Dienstag, 30. August 2022

Vereinbarkeit in Zahlen: Potenziale erkennen

Stichwörter rund um die Vereinbarkeit und Arbeitswelt (©berufundfamilie Service GmbH)

Zahlreiche Beschäftigte arbeiten ungewollt zu wenig oder zu viel, das Karrierepotenzial von Beschäftigten bleibt oft unausgeschöpft und die Generation Z setzt Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben auf Platz 1 bei der Arbeitgeberwahl. Mehr aktuelle Studien aus der Vereinbarkeitswelt in unserer August-Ausgabe „Vereinbarkeit in Zahlen“.



Karrierepotenzial von Beschäftigten bleibt unausgeschöpft


Weniger als 50 % der Beschäftigten glauben, dass sie ihr persönliches (49 %) und karrieretechnisches Potenzial (44 %) bei ihrem jetzigen Arbeitgeber ausschöpfen können. Dies zeigt die Benchmark-Datenbank von Mercer, die ihre Erkenntnisse von nahezu 100.000 Beschäftigten aus über 80 Unternehmen in Deutschland, 1,3 Millionen Beschäftigten aus über 170 Unternehmen in Europa und 7,7 Millionen Beschäftigten aus über 600 Unternehmen weltweit stützt. Die Daten der Benchmarkdatenbank basieren auf einen 5-Jahres-Durchschnitt, speisen sich also für das Jahr 2022 aus dem Durchschnitt der Jahre 2017-2021.

Darüber hinaus haben nur 58 % der deutschen Beschäftigten, das Gefühl, dass sich ihr Arbeitgeber für ihr Wohlbefinden interessiert. Das liegt unter dem europäischen Durchschnitt von 68 %. Auch bei der Work-Life-Balance verhält es sich ähnlich: hier zeigen sich gerade einmal 63 % der Deutschen zufrieden mit ihrer Work-Life-Balance, europaweit liegt der Anteil bei 66 %. Nachholbedarf sehen die deutschen Arbeitnehmenden insbesondere bei der Zukunftsorientierung ihrer Arbeitgeber. So sind nur 57 % der Meinung, dass ihr Arbeitgeber genug Veränderungen anstrebt, um in Zukunft wettbewerbsfähig zu sein, europaweit sind es dagegen 61 %. Auch die Effektivität des Managements sehen deutsche Arbeitnehmende kritisch: So nehmen lediglich 49 % die Geschäftsleitung als effektiv wahr, europaweit sind es 54 %. 
Besonders hoch scheint dafür der wertschätzende Umgang in deutschen Organisationen zu sein. So sagen 87 % der deutschen Befragten, dass ihre Führungskraft mit ihnen respektvoll umgeht und ihre Sorgen und Vorschläge berücksichtigt. 84 % der Beschäftigten sagen zudem, dass sie in ihrem Arbeitsumfeld keine Belästigung oder Diskriminierung wahrnehmen. Zudem sind 84 % der Befragten der Ansicht, dass alle Beschäftigten fair behandelt werden, unabhängig von etwa Geschlecht, Alter oder Herkunft.

Mercer, normative Benchmarkdatenbank, August 2022  
https://www.presseportal.de/pm/53129/5305035




Knapp jede*r Fünfte plant einen Jobwechsel


Die aktuelle Arbeitszufriedenheits-Studie 2022 von AVANTGARDE Experts gemeinsam mit YouGov untersucht, inwieweit die aktuellen gesellschaftlichen Herausforderungen, die Arbeitszufriedenheit beeinflussen. Für die Studie wurden insgesamt 1.000 Beschäftigte befragt. Es zeigt sich unter anderem, dass Arbeitsplatzsicherheit weiterhin wichtig ist. So sagen 59 % der Befragten, dass es ihnen „wichtig“ bis „sehr wichtig“ ist, ihren Job gesichert und auf längere Sicht ausüben zu können. Das zeigt sich auch daran, dass, nur noch knapp jede*r Fünfte einen Jobwechsel (18 %) innerhalb der nächsten sechs Monate plant, vor drei Jahren lag dieser Anteil noch bei 35 %.

Die Studie legt zudem nahe, dass sich einige Arbeitnehmende unterfordert fühlen. So äußern 25 % der Befragten, dass ihr Potenzial nicht ausgeschöpft wird und 13 % finden, sie könnten wertvoller für ihren Arbeitgeber sein. Besonders jüngere Beschäftigte (47 %) in der Altersgruppe der 18 bis 34- Jährigen haben dieses Gefühl. Komplett unterfordert fühlen sich sogar 3 %. Insgesamt sind somit 41 %, nicht richtig ausgelastet, 2017 waren es lediglich 17 %. Laut den Autor*innen der Studie zeigt sich zudem, dass 57 % den falschen Job inne haben, also z.B. Routineaufgaben erledigen, obwohl kreativere Jobs eher passen würden und umgekehrt. Allgemein sagen 68 % der Arbeitnehmenden, dass sie eher bis vollkommen zufrieden sind mit ihren Arbeitsbedingungen, hier sank der Anteil um 4 % im Vergleich zu 2019.

Avantgarde Experts & YouGov, Arbeitszufriedenheitsstudie 2022, August 2022 https://www.merkur.de/leben/karriere/arbeitszufriedenheit-studie-untersuchung-falscher-job-unterforderung-newwork-diverser-arbeitsmarkt-zr-91734704.html




Generation Z setzt Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben auf Platz 1


Die Arbeitswelt ist im Wandel, Fachkräftemangel greift um sich, eine Generation, die davon profitiert, ist die Gen Z (1995-2010). Zenjob hat daher in einer neuen Studie die Werte und Wünsche der Generation Z untersucht, mitbetrachtet werden auch die gesellschaftlichen Veränderungen in der Arbeitswelt. Es verwundert bei den gegenwärtigen Entwicklungen daher nicht, dass sich die Gen Z am sichersten fühlt, wenn sie an ihre Zukunft in der Arbeitswelt (38 %) und ans Leben im Allgemeinen denkt (36 %). Besonders ein geregeltes und abgesichertes Leben steht bei den Befragten hoch im Kurs.

So steht die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben mit 53,8 % auf Platz 1, die Arbeitssicherheit steigt im Ranking von Platz 5 auf Platz 2 mit 53, 7 %. Die beliebtesten Arbeitgeber sind Mittelständler (22 %), darauf folgt der öffentliche Dienst (19 %) und dann erst die Großkonzerne (17 %). Eine Selbstständigkeit ist für 21 % der Befragten denkbar. Start-ups verlieren dagegen an Arbeitgeberattraktivität, hier wollen nur noch 13 % der Gen Z arbeiten, ein Minus von 10 % zum Vorjahr. Klare Regeln und Strukturen scheinen klar erwünscht: So sagen 68, 3 %, dass sie eine klare Trennung von Arbeit und Privatleben möchten und 51,1 % finden feste Arbeitszeiten sehr wichtig. Flexibilität (48, 5 %) und damit die Option, sich den Arbeitstag selbst einzuteilen, muss auch sein.

Der Gen Z ist es zudem wichtig, genug Zeit mit Familie und Freunden verbringen zu können. 43, 7 % sagen, ihnen falle es leicht, Arbeit, Studium (falls vorhanden) und Privatleben unter einen Hut zu kriegen. 50,9 % geben dennoch an, auch an freien Tagen ihre E-Mails zu checken und sich auf die kommende Arbeitswoche vorzubereiten. In Sachen Arbeitgeberwahl fällt die persönliche Identifikation im Ranking von Platz 3 auf Platz 5. So halten nur noch 30 % der Befragten eine Identifikation mit dem Arbeitgeber und seinen Werten für wichtig. Für 35,7 % spielen vielfältige Aufgaben eine Rolle und 23 % wünschen sich, dass ihr Arbeitgeber besonders fortschrittlich und digital ist. Insgesamt nahmen aus Deutschland rund 1.000 Befragte der Gen Z teil.

Zenjob, Gen-Z-Studie 2022
https://www.digitalbusiness-cloud.de/arbeitswelt-was-sich-die-gen-z-von-arbeitsplaetzen-wuenscht/




Beruflicher Erfolg verliert bei Studierenden an Bedeutung, Work-Life-Balance wird wichtiger


Trotz Pandemie, Krieg und weiteren globale Krisen blickt der Großteil der deutschen Studierenden optimistisch auf die eigene berufliche Zukunft. So sagen 88 %, dass sie sicher oder eher glauben, direkt nach Abschluss des Studiums einen passen Job zu finden. Lediglich 12 % befürchten dagegen, dass sie keine passende Stelle finden. So haben sich auch die Aussichten in den zurückliegenden 12 Monaten auf einen Berufseinstieg bei 46 % der Studierenden deutlich oder etwas verbessert, bei 40 % sind sie gleichgeblieben und 14 % äußerten, dass sich die Aussichten verschlechtert haben.

Mit der eigenen persönlichen Situation ist gegenwärtig knapp jeder* Fünfte sehr zufrieden. Bei den Studentinnen* sind es etwas weniger (17 %) als bei den Studenten* (21 %). Damit sank der Anteil der zufriedenen Studierenden im Vergleich zu 2018, hier zeigte sich noch jede*r Dritte zufrieden. Auch der Wert der unzufriedenen Studierenden stieg von 12 % (2018) auf jetzt 21 %. Die potenziellen Berufseinsteiger*innen erwarten ein gutes Gehalt. So ist es für 53 % der Studierenden eines der fünf wichtigsten Kriterien bei der Jobwahl, die Jobsicherheit verliert etwas an Bedeutung: 2020 war diese für 67 % ein wichtiger Faktor, jetzt sind nur noch 52 % dieser Ansicht. An Bedeutung gewonnen hat dagegen die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben. 2020 nannten 39 % der Studierenden die Work-Life-Balance als einen der fünf wichtigsten Faktoren, 2022 taten dies 51 %. Hier zeigt sich zudem ein deutlicher Geschlechterunterschied: So ist die Vereinbarkeit für 63 % der Studentinnen* besonders wichtig, bei den Studenten* liegt der Anteil bei lediglich 39 %.

Die Work-Life-Balance ist wichtig und die Befragten setzten dabei klare Prioritäten: Familie (68 %), Freunde und soziales Umfeld (62 %) und Freizeit (45 %) stehen klar vor dem beruflichen Aufstieg (33 %) oder einem hohen Lebensstandard (32 %). Hier ist den männlichen* Befragten der Erfolg im Job wichtiger (36 %), als den weiblichen* Studierenden (29 %) Für den Start in den Traumjob setzten die Studierenden auf Praktika (91 %), Kontakte (80 %) und gute Noten (72 %). Lediglich jede*r Zweite erachtet Auslanderfahrung (49 %) oder Ehrenamtliches Engagement (48 %) für die Karriere als wichtig. Für die Studie wurden mehr als 2.000 Student*innen befragt.

EY, EY-Studierendenstudie 2022, August 2022
https://www.welt.de/politik/deutschland/article240365599/Studenten-Geringe-Ambitionen-aber-ueberzeugt-sofort-guten-Job-zu-finden.html




Arbeitszeitentwicklung führt zu Einkommensungleichheit


Eine Studie des DIW Berlin offenbart, dass die ungleiche Verteilung der Bruttoerwerbseinkommen, nicht auf ungleichere Stundenlöhne, sondern auf die Arbeitszeitentwicklung zurückzuführen sind. So arbeiten Erwerbstätige mit hohen Stundenlöhnen mehr als Beschäftigte mit geringen Stundelöhnen. Viele Beschäftigte würden tatsächlich auch mehr arbeiten, wenn sie könnten. Die Studie nennt hier als Beispiele Mütter*, die deutlich weniger arbeiten, als sie eigentlich wollen. Besserverdiener*innen arbeiten dagegen oft länger als gewünscht. Wäre die Arbeitszeit mehr an die Wünsche der Beschäftigten angepasst, wäre die Einkommensungleichheit nur halb so groß, laut den Autor*innen der Studie. Die Studie basiert auf einer Auswertung der Daten des SOEP der Jahre 1993 bis 2018.

So gehen etwa 15 % der Ungleichheit bei Einkommen auf die Stundenlöhne zurück, 40 % entstehen durch die wachsende Ungleichheit bei Arbeitszeiten und 45 % sind gar auf den wachsenden Zusammenhang zwischen Ungleichheit und Stundenlöhne zurückzuführen. Die Veränderung der Erwerbstätigen an sich spielt nur eine nebensächliche Rolle. Sowohl die höhere Erwerbsbeteiligung bei Frauen* als auch der Beschäftigtenanstieg im Dienstleistungssektor hatten nahezu keine Effekte auf die Einkommensungleichheit.

Hauptursache für die Einkommensungleichheit sind somit die Arbeitszeiten und die Diskrepanz zwischen gewünschter und tatsächlicher Arbeitszeit. Abhilfe könnten hier die bessere Vereinbarkeit von Beruf, Familie und Privatleben sowie flexiblere Arbeitszeitmodelle schaffen.

DIW, Entwicklung der Arbeitszeiten treibt die Ungleichheit der Erwerbseinkommen, August 2022
https://www.ihre-vorsorge.de/nachrichten/lesen/arbeitszeitentwicklung-treibt-ungleichheit-der-einkommen.html

 

 

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