Aktuelle Schlüsselbegriffe aus der Arbeitswelt (©berufundfamilie Service GmbH) |
Überarbeitung und Erschöpfung stehen Vertrauen und Eigenständigkeit gegenüber. Schließlich fordern neue Arbeitsformen das Gesundheitsmanagement heraus. Wie sich Veränderungen in unserer Arbeitswelt – und auch hinsichtlich der Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben – bemerkbar machen, lässt sich aus aktuellen Studien und Umfragen ablesen. Mehr zu diesen in der Oktober-Ausgabe unserer Blogreihe „Vereinbarkeit in Zahlen“.
Remote Leadership führt zu Überlastung, Erschöpfung und Überarbeitung
Bedenklich ist, dass die Führungskräfte zwar seit Beginn der Coronapandemie eine gesteigerte Performance (45%) und Produktivität (40%) der Mitarbeitenden feststellen, in dem Zuge aber auch über gesteigerte Überstundenzahl (46 %), Erschöpfung (56%) und weniger Fehlzeiten (37%) berichten.
Als positive Entwicklungen ist zu verzeichnen, dass 60% der Führungskräfte ihren Mitarbeitenden mehr Vertrauen bzw. 66% mehr Eigenständigkeit gewährt haben. Dafür spricht auch, dass nahezu alle Instrumente der Leistungsmessung und Rückmeldung seit Pandemiebeginn weniger genutzt werden als zuvor.
91% der Führungskräfte zeigen sich überzeugt, dass Remote Work langfristig effektiv sein kann. Insgesamt sehen 45% von ihnen Remote Work und 79% Hybrid Work positiv und möchte in Zukunft hybrid arbeiten.
Kooperationsstudie des Bundesverbands der Personalmanager*innen und der Kienbaum Consultants International zu Leadership in der Coronapandemie, 2022
https://www.bpm.de/app/uploads/2022/10/BPM-und-KIE_Studie_Remote_Leadership-2022.pdf
Veränderte Rolle der Führungskräfte durch Krisenjahre
Führungskräfte werden zukünftig stärker als Coaches denn als Anweisende gefragt sein.
90% von 1.500 befragten Führungskräften und Unternehmer*innen in Deutschland und Österreich stimmen der Aussage zu, dass die Hauptaufgabe von Führungskräften künftig vor allem darin besteht, Mitarbeitende beim Erschließen eigener Potenziale zu unterstützen. In den Branchen Energie, Finanz und Logistik stützen jeweils 92% die Aussage, 82% im öffentlichen Sektor und 81% in der IT.
Mehr als 80% der Umfrageteilnehmenden sind der Meinung, dass sie zumindest in Teilen bereits als coachende Führungskraft agieren. Gleichzeitig sagen über 50%, dass es schwieriger geworden ist, die eigenen Teams zu führen. Ein Grund dafür ist die zunehmende Verbreitung von Remote Work.
Hernstein Institut für Management und Leadership, Die Rolle der Führungskraft und ihre Präsenz in sozialen Medien, 2022
https://www.hernstein.at/newsroom/management-report/die-rolle-der-fuehrungskraft-und-ihre-praesenz-in-sozialen-medien/
Leistungs- und Gesundheitseinbußen im Home-Office bei 1/3 der Berufstätigen
Bei 29% der im Home-Office tätigen Arbeitnehmenden leiden Leistung und Gesundheit. Die über 13.400 befragten Führungskräfte und Mitarbeitenden wurden anhand der Ergebnisse der Trendstudie in vier Gruppen eingeteilt: Neben dem genannten „gefährdeten
Durchschnitt“ gibt es 12% der Home-Office-Arbeitenden, die aufgrund dessen, dass sie viel im Home-Office leisten, dabei aber ihre Gesundheit gefährden, als „Hochleister*innen am
Limit“ kategorisiert werden. 33% zählen zum „gesunden Durchschnitt“, der geringe bis durchschnittliche Leistungen erbringt und seine Gesundheit durch Home-Office nicht gefährdet. Gut ein Viertel der im Home-Office Tätigen gehört zu der Gruppe der „gesunden Hochleister*innen“, die zu Hause ihr volles Potenzial ausschöpfen können.
Universität St. Gallen & Zentrum für Arbeitgeberattraktivität (zeag), Trendstudie, 2021
https://www.topjob.de/wissenswertes/detail/trendstudie-homeoffice-richtig-gestalten/
Sinkende emotionale Bindung von Beschäftigten zu Arbeitgebern während der Coronapandemie
Auch die Wechselbereitschaft erwies sich bei den Befragten als hoch: Nur 44% stimmten der Aussage „Ich beabsichtige, heute in drei Jahren noch bei meiner derzeitigen Firma zu sein.“ vollständig zu. 2018 waren es noch 65%. Und während 2018 10% der oben genannten Aussage überhaupt nicht zustimmten, ist der Anteil bis 2021 auf 18% angewachsen.
Gallup, Engagement Index Deutschland 2021, 2021
https://www.gallup.com/de/engagement-index-deutschland.aspx
Identifizierung mit Unternehmenswerten und -kultur hat durch Coronakrise gelitten
Bei 57% von 2.078 befragten in Deutschland Beschäftigten hatten die Folgen der Pandemie Auswirkungen auf ihre Bindung zum eigenen Unternehmen. Währen sich nur 7% mit den Unternehmenswerten und der -kultur identifiziert, ist bei 21% überhaupt keine Identifikation mit dem Arbeitgeber vorhanden. Die geringe Bindung hat möglicherweise ihren Grund in der ausbleibenden Flexibilität, die sich Beschäftigte wünschen: 40% der Arbeitnehmenden hätten gerne flexiblere Arbeitszeiten, aber nur für 17% der Befragten ist dies realisiert. Und während sich 34% eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie wünschen, können nur 13% berichten, dass diese mit den gegebenen Arbeitsbedingungen gelingt.
Außerdem wünschen sich 32% der Beschäftigten von ihren Arbeitgebern mehr Bewusstsein für die mentale Gesundheit. Bei nur 15% gibt es entsprechende Angebote von ihrem Arbeitgeber. Zudem sagen 44% der Beschäftigten, dass es in ihrer Organisation keine
Angebote zur Gesundheitsförderung gebe. Nur 21% berichten von einem umfangreichen Gesundheitsmanagement.
SThree, So arbeitet Deutschland, 2022
https://www.sthree.com/de-de/presse-bereich/2022/neue-arbeitswelt-2022-im-realitatscheck-was-deutsche-arbeitnehmer-beschaftigt/
Nutzung des Potenzials von Frauen* zur Fachkräftemangelbehebung kalkuliert
Knapp fünf Millionen Frauen* im erwerbsfähigen Alter nehmen laut Prognos-Untersuchung nicht am Erwerbsleben teil. Als Grund dafür, dass sie weder in Arbeit noch aktiv auf Jobsuche sind, geben 42% dieser Frauen* Kinderbetreuung oder Pflege von Angehörigen an. Das Potenzial dieser Gruppe umfasst laut Prognos knapp 840.000 Personen, die zumindest in Teilzeit wieder in den Arbeitsmarkt einsteigen könnten.
Ebenso wird Potenzial zur Behebung des Fachkräftemangels bei berufstätigen Müttern* gesehen – und zwar durch die Erhöhung ihres Arbeitszeitvolumens. Von den insgesamt 5,2 Mio. erwerbstätigen Müttern* mit Kind unter 18 Jahren sind 48% (2,5 Mio.) weniger als 28 Stunden wöchentlich im Job.
2,5 Mio. Wochenarbeitsstunden zusätzlich könnten erreicht werden, wenn diese Mütter* dank besserer Vereinbarkeit nur eine Stunde pro Woche mehr arbeiten. Das ist bei einer 36-Stunden-Woche 71.000 Vollzeitäquivalenten gleichzusetzen.
Prognos & BMFSFJ, Policy Paper: Vereinbarkeit von Familie und Beruf als Beitrag zur Fachkräftesicherung, 2022
https://www.prognos.com/de/projekt/fachkraeftesicherung-durch-die-vereinbarkeit-von-familie-und-beruf
Flexible Arbeitsmodelle bei Männern* gefragter als bei Frauen*
Für 42% der männlichen Beschäftigten sind Möglichkeiten der freien Arbeitsgestaltung ein entscheidender Faktor der Arbeitgeberbindung. Bei den weiblichen Studienteilnehmenden unter den 100 befragten Führungskräften und 400 Mitarbeitenden, ist dies nur für 29% der Fall. Die unterschiedliche Sicht zwischen den Geschlechtern ist besonders deutlich bei den Besserverdienenden – also mit einem monatlichen Nettohaushaltseinkommenden von mehr als 5.000 EUR: Während in dieser Gruppe 52% der männlichen Befragten flexible Arbeitszeiten als „besonders wertschätzend“ empfinden, sind es bei den Frauen nur 25%.
Appinio & Cegid, Führungskräfte und Mitarbeitende, 2022
https://www.cegid.de/news/jede-dritte-fuehrungskraft-planlos-in-puncto-mitarbeiterfuehrung/
Familiengründung ohne Vereinbarkeitslösungen ist für Hälfte der Beschäftigten undenkbar
Sollte der Arbeitgeber keine Angebote zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie machen, wäre dies für über die Hälfte der Beschäftigten, die sich vorstellen können, eine Familie zu gründen, ein Kündigungsgrund: 37% der 1.021 befragten Frauen* und Männer zwischen 29 und 40 Jahren würden laut eigener Aussage bei fehlenden Vereinbarkeitslösungen eher den Arbeitgeber wechseln, 22% würden dies definitiv tun.
33% der Befragten wünschen sich mehr Vereinbarkeitsangebote von ihrem Arbeitgeber. Vor allem flexiblere Arbeitsmodelle (26%) stehen auf der Wunschliste, gefolgt von Kinderbetreuungsangeboten (19%) und flexible Arbeitsorte bzw. mehr Möglichkeiten zum Home-Office (15%).
Forsa & Väternetzwerk conpadres, Vereinbarkeit von Familie und Beruf Ergebnisse einer repräsentativen Befragung von jungen Berufstätigen mit Kinderwunsch, 2021
https://conpadres.de/wp-content/uploads/2022/08/211011_Ergebnisbericht_Vereinbarkeit.pdf
Leistungsbereiter, zufriedener und gesünder durch Beschäftigung in Unternehmen mit hoher Sozialverantwortung
Beschäftigte, die ihrem Unternehmen eine besonders hohe Unternehmensverantwortung bescheinigen, zeigen zu 96,7% eine mit hohe Leistungsbereitschaft, zu 95,6% eine hohe Verbundenheit mit der Organisation und zu 96,5% eine hohe Arbeitszufriedenheit.
Unter den Beschäftigten, die ihrem Arbeitgeber eine niedrige Unternehmensverantwortung attestieren, zeigt sich hingegen bei 76,4% eine hohe Leistungsbereitschaft, bei 60,6% eine hohe Unternehmensverbundenheit und bei 69,6% eine hohe Arbeitszufriedenheit.
Die zu den Arbeitgebern mit hoher Unternehmensverantwortung zählende Beschäftigte berichten über weniger emotionale Belastungen als diejenigen, die ihren Arbeitgebern eine niedrige Unternehmensverantwortung zuschreiben: 86,1% gegenüber 45,1% empfinden keine oder nur ganz selten Wut und Verärgerung im Arbeitsleben.
AOK-Bundesverband & Wissenschaftliches Institut der AOK (WIdO), Fehlzeiten-Report 2022, Oktober 2022
https://www.aok-bv.de/imperia/md/aokbv/presse/pressemitteilungen/archiv/03_pk_fzr_2022_pm.pdf
Beschäftigte wünschen sich Diversität und Inklusion im Arbeitsumfeld, setzen sich selbst aber wenig dafür ein
65% der in Deutschland Beschäftigten ist es wichtig, in einer Organisation tätig zu sein, in der Wert auf Diversität und Inklusion gelegt wird. 77% der 1.042 Befragten wünschen sich einen noch stärkeren Fokus auf diese Aspekte in ihrer Organisation. 59% sind aber durchaus der Meinung, dass sich der eigene Arbeitgeber um Diversität und Inklusion am Arbeitsplatz bemüht. Laut 64% könnten kulturelle Unterschiede auf der Arbeit offen thematisiert werden. Jedoch bespricht nur jede*r zehnte Beschäftigte ungern kulturelle Unterschiede mit den Kolleg*innen. Ein Grund dafür könnte sein, dass 41% der Beschäftigten meinen, sich selbst wenig für mehr Diversität und Inklusion in ihrer Organisation einzusetzen. 23% fördern laut eigener Aussage gar nicht bzw. fast gar nicht diese Themen.
GoodHabitz, Forschungsbericht: So steht es um Diversity und Inklusion in Deutschland, 2022
https://www.goodhabitz.com/de-de/inspiration/downloads/forschungsbericht-diversity-inklusion/
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