Montag, 30. September 2019

Vereinbarkeit in Zahlen: Work-Life-Balance – aber richtig?!

 Stichwörter zu aktuellen Studien aus Arbeitswelt und Vereinbarkeitspolitik (©berufundfamilie Service GmbH)

Jeder vierte Beschäftigte tut selbst nichts für die eigene Work-Life-Balance. Im Home-Office steigt die Gefahr psychischer Belastungen, wenn die Bedingungen nicht gesundheitsförderlich sind. Beschäftigte sollten also Obacht geben – dazu mahnen zumindest einige der für die heutige Ausgabe der Blog-Serie „Vereinbarkeit in Zahlen“ zusammengetragenen aktuellen Studienergebnisse.


Eigeninitiative in Sachen Work-Life-Balance


Nur jeder dritte Beschäftigte würde seinen Freunden empfehlen, bei seinem aktuellen Arbeitgeber anzufangen. 19 % der Beschäftigten suchen aktiv nach einem neuen Job mit besserer Bezahlung. 15 % bereitet nicht die Entlohnung sondern mangelnde Wertschätzung Frust: Sie haben das Gefühl, dass ihre Leistungen im Job nicht anerkannt werden.

Und: Nur jeder Dritte (32%) stuft seinen Arbeitgeber als „familienfreundlich“ ein.

Um eine bessere Work-Life-Balance zu erhalten, ergreifen die Befragten (insgesamt 76 %) folgende Maßnahmen:
  • 46 % Sport treiben oder anderen Hobbys nachgehen
  • 25 % Handy bewusst zu Hause oder im Urlaub abschalten
  • 22 % bewusst Freiräume während der Arbeitszeit nehmen
  • 21 % anstrengende oder anspruchsvolle Tätigkeiten nach Feierabend vermeiden
  • 15 % auf Gehalt verzichten, um Teilzeit arbeiten zu können (z.B. 4-Tage-Woche)
  • 7 % Anti-Stress-Kurse oder eine Kur machen
Allerdings tun auch 24 % aktiv nichts für ihre Work-Life-Balance.

ManpowerGroup, Jobzufriedenheit 2019, August 2019
https://www.manpowergroup.de/fileadmin/manpowergroup.de/Studien/MAN_190820_Bevoelkerungsbefragung_Jobzufriedenheit_2019.pdf



Zukunftsthema mobiles und flexibles Arbeiten


83 % der Geschäftsleitungen und Personalverantwortlichen in Deutschland sind der Meinung, dass familienfreundliche Maßnahmen wichtig sind. Das sind 6 % mehr als in 2015.

Eine ausgeprägt familienfreundliche Unternehmenskultur haben nach eigener Aussage 46 % der Unternehmen; in 2015 waren 41 % dieser Überzeugung. Immerhin meinen auch 39 % der Beschäftigten, dass die Kultur ihres Unternehmens sehr familienfreundlich sei (36 % in 2015)

Der Anteil an Unternehmen, die Maßnahmen zur Förderung von Vätern anbieten, ist seit 2015 von 35 % auf rund 53 % gestiegen. Etwa acht von zehn Unternehmen bieten derzeit individuell vereinbarte Arbeitszeiten an. 44 % der Beschäftigten und 59 % der Unternehmen erwarten, dass die Bedeutung von mobiler und flexibler Arbeit in den nächsten fünf Jahren weiter zunehmen wird.

BMFSFJ & IW Köln, Unternehmensmonitor Familienfreundlichkeit 2019, September 2019
https://www.bmfsfj.de/blob/138446/b9fd33ee4455a4f67595790080da7196/unternehmensmonitor-familienfreundlichkeit-2019-data.pdf



Mehr Autonomie und höhere Arbeitszufriedenheit durch Home-Office


39,1 % der Beschäftigten arbeiten mobil. Wer im Home-Office tätig ist, kann seine Arbeit selbstständiger planen und mehr Entscheidungsfreiheit sowie Mitspracherechte erreichen. 67,3 % der telearbeitenden Beschäftigten sagen, dass sie zu Hause mehr Arbeit bewältigen können. 73 ,3 % beobachten, konzentrierter arbeiten zu können als am Arbeitsplatz. Fast jeder Zweite (45,8 %) mit Home-Office bewertet seinen Arbeitsaufwand außerhalb des Unternehmens als genau richtig.

Beschäftigte im Home-Office kommen auf 7,7 Fehltage im Jahr. Bei ausschließlich im Unternehmen Tätigen sind es 11,9 Tage. Sind die Arbeitsbedingungen im Home-Office allerdings nicht gesundheitsförderlich gestaltet, ergibt sich eine stärkere Gefahr psychischer Belastungen

AOK-Bundesverband/ Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Fehlzeiten-Report 2019, September 2019
https://www.aok-bv.de/presse/pressemitteilungen/2019/index_22652.html



Teamwork hat oberste Priorität


53 % der Führungskräfte in Deutschland und Österreich meinen, dass Hierarchien für Mitarbeitende wichtig sind und diese nur so Leistung erbringen können. Hierarchie und Flexibilität sind aber kein Widerspruch, denn 74 % bezeichnen ihr Unternehmen als flexibel und anpassungsfähig.

81 % sind der Auffassung, dass Teamwork oberste Priorität hat. Immerhin jeder Dritte (32 %) sieht die Unternehmensziele durch alle Mitarbeitenden voll und ganz mitgetragen. Auf dieser „kulturell soliden Basis“ ist offenbar auch Arbeiten und Führen aus der Distanz machbar: 71 % der Führungskräfte sehen dabei kein Führungsproblem.

Hernstein, Management Report 2019, Juni/ Juli 2019
https://www.hernstein.at/fileadmin/user_upload/Presse_Downloads/Hernstein_Management_Report_1_2019_Leadership-Stil-Skills_01.pdf
https://www.hernstein.at/fileadmin/user_upload/Presse_Downloads/Hernstein_Management_Report_2_2019_Gemeinschaft-Individualisierung.pdf



Familienmodell im Wandel?


Nur noch 28 % der Eltern mit Kindern unter 18 Jahren bevorzugen ein Familienmodell, in dem der Vater in Vollzeit und die Mutter in Teilzeit tätig ist. Vor 12 Jahren waren es noch 43 %.
Das Hausfrauenmodell ist heute noch von 18 % gewünscht vs. 20 % in 2007. Fast ein Viertel der befragten Eltern wünschen sich, dass beide Elternteile Vollzeit arbeiten. Vor 12 Jahren gab es diesen Wunsch nur bei 12 %.

BMFSFJ & Allensbach, Familienmodelle, September 2019
https://www.sueddeutsche.de/politik/familien-familienpolitik-eltern-kinder-familienministerium-1.4593855



Dual Career Couples und die gesellschaftliche Akzeptanz


Dass beide Partner ihre Berufswünsche verwirklichen können, empfinden 63 % der Führungskräfte mit Kindern als schwierig oder sehr schwierig. Für mehr als die Hälfte der Führungskräfte mit Nachwuchs stellt die Vereinbarkeit von Beruf und Familie eine starke Beanspruchung dar. Und auch 38 % der Führungskräfte ohne Kinder geht es so.

51 % der Dual Career Couples erhalten bei der Vereinbarkeit Unterstützung von Familie und Freunden. Ausreichende Unterstützung durch die Unternehmen erhalten nach eigenen Angaben nur 18 %.

65 % der Führungskräfte wünschen sich mehr Akzeptanz für zwei vollbeschäftigte Elternteile. 57 % der Führungskräfte meinen, es sei gesellschaftlich akzeptiert, wenn beide Elternteile arbeiten. Dass es auf Akzeptanz trifft, wenn nur die Mutter in Vollzeit arbeitet, sehen allerdings nur 23 %. Hingegen gehen 76 % davon aus, dass es gesellschaftlich akzeptiert ist, wenn nur der Vater in Vollzeit tätig ist.

Initiative Chefsache, Dual Career, Mai 2019
https://initiative-chefsache.de/content/uploads/2019/05/Factsheet_vom_Report_A4.pdf



Parität in der Bezahlung nicht nur mehr Bildung erzielt


Entschließen sich Frauen in Deutschland für den nichtakademischen Weg, verdienen sie durchschnittlich 86 % dessen, was Männer in vergleichbarer Vollzeittätigkeit bekommen. Schlagen sie die akademische Laufbahn ein, sind es hingegen nur 74 %. Den höchsten Wert am Männereinkommen erzielen Frauen, die älter als 55 sind und den niedrigsten Bildungsgrad haben, also nach der neunten oder zehnten Klasse die Schule abgeschlossen haben: Sie verdienen 93 % dessen, was Männer verdienen.

Diese Geschlechterungerechtigkeit bedeutet jedoch nicht, dass sich ein Studium nicht lohnen würde. Deutsche mit einem Bachelor-Abschluss verdienen 39 % mehr als Deutsche ohne abgeschlossene Hochschulausbildung.

OECD, Bildung auf einen Blick 2019, September 2019
http://www.oecd-berlin.de/download/OECD_2019_Final.pdf



Mehr Frauen in Normalarbeitsverhältnis tätig


In 2018 waren 17.469.000 Frauen in einem so genannten Normalarbeitsverhältnis tätig. Das ist ein Zuwachs von 2,8 % gegenüber 2017. Bei den Männern stieg zum Jahr 2018 die Zahl der Normalbeschäftigten um 150.000 (+1,0 %) gegenüber dem Vorjahr.

Gleichzeitig ist die Zahl der Frauen in Teilzeitbeschäftigung mit bis zu 20 Wochenstunden (von 23,5 % in 2017 auf 22,6 % in 2018) und mit geringfügiger Beschäftigung zurückgegangen.

Destatis, Mikrozensus: Arbeitskräfteerhebung, August 2019
https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2019/08/PD19_325_12211.html



Wachsende Altersarmut


Der Anteil der von Armut bedrohten Rentner*innen könnte bis 2039 von 16,8 auf 21,6 % wachsen. Der Anteil der Rentner*innen, die zudem auf staatliche Hilfe zur Existenzsicherung angewiesen sind (Grundsicherung), könnte sich bis 2039 von 9 % auf knapp 12 % erhöhen.

DIW, Altersarmut, September 2019
http://docs.dpaq.de/15318-bertelsmann_stiftung_studie_anstieg_der_altersarmut_in_deutschland_2019.pdf


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