Donnerstag, 29. Juni 2023

Vereinbarkeit in Zahlen: Der Wert der Zeit

Stichwörter aus der Arbeitswelt (©berufundfamilie Service GmbH)

29 % der Arbeitszeit wird in Deutschland aus Sicht der Beschäftigten für sinnlose Tätigkeiten verschwendet, 9 von 10 Personen weltweit haben Vorurteile gegenüber Frauen und 82 % der Beschäftigten sind offen für einen Jobwechsel bei besseren Bedingungen. Mehr zu aktuellen Studien in unserer Juni-Ausgabe der Blogserie Vereinbarkeit in Zahlen.


Beschäftigte im Home-Office fühlen sich produktiver und zufriedener


Eine aktuelle Umfrage der TU Darmstadt unter rund 1.1000 Wissensarbeitenden in Deutschland zeigt: 76 % der Beschäftigten, die im Home-Office arbeiten, haben das Gefühl produktiv dabei zu sein, im Büro ist das nur für 61 % der Fall. So meint gar jede*r Fünfte, sie*er arbeite im Büro unproduktiv. An Orten wie etwa einem Coworking Space arbeiten weniger als die Hälfte produktiv. Im Home-Office steigt, so zeigt die Befragung, der zeitliche Umfang (65 %) und die Menge der Arbeit. Gleichzeitig geben 62 % der Befragten an, ihre Ergebnisse seien qualitativ besser. Doch nicht nur die Produktivität im Home-Office wächst, sondern auch die Zufriedenheit der Beschäftigten. So sind 81 % der Beschäftigten mit ihrer Arbeit im Home-Office alles in allem zufrieden, im Büro liegt dieser Anteil bei 57 %. Jede*r Fünfte gibt an, dass sie*er mit der Arbeit im Büro unzufrieden sei.

Home-Office hat ebenfalls Effekte auf die psychosoziale Gesundheit der Beschäftigten. So äußert insgesamt 1/3 der Beschäftigten, dass sie unter einem Burnout leiden, 18 % leiden unter Boreout. Spannend dabei: Je mehr Stunden aus dem Home-Office gearbeitet wurden, desto geringer waren Boreout oder Burnout ausgeprägt. Bei den Beschäftigten, die im Büro arbeiteten, zeigte sich bei steigender Arbeitszeit der gegenteilige Effekt. Ein Unterschied macht demnach auch das Bürokonzept. So sind Beschäftigte im Großraumbüro und Multispace-Office durchschnittlich weniger zufrieden (53 %) als Beschäftigte, die sich ein Büro mit 2 oder 3 Personen teilen (67 %). Doch auch der Wohnort spielt bei der Zufriedenheit im Home-Office eine Rolle. So sind tendenziell jene Beschäftigte zufriedener, die dezentraler wohnen.

Im Durchschnitt würden die Beschäftigten gerne den Anteil der Tage im Home-Office von 2 auf 3 Tage steigern. Insgesamt würden die Beschäftigten 59 % der Arbeitszeit im Home-Office arbeiten. Hierbei wird auch immer mehr Entgegenkommen vom Arbeitgeber erwartet. So wäre es für 24 % der Befragten eindeutig ein Kündigungsgrund, wenn es beim Arbeitgeber nicht möglich wäre, orts- und zeitflexibel zu arbeiten. 72 % der Beschäftigten geben als Grund für vermehrtes Home-Office die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben an. 46 % wollen sich damit den weiten Arbeitsweg sparen und 43 % haben ihre Büroausstattung zu Hause verbessert. Auch Klimaschutzaspekte wie etwa CO2-Einsparungen sind für 46 % ein Grund für mehr Home-Office.

Andreas Pfnür, Kyra Voll, Martin Christian Höcker und Yassien Bachtal: Work from Home: Von der Pandemienotlösung zum Konzept multilokaler Arbeit – Empirische Studie zu den Erfahrungen der Beschäftigten für eine Zukunft der Arbeitswelten an verteilten Orten, Juni 2023
https://www.tu-darmstadt.de/universitaet/aktuelles_meldungen/einzelansicht_413376.de.jsp



Knapp 1/3 der Arbeitszeit für sinnlose Tätigkeiten verschwendet



Der State of Work Report von Slack gibt Aufschluss darüber, durch welche Faktoren die Produktivität im Büro der Beschäftigten beeinflusst wird. Die Studie kommt zum Ergebnis, dass 36,5 % der Meetings als unnötig wahrgenommen werden. Trotz dieser hohen Zahl verbringen die Beschäftigten immer noch einen nicht geringen Teil der Arbeitszeit in Meetingräumen. Außerdem äußern Befragte aus Deutschland, dass sie knapp 1/3 ihrer Arbeitszeit für Aufgaben aufwenden, die nicht direkt auf ihr Ziel einzahlen, sondern erledigt werden müssen, um produktiv zu erscheinen. 35 % der Befragten haben darüber hinaus Schwierigkeiten ihre Motivation bei der Arbeit beizubehalten, 30 % sich zu konzentrieren oder sich mit Kolleg*innen abzustimmen (27 %).

Neben Meetings sind E-Mails besondere Zeitfresser. Hier geben 36 % an, dass zu viele E-Mails negativ auf die Produktivität wirken. Abhilfe könnte hier der Einsatz von KI und Automatisierung leisten. Doch 58 % der Befragten weltweit geben an, dass der eigene Arbeitgeber hier noch Nachholbedarf hat. Nur bei der Hälfte werden Automatisierungen entwickelt zur einfacheren und effizienteren Gestaltung von Arbeitsabläufen.

Spannend dabei: 79 % der Befragten stimmen der Aussage zu, dass Automatisierung die Produktivität positiv beeinflussen könne. Die Hälfte rechnet damit, dass so 2 bis 4 Stunden Arbeitszeit pro Woche eingespart werden könnte. Auch wichtig für mehr Produktivität: mentales Wohlbefinden und Zufriedenheit im Job. 82 % der Befragten äußeren, ihre Produktivität erhöhe sich, wenn sie sich bei ihrem Arbeitgeber wohlfühlen. Gleichzeitig empfinden 39 % der Beschäftigten auch Druck, ihre Produktivität im Team und der Führungskraft zu beweisen. Des Weiteren fühlen sich 41 % der Beschäftigten unter Druck gesetzt schnell auf Nachrichten zu antworten, auch wenn diese außerhalb der Arbeitszeit eingehen.

Auch unter den Führungskräften ist dieses Druckgefühl vorhanden. 41 % von ihnen äußern, dass sie von der Unternehmensleitung unter Druck gesetzt werden, die Produktivität des Teams zu verbessern und für 35 % von ihnen ist die Motivation des Projektteams die größte Herausforderung.
Für die Umfrage wurden weltweit mehr als 18.000 Büro-Beschäftigte befragt, 2.000 davon in Deutschland.

Slack, State of Work Report, Juni 2023
https://www.computerwoche.de/a/deutsche-arbeitnehmer-ringen-um-produktivitaet,3614672



82 % der Beschäftigten sind offen für Jobwechsel bei besseren Bedingungen


Die weltweite Arbeitsmarktstudie Talent Trends 2023 von der Page Group zeigt, dass die Loyalität der Beschäftigten an Bedingungen geknüpft ist, sind diese nicht erfüllt oder bietet ein Arbeitgeber bessere Arbeitsbedingungen, ist die Offenheit für einen Wechsel gegeben. Es wurden insgesamt 69.500 Personen weltweit befragt, darunter knapp 2.300 in Deutschland. Ein Ergebnis der Studie ist, dass die Wechselbereitschaft von deutschen Beschäftigten nicht unbedingt mit einer grundsätzlichen Unzufriedenheit mit dem eigenen Arbeitgeber zusammenhängt. So ist die Hälfte der Befragten mit ihrem Arbeitgeber zufrieden, 29 % sind unzufrieden.

64 % der Befragten sind auch mit ihrem Gehalt zufrieden. Das Gehalt ist besonders wichtig beim Job(neu)einstieg, im Verlauf der Karriere gewinnen jedoch andere Kriterien an Bedeutung. Hierzu zählen z.B. die Möglichkeit sich weiterzuentwickeln oder der Wunsch nach einer effektiven Work-Life-Balance. Daher ist das Gros der Befragten (82 %) auch dazu bereit, den aktuellen Job zu verlassen, wenn es woanders bessere Bedingungen gebe. 44 % der Befragten in Deutschland ist zudem die Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben sehr wichtig. 61 % von ihnen für eine Beförderung ausschlagen, wenn sie das Gefühl haben, diese könne sich negativ auf ihr Wohlbefinden auswirken.

PageGroup, Talent Trends 2023, Juni 2023
https://www.presseportal.de/pm/132428/5526436




52 % der Gen Z wünscht sich klassische Karriere im Job


Die Gen Z ist auf dem Arbeitsmarkt immer wieder mit gewissen Vorurteilen konfrontiert: zu wenig Einsatz im Job oder schnelle Kündigungen bei Problemen. Eine aktuelle Yougov-Umfrage unter 2.500 Personen im Alter von 16 bis 28 zeichnet jedoch ein anderes Bild. So wünschen sich 52 % der Gen Z eine klassische Karriere im Beruf und nahezu 60 % würden mehr als 10 Jahre bei einem Arbeitgeber bleiben – unter den richtigen Arbeitsbedingungen.

Zu den richtigen Arbeitsbedingungen zählt für 80 % ein zufriedenstellendes Gehalt und für 35 % ein gesunder Ausgleich zwischen Beruf und Privatleben. Den Grund für die enorme Bedeutung des Gehalts, sieht die Studie in den Krisen unserer Zeit (Klima) und den Folgen der Coronapandemie. Die Gen Z sei geprägt von einem Unsicherheitsgefühl. So fühlen sich 25 % der Befragten mental überfordert beim Jobeinstieg.

YouGov, Juni 2023
https://www.merkur.de/leben/karriere/studie-gen-z-gehalt-job-arbeit-wichtig-faul-karriere-jobsuche-bewerbung-zr-92327776.html




Vorurteile gegenüber Frauen bleiben weltweit gesellschaftliches Problem


Der aktuelle Gender Social Norms Index der UN offenbart: 9 von 10 Personen haben Vorurteile gegenüber Frauen. So ist fast die Hälfte der Weltbevölkerung der Ansicht, dass Männer die besseren politischen Führungskräfte seien. 2 von 5 Befragten sind darüber hinaus auch der Meinung, Männer seien die besseren Chefs in der Wirtschaft. Besonders schockierend: Mehr als ¼ der Befragten gibt an, es sei gerechtfertigt, wenn ein Mann seine Frau schlage.

Für Deutschland zeigt sich eine verbesserte Situation. So hat sich der Anteil der Befragten, die keine Vorurteile gegenüber Frauen in Deutschland haben von 42 % auf 63 % erhöht. Verglichen wurden in der Studie die Zeiträume 2010-2014 mit 2017-2022.

UN, 2023 Gender Social Norms Index (GSNI), Juni 2023                                                          https://www.deutschlandfunkkultur.de/un-bericht-vorurteile-gegen-frauen-geschlechter-gleichberechtigung-100.html

 

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