Mittwoch, 28. Februar 2024

Vereinbarkeit in Zahlen: Vielfältige Arbeitsmodelle

Stichwörter aus dem Themenbereich  Arbeitswelt (©berufundfamilie Service GmbH)

Immer mehr Menschen arbeiten im Rentenalter, Vereinbarkeitskonflikte zwischen Beruf und Familie führen zu mehr Fehlzeiten und die hohen Mieten in deutschen Großstädten erweisen sich als Hürde in der Fachkräftegewinnung. Mehr aktuelle Studien in der neuen Ausgabe unserer Blogreihe Vereinbarkeit in Zahlen".



Mehr ältere Menschen im Job


Zahlen des Statistischen Bundesamts zeigen, dass immer mehr Menschen im Alter von 63 bis 67 Jahren arbeiten. So ist ihre Anzahl der sozialversicherungspflichtigen bzw. geringfügig Beschäftigten von 1,31 Mio. in 2020 auf 1,67 Mio. in 2023 angewachsen. 2022 waren es bereits 1,52 Mio. Beschäftigte, die arbeiteten, obwohl ein Renteneintritt möglich wäre. In der Altersgruppe von 63 bis 67 stieg somit die Beschäftigungsquote in den vergangenen drei Jahren um 26,2%. Bei den 60- bis 64- Jährigen ist der Anstieg so groß wie in keiner anderen Altersgruppe – von 47% in 2012 auf 53% in 2022. Bei den 65- bis 69-Jährigen waren 2022 19 % noch erwerbstätig, dies ist ein Anstieg um 8% im Vergleich zu 2012. Die Gründe für diesen Anstieg bei den ab 65-Jährigen seien sowohl die Anhebung des Rentenalters als auch das gestiegene Bildungsniveau.

Rund 40% der Erwerbstätigen ab 65 bestritten vorwiegend ihren Lebensunterhalt daraus. Für das Gros sei das erzielte Einkommen aber ein Zuverdienst zur Rente oder Vermögen.


Statistisches Bundesamt, Erwerbstätigkeit älterer Menschen, Februar 2024
https://www.destatis.de/DE/Themen/Querschnitt/Demografischer-Wandel/Aeltere-Menschen/erwerbstaetigkeit.html#:~:text=M%C3%A4nner%20und%20Frauen%20unterscheiden%20sich,der%20Frauen%20einer%20Erwerbst%C3%A4tigkeit%20nach.



Flexible Arbeitsmodelle bei Bewerber*innen hoch im Kurs



Was müssen Arbeitgeber bieten, um für Bewerber*innen interessant zu sein? Eine Auswertung von mehr als 5.000 Suchbegriffen auf Jobplattform Indeed liefert Antworten. Dabei wurden die Daten aus 2023 und 2022 miteinander verglichen. Dabei zeigt sich, dass insbesondere die Nachfrage nach sog. Mini-Jobs und Remote-Arbeitsplätzen gewachsen ist. So gab es in der Suche nach „Minijobs 520 Euro“ den deutlichen Zuwachs. Der Begriff wurde rund 8670% häufiger gesucht als im Jahr davor. Laut Indeed liege das an der Anhebung der Geringfügigkeitsgrenze von 450 auf 520 Euro.

Besonders beliebt sind zudem Suchanfragen zu flexiblen Arbeitsmodellen. Suchen nach einer „35-Stunden-Woche“ nahmen um 242% zu, und auch die Suchanfragen nach einer „Vier-Tage-Woche“ stiegen um 234%. Auch im Hinblick auf den Arbeitsort wünschen sich Bewerber*innen offensichtlich Flexibilität. Um 533% häufiger gesucht wurde nach dem Begriff „100 Remote“, auch bei den Begriffen „Quereinsteiger Home-Office“ (Anstieg um 200%) und „Remote EU-Ausland“ (Anstieg um 180%).

Es zeigt sich bei der Auswertung der Suchbegriffe ein weiterer Trend: Immer mehr Personen aus dem Ausland interessieren sich für einen Job in Deutschland, so wurde fünfmal mehr nach dem Begriff „Keine Deutschkenntnisse“ gesucht. Somit suchen auch immer mehr Erwerbsuchende ohne oder mit geringeren Deutschkenntnissen Jobs auf solchen Plattformen.
Die gestiegene Anzahl an „Dringend gesucht“- Suchanfragen (um 557%) zeigt, wie groß der Zeitdruck ist, um Stellen zu besetzen.


Indeed, 4-Tage-Woche bis Home Office: Was Bewerbern aktuell am wichtigsten ist, Januar 2024 https://www.msn.com/de-de/finanzen/top-stories/4-tage-woche-bis-home-office-was-bewerbern-aktuell-am-wichtigsten-ist/ar-BB1igDxc?ocid=entnewsntp&pc=U531&cvid=97cd08b7174348cea260dbbb951995d8&ei=44



Vereinbarkeitskonflikte zwischen Beruf und Familie führen zu mehr Fehlzeiten


Eine Studie der Universität Helsinki beleuchtet den Zusammenhang zwischen Vereinbarkeitskonflikten von Beruf und Familie und krankheitsbedingten Fehlzeiten. Es wurde dabei unterschieden in Vereinbarkeitskonflikte, die dazu führen, dass der*die Beschäftigte, die Arbeit über die Bedarfe der Familie stellen muss und in Vereinbarkeitskonflikte, bei denen das Familienleben, die Arbeitsleistung negativ beeinflusst. Es sollte dabei auch untersucht werden, ob das Zusammenleben mit einer*einem Partner*in, die Anzahl der minderjährigen Kinder im Haushalt, Beschäftigungssituation und weitere arbeitsbezogene Faktoren dazu beitragen. Auch Geschlechtsunterschiede bei den Krankheitstagen wurden berücksichtigt.
Dafür wurde eine Umfrage unter rund 3.600 Beschäftigten zwischen 19 und 39 in Helsinki gemacht, die zumindest 50% arbeiteten. Die dazugehörigen Krankheitsdaten stammten aus dem Register der Stadt Helsinki.
Die Mehrheit der Befragten stimmen demnach der Aussage zu, dass der Beruf die Zeit reduziere, die mit der Familie verbracht werden könnte. Ebenfalls teilte die Mehrheit der Befragten die Ansicht, dass familiäre Verpflichtungen jene Zeit reduzieren, die man für sich selbst und zur Entspannung nutzen möchte.

Wesentliche Ergebnisse der Studie sind dabei u.a.:
  • Beide Formen der Vereinbarkeitskonflikte waren mit kurzen und langen krankheitsbedingten Fehlzeiten verbunden, wobei die Vereinbarkeitskonflikte, die dazu führen, dass der*die Beschäftigte, die Arbeit über die Bedarfe der Familie stellen muss, etwas stärker verbunden waren.
  • Arbeitsbezogene Faktoren trugen zu diesem Zusammenhang bei.
  • Vereinbarkeitskonflikte, die dazu führen, dass der*die Beschäftigte, die Arbeit über die Bedarfe der Familie stellen muss, kamen bei Frauen* öfter vor als bei Männern*.
  • Allerdings erklärten diese Konflikte nicht die Geschlechterunterschiede bei den Fehlzeiten.

University of Helsinki, Work–family conflicts and sickness absence—a register-linked cohort study among young and early midlifeemployees, Februar 2024 https://academic.oup.com/eurpub/advance-article/doi/10.1093/eurpub/ckae012/7603863?login=false




Hälfte der Beschäftigten ist für bessere Work-Life-Balance bereit auf Gehalt zu verzichten



Eine Umfrage des Automobilunternehmens Ford unter mehr als 16.000 Personen weltweit liefert antworten darauf, wie sich Menschen ein erfülltes Privatleben neben der Arbeit vorstellen und was sich verschiedenen Generationen von der Arbeitswelt wünschen. Auch deutsche Beschäftigte wurden befragt.
Unabhängig vom Alter sagten 77% der Befragten, dass ihnen ein erfülltes Privatleben wichtiger sei als beruflicher Erfolg. Ungefähr die Hälfte wäre sogar bereit, Gehaltseinbußen von 20 % hinzunehmen, um eine bessere Work-Life-Balance zu haben. Nichtsdestotrotz stelle die Gen Z eher als die Babyboomer das private Glück in den Vordergrund.

Mit Blick auf Deutschland zeigt sich, dass sich Gen Z und Babyboomer bei bestimmten beruflichen Zielen durchaus ähnliche Ansichten haben. So waren sich 68% aller Befragten einig, dass ein Job, der zu persönlichem Stress führt, nicht lohnenswert sei (Gen Z: 68%, Babyboomer: 67%). Generationenunterschiede zeigen sich hingegen bei der Frage, ob die Befragten bereit wären auf 20% ihres Lohns zu verzichten, um einen Lebensstil zu haben, der die Lebensqualität im Vordergrund hat. 57% der Gen Z wären dazu bereit, bei den Babyboomern sind es lediglich 40%. Insgesamt können sich 48% aller Befragten vorstellen auf einen Teil ihres Gehalts für eine bessere Work-Life-Balance zu verzichten.
Auch im Verhältnis zum Arbeitsplatz offenbaren sich Unterscheide: So identifizieren sich 67% der Gen Z mit ihrem Job, was unter dem Durchschnitt der deutschen Befragten von 75% liegt. Bei den Babyboomern, die oft auf lange Karrieren zurückschauen, sind es 81%.

https://onlinemarketing.de/karriere/human-resources/50-prozent-gehalt-fuer-privatleben-opfern




Nur 31 % der Beschäftigten an Führungsverantwortung interessiert


Das jährlich erscheinende Arbeitsbarometer von Randstad zeigt wieder aktuelle globale und nationale Trends des Arbeitsmarkts. Für Deutschland zeigt sich: Karriere verliert an Bedeutung, Beschäftigte wünschen sich eher Stabilität und eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. 53% der Beschäftigten hegen keinerlei Ambitionen, die Karriereleiter zu nehmen und möchten in ihrer aktuellen Jobsituation bleiben. 31% der Befragten haben eine leitende Position zum Ziel.
Blickt man auf den weltweiten Vergleich möchten 47% mehr Verantwortung durch eine Führungsposition und lediglich 39% der Beschäftigten möchten bei ihrer jetzigen Position bleiben. Für deutsche Beschäftigte scheint die berufliche Weiterentwicklung eher eine untergeordnete Rolle einzunehmen: So möchten 58% der Arbeitnehmenden trotz fehlender Entwicklungsmöglichkeiten in ihrer aktuellen Position bleiben. Lediglich 24% der Beschäftigten ziehen eine Kündigung in Betracht, wenn sie keine Entwicklungsperspektiven im Job sehen. Auf der internationalen Ebene ist dieser Anteil mit 35% erheblich höher.

41% der deutschen Befragten würden hingegen dann eine Kündigung in Betracht ziehen, wenn ihr Job sie daran hindern würde, das Leben zu genießen. Für 55% stet das Privatleben vor dem Beruf. 47% der deutschen Arbeitnehmenden haben laut eigenen Angaben durchaus ehrgeizige Pläne für die Karriere, jedoch ist der Weg dahin sehr individuell und nicht unbedingt abbildbar mit klassischen Beförderungen ins Management von Organisationen.

Randstad, Arbeitsbarometer 2024, Februar 2024
https://www.presseportal.de/pm/13588/5695247



Keine Einheitlichkeit bei Kita-Gebühren in Deutschland



Neue Auswertungen des IW Köln zu der Kostenstruktur von Kitas in Deutschland zeigen große Unterschiede auf. Besonders teuer sei die Kinderbetreuung für Kinder unter drei Jahren. Hier haben Bergisch Gladbach und Mülheim an der Ruhr die teuersten Gebühren für die Betreuung von einjährigen Kindern. So berechnet Mülheim an der Ruhr Gutverdiener*innen für eine wöchentliche Betreuungszeit von 45 Stunden 1009 Euro monatlich. In Bergisch Gladbach sind es für 45 Stunden pro Woche 1.220 Euro monatlich. In Mannheim ist für Personen mit mittleren Einkommen der Kitaplatz besonders teuer: Hier fallen bei einem Brutto-Jahreseinkommen von 50.000 Euro für eine tägliche Kinderbetreuung monatliche Kosten von 399 Euro an, hier sind Kosten für die Verpflegung und weitere Leistungen noch nicht miteinberechnet.
Ob Kosten und in welcher Höhe für die Eltern entstehen, ist hierzulande abhängig von Wohnort, Alter, Anzahl der Kinder, Betreuungsumfang und Einkommen. Allerdings variieren diese Kriterien von Kommune zu Kommune.

IW Köln, Elternbeiträge: Wo Kitas am teuersten sind, Februar 2024
https://www.iwkoeln.de/presse/pressemitteilungen/wido-geis-thoene-wo-kitas-am-teuersten-sind.html





Hohe Mieten als Hürde für Fachkräftegewinnung


Eine Umfrage der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft PwC zeigt, dass die hohen Mieten in deutschen Großstädten den Fachkräftemangel verschärfen. So ist der Mangel an bezahlbarem Wohnraum das zentrale Defizit für das Leben in einer Großstadt. 1/3 der Befragten hat sogar bereits wegen der hohen Mieten über einen Jobwechsel nachgedacht, ein kleiner Teil zieht tatsächlich sogar um. Das Gros der Befragten schätzt die Vorzüge der Großstadt wie z.B. Jobchancen, kurze Arbeitswege, Bildungs- und Kulturangebote und Einkaufsmöglichleiten. Daher ist es nicht überraschend, dass sich rund 9 von 10 Befragten wohlfühlen in ihrem Wohnort. Dennoch zeigen sich nahezu 2/3 mit den Mieten, den Kosten für Wohneigentum und der Zahl freier Mietwohnungen unzufrieden, 90% meinen, es sei reine Glückssache, wenn man eine bezahlbare Wohnung fände.

11% haben daher bereits wegen zu hoher Mieten in der Region ihren Job gewechselt, bei den 18- bis 34-Jährigen sind es 17%. Einen Wechsel in Betracht gezogen haben 1/3 und in der Altersgruppe von 18 bis 34 41%. Wenn ein berufsbedingter Umzug in Betracht gezogen wird, sind für 60 % bezahlbarer Wohnraum ein ausschlaggebender Faktor.

Die Beschäftigten bauen in der Wohnungsfrage auf Arbeitgeber und Politik. So fordern 88% der Befragten, dass die Politik gezielter Wohnungsbauprogramme für kleiner und mittlere Einkommen schafft. Doch auch Arbeitgeber sollen mehr tun: So befürworten 82% der Befragten eine Übernahme der Fahrtkosten durch den Arbeitgeber, ähnlich viele würden sich Mietzuschüsse wünschen und 79 % stimmen zu, dass Arbeitgeber Betriebswohnungen und die Ausstattung fürs Home-Office zur Verfügung stellen sollten.
An der Studie nahmen 4.200 Berufstätige zwischen 18 und 65 aus 12 Großstädten in Deutschland teil.

PwC, Februar 2024
https://www.tagesschau.de/wirtschaft/arbeitsmarkt/mieten-grossstadt-fachkraeftemangel-100.html



Kinderbetreuung weiterhin überwiegend in der Hand der Mütter



Die Sorgearbeit bleibt weiterhin vor allem an Müttern* hängen. Das zeigt eine Befragung des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. So teilen zwar 89% der Frauen* und 84% der Männer* die Ansicht, dass die beste Arbeitsteilung vorhanden sei, wenn beide Partner*innen Job, Haushalt und Kindern gleich viel Arbeit haben. 68% der befragten Mütter* sagten, dass sie den Großteil der Sorgearbeit übernehmen, bei den Vätern* waren dies lediglich 4%. Während Corona hatte sich eigentlich mehr Gleichstellung abgezeichnet: so gaben im April 2020 sowohl 12% der Mütter* als auch der Väter* gab damals an, dass in ihrem Haushalt der Mann* den Hauptteil der Kinderbetreuung trage, - und damit knapp viermal so viel wie vor Corona. Mittlerweile sei der Anteil wieder auf Vorkrisenniveau.

Auffallend sei zudem, dass die Einschätzungen von Vätern* und Müttern*, wer wieviel Care-Arbeit, stark auseinandergehen. So äußerten 54% der Väter*, dass die Mütter* den Hauptteil leisten, bei den Müttern* sagten dagegen 68%, dass die Mütter* sich überwiegend um die Betreuung kümmern. Eine weitgehend gleichberechtigte Aufteilung nahmen 42% der Väter*, aber nur 30% der Mütter wahr. Auch in Bezug auf den sogenannten Mental Load offenbarten sich Unterschiede.

Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, Auswertung zu Equal-Care-Day und Frauentag, Februar 2024
https://www.tagesschau.de/inland/gesellschaft/arbeitsteilung-eltern-befragung-100.html

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