Dienstag, 30. Januar 2024

Vereinbarkeit in Zahlen: Gesundheit als hohes Gut

Stichwörter aus der Arbeitswelt (©berufundfamilie Service GmbH)

52 % der Frauen* sind der Ansicht, die Menopause sei ein Tabuthema am Arbeitsplatz, der Krankenstand deutscher Beschäftigter bleibt auf Rekordniveau und nicht einmal jede*r Dritte kuriert eine Erkrankung richtig aus, bevor es wieder zur Arbeit geht. Lesen Sie mehr zu Studien aus der Arbeitswelt, in der Januar-Ausgabe unserer Blogreihe „Vereinbarkeit in Zahlen“.



Jede Vierte tritt wegen Wechseljahren beruflich kürzer


Die Wechseljahre haben erhebliche Auswirkungen für Frauen – auch im beruflichen Kontext. Das zeigen Zwischenergebnisse der Studie MenoSupport. Für die deutschlandweit erste Studie dieser Art wurden insgesamt 2.000 Frauen im Alter von 28 bis 67 befragt. Es zeigt sich, dass viele Befragte typische Symptome der Wechseljahre nicht einordnen können. So können Schlafstörungen, Stimmungsschwankungen oder Abgeschlagenheit Symptome seien, die bereits mit Anfang 40 beginnen können. Um sich über die Wechseljahre zu informieren, nutzt ein Großteil das Internet, 36 % informieren sich über Ärzte. Auch das Arbeitsleben bleibt nicht unberührt von den Wechseljahren. Jede vierte Frau gab an, dass sie wegen Wechseljahresbeschwerden die Stundenanzahl reduziert habe. Nahezu 20 % der Frauen über 55 möchten deshalb früher in den Ruhestand. Arbeitgeber bieten bisher kaum Maßnahmen zum Thema Menopause an. Das zeigen auch die Umfrageergebnisse: Mehr als die Hälfte der Befragten (52 %) gaben an, die Wechseljahre seien immer noch ein Tabuthema am Arbeitsplatz und man fühle sich damit allein.

Im ersten Schritt der MenoSupport-Studie wurden berufstätige Frauen befragt, im nächsten Schritt sollen Maßnahmen und Handlungsempfehlungen entstehen. Die Studie läuft bis September 2024.

Hochschule für Wirtschaft und Recht, Meno-Support Studie, Dezember 2023
https://www.mdr.de/nachrichten/deutschland/gesellschaft/studie-wechseljahre-arbeitswelt-100.html




Gender Pay Gap bleibt unverändert


Frauen* verdienen weiter weniger als Männer*, das zeigen aktuelle Zahlen des Statistischen Bundesamts. Die Lohnlücke (Gender Pay Gap) liegt weiterhin unverändert bei 18 %. Frauen* verdienten pro Stunde durchschnittlich 20, 84 Euro brutto. Damit erhielten sie rund 4,46 Euro weniger als Männer* mit 25,30 Euro. Schaut man auf den langfristigen Vergleich, ist der unbereinigte Gender Pay Gap von 23 % (2006) auf 18 % gesunken. Auf dieser Prozentmarke verharrt er allerdings seit 2020. Die Zahlen zeigen auch, dass die Lohnlücke im Osten Deutschlands weiter geringer ist, hier lag sie 2023 bei 7 %, im Westen waren es 19 %. Es zeigt sich zudem, dass der Verdienstunterschied zwischen Männer* und Frauen* ab dem 30. Lebensjahr stetig steigt. Das könne damit erklärt werden, dass Frauen* bei der Geburt ihres ersten Kindes durchschnittlich 30 Jahre alt seien und dann familienbedingt auf Teilzeit umstellen oder die Karriere unterbrechen. Während der Bruttostundenverdienst bei  Frauen* ab diesem Alter unverändert bleibt, erhöht er sich bei den Männern* beständig.

Die restlichen 36 % des Verdienstunterschieds ließen sich nicht mit dem im Schätzmodell vorhandenen Merkmalen erklären. Damit liegt der bereinigte Gender Pay Gap bei 6 %, d.h. Frauen* verdienten trotz vergleichbarer Tätigkeit, Qualifikation und Erwerbsbiografie pro Stunde 6 % weniger als ein männlicher Kollege.

Statistisches Bundesamt, Gender Pay Gap 2023: Frauen verdienten pro Stunde 18 % weniger als Männer, Januar 2024
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/finanzen/gender-pay-gap-2023-100.html




Alkoholprobleme verursachen immer häufiger Fehlzeiten


Aktuelle Daten der AOK Rheinland/Hamburg offenbaren einen traurigen Rekord: Die Zahl der Arbeitsunfähigkeitstage aufgrund von Alkoholerkrankungen hat einen Höchststand erreicht. Im Jahr 2022 waren 15,3 Fehltage je 100 Versicherte auf die Folge von Alkoholkonsum zurückzuführen. Besonders die Corona-Pandemie führte zu einem sprunghaften Anstieg der Arbeitsunfähigkeit aufgrund von Alkoholproblemen. So stiegen die Krankentage um 14 % von 13,6 % (2019) auf 15 Tage je Versicherten (2020), seitdem wachse die Zahl stetig. Die Dunkelziffer wird noch viel höher eingeschätzt.

Alkoholstörungen werden häufiger bei älteren Beschäftigten festgestellt, am stärksten betroffen war die Altersgruppe der 50- 59-Jährigen. Auf sie entfielen 27,0 Arbeitsunfähigkeitstage je 100 Versicherte. Bei der Gruppe der 20 bis 29-Jährigen waren es lediglich 3,8 Tage. Männer* fallen zudem dreimal so häufig aus wie Frauen*: Auf 100 Männer* entfallen 0,98 alkoholbedingte Fehltage jährlich, bei Frauen* sind es 0,36. Betroffene Frauen* seien dabei allerdings für einen längeren Zeitraum krankgeschrieben.
Auch im Branchenvergleich zeigt sich der Zusammenhang von mehr Ausfalltagen bei steigendem Alter und mehr Ausfällen bei Männern*. Besonders häufig fehlten Beschäftigte in der Herstellung von Metallwaren (29,4 Tage je 100 Versicherte), gefolgt von den Branchen Ver- und Entsorgung (28,0 Tage) und Maschinen- und Fahrzeugbau (23,7 Tage). Diese Arbeitsbereiche gelten als männerdominiert. Am wenigsten Krankentage sind im Gesundheitswesen (8,7 Tage je 100 Versicherte) zu verzeichnen.


AOK Rheinland/Hamburg, Immer häufiger fallen Beschäftigte wegen Alkoholproblemen aus, Januar 2024
https://www.presseportal.de/pm/135478/5687693





Krankenstand bleibt weiter hoch


Eine Auswertung der Fehlzeiten von rund 2,3 Mio. Versicherten der DAK-Gesundheit hat ergeben, dass der Krankenstand auch 2023 auf hohem Niveau lag. So waren an jedem Tag von Januar bis Februar durchschnittlich 55 von 1.00 Beschäftigten krankgeschrieben. Das waren 13 % mehr als 2022. 64,5 % der Beschäftigten waren mindestens einmal krankgeschrieben, 64 % mehrmals, lediglich 35, 5 % der Versicherten waren 2023 gar nicht krankgeschrieben.
Die häufigste Ursache für Fehltage waren Erkältungskrankheiten, Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems und psychische Erkrankungen. Eine Erkältungsdiagnose verursachte dabei jeden fünften Fehltag. Bei den psychischen Erkrankungen war der Anstieg erheblich, hier gab es 7,4 % mehr Krankschreibungen. Damit stieg die Zahl der Krankentage von 301 auf 323 Fehltage je 1.00 Beschäftigte.

Die Zahlen belegen zudem enorme Unterschiede zwischen einzelnen Berufsgruppen. Die niedrigsten Fehlzeiten verzeichneten die Informatikbranche und die Branche der Kommunikationstechnologie. Die Krankenstände von Beschäftigten in der Altenpflege und Kindebetreuung waren dagegen mit 7,4 % und 7,0 % überdurchschnittlich hoch.


DAK-Gesundheit, Krankenstand 2023 weiter auf Rekordniveau, Januar 2024
https://www.dak.de/dak/bundesthemen/krankenstand-2023-weiter-auf-rekordniveau-2638984.html#/





Krankenstand in Deutschland mit Einfluss auf Rezession


Laut einer unveröffentlichten Studie des Verbands der forschenden Pharma-Unternehmen (VFA), die tagesschau.de vorliegt, hat der hohe Krankenstand im Jahr 2023 dazu beigetragen, dass die deutsche Wirtschaft in eine Rezession geriet. So führten die krankheitsbedingten Arbeitsausfälle zu Produktionseinbußen, ohne die die Wirtschaft um ca. 0,5 % gewachsen wäre. So wären bei einem niedrigeren Krankenstand rund 26 Mio. zusätzlich erwirtschaftet worden. Sollte der Krankenstand über die nächsten Jahre gleichbleiben, verliere die deutsche Wirtschaft die Arbeitskraft von rund 350.000 Beschäftigten.
Laut Studie variierten die Krankenstände auch nach Branche. 70 % des Produktionsausfalls gingen aufgrund der Größe auf den Fahrzeugbau, Maschinenbau, die Metall- Elektro-, Pharma- und Chemieindustrie zurück. Am höchsten war der Krankenstand mit 6,8 % in der Metallerzeugung.

https://www.tagesschau.de/wirtschaft/konjunktur/rekord-krankenstand-rezession-100.html




Nicht einmal jede*r Dritte kuriert Erkrankung richtig aus


Eine repräsentative Umfrage der Pronova BKK unter 1.200 Beschäftigten ab 18 Jahren gibt Aufschlüsse darüber, wie unterschiedlich Generationen mit Belastung und Krankheit umgehen. Ein Ergebnis ist, dass sich 6 von 10 Beschäftigten krankmelden, obwohl sie fit genug wären, um zu arbeiten. Besonders häufig wird dieses Verhalten in der Umfrage der Gen Z nachgesagt: ¾ der Befragten vermutet, dass sich Beschäftige in dieser Altersspanne krankmelden, obwohl sie fit wären. Im Hinblick auf die Boomer-Generation meinen 28 %, dass diese Generation so ein Verhalten nie an den Tag legen würde. Je jünger die Beschäftigten, desto eher werden sie verdächtigt, sich auch mal krankzumelden, obwohl sie gesund seien. Dieses Misstrauen beruhe insbesondere auf mangelndem Verständnis zwischen den Generationen. So sei der jungen Generation die Selbstfürsorge wichtiger und die eigene Gesundheit habe eine hohe Priorität. Mit dieser Einstellung stoßen die 18–29-Jährigen häufig auf Unverständnis bei den älteren Generationen. Früher sei es üblicher gewesen, ungesunde Arbeitsbedingungen zu ertragen und Prozesse weniger zu hinterfragen.

Die Umfrage zeigt aber auch, dass ein Umdenken im Hinblick auf Präsentismus stattfindet. So gehen deutlich weniger Beschäftigte mit leichten Infekten zur Arbeit als vor Corona. 2018 taten dies noch 50 %, 2023 waren es nur noch 34 %. Immer weniger Arbeitnehmer*innen gehen auch mit Rückenschmerzen zur Arbeit. Hier sank die Anzahl seit 2018 von 57 % auf 46 %. In Sachen Genesung, wartet nicht einmal jede*r Dritte ab, bis sie*er wieder vollständig gesund ist. Insbesondere bei Atemwegserkrankungen (23 %) und ansteckenden Infekten (19 %), gingen die Beschäftigen wieder arbeiten, sobald die schlimmsten Symptome vorbei waren. Auch bei einem positiven Coronatest und mildem Verlauf kehren 12 % bereits an ihren Arbeitsplatz zurück, während der Pandemie lag dieser Anteil bei 9%.

Pronova BKK, Arbeiten 2023, Januar 2024
https://www.presseportal.de/pm/119123/5697533




Pandemiebedingte Kündigungswelle in der Pflege bleibt aus


Die Befürchtung, dass die hohe Belastung durch die Pandemie zu höheren Kündigungen in der Pflege sorgen würde, hat sich bisher nicht bewahrheitet. Das zeigt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung. So stieg die Zahl der Pflegefach- und hilfskräfte sogar. Zudem zeigten sich Beschäftigungsverhältnisse stabiler als vor der Pandemie. Am stabilsten zeigten sich dabei Beschäftigungsverhältnisse in Krankenhäusern. Hier waren 90 % der Fach- und Hilfskräfte auch nach einem Jahr noch in derselben Organisation angestellt, nach zwei Jahren lag der Anteil bei 80 %. Ein anderes Bild zeigt sich in der ambulanten Pflege und den Pflegeheimen. Hier war die Beschäftigungsstabilität erheblich niedriger, sowohl vor als auch nach der Pandemie. So waren nach einem Jahr rund 15 % der Fachkräfte in der ambulanten Pflege in eine andere Organisation gewechselt, nach zwei Jahren war es jede*r Vierte. Außerdem wechselten weitaus mehr Beschäftigte in Pflegeheimen die Branche als es Beschäftigte der ambulanten Pflege und in Krankenhäusern taten.

Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundesagentur für Arbeit, Die Pandemie hat keine Kündigungswelle in Pflegeberufen ausgelöst, Januar 2024
https://idw-online.de/de/news827367




Jede*r zweite Deutsche ist über den aktuellen Stand zu KI informiert


Wie wirkt sich KI auf Arbeitswelt, Politik und Cybersicherheit aus? Antworten darauf liefert eine YouGov-Umfrage im Auftrag von Kafka Kommunikation. So sehen Beschäftigte in Deutschland zwar das Automatisierungspotenzial ihrer Tätigkeit, fürchten jedoch derzeit noch nicht um Ihre Jobs. Die Befragten sind der Ansicht, dass bestimmte menschliche Qualitäten in naher Zukunft noch nicht von KI abgebildet werden können. Es zeigt sich allerdings auch ein Informationsmangel: Nur jede*r Zweite gibt an, er*sie sei über den aktuellen Stand der KI-Entwicklung informiert. Ebenfalls jede*r zweite Befragte übt eine Bürotätigkeit aus und 45 % der Befragten bezeichnen ihre Aufgaben als repetitiv. 66 % üben, laut eigener Aussage, eine kognitiv anspruchsvolle Tätigkeit aus. 70 % zweifeln daran, dass ihr Job in den nächsten fünf Jahren von einer KI übernommen wird. 65 % zweifeln daran, dass eine KI bestimmte menschliche Fähigkeiten abbilden kann. 44 % sind der Ansicht, die Politik müsse ein bedingungslosen Grundeinkommen einführen, sollte es zu Verdrängungen auf dem Arbeitsmarkt durch KI geben.

YouGov/Kafka Kommunikation, KI als Risikofaktor? Für die Mehrheit der Deutschen sind die menschlichen Fähigkeiten für die KI (noch) unerreichbar, Januar 2024
https://brilon-totallokal.de/2024/01/25/studie-es-hapert-oft-am-informationsfluss-auswirkungen-von-ki-auf-arbeitswelt-politik-und-cybersicherheit/

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