Dienstag, 16. Mai 2023

Change-Maker ZF Group: Familienfreundlichkeit nicht auf bestimmte Standorte beschränken

Die ZF Group am Standort Friedrichshafen setzt 2006 auf strategische Vereinbarkeit (©ZF)
Transformation erfolgreich gestalten – auch mithilfe des audit berufundfamilie. Im neuen Interview unserer Change-Maker-Reihe zeigt die ZF Group, wie eine familien- und lebensphasenbewusste Personalpolitik dabei hilft, sich zukunftsfähig in der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts aufzustellen.


Personalmangel, Digitalisierung und der Megatrend der Individualisierung, der mit veränderten Wünschen der Beschäftigten einhergeht – die Arbeitswelt befindet sich in einem akzelerierten Wandel. Besonders deutlich zu spüren ist dieser Wandel auch in der Automobilbranche, sei es anhand zunehmender Elektromobilität oder dem Anspruch an Klimaschutz und den damit verknüpften Mobilitätsbedürfnissen. Ein perfektes Beispiel für den erfolgreichen Umgang mit Veränderungen bietet die ZF Group, ein weltweit aktiver Technologiekonzern, der Systeme für die Mobilität von Pkw, Nutzfahrzeugen und Industrietechnik liefert. In diesem Blog-Beitrag, der Teil unserer Change-Maker-Interview-Reihe ist, die wir zum 25-jährigen Jubiläum des audit berufundfamilie führen, blicken wir auf den Standort Friedrichshafen, wo seit 2006 mit dem audit berufundfamilie an einer strategischen Vereinbarkeitspolitik gearbeitet wird, und auch auf weitere Standorte des Konzerns, auf die seit 2018 das audit ausgeweitet wurde. Christine Knüppel, Referentin Vereinbarkeit Beruf und Privatleben bei ZF, berichtet uns, wie im Rahmen einer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik die Maßnahmen stets an die Bedürfnisse der Beschäftigten angepasst und weiterentwickelt werden und wie das dabei unterstützt, die gegenwärtige Transformation der Arbeitswelt zu gestalten.



Seit 2006 trägt Ihr Unternehmen am Standort Friedrichshafen das Zertifikat zum audit berufundfamilie. Welche Veränderungen haben seitdem auf Ihre Organisation eingewirkt?


Die Automobilbranche hat sich in den vergangenen Jahren schneller gewandelt als je zuvor in ihrer mehr als 130-jährigen Geschichte. Die zunehmend rasche Verbreitung der Elektromobilität im Zuge des Klimaschutzes, die Digitalisierung, veränderte Mobilitätsbedürfnisse der Menschen, der demographische Wandel, hybrides Arbeiten – all diese Faktoren verändern unsere Branche durchgreifend. Unsere Mitarbeiter*innen sowie junge Bewerber*innen, die zu ZF kommen, wünschen sich eine noch bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben. Auch dem gilt es Rechnung zu tragen und Arbeitsmodelle zu finden, die den Interessen der Beschäftigten und des Unternehmens gerecht werden.



Wie haben sich seit 2006 die Vereinbarkeitsbedarfe und -wünsche der Beschäftigten verändert?

Der Wunsch nach einer zunehmend selbstbestimmten Gestaltung der Arbeitszeit ist deutlich stärker geworden – wobei dies bei Beschäftigten an Büroarbeitsplätzen meist einfacher zu realisieren ist als in der Produktion mit ihren festen Arbeits- und Schichtzeiten. Dem kommen wir nach, indem wir flexible Arbeitsmodelle ermöglichen, denen Zeitkonten zugrunde liegen. Bereits vor der Pandemie haben wir die Möglichkeit mobiler Arbeit eingeführt, sofern die Arbeitsaufgabe dies zulässt. Mittlerweile ist hybrides Arbeiten Alltag geworden; dazu haben wir auch Vereinbarungen mit der Arbeitnehmervertretung geschlossen, die dies regeln.



In welchen personalpolitischen Handlungsfeldern hat das audit bislang die größten bzw. deutlichsten Veränderungen bewirkt?

Die Kontaktstellen „Beruf und Privatleben“ sind fest bei ZF verortet und in der Belegschaft bekannt. Wir haben ein umfangreiches Angebot, für das wir auch die Führungskräfte sensibilisieren. Dazu zählt beispielsweise der Betriebskindergarten in Friedrichshafen, die Notfallbetreuung und ein breites Angebot rund um die Pflege. Hier kooperieren wir mit einem externen Dienstleister sowie mit der BKK ZF & Partner. Im Sommer bieten wir den Kindern der Mitarbeiter ein vielfältiges Ferienprogramm an.



Nach nun mehr 17 Jahren im audit-Verfahren: Gibt es da überhaupt noch Optimierungsbedarf in der Vereinbarkeitspolitik?


Die Wünsche und Bedürfnisse der Beschäftigten wandeln sich beständig – und das heißt auch für uns, uns in diesem Punkt weiterzuentwickeln. Um ein attraktiver Arbeitgeber zu sein, ist es wichtig, auch bei nicht monetären Leistungen den Bewerber*innen gute Angebote zu machen. Dazu zählen Angebote wie Kinderbetreuung und Hilfe bei Pflegefällen genauso wie die Möglichkeit, Elternzeit zu nehmen. Das wird auch bei ZF zunehmend in Anspruch genommen.



Die Standorte in Passau, Schweinfurt, Saarbrücken und der Multivisionsstandort Lemförde sind seit 2018 ebenfalls zertifiziert. Wieso haben Sie sich dazu entschieden, das audit berufundfamilie auf weitere Standorte auszuweiten?

Familienfreundlichkeit ist nicht auf bestimmte Standorte beschränkt, daher war es logisch, das audit nach dem erfolgreichen Start in Friedrichshafen auch auf andere ZF-Standorte auszudehnen. Das erleichtert es uns, einheitliche Standards an den Standorten einzuführen und gut funktionierende Maßnahmen einfacher übertragbar zu machen.



Schauen wir jetzt mal auf konkrete Maßnahmen. Die Beschäftigten verfügen über zwei Arbeitszeitkonten, ein persönliches und ein betriebliches. Können Sie uns das genauer erklären?

Das persönliche Arbeitszeitkonto steht den Mitarbeiter*innen für ihre persönliche Arbeitszeit- und Urlaubsplanung zur Verfügung. Hier können sie – in Absprache mit der*dem Vorgesetzten und je nach anstehenden Aufgaben – freie Tage nehmen. Das betriebliche Zeitkonto dient dazu, seitens des Arbeitgebers etwa Schließtage einheitlich zu belegen und damit Produktionsschwankungen auszugleichen.



Im Juli 2020 wurde in Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften und dem Gesamtbetriebsrats der Tarifvertrag Transformation geschlossen. Ende 2022 zog der Konzern eine erfolgreiche Zwischenbilanz. Welche Punkte beinhaltet dieser Tarifvertrag? Wieso war/ ist er so wichtig? Und in welchen Zusammenhang steht er zu Ihrer familien- und lebensphasenbewussten Personalpolitik?

Der Tarifvertrag Transformation diente dazu, sowohl die unmittelbaren Folgen der Corona-Pandemie abzufedern – Stichwort Lockdowns – als auch langfristig die Weichen für die deutschen ZF-Standorte zu stellen. Auf Ebene der deutschen Standorte wurden Zielbilder entwickelt und vereinbart; die meisten Gespräche sind zwischenzeitlich abgeschlossen. Das hilft uns, die Transformation zu meistern und zu schauen, mit welchen Produkten wir wo in die Zukunft gehen können. In Summe stehen hier eher langfristige Ausrichtungen im Vordergrund.



ZF hat außerdem die Konzernbetriebsvereinbarung „ZF Sabbatical“ etabliert. Was ist in ihr geregelt?

Hierbei handelt es sich um Arbeitszeitmodelle (Teilzeitmodelle), die es Beschäftigten ermöglichen, für eine längere Zeit aus dem Arbeitsleben auszuscheiden (Freizeitphase) und dabei einen Teil ihrer Vergütung zu behalten, um anschließend wieder in das aktive Arbeitsverhältnis zurückzukehren. Die berufliche Auszeit in der Freizeitphase kann für verschiedene persönliche Vorhaben wie längere Reisen, Pflege von Angehörigen oder auch zur beruflichen Weiterbildung genutzt werden. Als Vertragslaufzeit kann ein Zeitraum von bis zu 48 Monaten vereinbart werden. Innerhalb dieser Zeit ist eine Freizeitphase von zwei bis zu 24 Monaten möglich.



Was bietet Ihre Organisation berufstätigen Eltern?

Für berufstätige Eltern haben wir unser Angebot kontinuierlich erweitert. Zur „ZF-Elternzeit“ gibt es eine eigene Konzernbetriebsvereinbarung, die die Details regelt. In einer Community „Familie und Pflege“ ermöglichen wir den Erfahrungsaustausch, damit die Mitarbeitenden von ihrem Wissen untereinander profitieren können. Kinderbetreuung unterstützen wir mit einem Zuschuss, der sich am jeweiligen Gehalt orientiert. Und schließlich gibt es umfangreiche Angebote zur Kinderbetreuung, etwa in unserer Kindertagesstätte, in den Ferien oder auch kurzfristig in Notfallsituationen.



Das Thema Pflege von Angehörigen wird im Rahmen einer betrieblichen Vereinbarkeitspolitik immer wichtiger. Über welche betrieblichen Angebote verfügen Sie hier?

In der Tat hat dieses Thema in den vergangenen Jahren immer mehr an Bedeutung gewonnen. Wir unterstützen die Beschäftigten unter anderem durch unsere betrieblichen Pflegelotsen, bei denen sie ersten Rat und praktische Hinweise erhalten, um die Situation schnell in den Griff zu bekommen. Darüber hinaus haben Beschäftigte Zugriff auf die Leistungen von „famPLUS Eldercare“, eine unabhängige Fachberatung und Vermittlung zu allen Bereichen der Pflege – ob präventiv, bei einer bereits bestehenden Pflegesituation oder einem plötzlichen Vorfall.



Wie stellen Sie sicher, dass Informationen zu den betrieblichen Vereinbarkeitsangeboten auch bei den Beschäftigten landen?

Dazu gibt es verschiedene Kanäle: Zahlreiche Seiten gibt es in unserem Intranet, es gibt Informationen für Führungskräfte, und auch in zunehmend digitalen Zeiten sind die klassischen persönlichen Ansprachen, etwa bei den Betriebsversammlungen, nach wie vor von Bedeutung. Das gilt auch für die Aushänge an den Schwarzen Brettern, mit denen wir vor allem Mitarbeitende in der Produktion ohne eigenen PC-Zugang erreichen.



Was haben Sie im Rahmen des audit berufundfamilie noch vor?


Die „Arbeitswelt der Zukunft“ wird eine noch stärkere Rolle spielen – Stichwort „New Work“. Hybride Arbeitsformen verändern den Arbeitsalltag weiter, was bedeutet, dass wir darauf noch stärker eingehen werden. Wir haben mit mobilem Arbeiten gute Erfahrungen gemacht (gerade auch in der Pandemie), da es eine flexiblere und selbstbestimmtere Gestaltung des Arbeitstages zulässt. Diese positiven Erfahrungen bringen wir nun in ein Konzept mit dem Namen „ZF Work“ ein, um mobile Arbeit in unseren Arbeitsalltag dauerhaft zu integrieren und weltweit rechtliche Möglichkeiten dafür zu schaffen. Dieses neue hybride Arbeitsmodell ermöglicht Mitarbeitenden, in etwa die Hälfte ihrer Arbeitszeit mobil zu arbeiten – vorausgesetzt, die Arbeitsaufgaben müssen nicht vor Ort erbracht werden (wie etwa in der Produktion). Dabei werden diese Standards flexibel an die jeweiligen Anforderungen der Länder und Standorte angepasst. Und auch im Produktionsbereich, in dem die Beschäftigten keinen eigenen PC-Zugang haben, halten digitale Kommunikationswege über Smartphones mehr und mehr Einzug, etwa mit Apps zur Schichtplanung.


Zum Schluss noch Ihre Einschätzung: Das audit berufundfamilie ist ein wirkungsvolles Steuerungstool für Transformationen, weil

… es uns dabei unterstützt, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie den Bedürfnissen der Menschen in der Arbeitswelt des 21. Jahrhunderts beständig anzupassen und weiter zu verbessern.


Informationen zu einem Teil der bereits eingeführten Vereinbarkeitsmaßnahmen sowie geplanter Angebote von ZF am Standort Friedrichshafen finden sich im Kurzporträt zur aktuellen Zertifizierung. Und auch für die Standorte Passau, Schweinfurt, Schweinfurt Services, Saarbrücken, Multidivisionsstandort Lemförde gibt es die passenden Infos im Kurzporträt.








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