Freitag, 26. Mai 2023

Vereinbarkeit in Zahlen: Arbeiten, aber wie?

Stichwörter rund um die Arbeitswelt (©berufundfamilie Service GmbH)

Mehr als ¼ der 25- bis 34-Jährigen möchte kündigen, um mehr Zeit für Freunde, Familie und Freizeit zu haben. 75 % der Befürworter*innen einer Vier-Tage-Woche möchten dadurch die eigene Arbeitsbelastung reduzieren und immer mehr Mütter sind erwerbstätig. Mehr aktuelle Studien aus der Arbeitswelt in der neuen Ausgabe unserer Serie "Vereinbarkeit in Zahlen".



Jede*r Fünfte im Alter von 25 bis 34 möchte kündigen


Eine repräsentative Umfrage von ZDFheute unter 1.200 Personen zeigt, dass jede*r fünfte 25- bis 34-Jährige gerne kündigen würde. Auf die Frage „Würdest du gerne deinen Job kündigen?“ antworten 9 % der Befragten mit ja, und weitere 13 % mit eher ja. 20 % der Befragten sind sich unsicher. Es zeigt sich, dass Frauen einen größeren Kündigungswunsch haben als Männer.

Gefragt nach den Gründen für den Kündigungswunsch, äußerten 57,2 %, dass sie ein höheres Gehalt möchten, mehr als 1/3 klagen über eine zu geringe Wertschätzung und für 27,7 % ist der Stress im Job ein Grund. Immerhin 26,5 % möchten kündigen, um mehr Zeit für Freunde, Familie und Freizeit zu haben. Für 26 % der 25- bis 34-Jährigen sind es fehlenden Entwicklungschancen, die zum Kündigungswunsch führt.

38 % der Befragten möchten durch die Kündigung das Unternehmen wechseln, 24,3 % die Branche und knapp jede*r Fünfte (19 %) möchte sich mehr um die Familie kümmern. 18,8 % erwägen einen neuen Beruf zu lernen und 16,1 % möchten sich eine Auszeit nehmen. Hier unterscheiden sich die Vorstellungen von Frauen und Männern deutlich. 23 % der Frauen möchten sich mehr um die Familie kümmern, das möchten bei den Männern lediglich 16 %. Dafür würde nahezu jeder fünfte befragte Mann gerne eine Auszeit nehmen, bei den Frauen liegt dieser Anteil bei 13 %.

Doch was hält die Befragten davon ab, tatsächlich zu kündigen? Das Gros der Befragten kann sich schlichtweg eine Zeit ohne Einkommen nicht leisten, das sagen 35,9 %. Weitere 33,2 % geben an, dass der Job ihnen Sicherheit gibt und 25,7 % kündigen nicht, weil sie nicht wissen, was sie stattdessen machen möchten. 25,5 % schreckt die Angst davor ab, nichts Neues zu finden und immerhin 21,8 % haben die Ansicht, dass es woanders nicht besser wäre.

ZDF, „Soll ich meinen Job hinschmeißen?“, März 2023                                            https://www.zdf.de/nachrichten/panorama/umfrage-job-zufriedenheit-stress-kuendigung-100.html



73 % möchten Vier-Tage-Woche, aber nur bei vollem Gehalt


Die Diskussion um die Vier-Tage-Woche ist im vollen Gange. Eine aktuelle Studie des WSI der Hans-Böckler-Stiftung zeigt, unter welchen Voraussetzungen sich Beschäftigte hierzulande die Vier-Tage-Woche vorstellen können. Rund 81 % der Befragten wünschen sich eine Vier-Tage-Woche mit geringerer Wochenarbeitszeit. 73 % wünschen sich eine Vier-Tage-Woche mit vollem Gehalt und 8 % würden die Arbeitszeit auch reduzieren, wenn sie dabei auf Gehalt verzichten müssten. 17 % der Befragten sind gegen eine Vier-Tage-Woche und 2 % der Befragten haben bereits eine.

Jene, die sich eine Vier-Tage-Woche wünschten, gaben folgende Gründe an: Mehr Zeit für sich selbst und die Familie (knapp 97 % bzw. 89 %, da Mehrfachnennung möglich) und 87 % möchten mehr Zeit für Hobbies, Sport und Ehrenamt. Weitere 75 % möchten dadurch die eigene Arbeitsbelastung reduzieren und 31 % nennen gesundheitliche Probleme für den Wunsch nach einer Arbeitszeitverkürzung.

Die Befragten, die die Vier-Tage- Woche grundsätzlich ablehnen, haben sehr oft das Gefühl, dass sich an den Arbeitsabläufen nichts ändern würde (82 %) oder die Arbeit in kürzerer Zeit nicht machbar wäre (77 %). Darüber hinaus möchten 86 % ihre Arbeitszeit nicht verkürzen, weil ihnen die Arbeit Spaß macht. 69 % der Gegner*innen einer Vier-Tage-Woche meinen, dass ihre Arbeit nicht einfach einen Tag ruhen könne und 38 % sind gegen sie, weil sie häufig für Kolleg*innen einspringen müssten. Des Weiteren sind 34 % der Ansicht, dass eine Arbeitszeitverkürzung dafür sorgt, dass man beruflich nicht vorankomme.

Yvonne Lott, Eike Windscheid: 4-Tage-Woche: Vorteile für Beschäftigte und betriebliche Voraussetzungen, WSI Policy Brief Nr. 79, Mai 2023.
https://www.boeckler.de/de/pressemitteilungen-2675-rund-81-prozent-der-vollzeitbeschaftigten-wollen-vier-tage-woche-49242.htm



Immer mehr erwerbstätige Mütter


Laut Statistischem Bundesamt sind immer mehr Mütter erwerbstätig. 2022 arbeiten 69,3 % der Mütter mit minderjährigen Kindern. 2008 lag dieser Anteil noch bei 62, 8 %. Auch der Anteil der erwerbstätigen Mütter mit mind. einem Kind unter drei Jahren ist auf 40 % angestiegen und damit um 9 % seit 2008. Waren 2008 zudem noch 56,7 % aller Mütter mit Kindern unter 12 Jahren erwerbstätig, lag ihr Anteil 2022 bereits bei 64,1 %. Bei Müttern, deren Kinder im Alter von 12 bis unter 18 waren, erhöhte sich der Anteil der Berufstätigen von 76,8 % auf 84 %. Unabhängig vom Alter der Kinder ist damit die Erwerbstätigkeit von Müttern grundsätzlich gestiegen. Dagegen blieb die Zahl der erwerbstätigen Väter von Kindern unter drei Jahren nahezu gleich. Im Jahr 2022 waren 89,6 % von Ihnen erwerbstätig, 2008 waren es 88,9 %.

Statistisches Bundesamt, 40 % der Mütter von Kindern unter drei Jahren sind erwerbstätig, Mai 2023 https://www.zdf.de/nachrichten/wirtschaft/erwerbstaetigkeit-muetter-anstieg-100.html



Potenziell kürzere Lebenserwartung bei späteren Renteneintrittsalter


Eine deutsch-spanische Studie des EPoS Research Center an der Universität Mannheim hat einen Zusammenhang zwischen einem späteren Renteneintritt und einer höheren Sterblichkeit festgestellt. Die Studie basiert auf Sozialversicherungsdaten aus Spanien. So konnten die Forscher*innen nachweisen, dass eine Verzögerung des Renteneintritts um ein Jahr das Sterberisiko im Alter zwischen 60 und 69 Jahren um 4,2 Prozentpunkte erhöht hat und das damit einem relativen Anstieg von 43 % entspreche.
Das Sterberisiko erhöht sich durch die Verschiebung des Rentenalters von 60 auf 65 mit jedem Jahr, das man länger arbeitet. Besonders betroffen von dem höheren Sterberisiko sind Beschäftigte in Berufen, in denen es häufiger zu Arbeitsunfällen kommt oder mit hoher psychosozialer Belastung. Laut Forscher*innen sind die Ergebnisse gut auf Deutschland übertragbar.

The Effect of Removing Early Retirementon Mortality, April 2023
https://www.tagesschau.de/wissen/gesundheit/rente-sterberisiko-100.html


Berufliche Nachteile durch Elternzeit befürchtet


Welche Hürden gibt es noch bei der Gleichstellung in der Arbeitswelt? Antworten darauf liefert die 4.Auflage der Vermächtnisstudie. Fragestellungen der Studie sind u.a. wie sich Elternzeit auf die Karriere auswirkt, wie die Aufteilung unbezahlter und unsichtbarer Arbeit in Partnerschaften aussieht und welchen Einfluss geschlechtsspezifische Förderprogramme haben.

Die Studie zeigt, dass insbesondere der Mental Load rund um die Planung und Organisation von alltäglichen Dingen wie etwa Kinderbetreuung und Haushalt ausschließlich oder überwiegend bei Frauen liegt. So liegen von 21 Aufgaben, die Haushalt und Organisation umfassen, nur drei ausschließlich bei Männern: Handwerker*innen, Reparaturen und Finanzen. Die befragten Männer meinen dabei häufiger als die befragten Frauen, die mentale Arbeit sei fair verteilt. Die Frauen sehen die Last bei sich.
Gefragt nach den beruflichen Konsequenzen einer 12-monatigen Elternzeit, befürchtet die Hälfte der Befragten im Alter von 23 bis 65, negative Karriereauswirkungen für Väter. Die befragten Frauen sehen Männer dabei eher benachteiligt und schätzen damit auch die negativen Karrierefolgen für Männer höher ein. Auch der Wunsch nach eigenen Kindern ist rückläufig. So verliert die Norm, dass Kinder wichtig sein sollten, generell an Bedeutung unabhängig von Bildungsstand, Erwerbstätigkeit oder Einkommen der Befragten. Insbesondere Frauen im Alter zwischen 23 und 50 raten dazu, den Kinderwunsch niedrig zu halten.

Bei der Vermächtnisstudie handelt es sich um ein gemeinsames Projekt der ZEIT, dem WZB und dem infas Institut für angewandte Sozialwissenschaften. An der Studie nahmen insgesamt 4.211 Personen im Alter von 23 bis 65 Jahren teil.

ZEIT/WZB/infas Institut für angewandte Sozialwissenschaften, Vermächtnisstudie, Mai 2023 https://www.zeit-verlagsgruppe.de/pressemitteilung/elternzeit-mental-load-quote-vermaechtnisstudie-deckt-heimliche-huerden-fuer-die-gleichstellung-in-der-arbeitswelt-auf/

 

 

 


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