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Rechtliche Neuerungen bei Vereinbarkeit- und Vielfaltsthemen haben Auswirkungen auf den Arbeitsalltag (Foto: Arif Ryanto on Unsplash) |
Das neue Jahr hält auch wieder allerhand neue gesetzliche Regelungen bereit, die die Themenfelder Vereinbarkeit und Vielfalt betreffen. In der insgesamt dritten Ausgabe unserer Blogreihe „regelrecht_v“ fassen wir die wichtigsten Änderungen zusammen und blicken zurück auf Urteile mit Signalwirkung.
Auch zu Beginn des Jahr 2025 gibt es wieder einiges rechtlich Relevantes für Beschäftigte und Arbeitgeber mit Bezug zu den Themen Vielfalt und Vereinbarkeit. Im nunmehr dritten Teil unserer Blogreihe „regelrecht_v“ geht es u.a. über Änderungen bei den Sozialversicherungsbeiträgen, den verbesserten Mutterschutz und die Einführung der Elektronischen Patientenakte (ePA). In den Urteilen blicken wir auf die Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten und den möglichen Anspruch von Beschäftigten auf eine Gehaltsabrechnung in Papierform.
Um einen schnellen Überblick über die komplexen Änderungen und Urteile zu geben, haben wir die wichtigsten Punkte in aller Kürze zusammengefasst. Für detailliertere Informationen stehen die angegebenen Rechtsquellen zur Verfügung.
Die Informationen sind nach den Überschriften in alphabetischer Reihenfolge und getrennt nach Gesetzen und Urteilen angeordnet. Bei den Urteilen wird die zeitliche Abfolge ebenfalls berücksichtigt. Die gemachten Angaben stellen keine rechtliche Beratung dar und es besteht kein Anspruch auf Vollständigkeit.
Einkommen[1]
- Der gesetzliche Mindestlohn ist ab Januar 2025 von 12,41 auf 12,82€ brutto pro Stunde gestiegen, auch die monatliche Verdienstgrenze für Minijobs wurde von 538€ auf 556€ erhöht.
- Das Einkommen, bis zu dem keine Einkommenssteuer anfällt (sog. Grundfreibetrag) stieg rückwirkend zum 1. Januar 2024 auf 11.784€, in diesem Jahr erhöht sich der Grundfreibetrag auf 12.084€.
- Das Wohngeld steigt um durchschnittlich 15%.
Eltern und Kinder[2]
Kinderfreibetrag, Sofortzuschlag
- Der steuerliche Kinderfreibetrag steigt von 9.540 auf 9.600€ pro Kind (Erhöhung um 60€), das Kindergeld liegt seit Jahresbeginn bei 255€ monatlich für jedes Kind.
- Der Kinder-Sofortzuschlag für Familien, die von Armut betroffen sind oder ein geringes Einkommen haben, ist um 5€ auf 25€ je Kind und Monat gestiegen.
Mindestunterhalt
- Der monatliche Mindestunterhalt für minderjährige Kinder in allen Altersgruppen wurde zum 1. Januar 2025 angehoben. So erhöht sich der Mindestunterhalt für Kinder bis 5 Jahre von 480€ auf 482€, für Kinder im Alter 6 bis 11 von 551€ auf 554€ und für Kinder im Alter von 12 bis 17 von 645€ auf 649€. Volljährigen Kindern stehen 693€ zu. Auch der Bedarfssatz für Studierende, die nicht bei ihren Eltern oder einem Elternteil wohnen, steigt von 930€ auf 990€.
- Die Änderungen zum Unterhalt können Sie der Düsseldorfer Tabelle entnehmen.
Anträge zur Elternzeit[3]
- Ab diesem Jahr können Eltern, die Elternzeit und Elternteilzeit nach dem Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG)nehmen möchten, diese auch in Textform beantragen (§ 16 Abs. 1 Satz 1 bzw. § 15 Abs. 7 BEEG ab 1.1.2025).
- Der Arbeitgeber hat dann die Möglichkeit solche Anträge auch in Textform zu beantworten, abzulehnen und seine Entscheidung begründen.
Mutterschutz[4]
Es wurde eine Änderung des Mutterschutzgesetzes beschlossen.- Ab dem 1. Juni 2025 soll der Mutterschutz schon bei Fehlgeburten ab der 13. Schwangerschaftswoche ermöglicht werden.
- Ab der 13. Schwangerschaftswoche gilt dann eine Schutzzeit von 2 Wochen.
- Ab der 17. Woche sollen bis zu 6, ab der 20. Woche bis zu 8 Wochen möglich sein.
- Mit fortschreitender Schwangerschaft verlängert sich die Mutterschutzfrist im Falle einer Fehlgeburt.
- So müssen Frauen sich zukünftig nicht mehr selbst um eine extra Krankschreibung nach einer Fehlgeburt bemühen. Dadurch wird auch den psychischen Belastungen, die durch eine Fehlgeburt entstehen können, Rechnung getragen.
- Ein Beschäftigungsverbot nach der Fehlgeburt greift jedoch nur dann, wenn sich die betroffene Frau nicht ausdrücklich zur Arbeit bereit erklärt.
- Bisher traten die besonderen Schutzrechte nur in Kraft, wenn Frauen ihr Kind nach der 24. Schwangerschaftswoche verloren haben oder wenn das Kind mehr als 500 Gramm wog. In diesem Fall wird rechtlich von einer Totgeburt gesprochen.
Krankenversicherung
Beitragsbemessungsgrenze
- Die Beitragsbemessungsgrenze der Krankenkasse wurde erhöht. Sie steigt von monatlich 5.1750€ auf 5.512,50€ , also von 62.100€ auf 66.150€ im Jahr.
- Die sog. Versicherungspflichtgrenze – und damit der Einkommenshöchstbetrag, bis zu dem Beschäftigte gesetzlich krankenversichert sein müssen – steigt von 5.775 € monatlich (69.300€ im Jahr) auf monatlich 6.150€ (73.800€ pro Jahr).
Elektronische Patientenakte (ePA)[5]
Ab dem 15. Januar geht die elektronische Patientenakte (ePA) an den Start.- Jede*r gesetzliche Versicherte erhält eine ePA, es sei denn, es wurde dem widersprochen.
- Die ePA ist ein digitaler Ordner, in dem persönliche Gesundheitsdaten wie Arztbriefe, Befunde, Krankenhausberichte, Medikamentenlisten etc. einrichtungsübergreifend abgelegt werden. Der* die Versicherte entscheidet darüber, welche Daten abgespeichert werden und wer Zugriff auf diese Daten hat. Der* Die Versicherte kann Daten einstellen oder löschen lassen.
- Auch ein späterer Widerspruch gegen die ePA ist möglich, sodass die Krankenkasse dann dazu verpflichtet ist, alle Daten zu löschen.
KI[6]
- Seit dem 2. Februar verpflichtet der AI-Act (KI-Verordnung der EU) Unternehmen – unabhängig von ihrer Größe – dazu, dass Beschäftigte, die in ihrem Arbeitsalltag KI nutzen, entsprechend geschult werden, um die KI-Systeme zu verstehen und bedienen zu können.
- Zudem dürfen ab dem 2. Februar keine KI-Systeme mehr durch Unternehmen genutzt werden, die gegen europäische Grundwerte verstoßen.
- Technologien, die Menschen aufgrund ihres sozialen Verhaltens oder Status einstufen, oder solche, die durch das Auslösen von Gefühlen zu bestimmten Handlungen verleiten sollen, gehören dazu.
Pflege[7]
Pflegeversicherung
- Der Beitragssatz zur sozialen Pflegeversicherung wurde zum 1. Januar 2025 um 0,2% erhöht.
- Auch die Leistungsbeträge für Pflegeleistungen steigen um 4,5%.
- Ab Juli soll ein gemeinsamer Jahresbetrag von 3.539€ für Ersatz- und Kurzzeitpflege eingeführt werden – der dann flexibel für beide Leistungen nutzbar ist.
- Zudem soll der Anspruch auf Ersatzpflege sofort greifen – bisher war Voraussetzung, dass Pflegepersonen Pflegebedürftige bereits 6 Monate zuhause versorgt haben.
Anträge zur Pflegezeit
Ab dem 1. Januar 2025 können Beschäftigte ihre Rechte auf Pflegezeit bzw. Familienpflegezeit auch in Textform geltend machen. Dafür wurden die Antragsvorschriften in § 3 Abs. 3 PflZG und § 2a Abs. 1 FamPflZG entsprechend angepasst.Rentenversicherung
- Die Beitragsbemessungsgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung ist wegen Erhöhung von Löhnen und Gehältern zum 1. Januar 2025 angehoben worden:
- Sie liegt nun einheitlich bei 8.050€, zuvor lag sie in den alten Bundesländern bei 7.550€ und in den neuen Bundesländern bei 7.540€.
- Bei der Beitragsbemessungsgrenze handelt es sich um den Höchstbetrag, bis zu dem Arbeitsentgelt und Arbeitseinkommen bei der Berechnung des Versicherungsbeitrags berücksichtigt werden.
Urteile
Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten durch Überstundenregelung[8]
- Das Bundesarbeitsgericht hat in einem Urteil vom 5. Dezember 2024 festgestellt, dass eine tarifvertragliche Regelung, die unabhängig von der individuellen Arbeitszeit für Überstundenzuschläge das Überschreiten der regelmäßigen Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten als Maßgabe zur Zahlung nimmt, Teilzeitler*innen wegen der Teilzeit schlechter behandelt als vergleichbare Vollzeitbeschäftigte.
- Solch eine Regelung verstößt demnach gegen das Verbot der Diskriminierung von Teilzeitbeschäftigten (§4 Abs. 1 Teilzeit- und Befristungsgesetz), wenn die Ungleichbehandlung nicht durch sachliche Gründe gerechtfertigt werden kann.
- Liegen keine sachlichen Gründe vor, dann stellt dies regelmäßig zugleich eine gegen Vorschriften des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (§ 7 Abs. 1 AGG) verstoßende mittelbare Benachteiligung wegen des Geschlechts dar, wenn innerhalb der Gruppe der Teilzeitbeschäftigten erheblich mehr Frauen als Männer vertreten sind.
- Im konkreten Fall war eine weibliche, in Teilzeit beschäftigte Pflegekraft mit 40% der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit einer Vollzeitkraft für Ihren Arbeitgeber, einen ambulanten Dialyseanbieter mit ca. 5.000 Beschäftigten, tätig.
- Gemäß § 10 des Manteltarifvertrags (MTV), der hier Anwendung fand, wurden Überstunden, die über die monatliche Arbeitszeit eines Vollzeitbeschäftigten hinausgingen und nicht im selben Monat durch Freizeit ausgeglichen werden konnten, mit einem Zuschlag von 30% vergütet. Alternativ könnten die geleisteten Stunden auch auf ein Arbeitszeitkonto eingezahlt werden.
- Der Arbeitgeber zahlte der Pflegekraft für ihre geleisteten Überstunden allerdings weder die Zuschläge aus, noch schrieb er ihr das Zeitguthaben gut.
- Die Pflegekraft klagte daraufhin und forderte eine den Zuschlägen entsprechende Zeitgutschrift in ihrem Arbeitszeitkonto sowie die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG.
- Sie argumentierte, dass die tarifvertragliche Regelung sie als Teilzeitbeschäftigte in unzulässiger Weise gegenüber Vollzeitbeschäftigten benachteilige. Da der Arbeitgeber zu 90% Frauen in Teilzeit beschäftigt, sah sie sich zudem mittelbar aufgrund ihres Geschlechts benachteiligt.
- Das BAG sprach der Pflegekraft die verlangte Zeitgutschrift zu. Zudem muss der Arbeitgeber eine Entschädigung in Höhe von 250€ an die Pflegekraft zahlen.
Arbeitgeber dürfen Gehaltsabrechnung ausschließlich elektronisch übermitteln[9]
- In einem Urteil vom 28.01.2025 hat das Bundesarbeitsgericht bestätigt, dass Arbeitgeber Gehaltsabrechnungen ausschließlich elektronisch an Beschäftigte übermitteln dürfen. Es gibt daher keinen Anspruch auf eine Gehaltsabrechnung in Papierform, der Ausdruck muss aber im Betrieb möglich sein.
- Im konkreten Fall hatte eine Supermarktmitarbeiterin von EDEKA auf eine Gehaltsabrechnung in Papierform geklagt, weil sie keine Zustimmung zur elektronischen Übermittlung erteilt habe.
- Nach § 108 Abs. 1 S. 1 Gewerbeordnung (GewO) seien Arbeitgeber zwar verpflichtet, eine Abrechnung in Textform zu erteilen. Diese Regelung sei aber auch erfüllt, wenn die digitale Abrechnung über ein Postfach abgerufen werden kann. Beschäftigte, die selbst nicht über die technische Ausstattung zum Ausdruck verfügen, müssen dies allerdings im Betrieb tun können. Dies war bei EDEKA der Fall.
[1] https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Was-aendert-sich-2025-Neue-Gesetze-und-Verordnungen,jahreswechsel222.html, Stand Februar 2025
[2] https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Was-aendert-sich-2025-Neue-Gesetze-und-Verordnungen,jahreswechsel222.html , Stand Februar 2025
[3] https://www.bund-verlag.de/aktuelles~Das-aendert-sich-2025-I-Arbeitsvertraege~.html#:~:text=Eltern%20k%C3%B6nnen%20ab%202025%20die,BEEG%20ab%201.1.2025), Stand Februar 2025
[4] https://www.zdf.de/nachrichten/politik/deutschland/mutterschutz-fehlgeburt-gesetz-bundestag-beschluss-100.html, Stand Februar 2025
[5] https://www.kbv.de/html/69298.php, Stand Februar 2025
[6] https://www.ihk-hessen-innovativ.de/magazin/ki-verordnung-2025-schulungspflicht-fuer-unternehmen#:~:text=Ab%20dem%2002.02.2025%20verpflichtet,%C3%BCber%20ausreichende%20KI%2DKompetenz%20verf%C3%BCgen, Stand Februar 2025
[7] https://www.ndr.de/ratgeber/verbraucher/Was-aendert-sich-2025-Neue-Gesetze-und-Verordnungen,jahreswechsel222.html, Stand Februar 2025
[8] https://www.bundesarbeitsgericht.de/presse/diskriminierung-von-teilzeitbeschaeftigten-bei-ueberstundenzuschlaegen/ , Stand Februar 2025
[9] https://www.lto.de/recht/nachrichten/n/9azr48724-bag-supermarkt-kassiererin-scheitert-mit-klage, Stand Februar 2025
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