![]() |
Wortwolke mit Schlagwörtern aus der Arbeitswelt (Foto: berufundfamilie Service GmbH) |
Vereinbarkeit und Flexibilität ist über alle Generationen ein wichtiges Jobmerkmal und 52% aller Kündigungen gehen hierzulande von Beschäftigten aus. Mehr Studien zu aktuellen Entwicklungen aus der Arbeitswelt in der April-Ausgabe von „Vereinbarkeit in Zahlen“.
Überarbeitung, fehlende persönliche Weiterentwicklung und schlechte Führung als Top 3 Kündigungsgründe
In einer dreiteiligen Studie haben Forschende der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg (FAU) und der Universität Ulm untersucht, warum Beschäftigte kündigen. Ein zentrales Ergebnis: schlechte Führung mag ein Aspekt sein, doch die Ursachen für eine Kündigung sind meist komplexer.
Für den ersten Teil der Studie wurde eine Metaanalyse von 78 internationalen Studien mit Daten von über 800.000 Beschäftigten ausgewertet. Aus dieser Literaturrecherche ergaben sich folgende häufige Kündigungsgründe: Überarbeitung und damit einhergehend Stress, zu wenig Chancen auf persönliche Weiterentwicklung oder Aufstieg beim Arbeitgeber und schlechte Führung durch die direkte Führungskraft. Häufig genannter Kündigungsgrund war auch ein zu geringes Gehalt.
Der zweite Teil der Studie umfasste eine anonyme Umfrage unter 200 Beschäftigten.
Ähnlich wie im ersten Teil der Studie traten auch hier viele der zuvor identifizierten Beweggründe auf. Es zeigte sich aber, dass es nie nur einen einzigen Kündigungsgrund gab, sondern vielmehr, dass bei der Entscheidung zur Kündigung oft mehrere Gründe gleichzeitig und in ähnlicher Gewichtung eine Rolle spielten. Die Studie offenbart zudem, dass Beschäftigte ihrem ehemaligen Arbeitgeber nicht all ihre Beweggründe offenlegten.Im Durchschnitt wurde ein Viertel der Gründe nicht kommuniziert.
Abschließend analysierte das Forschungsteam 312 anonymisierte Austrittsgespräche, die Mitarbeitende mit Personalverantwortlichen geführt hatten. Die Auswertung dieser Interviews bestätigte die Ergebnisse der Onlinebefragung. Während Beschwerden über Vorgesetzte, insbesondere die direkten, eher die Ausnahme bildeten, hoben die Beschäftigten stattdessen besonders häufig die Vorzüge ihres neuen Arbeitsplatzes hervor.
Die Macher*innen der Studie kommen zum Schluss, dass besonders Stress als Kündigungsgrund nicht ausreichend genug durch Arbeitgeber berücksichtigt wird.
https://www.spiegel.de/karriere/studie-aus-diesen-gruenden-kuendigen-arbeitnehmer-ihren-job-a-903a4dd0-db82-4223-821a-bd35dc08f8ff
Jobwechsel bringen mehr Gehalt und mehr Wohlfühlfaktor
Eine gemeinsame Studie der Bertelsmann Stiftung mit dem RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung zeigt, dass der derzeitige Fachkräftemangel gute Chancen für deutsche Beschäftigte auf dem Arbeitsmarkt liefert. Jährlich werden etwa 30% der Arbeitsverhältnisse neu angefangen oder enden. Der Wechsel zahle sich insbesondere dann aus, wenn er mit einem höheren Anforderungsprofil einhergeht, dann sei eine Gehaltssteigerung von 6,9% möglich. Berufwechsler*innen, die das Anforderungsniveau beibehalten, erhalten immerhin 5%. Wer dem Beruf treu bleibt, kann immerhin noch 3,6% mehr bei einem Wechsel erhalten. Die Analyse umfasste Daten aus den Jahren 2013 bis 2019 sowie aus der Zeit der Corona-Pandemie von 2019 bis 2021.
Ein Jobwechsel bringt nicht nur ein höheres Gehalt, sondern auch mehr Zufriedenheit. Auf einer Skala von 0 bis 10 Punkten stieg die durchschnittliche Zufriedenheit der Wechselnden am neuen Arbeitsplatz um 1,1 Punkte im Vergleich zur vorherigen Position.
Im Gegensatz dazu sinkt die Zufriedenheit derjenigen, die ihren Job nicht wechseln, im gleichen Zeitraum minimal um 0,2 Punkte. Wie beim Gehalt gilt auch hier: Beschäftigte, die ihren Arbeitsplatz nicht wechseln, weil sie bereits zufrieden sind (durchschnittlich 7,3 Punkte), weisen eine um 0,9% höhere Zufriedenheit auf als die Gruppe der Jobwechselnden.
Obwohl ein Gehaltsplus oft mit einem Jobwechsel einhergeht, ist es nicht der Hauptfaktor für die steigende Zufriedenheit. Selbst bei einer Gehaltssteigerung von 10% erhöht sich die Zufriedenheit im Schnitt nur um 0,05 Punkte. Wesentlich bedeutsamer für das Wohlbefinden sind die neuen Herausforderungen sowie die Beziehungen zu den neuen Führungskräften und Kolleg*innen.
Die durch die Corona-Pandemie veränderte Arbeitswelt hat die früheren Beobachtungen nicht aufgehoben. Vielmehr wurden Jobwechsel in dieser Zeit sogar mit einem überdurchschnittlich hohen Gehaltszuwachs belohnt.
Die Vermutung liegt nahe, dass in der Corona-Zeit nur Jobwechsel mit besonders hohen Gehaltssteigerungen erfolgten. Die Zufriedenheit nach dem Wechsel blieb davon unberührt.
Selbst in den gegenwärtig anspruchsvollen Zeiten, die von Wandel geprägt sind, erweisen sich Jobwechsel als vorteilhaft.
Bertelsmann Stiftung, Erfolgreiche Jobwechsel, Wie berufliche Mobilität Einkommen und Arbeitszufriedenheit steigert, Januar 2025
https://www.bertelsmann-stiftung.de/de/themen/aktuelle-meldungen/2025/januar/unzufrieden-im-job-mut-zum-wechsel-zahlt-sich-aus
52% aller Kündigungen gehen von Beschäftigten aus
Das Institut der Deutschen Wirtschaft kommt in einer aktuellen Studie zum Ergebnis, dass hierzulande immer mehr Beschäftigte kündigen und nicht gekündigt werden. So gingen 52% aller Kündigungen im Jahr 2022 von Beschäftigten aus, 2009 waren es lediglich 34%. Demnach zeige sich eine deutliche Verschiebung des Kräfteverhältnis hin zur Beschäftigtenseite aufgrund des demographischen Wandels. So können Beschäftigte nun öfter zwischen mehreren Stellen wählen, was ihnen den Entschluss erleichtere, den Job zu wechseln. Das zeigen auch die Daten des sozioökonomischen Panels (SOEP), die der Auswertung zugrunde liegen: 84% der Arbeitnehmenden haben bereits einen neuen Arbeitgeber im Blick oder bereits bei der Kündigung einen neuen Arbeitsvertrag in der Tasche. Wie erwartet, war der Anteil bei denjenigen Beschäftigten, die eine Kündigung vom Arbeitgeber erhielten, signifikant geringer. Lediglich 35% hatten hier schon einen neuen Job in Aussicht.
https://www.t-online.de/finanzen/aktuelles/wirtschaft/id_100681934/arbeitsmarkt-studie-deutsche-kuendigen-haeufiger-von-sich-aus-ihren-job.html
Deutsche Beschäftigte überdurchschnittlich ohne Hoffnung und im Stress
In der Umfrage landet Deutschland europaweit auf dem 21. von 38 Plätzen. Die höchste Zufriedenheit wurde in Finnland (81%), Island, Dänemark (beide 77%), Schweden und den Niederlanden (beide 69%) gemessen. Beschäftigten hierzulande machten insbesondere die politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen und steigende Lebenshaltungskosten zu schaffen, sodass eher Resignation vorherrscht. Auch das Stresslevel der Arbeitnehmenden bleibt vergleichsweise hoch: Deutschland liegt hier auf Platz 14. Den geringsten Stress hatten Beschäftigte in Dänemark.
Die Daten zeigten weiterhin, dass die emotionale Mitarbeitendenbindung in Europa mit 13% weltweit am geringsten ausgeprägt ist. Der globale Durchschnitt ist bei 21%. Deutschland erreicht mit 9% ähnlich niedrige Werte wie Österreich (9%) und die Schweiz (8%). In Deutschland geht damit auch eine hohe Wechselbereitschaft von 39% der Befragten einher. Für die Umfrage wurden in 149 Ländern weltweit über 200.000 Beschäftigte befragt, rund 52.000 davon in Europa.
Gallup State of the Global Workplace 2025, April 2025
https://www.zeit.de/arbeit/2025-04/umfrage-beruf-stress-zufriedenheit-deutschland
Blick der Gen Z auf Erwerbsarbeit nicht wesentlich als anders zu anderen Altersgruppen
Eine repräsentative Studie der Friedrich-Ebert-Stiftung widerlegt gängige Klischees über die Gen Z und ihren Blick auf Erwerbsarbeit. Die Stereotypisierung der Gen Z beinhaltet unter anderem die Annahme, dass junge Menschen in Bezug auf Arbeit wählerischer und gegebenenfalls auch empfindlicher agieren. Im Kontext des Fachkräftemangels wird der Gen Z nachgesagt, dass Arbeitsplatzsicherheit und Karriere nicht mehr ihre wichtigsten Ziele darstellen. Die Befragung thematisierte auch die Relevanz verschiedener Jobmerkmale wie „Sicherheit/Einkommen“, „Vereinbarkeit/Flexibilität“ und „Karriere“. Dem Aspekt „Sicherheit/Einkommen“ wird von allen Generationen die größte Bedeutung beigemessen, ohne dass sich hierbei Unterschiede zwischen den Altersgruppen erkennen lassen.
Während „Vereinbarkeit/Flexibilität“ im Durchschnitt über alle Generationen hinweg als zweitwichtigstes Jobmerkmal gilt, zeigt sich bei genauerer Betrachtung: Die höchste Priorität für diesen Faktor liegt nicht bei Beschäftigten aus der Gen Z, sondern bei Beschäftigten aus den Generationen X und Y. Die Studie offenbart zudem ein eindeutiges Muster: Die Wichtigkeit Karriere zu machen, nimmt mit zunehmendem Alter der Befragten ab und der Wunsch nach Karriere ist bei der Gen Z am höchsten ausgeprägt.
Die Ergebnisse zeigen, der Blick der Gen Z auf Erwerbsarbeit unterscheidet sich nicht wesentlich von den anderen Altersgruppen. Die Gen Z sollte zudem nicht als in sich homogene Gruppe begriffen werden, da dies durch Zahlen widerlegt wird. Die Analysen legen insbesondere auch Bildungs- und Geschlechtsunterschiede offen – und zwar auch und gerade innerhalb der Generation Z, in der die Unterschiede zwischen den Geschlechtern keineswegs kleiner sind als in älteren Generationen.
Friedrich-Ebert-Stiftung, Eine Frage des Alters? Erwerbsorientierung und die Gen Z, 2024
https://www.fes.de/artikel-in-gute-gesellschaft-17/eine-frage-des-alters-erwerbsorientierung-und-die-gen-z
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen