Heute ist Tag des weißen Stocks, an dem auf die Beeinträchtigung von blinden und sehbehinderten Menschen aufmerksam gemacht wird. Das nehmen wir zum Anlass zu fragen: Wie können digitale Inhalte barrierefrei gestaltet werden? Wie können Arbeitgeber so alle Beschäftigten mitnehmen? In unsere neuen Podcastfolge sprechen wir dazu mit den Expert*innen Jens Voegler und Claudia Loitsch von A11y-Design.
Digitale Barrierefreiheit ist für zahlreiche Arbeitgeber noch ein blinder Fleck bei Web-Angeboten. Wie gestaltet man Materialien überhaupt digtial barrierefrei und ermöglicht so allen Menschen einen Zugang? Diese Frage haben auch wir uns bei der Neuauflage der berufundfamilie Notfallmappe gestellt. Unterstützung bekamen wir hier von den Expert*innen von A11y-Design. Insgesamt wurden über 1.000 Formularfelder so angepasst, dass die Notfallmappe nun auch für Menschen mit Beeinträchtigungen verwendbar ist. In dieser neuen Podcastfolge sprechen wir mit Jens Vögler und Claudia Loitsch von A11y-Design über die Möglichkeiten, die Arbeitgeber bekommen, wenn sie sich für digitale Barrierefreiheit für ihre Beschäftigten einsetzen. Hier findet sich die Abschrift der Folge.
Wir nehmen den Tag des weißen Stocks (15.10.2021) zum Anlass, über diese Möglichkeiten für Beschäftigte mit Sehbeeinträchtigung zu sprechen. Genauer gesagt, geht es heute um die bereits erwähnte digitale Barrierefreiheit und die mit ihr verbundenen Chancen für Beschäftigte und auch Arbeitgeber.
Dazu habe ich mir gleich zwei Gäste eingeladen: Claudia Loitsch und Jens Voegler von A11y-Design. Was A11y-Design macht, lasse ich die beiden am besten selbst berichten.
Los geht’s also! Hallo Claudia, hallo Jens!
Claudia Loitsch (CL): A11y- Design ist ein Full-Service-Partner im Bereich der digitalen Barrierefreiheit. Wir entwickeln passgenaue User-Interface-Konzepte, Designs und auch Lösungen für den kompletten digitalen Auftrag. Unsere Kund*innen stehen meist an ganz unterschiedlichen Punkten und haben verschiedene Kenntnisse und Ziele, daher bieten wir als Agentur eine passgenaue Unterstützung an. Die besteht meistens aus der vollständigen Realisierung von digitalen Angeboten, aus Beratungsleistungen rund um das Thema digitale Barrierefreiheit, Schulungen und Prüfungen auf Barrierefreiheit.
Jens Voegler (JV): Darüber hinaus planen wir Software und Werkzeuge umzusetzen, welche die Erstellung barrierefreier Angebote vereinfachen soll, gerade für unerfahrene Nutzende.
Was hat es mit dem Namen A11y-Design auf sich?
JV: A11y-Design heißt ausgesprochen Accessibility. Das A11y ist die Abkürzung für Accessibility und die 11 zwischen dem A und Y steht für 11 Buchstaben. Das soll wiederum die Abkürzung für das englische Wort Accessibility sein. Gesprochen wird es wie Ally.
A11y-Design gibt es in der jetzigen Form seit Mai 2021 und das Projekt ist an der Technischen Universität Dresden angesiedelt. Lasst uns doch bitte an der Entstehungsgeschichte teilhaben.
CL: Naja, es gibt derzeit einen riesigen Bedarf nach barrierefreien Angeboten. Wir haben schon recht lange überlegt, dass wir mit unserer Expertise hier aktiver sein müssten und unser Wissen nicht nur in der Wissenschaft und an der Uni selbst anwenden und weitergeben sollten, sondern eigentlich überall. Wir haben mit dem Gründungsteam (Jens. Meinhardt, ich und künftig auch noch Julian) eine starke Expertise aus Kreativität und Fachwissen gebündelt und wollen hier das Wissen jetzt in die Praxis überführen. Wir wollen das digitale Barrierefreiheit modern ist und von an Anfang an mitgedacht wird.
Was bedeutet „digitale Barrierefreiheit“?
CL: Digitale Barrierefreiheit bedeutet, dass ein Produkt von möglichst allen Menschen in jedem Alter mit unterschiedlichen Fähigkeiten weitgehend gleichberechtigt und ohne Assistenz benutzt werden kann. Das heißt also, dass wir bei der Erstellung von digitalen Angeboten nicht immer nur die Nutzer*innen berücksichtigen dürfen, die Fähigkeiten haben, die „dem Durchschnitt“ entsprechen, also beispielsweise Menschen, die gut sehen, hören, sprechen oder denken können oder gut mit der Bedienung von Tastatur und Maus sind. Wir müssen alle Menschen mitberücksichtigen, die Einschränkungen haben z.B. durch eine Behinderung oder eben auch durch altersbedingte Seh- oder Höreinschränkungen oder temporärer Einschränkungen.
Was kann alles digital barrierefrei gestaltet werden?
JV: Digitale Barrierefreiheit ist ein großer Bereich. Hierzu zählen beispielsweise Software für Rechner, Apps für Smartphones, aber auch das Internet oder Dateien wie PDF-Dokumente gehören dazu. All diese Einsatzszenarien müssen möglichst allen Nutzer*innen zugänglich sein, unabhängig von ihren Fähigkeiten. Um das sicherzustellen, gibt es verschiedene Richtlinien, die erfüllt werden müssen. Zum Beispiel sollte eine Software nicht ausschließlich nur über Maus bedienbar sein, sondern auch mit der Tastatur. Short Cuts, also Tastaturkürzel sind in diesem Augenblick eine gute Möglichkeit, um bestimmte Effekte oder Aktionen auszuführen, ohne auf die Maus zurückzugreifen. Wir müssen aber auch Menschen mit Sehbeeinträchtigungen berücksichtigen.
Alternativtexte für Bilder sind gerade für blinde Menschen sehr wichtig. Gerade in vielen PDF-Dokumenten ist das Layout sehr wichtig und die Lesereihenfolge. Wenn z.B. in der Lesereihenfolge Fehler enthalten sind, kann der Text gar nicht mehr verstanden werden bzw. wird falsch verstanden. Der Screenreader liest nämlich den Text anders, wie wir ihn als Sehende wahrnehmen. Im Web sind die Schriftgröße und der Kontrast sehr wichtig. So kann z.B. die Kombination Rot-Grün Probleme verursachen für Menschen, die eine Rot-Grün-Schwäche haben. Es sind solche kleinen Sachen, die man berücksichtigen muss. Der Podcast, den wir gerade aufnehmen oder Ton in einem Video, das ist eine Einschränkung für höreingeschränkte Nutzer*innen. Da muss der Ton abgetippt und entsprechend verbalisiert werden und als separater Text oder Untertitel zur Verfügung gestellt werden. Man kann auch Gebärdensprachvideos umsetzen.
Das ist echt ein breites Spektrum. Inwiefern profitieren sowohl Nutzer*innen als auch Anbieter*innen von der digitalen Barrierefreiheit?
JV: Ein Vorteil von digitaler Barrierefreiheit ist, dass der*die Nutzer*in jederzeit von jedem Ort auf die Inhalte selbstständig zugreifen kann ohne, dass er oder sie fremde Hilfe benötigt. Es sei denn, das Internet ist kaputt bzw. der Strom ist mal kurz weg.
CL: Für Anbieter*innen liegt hier auch noch der Vorteil darin, dass sie eine viel größere Zielgruppe erreichen können, auch die sehr große und diverse Gruppe der älteren Menschen. Wenn man z.B. an Farbseheinschränkungen im Alter denkt. Hier kann man beispielsweise Farben wählen, die einen sehr hohen Kontrast anbieten. Barrierefreies Design hat aber auch technische Vorteile. Barrierefreie Informationssysteme wie Webseiten haben dann auch eine bessere Suchmaschinenoptimierung und sind natürlich durch Maschinen lesbar.
Warum sollten sich also Arbeitgeber digital barrierefrei aufstellen?
JV: Aktuell nutzen viele Arbeitgeber bereits digitale Lösungen: Zum Beispiel Intranet-Lösungen, die die Arbeitszeit erfassen oder Wikis, auf denen das Wissen für neue Kolleg*innen zum Nachlesen zusammengefasst wird. Es werden auch Dokumente verschickt oder auf Servern abgelegt, welche dann andere Mitarbeitende weiterbearbeiten müssen. Man kann nie wissen, wer ist der*die Nächste in der Schlange, der* die ein Dokument bearbeiten soll. Wenn das alles barrierefrei ist, ist gewährleistet, dass keiner ausgegrenzt wird. Ein schönes Beispiel für eine Barriere ist eine Tabelle, die nicht als Datei verschickt wird, sondern als Screenshot. So können sich blinde Nutzer*innen definitiv nicht den Inhalt der Tabelle erschließen. Des Weiteren haben Arbeitgeber auch die Möglichkeit, Menschen mit Sehbeeinträchtigungen, Blindheit oder auch anderen Einschränkungen einzustellen. Ebenfalls ist es möglich, dass die immer älter werdenden Arbeitnehmer*innen aufgrund einer Erkrankung temporär oder längerfristig auch eingeschränkt werden und somit wegfallen und dann entsprechend nicht mehr arbeiten können.
Sind Arbeitgeber gesetzlich dazu verpflichtet, digitale Angebote barrierefrei zu gestalten?
CL: Da muss man ganz klar sagen: Jein. Seit 2018 sind prinzipiell alle öffentlichen Einrichtungen verpflichtet, barrierefreie Webseiten, Apps und Dokumente bereitzustellen. Dazu zählen Kunst-, Kultur- und Freizeiteinrichtungen, aber eben auch der Bildungsbereich wie Universitäten, Bibliotheken, Behörden und Kommunen. Diese Pflicht bezieht sich eben nicht nur auf öffentliche Angebote, sondern eben auch auf den kompletten internen Bereich. Also auch auf interne Lösungen und Apps, die innerhalb eines Unternehmens oder einer Institution neu angeschafft werden oder umgesetzt werden. Für Arbeitgeber in der Privatwirtschaft ist es momentan noch nicht so. Sie sind noch nicht verpflichtet, barrierefreie Angebote umzusetzen oder anzubieten. Das ist eigentlich nur ärgerlich, wenn man eine neue Website oder App umsetzt und diese dann ein Jahr später wieder barrierefrei sein muss. Es ist aber sehr wahrscheinlich, dass auch das noch kommen wird. Also auch die Privatwirtschaft wird sicherlich noch eine gewisse gesetzliche Verpflichtung eingehen müssen.
Also sollte man da schon vorsorgen.
CL: Ganz genau.
Welche Entwicklung hat die digitale Barrierefreiheit bislang bei Arbeitgebern genommen? Wie ist der Stand heute? Was konntet und könnt ihr da beobachten?
JV: Das ist sehr unterschiedlich. Nehmen wir zum Beispiel mal die TU-Dresden als unseren langjährigen Arbeitgeber, aber auch andere Universitäten in der gesamten Bundesrepublik, da wird schon sehr viel unternommen. Beispielsweise werden die Autorensysteme für Webseiten, also die Contentmanagement-Systeme entsprechend angepasst. So sind beispielsweise Alternativtexte für Bilder verpflichtend. Vorher können sie nicht veröffentlicht werden oder man muss eine Checkbox anhaken, bevor man PDF-Dokumente hochladen möchte. Da ist dann schon einmal dokumentiert, dass der* diejenige, der*die Datei veröffentlicht hat, „Ja“ gesagt hat, dass das Bild oder das Dokument entsprechend beschrieben ist. Es werden ebenfalls verstärkt Schulungen angeboten, um Arbeitnehmer*innen entsprechend weiterzubilden, wie sie bestimmte Sachen machen müssen. Es werden auch Gelder zur Beschaffung von Software bereitgestellt, sodass man die Programme zur Verfügung hat, mit denen man schneller arbeiten kann.
CL: Dennoch können wir immer wieder beobachten, dass aktuell leider digitale Barrierefreiheit noch immer viel zu spät berücksichtigt wird. Es ist zwar in den Köpfen, Führungskräfte sind hier sensibel, aber oftmals passiert das einfach viel zu spät. Also erst dann, wenn Angebote auch online gehen, wenn Projekte abgeschlossen sind, dann kommt man meistens an den Punkt „oh, wir müssen das barrierefrei machen“ und das ist viel zu spät. Dann wird es aufwendig und teuer.
Digital barrierefrei zu werden – das ist sicherlich ein Prozess. Wie sollen Arbeitgeber diesen angehen? Welchen Rat gebt Ihr Arbeitgebern – womit sollen sie anfangen? Gibt es so eine Art Stufenplan?
CL: Also, das ist völlig korrekt, Barrierefreiheit ist kein Zustand, sondern sollte ein fester Bestandteil in bestehenden Prozessen sein, an denen immer wieder und auch umfangreich gearbeitet werden muss.
JV: Ganz wichtig ist auch, dass die Führungskräfte aus Überzeugung handeln. Sie sollen den Mitarbeitenden die Zeit geben, um sich weiterbilden zu können bzw. konkrete Weiterbildungsangebote schaffen. Wenn neue Angebote wie eine neue Website oder eine neue App geschaffen werden, sollte Barrierefreiheit von der ersten Sekunde an mitgedacht werden. Das Budget ist dann eben auch entsprechend zu planen. Wir empfehlen, wenn man sich nicht sicher ist, auch mal eine*n Expert*in zu Rate zu ziehen und dann kann man extern die Prozesse anpassen lassen bzw. hat einen längerfristigen Zeitraum, um Prozesse selbst umzustellen.
CL: Einen konkreten Stufenplan gibt es hier nicht. Wir empfehlen, sich einfach mit dem Thema auseinanderzusetzen und zu beginnen. Man kommt da schon rein. Man kriegt die Expertise auch durch entsprechende Expert*innen vermittelt und integriert.
Welche Materialien sollten Arbeitgeber unbedingt barrierefrei gestalten?
JV: Ganz wichtig, viele haben eine Website. Die sollte barrierefrei sein. Wenn irgendwelche Apps angeboten werden, um Sachen zu bestellen, um etwas zu buchen oder eine Führung in Museen zu haben, sollten diese auch barrierefrei umgesetzt werden. Ganz wichtig: Dokumente, seien es Formulare oder einfach nur Infoblätter, die sollten barrierefrei sein. Niemand kann vorhersagen, wer der*die Nächste ist, der*die darauf zugreift und welche Einschränkungen er*sie hat. Auf diese Weise könnte man kaufinteressierte Besucher*innen vergraulen oder vergrämen, weil bestimmte Informationen nicht zugänglich sind. Dann sagt man, ok dann gehe ich eben woanders hin.
Worauf sollten Arbeitgeber in Sachen Barrierefreiheit digitaler Angebote grundsätzlich achten?
JV: Die Barrierefreiheit sollte von Anfang an mit im Fokus liegen. Wenn man eine neue Website plant oder eine App umsetzen möchte, sollte man sagen, die App/Website sollte barrierefrei sein. Das kann man dann in den Aufträgen für die externen Firmen, die das umsetzen oder das Entwicklerteam, reinschreiben. Oft kommt das Thema Barrierefreiheit erst zum Schluss auf, wenn die Website oder App schon fertig ist. Dann hat man keine Ressourcen mehr, personell oder finanziell und dann wird der Mehraufwand wesentlich höher und teurer.
Was kann man als Arbeitgeber selbst machen? Und an welchen Punkten sollte man sich Unterstützung holen?
CL: Das hängt ganz vom Tätigkeitsfeld der Einrichtung oder des Unternehmens ab. Wenn man bei seiner täglichen Arbeit beispielsweise viele Dokumente erstellt oder eher redaktionell arbeitet, dann macht es durchaus Sinn, dass man Schulungen für Autor*innen bereitstellt und mit ins Haus holt, um für das Thema zu sensibilisieren und die nötige Expertise aufzubauen. Es gibt viele Aufgaben, die sehr speziell sind, bei denen es sinnvoll ist, mit externen Fachleuten zu reden, die dann auch die entsprechende Expertise kurzfristig mitbringen ins Unternehmen, um dann Projekte zu stemmen.
Mit welchen Kosten sollten Arbeitgeber bei der Gestaltung digitaler Barrierefreiheit rechnen?
JV: Hier kann man keinen festen Wert nennen. Arbeitgeber können Angestellte z.B. schulen lassen. Je nach Umfang liegt man hier im oberen dreistelligen bzw. unteren vierstelligen Bereich pro Schulung.
CL: Bei Projekten wie Webseiten oder Apps sind natürlich wesentlich mehr Schritte erforderlich. Es kommt auch darauf an, ob man komplett von neu beginnt oder eben schon etwas da ist, was man anpasst. Wir bei A11y-Design arbeiten grundsätzlich immer mensch-zentriert und schließen Sonderlösungen für Menschen mit Behinderungen aus. Daher sind aus unserer Perspektive immer Aufgaben relevant, wie z.B. die Erhebung von Anforderungen, die Erstellung von speziellen Interaktionskonzepten, aber auch die frühzeitige Evaluierung dieser Konzepte im Prozess mit Menschen, die eine Einschränkung haben. Das ist für uns ganz wichtig, denn nicht immer sind Standardlösungen die richtige Wahl für die entsprechenden Projekte. Das heißt, die eigentlichen Kosten variieren nach Projektgröße und sind stark davon abhängig, wann man Barrierefreiheit berücksichtigt. Fängt man erst nach Abschluss der Entwicklung einer App an zu überlegen, dass Barrierefreiheit noch wichtig ist, explodieren unserer Erfahrung nach die Kosten. Denn dann hat man so viel Mehraufwand und viele Dinge, die angepasst werden müssen. Bei der Technologieauswahl spielt das auch schon eine Rolle.
Ihr bietet auch Schulungen rund um das Thema „Barrierefreiheit von digitalen Angeboten“ an. Worum geht es in den Schulungen genau?
JV: Die Schulungen umfassen mehrere Bereiche: Einmal barrierefreie Dokumente aus Word, Power Point und InDesign, aber auch Schulungen für Entwickler*innen von Apps und Webseiten. In unseren Schulungen werden die Teilnehmenden aktiv eingebunden, also d.h. sie bearbeiten Dokumente oder programmieren eine kleine App und zusätzlich gibt es noch vertiefende Schulungen. Das heißt, wenn man schon einen Grundstock hat, kann man gerne sagen, wir schauen uns an, wo die einzelnen Leute stehen und vertiefen das. Wir fragen für unsere Schulungen auch vorher den Wissensstand ab. Das heißt, wir lassen uns z.B. Dokumente oder Quellecodes zuschicken, können einen Blick reinwerfen, wie das aussieht. So wissen wir genau, wo stehen die Teilnehmenden und passen entsprechend die Schulungsunterlagen/- aufgaben so an, dass jede*r da abgeholt wird, wo er letztendlich steht.
Nachhaltige Akzeptanz für solche Umstellungen schafft man nicht von heute auf Morgen. Wie wichtig ist, ist hier Eurer Beobachtung nach die Sensibilisierung von Führungskräften?
CL: Hier fällt unsere Antwort ganz klar und knapp aus: Die Sensibilisierung von Führungskräften ist elementar und absolut notwendig, weil Führungskräfte natürlich das Budget im Auge haben, Projektplanungen im Auge haben, Wissen weitertragen in ihren Unternehmensstrukturen und wenn man dort schon Defizite hat, bzw. dort keine Sensibilisierung erfolgt ist, dann ist es sehr schwer das Thema von innen heraus voranzubringen.
Ihr habt vor Kurzem erst die berufundfamilie Notfallmappe barrierefrei gestaltet. Die Notfallmappe bieten wir Arbeitgebern und auch Privatpersonen an. Mit ihrer Hilfe kann man sich und seinen Angehörigen schnell einen umfassenden Überblick über die wichtigsten persönlichen Dokumente verschaffen. Sollte der Pflegefall eintreffen, ist das äußerst hilfreich. Wie seid Ihr bei der Umstellung der Notfallmappe auf ein digital barrierefreies Dokument vorgegangen? Was war dabei besonders herausfordernd?
JV: An diesen Auftrag kamen wir durch eine Empfehlung. Ich erhielt eine PDF-Datei mit der Bitte sie für die TU Dresden barrierefrei zu machen. Dann haben wir Kontakt aufgenommen und eure Kollegin war nach ein paar Telefonaten und E-Mails so freundlich, mir die Quelldateien zur Verfügung zu stellen. Man muss dazu sagen, die Mappe war schon fertig und wurde verteilt, so wie sie war. Woran ich mich genau erinnern kann, ist, dass das gesamte Dokument über 1.000 Formularfelder also Checkboxen, Eingabefelder, die man anwählen kann und die waren nicht barrierefrei. Hervorheben kann man, dass es sehr gut war, dass wir die Quelldateien bekommen haben, und so konnte ich viel in InDesign erledigen. Das hat mir viel Zeit erspart. Herausfordernd war, dass eigentlich alles fertig war und ich sehr viel anpassen musste. Zum Beispiel hat die Agentur das Layout erstellt für den Text und die Formularfelder, aber bestimmte Punkte wurden nicht berücksichtigt. Es muss jedes Formularfeld einen kleinen Alternativtext, der sagt, wofür ist das da oder man kann sagen, wie viele Zeichen man angeben kann. Das ist für Nutzer*innen eines Screenreaders sehr wichtig. Die gesamte Struktur der Mappe wurde nochmal angepasst und ihr habt das fertige Produkt erhalten. Wenn man das von Anfang an gemacht hätte, wäre der Aufwand wesentlich geringer gewesen. Beim Layout, beim Erstellen gleich mitdenken, dann kann man sehr viel in InDesign machen und hat ein sehr gutes Ergebnis.
Bei der nächsten Neuauflage denken wir dann in jedem Fall daran. Ist für uns schließlich auch ein Lernprozess gewesen.
Zum Schluss würde ich gerne noch von Euch wissen: Barrierefreiheit im digitalen Bereich lohnt sich für Arbeitgeber, weil ….
JV: Man auf diese Weise viele Menschen erreichen kann, ohne jemanden auszugrenzen.
CL: Außerdem hat man langfristig mehr Zeit, mehr Budget, man hat zufriedenere Mitarbeitende und geht mit gutem Beispiel voran. Am Ende kommt digitale Barrierefreiheit allen zugute.
Dann war es das schon. Ich danke euch für die tollen Insights zum Thema digitale Barrierefreiheit und dem wichtigen Thema, dass man Menschen mit Beeinträchtigungen von vorneherein auch mitdenken sollte.
CL: Lieben Dank!
JV: Vielen Dank!
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