Donnerstag, 24. April 2025

Generationen und die Kraft der positiven Auseinandersetzung

Sind Auseinandersetzungen in generationengemischten Teams vorprogrammiert? (Quelle: Cottonbro Studio)

Am 29. April 2025 findet zum 26. Mal der Europäische Tag der Solidarität zwischen den Generationen statt. Vor diesem Hintergrund haben wir Ergebnisse aus Studien zusammengefasst, die folgende Fragen beantworten: Gibt es einen Generationenkonflikt überhaupt? Worin bestehen mit Blick auf die Arbeitswelt und Zusammenarbeit Konfliktpotenziale? Worin sind sich die Generationen besonders einig?

Ende April 2008 fand unter slowenischer Ratspräsidentschaft die EU-Konferenz „Intergenerational Solidarity for Cohesive and Sustainable Societies“ statt. Mit ihr wurde der 29. April von Vladimir Špidla, dem damaligen slowenischen EU-Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Chancengleichheit, zum Europäischen Tag der Solidarität zwischen den Generationen ausgerufen. Das Datum hat sich als Aktionstag etabliert – und zwar vor allem dank der gemeinsam von der europäischen Plattform für Seniorenverbände AGE und dem Europäischen Jugendforum initiierten Kampagne, mit der die politische Bedeutung der generationsübergreifenden Solidarität gestärkt werden soll.[1] Die Solidarität unter den Generationen ist heute in der Arbeitswelt eine besonders drängende Frage, denn: Noch nie waren in Organisationen so viele Generationen gleichzeitig erwerbstätig wie derzeit – bis zu fünf sind es in manchen Betrieben. Hand in Hand zu arbeiten, voneinander zu lernen, sich genseitig wertzuschätzen – all das ist zentral für die alltäglichen Arbeitsabläufe wie auch für die Innovationskraft von Organisationen. Doch immer wieder wird von Konflikten zwischen den Vertreter*innen unterschiedlicher Generationen gesprochen – insbesondere in den Medien.

Was ist dran an den Generationenkonflikten? Wir haben im Folgenden Ergebnisse aus jüngeren Studien zum Thema zusammengetragen. Dazu zählt auch die Generationenstudie der R+V Versicherung, mit der Prognos im Jahr 2022 beauftragt war.[2] Befragt wurden die Generation der Baby-Boomer (etwa zwischen 1950 und 1964 geboren) und parallel die Generation Z (zwischen 1995 und 2010 geboren) zu ihrer generellen Sicht auf die Zukunft sowie zentrale Zukunftsthemen wie Umwelt- und Klimaschutz, Arbeitszeit und Bildung. Als erstes „hervorstechendes Ergebnis“ fanden die Forschenden heraus: Ein Generationenkonflikt existiert überhaupt nicht. So herrschte laut der Befragung von vor drei Jahren u.a. Einigkeit zwischen den Baby-Boomern und der Generation Z, welche gesellschaftlichen Themen die höchste Wichtigkeit haben: die Absicherung der Altersvorsorge, die Sicherung des Gesundheitssystems und der Pflege sowie die Bekämpfung des Klimawandels. Übereinstimmung gab es auch bzgl. der Werte: 1. „ein*e Partner*in der*dem man vertrauen kann“, 2. Freund*innen und Familie, 3. Streben nach Sicherheit. Beide Generationen sehen die Zukunft eher düster: bei den Baby-Boomern sind es 63%, bei der Generation Z sogar mehr als zwei Drittel.

Doch die Einigkeit wird beim Blick auf das Selbst- und Fremdbild der Generationen getrübt. Beide unterscheiden sich nämlich deutlich voneinander. Die jeweils andere Generation wird für egoistisch gehalten. Interessant ist, dass sich das Urteil über die andere Generation vor allem aus medial vermittelten Klischees speist.

Der Bürobedarf und Schreibwarenanbieter Viking befragte zusammen mit dem Meinungsformungsinstitut OnePoll Vertreter*innen von fünf Generationen zur Zusammenarbeit, den dabei entstehenden Konflikten und den Werten bzw. Wünschen.[3] Die Anfang 2025 veröffentlichen Ergebnisse zeigen: Zwei Drittel aller Beschäftigten sind jeden Tag im Kontakt mit den besonders stark in der Arbeitswelt vertretenden Millennials und Generation Xer. Mit der Generation Z und den Baby-Boomern arbeiten rund 44% und jede*r Vierte mit der so genannten stillen Generation (zwischen 1928 und 1945 geboren) zusammen. Potenzial für Auseinandersetzungen scheint es bzgl. aller Generationen zu geben: Nahezu jeweils ein Viertel der Befragten äußert sich negativ zu der Zusammenarbeit mit der ältesten Generation und mit der Generation Z. Grund für Konflikte mit der GenZ ist für mehr als ein Drittel der Baby-Boomer, der Generation X und der Millennials die Arbeitseinstellung der jungen Mitarbeitenden. Und auch mit ihren Altersgenoss*innen haben die Generation Z-Vertreter*innen Probleme: 37% von ihnen hadern mit der Arbeitsmoral der eigenen Generation. Allerdings birgt für ein Viertel aller Generationen auch die Arbeitseinstellung der Millennials und der stillen Generation Konfliktpotenzial. Ein Drittel hat indes Erfahrungen mit Machtkämpfen mit Baby-Boomern und der Generation X gemacht.

Die eigene Situation entscheidet


Dass sich ein mögliches Unbehagen mit Blick auf die Arbeitseinstellung der jeweils anderen Generationen ergeben kann, liegt aber nicht etwa eindeutig an grundlegend unterschiedlichen Ausrichtungen der Generationen, sondern vielmehr an den unterschiedlichen Lebensphasen und Karrierestufen, in bzw. auf denen sich die Beschäftigten befinden. Das zeigt u.a. die Studie von Culture Amp, für die Ergebnisse von Generationenbefragungen von 2015 und 2024 verglichen wurden.[4] So fühlte sich beispielsweise die heute als Millennials bezeichnete Altersgruppe im Jahr 2015 ebenso wenig bzw. noch weniger mit ihrem Unternehmen verbunden als die heutige Generation Z. Die aktuelle GenZ bewertet von allen in einer Organisation beschäftigten Altersgruppen ihre Vorgesetzten am positivsten. Mit zunehmendem Alter beurteilen die Beschäftigten ihre Führungskräfte weniger positiv. Das gleiche zeigte sich in 2015: Während die heutigen Millennials ihre Vorgesetzten am positivsten zeichneten, wurde die Bewertung bei älteren Mitarbeitenden negativer.

Wie auch die Studie der R+V Versicherung belegt die Studie „Generationendialog statt Generationenkonflikt“ der Charta der Vielfalt e.V., dass es die in der Öffentlichkeit weit verbreitete Annahme, es herrschen große Konflikte zwischen den Generationen so nicht gibt. Die Charta der Vielfalt e.V. resümiert in der im November 2024 veröffentlichten Summary der Studienergebnisse daher: „Zwar mag es im Unternehmen an unterschiedlichen Stellen gewisse Konfliktpotenziale geben, aber ein häufig angenommener und weit verbreiteter Generationenkonflikt ist wohl eher ein mediales Echo als betriebliche Realität.“[5]

Auch in der Befragung der Charta der Vielfalt zeigte sich zwar, dass ein hoher Prozentsatz aller Befragten von einem (allgemein) existierenden „Generationenkonflikt“ ausgeht, gleichzeitig konnte dies nicht im gleichen Umfang als konkrete Erfahrung im eigenen Unternehmen bestätigt werden. Insbesondere bei den jungen Mitarbeitenden zeigte sich ein großer Gap zwischen äußerer Wahrnehmung und Erlebten: Insgesamt 71% der Teilnehmenden im Alter von 16 bis 29 Jahren geht davon aus, dass es generell einen Generationenkonflikt in der Arbeitswelt gibt: 22% „Ja“, 49% „Eher ja“. Für das eigene Unternehmen – also dem eigenen Erleben nach – trifft dies allerdings nur für insgesamt weniger als ein Drittel zu: 8% „Ja“ und 23% „Eher ja“.

Wir fassen zusammen:

Die Generationen ticken nicht grundsätzlich unterschiedlich. Die Empfindungen, Einschätzungen und Urteile über das Arbeitsumfeld und andere Altersgruppen bzw. Generationen steht vielmehr im Zusammenhang mit ihrer aktuellen Lebenssituation, der Lebensphase und dem individuellen Lebensentwurf. Stereotype über Generationen und auch Generationenkonflikte basieren vor allem auf Voreingenommenheit, die in vielen Fällen von außen geschürt wird – z.B. Medien. Die Kommunikation ist der Schlüssel zum gegenseitigen Verständnis und letztendlich zur reibungslosen Zusammenarbeit. Ein hoffnungsvoller Ausblick für das Generationenmanagement in Organisationen.



[1] https://www.demografie-portal.de/DE/Service/Blog/130429_Europaeischer_Tag_der_Generationen.html#:~:text=Seit%202009%20wird%20der%20Tag,Kampagne%20zur%20Solidarit%C3%A4t%20der%20Generationen, Quelle vom 22.04.2025
[2] https://www.prognos.com/de/projekt/kein-generationenkonflikt-jung-und-alt-suchen-vor-allem-sicherheit, Quelle vom 22.04.2025
[3] https://blog.viking.de/studie-generationenkonflikt-am-arbeitsplatz/, Quelle vom 22.04.2025
[4] https://www.hrjournal.de/generationenkonflikte-am-arbeitsplatz/, Quelle vom 22.04.2025
[5] https://cdn.prod.website-files.com/67b322b4f0736791cf0402d6/67e3fdb55fd9e4c4326443a2_Studie_Generationendialog_statt_Generationenkonflikt.pdf, S. 16, Quelle vom 22.04.2025


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