Montag, 6. April 2020

Podcast (Folge 9): „Corona und Vereinbarkeit: Stark in und nach der Krise“ – mit Oliver Schmitz, berufundfamilie



Der Coronavirus hat die Welt im Griff – auch die Arbeitswelt. Wie passt die Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben in die aktuelle Lage? Unser Geschäftsführer Oliver Schmitz sagt: „Momentan beweist sich eine familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik als Mittel des Risikomanagements.“ Warum und wie erklärt er im aktuellen Podcast „HR-Expert*innen im Vereinbarkeits-Talk“, den wir in diesem Blog für Sie zusammengefasst haben.

Wie so viele andere arbeitet Oliver Schmitz seit Tagen konstant im Home-Office. Heimarbeit, Telearbeit und mobiles Arbeiten – das sind bei der berufundfamilie Service GmbH Modelle, die nicht nur in der aktuellen Krisenzeit Anwendung finden. Rund 90 % des Frankfurter berufundfamilie-Teams sind jetzt von zu Hause aus tätig und arbeiten doch mit allen zusammen. Die schnelle Umstellung war nicht nur dank der bereits seit längerem vorhandenen technischen Ausstattung möglich, sondern auch weil bei der berufundfamilie die Kultur gegeben ist, mit der flexible Arbeitsmodelle mit Leben gefüllt werden. Dennoch: Je länger Teammitglieder örtlich getrennt voneinander agieren, umso mehr zeigt sich, dass auch ein sozialer Austausch dringend notwendig ist. Entsprechend hat das Team eine „Corona-Break“ eingeführt – ein 15-minütiger informeller Austausch via Videokonferenz, der zweimal wöchentlich stattfindet.

Andere Arbeitgeber tun sich da durchaus schwerer, wie Oliver Schmitz feststellt. Die Hürde besteht gar nicht mal in der technischen Umrüstung, sondern vielmehr darin, dass die Arbeitsprozesse nicht eingespielt sind. Dadurch fehlt es vielen Organisationen auch an der Vertrauenskultur, die es im Umgang mit Arbeiten auf Distanz braucht. Beschäftigte müssen sich schließlich auch erst daran gewöhnen, dass man ihnen per Live-Videoübertragung ins heimische Wohnzimmer schaut.

Flexible Modelle koppeln; familienbewusste Arbeitgeber im Vorteil


Neben der Arbeitsortflexibilisierung, die sich in der Verlagerung ins Home-Office ausdrückt, braucht es aber auch eine Flexibilisierung der Arbeitszeit. „Gerade jetzt, wenn Beschäftigte gleichzeitig ihre Kinder aufgrund von Kita- und Schulschließungen zuhause haben, können sie nicht sechs oder acht Stunden ununterbrochen konzentriert an ihrem Home-Office-Arbeitsplatz sitzen“, so Oliver Schmitz. Es muss die Freiheit geben, die Arbeit, auch mal länger oder ggf. wiederholt kürzer unterbrechen zu können.

Arbeitgeber, die sich bereits vor Corona strukturiert mit der Flexibilisierung von Arbeitsort und Arbeitszeit auseinandergesetzt haben, haben jetzt klare Vorteile. Sie haben in der Regel u.a. die Erfahrungen gemacht, wie weit man die Flexibilisierung treiben kann, ohne dass es auf die Produktivität geht. Organisationen, die aufgrund der externen Geschehnisse ad hoc gezwungen wurden, sich umzustellen, müssen jetzt eventuell mehr Reibungsverluste hinnehmen.

Bestandteil des Risikoportfoliomanagements


Entsprechend bedeutet eine strategische Auseinandersetzung mit der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben, die in umfassender Form Möglichkeiten der Flexibilisierung der Arbeit auslotet, auch ein Stück weit Risikomanagement. Schon das Ziel der familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik, die Arbeitgeberattraktivität zu erhöhen, und damit Beschäftigte an sich zu binden und das Recruiting zu erleichtern, ist Bestandteil des Risikoportfoliomanagements. Bieten Arbeitgeber ihren Beschäftigten möglichst viel Flexibilität, bekommen sie diese auch zurück. Gerade jetzt ist das wichtig. Denn Arbeitgeber müssen jetzt Flexibilität von ihren Mitarbeitenden verlangen können, wenn es darum geht, den Betrieb aufrecht zu erhalten.

Flexibilität ist übrigens auch in der Schichtarbeit möglich. Bei einigen Prozessen ist es durchaus machbar, dass nicht alle Schichten voll belegt sein müssen; soll heißen: Vielleicht kann ein kleinerer Teil der Beschäftigten auch mal früher oder später arbeiten. Dennoch muss gesehen werden, dass in der Schichtarbeit die Spannbreite der Optionen geringer ist. Während in Call-Centern z.B. sogar vom Home-Office aus gearbeitet werden kann, liegt es in der Natur der Sache, dass im Pflegebereich die Arbeitsortflexibilisierung äußert limitiert ist. Hier kommt es also ganz besonders auf eine gelingende Kultur des Gebens und Nehmens zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten an.

Apropos Pflegbereich: Die Pflege – ob in Krankenhäusern oder im Seniorenbereich – ist vor allem durch Frauen* besetzt. Und auch in anderen Feldern, die sich gerade als systemrelevant beweisen, wie etwa im Lebensmitteleinzelhandel, sind die Beschäftigten mehrheitlich weiblich. Aus der Situation ergibt sich nach Ansicht von Oliver Schmitz mehr denn je ein Plädoyer für mehr Partnerschaftlichkeit. Arbeitgeber benötigen die Ressourcen von Frauen – so wie sie letztendlich die Gesellschaft benötigt.

Zukunft: Humanere und erfolgreichere Arbeitswelt?


Oliver Schmitz hofft, dass die Coronapandemie im besten Sinne eine dramatische Veränderung für die Arbeitswelt bringt. Auch wenn davon auszugehen ist, dass einiges von den Maßnahmen zur Flexibilisierung – die vielleicht auch über Grenzen gehen – zurückgefahren werden wird, wird es positive Effekte geben. Es wird eine riesige Chance sein, neue Dinge zuzulassen, um die Arbeitswelt humaner und wirtschaftlich erfolgreicher zu gestalten. Gerade auch im Hinblick auf den Fachkräftemangel, der nach der Coronakrise nicht verschwunden sein wird, lassen sich jetzt Erfahrungen gewinnen, die dann in Wert gesetzt werden können.

Zu dem Podcast geht es hier.

1 Kommentar:

  1. Sehr interessante Informationen. Aber ich glaube auf der Welt wird sich noch viel mehr ändern als nur die Art, wie wir arbeiten. - mein Blog

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