Freitag, 10. Mai 2019

#VereinbarkeitsVibes: Der Brückentag

Vereinbarkeits-Trialog: Der Brückenschlag auch für Brückentage (©deathtothestockphoto.com)

Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben: In diesem Themenfeld menschelt es … und: Es liegt irgendwie immer etwas in der Luft – mal mehr oder weniger gute Vibes. Denn nicht immer herrscht zwischen Arbeitgeber und Beschäftigten oder auch Beschäftigten untereinander Eintracht in Sachen Vereinbarkeit. Silke Güttler, Leiterin Corporate Communications der berufundfamilie Service GmbH, spürt in der neuen Blog-Serie „#VereinbarkeitsVibes“ auf. Heute geht es um Brückentage.


Vermutlich haben Sie den Aufschrei schon gehört: Im Jahr 2020 kommen wir „nur“ auf zwei klassische Brückentagskandidaten: Christi Himmelfahrt (21.05.) und Fronleichnam (11.06.). Tatsächlich überschaubar. Wenig Gelegenheit also, sich mit geringem Urlaubsaufwand mehr Freizeit am Stück zu verschaffen. Wenig Gelegenheit aber auch für unliebsame Team-Diskussionen darüber, wer wann frei nehmen kann. 

Brückentage – des einen Freud, der anderen Leid?


So eine grundsätzlich erfreuliche Gelegenheit wie ein Brückentag kann nämlich zu einem unerfreulichen Debakel in Teams führen. Nicht selten wird uns von Arbeitgebern berichtet, dass um die Brückentage herum tiefe Stimmungsgräben entstehen – über die dann keine Brücke mehr zu schlagen ist. Da gibt es halt Kolleginnen oder Kollegen, die zumindest einen dieser Tage in ihre Kalender als „frei“ einbetoniert haben – also Jahr für Jahr. Andere Teammitglieder kommen da nur schwer zum Zuge: „Nix zu machen, Thomas nimmt sich frei. Steht ja fest! Damit der Laden läuft, muss ich da bleiben.“

Das Resultat: Verhärtete Fronten. Thomas setzt seinen Kopf durch. Die anderen werden bockig. Und: Niemand redet mehr konstruktiv miteinander drüber – schon gar nicht mit Thomas.

Perspektive wechseln, Verständnis entwickeln, Interessen ausgleichen


Dabei kann der Brückenschlag für den Brückentag so einfach gelingen. Ja, der erste Ratschlag lautet selbstverständlich: miteinander reden. Klar, das kann man mal im Vier-Augen-Gespräch unter KollegInnen tun. Hilfreicher ist allerdings erfahrungsgemäß eine Runde, an der alle „Betroffenen“ teilnehmen: Beschäftigte/r mit Vereinbarkeitswunsch – also Thomas –, Team und Vorgesetzte/r. Schließlich geht es darum, zu einer tragfähigen Lösung zu gelangen, die Thomas zusagt, den Teambelangen entspricht und mit den betrieblichen Anforderungen in Einklang ist. So wäre es zumindest ideal. Den Weg dahin nennen wir den Vereinbarkeits-Trialog, der sich wie ein roter Faden durch unsere Beratungsphilosophie zieht. Und wenn in diesem Trialog die Führungskraft – das könnte die Teamleitung sein – ein gutes Händchen beweist, den Baustoff für einen Aushandlungsprozess zusammenzutragen, lässt sich die Brücke gemeinsam zimmern. Aber das will wie ein Handwerk gelernt sein.

Der Baustoff sind der richtige Zeitpunkt, die richtige Atmosphäre, ausreichendes Wissen um Rahmenbedingungen und Entscheidungsspielraum sowie nicht zuletzt die richtigen Fragen: Was ist der Grund dafür, dass Thomas den Brückentag jährlich frei nimmt? Da reicht eigentlich schon ein „Es gibt einen.“. Wer will schließlich werten, ob der Grund wichtig ist oder nicht? Für den einen mag das Ehrenamt zählen, für den anderen das Familientreffen. Dennoch: Das Motiv zu kennen, sorgt oft erst für Akzeptanz.

Wie kann jetzt Stein auf Stein gesetzt werden? Durch Fragen ins Team: Wer ist wie davon betroffen? Möchten die anderen auch jedes Mal frei haben? Welche Bedarfe sind da? Eigentlich banale Fragen, aber durchaus aufklärende. Denn sie könnten aufdecken, dass die anderen Teammitglieder gar nicht frei nehmen möchten, aber zumindest das Gefühl haben wollen, sie könnten es. Die alte Debatte um Gerechtigkeit eben. Ganz spannend ist dabei zu beobachten, wie alle am Aushandlungsprozess Beteiligten angeleitet werden, einen Perspektivwechsel vorzunehmen, sich in den anderen hineinzuversetzen. Und das schließt auch die Perspektive der Führungskraft ein, die die betrieblichen Belange vertreten und den reibungslosen Betriebsablauf gewährleisten muss. Wir befinden uns also in einem Dreieck mit drei Parteien und deren Bedarfe bzw. Perspektiven:


Noch einmal zurück zu Thomas, der den Brückentag jährlich in Anspruch nehmen möchte: Was ist er bereit, im Gegenzug zu tun, um das Team zu entlasten? Ein ganz wichtiger Aspekt: Das Nehmen und Geben ist entscheidend im Team. Das Stichwort lautet hier ganz klar: Interessensausgleich. Hat man erst einmal erkannt, was die einzelnen Beteiligten bewegt und zufrieden stellt, kann man sich auch eher einer tragfähigen Lösung annähern. Eine davon könnte sein: Thomas bekommt den Brückentag frei und steht an den anderen Brückentagen grundsätzlich im Job zur Verfügung.

Übrigens: Den Vereinbarkeits-Trialog haben wir visualisieren lassen – in Form eines Erklärfilms. Und für Arbeitgeber, die ihre Führungskräfte für Aushandlungsprozesse fit machen möchten, entwickelten wir 2016 mit der AOK Hessen den Tri-Check. Der Tri-Check umfasst – als passgenaues Beratungsangebot zum lösungsorientierten Umgang mit individuellen Vereinbarkeitsthemen – eine Handlungshilfe für Führungskräfte und Checklisten für Führungskraft, Beschäftigter/n und Team. Aber das gibt es nicht standardisiert. All das wird individuell für jeden Arbeitgeber erarbeitet – denn: Die betriebsspezifischen Parameter wie etwa Dienstvereinbarungen müssen beachtet werden. Da sind wir also wieder: Nicht nur die Beschäftigten sind Individuen, auch jede Organisation ist einzigartig.
Ihre Silke Güttler

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