigt, dass es jeden Vierten stört, wenn die Begleitung in dieser Zeit berufliche E-Mails liest.

Um der Dauerbelastung Einhalt zu gebieten, haben einige Arbeitgeber mittlerweile die Notbremse für ihre Beschäftigten gezogen. Das Verbot von E-Mails von Führungskräften an Mitarbeitende während deren Urlaub gehört dazu, ebenso wie technisch eingerichtete E-Mail-Sperren. Es gibt sogar Unternehmen, die ihren Beschäftigten die Freiheit geben, während ihres Urlaubs eintreffende E-Mails unbeachtet zu löschen bzw. löschen zu lassen.

Handeln Arbeitgeber damit eventuell dem modernen Verständnis von Flexibilisierung der Arbeit zuwider? Die Fürsorgepflicht des Arbeitgebers wiegt hier stärker. Erstrebenswerter wäre es aber, eine Arbeitskultur zu haben, in der Schutzmaßnahmen gar nicht erst nötig sind. Die genannten Notbremsen können allerdings ein Schritt hin zu dieser Kultur sein. Allerdings: Ganz verteufeln darf man den Blick in die E-Mails während des Urlaubs nicht. Denn: Wenn es brennt, dann brennt’s im Job. Und mancher Beschäftigte erholt sich im Urlaub sogar besser, wenn er ab und zu mal den Stand checkt. Beschäftigte ticken hier – wie auch in anderen Lebenslagen und -situationen – unterschiedlich. Ergo: Die Rahmenbedingungen sollten so gestaltet sein, dass Arbeit im Urlaub keine Notwendigkeit und nicht zum Selbstverständnis wird. Gleichzeitig sollte im Sinne der Flexibilisierung die Möglichkeit gegeben sein, sich ausnahmsweise mit dringenden Projekten zu beschäftigen und seinem eigenen Arbeitsrhythmus nachgehen zu können, der sich ggf. auch auf den Urlaub erstreckt. Obacht: Wir sprechen hier wortwörtlich von einem gesunden Maß. In diesem Sinne: Einen schönen Urlaub und gute Erholung!

1 Kommentar:

  1. Ich bin beruflich oft auf Reisen und pendel zwischen Österreich und Südtirol hin und her. Natürlich genießt man den Aufenthalt meist in den Top Hotels Südtirol. Nutzt auch die Freizeit, um sich etwas anzuschauen oder Sport zu machen. Die Arbeit ist halt immer dabei, was mich absolut nicht stört, da ich meinen Job liebe.

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