Donnerstag, 8. Juli 2021

Schicht machen?!: Flexibilisierung ist möglich und stärkt

Bereits vor der Coronapandemie zeigten Schichtbetriebe, die nach dem audit berufundfamilie zertifiziert sind, einen hohen Flexibilisierungsgrad (©Ashad Pooloo on Unsplash)

Familien- und lebensphasenbewusste Schichtbetriebe punkten in der Krise mit erhöhten Flexibilisierungsmaßnahmen. Das belegt auch unsere Stichprobenbefragung von acht nach dem audit berufundfamilie zertifizierten Arbeitgebern. Die Ergebnisse des berufundfamilie Scouts nennen wir hier im Blog.

Unter dem Dach des berufundfamilie Scouts führten wir vom 02.11.2020 bis 04.12.2020 die Online-Kurzumfrage „Schicht machen?! Die Zukunft familien- und lebensphasenbewusster Schichtarbeit“ durch. Acht Organisationen, die aktuell das Zertifikat zum audit berufundfamilie tragen, nahmen teil. Sieben der Organisationen sind unternehmerisch tätig, eine ist als Institution eingestuft. Das Dreischichtmodell ist in der Mehrheit der befragten Organisationen vertreten (62,5 %). Ein Viertel (25 %) fährt ein vollkontinuierliches Schichtsystem. 12,5 % machen sich individuelle Schichtmodelle zu Nutze, die in einem Rahmenplan integriert sind.

Die Antworten der auditierten Arbeitgeber zeigen: Auch Schichtbetriebe, die seit Vor-Corona-Zeiten ihre Vereinbarkeitspolitik strategisch gestalteten, hatten und haben Vorteile in der Krise. Das Credo dabei: ein hoher Flexibilisierungsgrad.

Hier nun die wesentlichen Fragen und Antworten der zertifizierten Arbeitgeber.


Welches sind die Herausforderungen bzgl. eines reibungslosen Schichtbetriebs? (Mehrfachnennung möglich)

Die meisten der befragten Organisationen betrachten das Fehlzeiten- und Ausfallmanagement (87,5 %) sowie die Auslastung „unbeliebter Zeiten“ wie beispielsweise das Wochenende (87,5 %) als Herausforderungen bezüglich eines reibungslosen Schichtbetriebs.

Ein Viertel sieht Herausforderungen in der Urlaubsplanung. Und 12,5 % findet das betriebliche Gesundheitsmanagement mit Blick auf die Schichtarbeit herausfordernd.

Schön zu sehen ist aber auch die Anmerkung eines Arbeitgebers, der geringe Herausforderungen sieht und betont, dass der Schichtbetrieb insgesamt „gut klappt“.


Sind Sie für eine größere Flexibilisierung der Schichtarbeit?

87,5 % der befragten Organisationen – also sieben von acht – spricht sich für eine größere Flexibilisierung der Schichtarbeit aus.


Was spricht gegen die Möglichkeiten, die Schichtarbeit stärker zu flexibilisieren? (Mehrfachnennung möglich)

Bedenken bzgl. einer stärkeren Flexibilisierung gibt es aber durchaus – und zwar in Form von Hürden: Für die Hälfte der befragten Organisationen (vier von acht) könnte ein zu großer personeller Aufwand gegen eine stärkere Flexibilisierung sprechen. 37,5 % sieht die Möglichkeiten eingeschränkt, da die Produktions- und Organisationsabläufe keine weitere Flexibilisierung zulassen. 12,5 % gehen von einem zu großen finanziellen Aufwand aus.

Eine Organisation stellt aber durchaus auch die Effekte einer noch stärkeren Flexibilisierung in Frage, da sich die unterschiedlichen Bedürfnisse nicht vollkommen deckeln ließen.


Hat die Coronapandemie in Ihrer Organisation bereits zu einer erhöhten Flexibilisierung der Schichtarbeit geführt?

Bei der Hälfte der befragten Organisationen (vier von acht) hat die Coronapandemie zu einer erhöhten Flexibilisierung der Schichtarbeit geführt.


Welche Vereinbarkeitsmaßnahmen hat Ihre Organisation angesichts der Coronapandemie auf- bzw. ausgebaut?

Apropos Flexibilisierung: In der Coronapandemie haben die befragten nach dem audit berufundfamilie zertifizierten Organisationen ihre Vereinbarkeitsmaßnahmen variantenreich auf- bzw. ausgebaut.

Home-Office-Möglichkeiten wurden etabliert – sofern diese mit den dienstlichen Aufgaben in Einklang zu bringen sind. Wunschdienste wurden eingeführt.

Im Gesundheitsbereich wurden Flexibilisierungslösungen im Handlungsfeld Arbeitszeit hinsichtlich der Kinderbetreuung und der Bewältigung von Spitzlasten im Patient*innenaufkommen erweitert.

Spannend ist auch die Nutzung eines Springer*innenpools, bei dem Beschäftigte freiwillig den Einsatz in anderen Einrichtungen des Arbeitgebers wählen konnten, um Kolleg*innen zu unterstützen.

Um dem Corona-Hygienekonzept entsprechen zu können, wurden im Zweischichtbetrieb beispielsweise auch Personengruppen getrennt. Dabei wurde die Zusammensetzung wochenweise und per Abstimmung innerhalb des Teams festgelegt.


Wie hat sich die Nachfrage der Beschäftigten in Schichtarbeit nach individuellen Lösungen zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben in den vergangenen 2 Jahren entwickelt?


87,5 % der befragten Organisationen sagen, dass die Nachfrage nach individuellen Lösungen zur Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben bei Beschäftigten in der Schichtarbeit in den vergangenen zwei Jahren zugenommen habe. Bei einem Viertel habe die Nachfrage sogar deutlich zugenommen.

Abgenommen hat die Nachfrage nach individuellen Lösungen in den vergangenen zwei Jahren bei keiner der befragten Organisationen. Und bei lediglich einer Organisation (12,5 %) ist die Nachfrage etwa gleich hoch geblieben.


Welche familien- und lebensphasenbewussten Maßnahmen im Handlungsfeld Arbeitszeit bietet Ihre Organisation für Beschäftigte im Schichtbetrieb bereits an? (Mehrfachnennung möglich)

Alle der befragten Organisationen (acht von acht) bieten ihren Beschäftigten im Schichtbetrieb – unabhängig von Corona – Arbeitszeitkonten an. Das Portfolio an familien- und lebensphasenbewussten Maßnahmen im Handlungsfeld Arbeitszeit geht aber durchaus darüber hinaus: 87,5 % ermöglichen die Wunschdienstplanung. Bei der Hälfte (50 %) sind temporäre Dienstpläne für besondere Lebenslagen gestaltbar, z.B. Dauertageschichten.

Jeweils 37,5 % bieten Teilzeitmöglichkeiten durch Freischichten oder verkürzte Schichten wie beispielsweise geteilte Schichten. Bei einem Viertel der Organisationen können die Beschäftigten ihre Anfang- und Endseiten flexibel wählen. 12,5 % der Arbeitgeber hat so genannte Mütterschichten.


Welche anderen Flexibilisierungs- und Unterstützungsmaßnahmen bietet Ihre Organisation an? (Mehrfachnennung möglich)

71,4 % der befragten Organisationen benennen als weitere Flexibilisierungs- und Unterstützungsmaßnahmen für ihre in Schichtarbeit Beschäftigten, dass mehr aus Tages- als auch Nacht- und Wochenendbetrieb gesetzt wird, sofern diese betrieblich umsetzbar ist.

57,1 % bieten Support bei der Kinderbetreuung an. 14,3 % setzen auf Schichtschemata – also eine Folge von Schichtdiensten, die sich regelmäßig nach mehreren Wochen wiederholt. Ebenfalls 14,3 % qualifizieren ihre Beschäftigten für breitere Einsatzmöglichkeiten in anderen Schichtplänen oder außerhalb des Schichtmodells.


Die Präsentation zur Umfrage ist hier abrufbar.
Die Pressemitteilung zur Stichprobenbefragung gibt es hier.

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